OGH 3Ob284/03s

OGH3Ob284/03s25.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer, Dr. Günter Secklehner Rechtsanwalts-OEG in Liezen, wider die beklagte Partei Corinna S*****, vertreten durch Dr. Elfriede Kropiunig und Dr. Michael Kropiunig, Rechtsanwälte in Leoben, wegen 24.130,94 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 18. September 2003, GZ 6 R 126/03a-32, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren, die beklagte Konsumentin sei als Bürgin für den bei Abschluss Interzessionsvertrags einkommens- und vermögenslosen Hauptschuldner (ihres vormaligen Ehegatten) schuldig, der klagenden Bank 24.130,94 EUR s.A. zu zahlen, wegen der Verletzung der Aufklärungspflicht durch die klagende Partei nach dem bereits anzuwendenden § 25c KSchG idF BGBl I 1997/6 ab.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei bringt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung:

Den Gläubiger, der bis zu dem dafür maßgeblichen Zeitpunkt des Zustandekommens der Interzession erkennt oder erkennen muss, dass der Hauptschuldner seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht oder nicht vollständig erfüllen wird, trifft nach § 25c KSchG eine Informationspflicht: Er hat den interzedierenden Verbraucher auf die wirtschaftliche Lage des Schuldners auch dann hinzuweisen, wenn dieser über die finanzielle Situation des Hauptschuldners Bescheid weiß. Dies soll das Risiko des Einstehenmüssens für eine (materiell) fremde Schuld verringern und den Interzedenten nachdrücklich warnen. Die Auskunft soll diesem die wirtschaftlichen Gründe des Gläubigers vor Augen führen, aus denen dieser neben der Haftung des Hauptschuldners auf der Haftung einer weiteren Person besteht. Demzufolge hat der Gläubiger den Interzedenten darüber zu informieren, inwiefern die wirtschaftliche Lage des Hauptschuldners erwarten lässt, dass dieser seine Verbindlichkeit voraussichtlich nicht (vollständig) erfüllen wird, sodass die Haftung des Interzedenten schlagend wird (RV, 311 BlgNR 20. GP, 25; zur Rsp 1 Ob 29/01y = ÖBA 2002, 654 = RdW 2002, 216 = ecolex 2002, 170 mwN; RIS-Justiz RS0113880; Apathy in Schwimann2 § 25c KSchG Rz 3). Die Rechtsfolge der unterbliebenen Aufklärung durch den Kreditgeber nach § 25c KSchG - Haftungsbefreiung des Interzedenten - tritt bei Unterbleiben der Information wie hier nur dann ein, wenn der Kreditgeber bei Abschluss des Interzessionsvertrags erkannte oder erkennen musste, dass der Kredit wahrscheinlich notleidend werden wird. Nur dann ist ein Verstoß gegen die Informationspflicht denkbar (1 Ob 29/01y mwN). Es muss geprüft werden, ob die klagende Partei beim vorliegenden Sachstand hätte erkennen müssen, dass der Kreditnehmer seine Verbindlichkeiten nicht oder nicht vollständig werde erfüllen können. Je nach Art und Ausmaß der Verbindlichkeit wird der Gläubiger eine sorgfältige Bonitätsprüfung unter Verwendung der ihm zugänglichen Instrumente vorzunehmen, sich somit in jenem Umfang Kenntnis von der wirtschaftlichen Lage des Hauptschuldners zu verschaffen haben, wie dies ein sorgfältiger Kreditgeber üblicherweise tut. Die Beantwortung der Frage, ob der Kreditgeber dem Interzedenten ausreichende Informationen über die wirtschaftliche Lage des Schuldners iSd genannten Gesetzesstelle erteilt hat oder ihm solche hätte erteilen müssen, ist von der Beurteilung ganz konkreter Individualumstände abhängig (1 Ob 29/01y mwN). Denn der Umfang dieser Nachforschungs- und der daraus resultierenden Informationspflicht hängt davon ab, in welcher Höhe Kredit gewährt wurde und vor allem davon, unter welchen Umständen es zum Abschluss des Kreditvertrags gekommen ist. Dieser Pflicht zur Klärung der Umstände des Einzelfalls sind die Tatsacheninstanzen hier nachgekommen.

Nach § 25c zweiter Satz KSchG bleibt die Haftung des Interzedenten nur dann bestehen, wenn er seine Verpflichtung auch nach vollständiger Information übernommen hätte. Dies zu beweisen, obliegt dem Gläubiger (1 Ob 29/01y u.a.). Dem Gläubiger soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich auf die fehlende Kausalität seiner Pflichtwidrigkeit (unterlassene oder fehlerhafte Hinweise) zu berufen und sie zu beweisen. Diesen Beweis hat die klagende Partei nicht erbracht und macht diesen Umstand auch nicht zum Inhalt ihres Rechtsmittels.

Dem von der klagenden Partei behaupteten bewussten Verschweigen von Liegenschaftsbesitz durch die Beklagte kann schon deshalb keine Bedeutung zukommen, weil diese der klagenden Partei - als Eigentum der Beklagten - bekannte Liegenschaftshälfte der einzige Grund für die Kreditgewährung war.

Das im Rechtsmittel behauptete fehlende Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit des Interzedenten und übernommener Verpflichtung wurde von der Rsp zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 25c KSchG in der geltenden Fassung zur hier nicht maßgeblichen Sittenwidrigkeitskontrolle von Bürgschaften naher Angehöriger iSd § 879 ABGB entwickelt. Der im Rechtsmittel zitierten E 9 Ob 85/02v lag kein Fall des § 25c KSchG zugrunde, der Rechtsfall wurde vielmehr auf der Basis des § 879 ABGB geprüft.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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