OGH 10Ob1505/94

OGH10Ob1505/9415.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier, Dr.Bauer, Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Waltraud A*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr.Gerhard Prett, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Dr.H***** A*****, Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde,***** vertreten durch Dr.Arno Kempf, Rechtsanwalt in Spittal/Drau, wegen S 305.920,-- infolge außerordentlichen Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 13. Dezember 1993, GZ 2 R 236/93-33, womit dem Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. Oktober 1993, GZ 26 Cg 303/92-30, "nicht Folge" gegeben, der Wiedereinsetzungsantrag aber zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der beklagten Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Das Erstgericht wies den am 22.10.1993 zur Post gegebenen Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen das Teilurteil vom 10.8.1993 ab, weil die falsche Berechnung einer Rechtsmittelfrist durch eine Konzipientin eines Rechtsanwaltes eine grobe Sorgfaltswidrigkeit darstelle.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten "nicht Folge", änderte aber den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Wiedereinsetzungsantrag wegen Verspätung zurückwies. Es sprach aus, daß der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Dem Beklagtenvertreter hätte bereits bei Verfassung der Berufung am 23.9.1993 auffallen müssen, daß - infolge Zustellung des Urteils in den Gerichtsferien - die Berufungsfrist am 22.9.1993 geendet habe.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht absolut unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO), weil keine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vorliegt. Eine solche ist weder dann gegeben, wenn die erste Instanz den Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückweist, das Rekursgericht jedoch den Antrag aus sachlichen Gründen abweist (EFSlg 55.536; EvBl 1965/368 = RZ 1965, 101; 8 Ob 613/91 ua), noch dann, wenn die erste Instanz den Wiedereinsetzungsantrag aus sachlichen Gründen abweist und das Rekursgericht den Antrag etwa wegen Verspätung - wie hier - zurückweist (EvBl 1971/182; 4 Ob 160/52; zuletzt 6 Ob 1525/92; siehe auch Fasching, Komm IV 452 f in Anm 6 zu § 528 ZPO).

Der somit nicht absolut unzulässige Revisionsrekurs ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO vorliegen. Dies ist aber hier nicht der Fall. Ein Hindernis, das die Säumnis verursachte, ist dann weggefallen (§ 148 Abs 2 ZPO), wenn der Partei selbst unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Möglichkeiten unter Bedachtnahme auf die durch § 147 Abs 3 ZPO zum Ausdruck gebrachte Handlungspflicht zugemutet werden kann, die Prozeßhandlung nachzuholen. Der Lauf der Frist beginnt nicht zwingend erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits dann, wenn die mögliche Aufklärung des Irrtums nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist (RZ 1991, 172/54 = AnwBl 1991, 110 mwN; 9 Ob A 1028/92; SSV-NF 7/40 mwN).

Ob den Beklagtenvertreter bereits ab dem 23.9.1993 (an diesem Tag wurde die Berufung nach seinen Behauptungen ausgedruckt, unterfertigt und zur Post gegeben) eine derartige Handlungspflicht traf und er nicht bis zur Zustellung des die Berufung zurückweisenden Beschlusses am 8.10.1993 zuwarten durfte (wie das Rekursgericht übrigens in Übereinstimmung etwa auch mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes - Slg 12365/1990 und 12543/1990 - und des Verwaltungsgerichtshofes - SlgNF 9434 (A) und 11999 (A) - annahm), betrifft nur den nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilenden Einzelfall und stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO dar (ähnlich 6 Ob 1525/92).

Das Rekursgericht ist auch nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen (vgl RZ 1991, 172/54 = Anw 1991, 110; RZ 1989, 192/69; die vom Rechtsmittelwerber weiters angeführten Entscheidungen JUS 1988/36, 14 und MietSlg 36.756 stammen nicht vom Obersten Gerichtshof, sondern vom VfGH bzw LGZ Wien). Ob der Beklagtenvertreter die Berufung bereits einige Tage vor dem 23.9.1993 verfaßt (konzipiert) hat, ist ohne Bedeutung, weil er sie nach eigenem Zugeständnis an diesem Tag unterfertigte.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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