Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies das Oppositionsklagebegehren mit Urteil vom 12. Juli 2004, das dem damaligen Klagevertreter am 13. Juli 2004 zugestellt wurde, ab. Mit Beschluss vom 16. September 2004 wies das Erstgericht die dagegen erhobene Berufung der klagenden Partei - sie wurde am 14. September 2004 zur Post gegeben - als verspätet zurück.
Den am 1. Oktober 2004 verfassten und am 4. Oktober 2004 beim Erstgericht eingelangten Wiedereinsetzungsantrag der klagenden Partei wies das Erstgericht mit der Begründung ab, ausgehend von den als richtig zu unterstellenden Behauptungen im Antrag stelle sich das Verhalten des Klagevertreters als grob schuldhaft dar, weil er die Eintragung seiner Kanzleileiterin im Fristenbuch nicht ordnungsgemäß überprüft habe.
Das Rekursgericht „bestätigte diesen Beschluss mit der Maßgabe", dass es den Wiedereinsetzungsantrag nicht ab-, sondern wegen Verspätung zurückwies. Bei einer durch Irrtum entstandenen Säumnis beginne der Fristenlauf grundsätzlich mit der erstmöglichen Aufklärung des Irrtums; das Hindernis falle zu dem Zeitpunkt weg, zudem die Aufklärung wegen eines nicht bloß minderen Grades des Versehens unterblieben sei. Dem die Berufung ausführenden Rechtsanwalt hätte spätestens bei Abfassung des Rechtsmittels die unrichtige Eintragung der Rechtsmittelfrist auffallen müssen. Die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag habe daher mit dem Tag der Erfassung des (verspäteten) Rechtsmittels, somit am 14. September 2004 zu laufen begonnen; der Wiedereinsetzungsantrag vom 1. Oktober 2004 sei daher verspätet.
Entgegen der von der klagenden Partei vertretenen Auffassung steht die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts weder mit der Rsp des Obersten Gerichtshofs in Widerspruch noch fehlt eine solche zu einem vergleichbaren Sachverhalt.
Rechtliche Beurteilung
Der Wegfall des hindernden Ereignisses (§ 148 Abs 2 ZPO) ist nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilen. Das Hindernis ist jedenfalls dann weggefallen, wenn der Partei selbst unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Möglichkeiten unter Bedachtnahme auf die in § 147 Abs 3 ZPO zum Ausdruck gebrachte Handlungspflicht zugemutet werden kann, die Prozesshandlung nachzuholen. Entscheidend ist also nicht, wann der Wiedereinsetzungsantrag - als solcher isoliert betrachtet - an sich gestellt werden könnte, sondern wann die Partei die versäumte Prozesshandlung nachholen konnte (10 ObS 64/93 = SZ 66/51 ua; RIS-Justiz RS0036621). Der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass der Lauf der Frist nicht zwingend erst mit der Aufklärung des Irrtums beginnt, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung beginnen kann. Es kommt also nicht darauf an, wann das die Versäumung verursachende Ereignis weggefallen ist, sondern wann es weggefallen sein könnte. Die Frist kann jedenfalls nur dann in Lauf gesetzt werden, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist. Es darf nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung selbst (10 ObS 64/93, 10 Ob 1505/94, je mwN ua; zuletzt 3 Ob 264/04a; RIS-Justiz RS0036608; Deixler-Hübner in Fasching/Konecny2, § 148 ZPO Rz 11). Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt somit mit der möglichen Irrtumsaufklärung, sofern diese durch auffallende Sorglosigkeit unterblieben ist (RIS-Justiz RS0036742; Gitschthaler in Rechberger2, § 148 ZPO Rz 7 mwN). Ob eine auffallende Sorglosigkeit oder (nur) eine Sorglosigkeit minderen Grades vorliegt, ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Ob hier den Klagevertreter bereits am 14. September 2004 eine derartige Handlungspflicht traf und er nicht bis zur Zustellung des die Berufung zurückweisenden Beschlusses zuwarten durfte, betrifft nur den nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilenden Einzelfall, sodass eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nur dann vorliegen könnte, wenn dem Rekursgericht insoweit eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit bzw Rechtseinheit aufgegriffen werden müsste (9 ObA 57/02a; 3 Ob 264/04a). Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein, zumal dem Vorbringen der klagenden Partei in ihrem Wiedereinsetzungsantrag nicht einmal zu entnehmen ist, was ihren Rechtsvertreter anlässlich der Abfassung der Berufung am 14. September 2004 hinderte, die Rechtzeitigkeit der Berufung zu überprüfen und deren Verspätung festzustellen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.
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