OGH 3Ob280/00y

OGH3Ob280/00y23.5.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Wien 6, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei P*****, vertreten durch Dr. Peter Lösch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29. September 2000, GZ 46 R 632/00g-6, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nach dem den Exekutionstitel bildenden Urteil ist die nunmehr verpflichtete Partei schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt, oder in hiebei verwendeten Formblättern die Verwendung von im Einzelnen angeführten Klauseln zu unterlassen.

Nunmehr beantragte die betreibende Partei, ihr wider die beklagte Partei die Unterlassungsexekution zu bewilligen, weil die verpflichtete Partei nach Eintritt der Vollstreckbarkeit ihrer Unterlassungsverpflichtung dadurch zuwidergehandelt habe, dass sie in einem am 30. 12. 1997 geschlossenen Vertrag zwei der im Urteil genannten Klauseln verwendete.

Während das Erstgericht die Exekution bewilligt hatte, wies das Rekursgericht über Rekurs der verpflichteten Partei den Exekutionsantrag ab.

Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die betreibende Partei geltend, das Rekursgericht habe sich in seiner Entscheidung in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung gesetzt, wonach das Verhalten der verpflichteten Partei am Inhalt des Exekutionstitels zu messen sei, bzw es nicht darauf ankomme, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen habe. Weiters habe es sich über die vom Obersten Gerichtshof judizierten Auslegungsregeln zu Vertragsklauseln im Verbandsprozess hinweggesetzt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Richtig ist, dass nach ständiger Rechtsprechung (insbesondere auch des erkennenden Senates) für die Bewilligung der Exekution (insbesondere der auf Unterlassung) nicht maßgebend ist, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern was er nach dem Exekutionstitel zu tun oder zu unterlassen hat (RIS-Justiz RS0000217, zuletzt 3 Ob 248/99p; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 21 zu § 355; Klicka in Angst, EO Rz 9 zu § 355 je mN der veröffentlichten Judikatur). Zu Unrecht wirft die betreibende Partei im Revisionsrekurs dem Rekursgericht vor, gegen diesen Grundsatz verstoßen zu haben. In Wahrheit hat sich dieses nämlich damit begnügt, die beanstandeten Vertragsklauseln als nicht titelwidrig zu beurteilen. Im Gegensatz dazu enthält der Revisionsrekurs relativ ausführliche Darlegungen zum materiellen Recht, die jedoch für die Frage der Bewilligung der Exekution ohne Bedeutung sind, wie sich aus dem einleitend dargelegten Grundsatz ergibt. Aus demselben Grund kann die Frage der Auslegung von Vertragsklauseln im Verbandsprozess (nach § 28 KSchG) hier keine Rechtsfrage im Sinn des § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO darstellen.

Bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen das im Titel ausgesprochene Unterlassungsgebot vorliegt, ist nach ständiger Rechtsprechung zunächst streng vom Wortlaut des Exekutionstitels auszugehen (Nachweise bei Höllwerth und Klicka je aaO). Ist allerdings der Wortsinn des zu vollziehenden Spruches nicht völlig eindeutig, so sind auch die Entscheidungsgründe zur Auslegung heranzuziehen (RIS-Justiz RS0000300; Höllwerth aaO mwN). Die Bedeutung der Frage, ob ein bestimmtes festgestelltes Verhalten des Verpflichteten noch vom Exekutionstitel erfasst wird, geht jedoch grundsätzlich über den konkreten Anlassfall nicht hinaus (RIS-Justiz RS0004662). Dies gilt auch hier. Wurden im Titel mehrere Klauseln verboten, dann ist es eine Frage der Auslegung im Einzelfall, ob nach dem Verbot jeder einzelne Satz für sich oder nur in bestimmten Kombinationen zu unterlassen ist. Das lässt sich aus dem Wortlaut allein nicht erkennen.

Im Revisionsrekurs wird auch nicht aufgezeigt, dass dem Berufungsgericht im Einzelfall eine auffallende Fehlinterpretation, die Voraussetzung für die Zulässigkeit wäre (vgl RZ 1994/45 ua); vorgeworfen werden könnte.

Im vorliegenden Fall hat das Titelgericht in seinen Entscheidungsgründen eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es die erste beanstandete Klausel betreffend den ausschließlichen Gasbezug von der beklagten Partei nur im Zusammenhang mit der langen Bindungsdauer als sittenwidrig angesehen hat. Da unstrittigerweise im nunmehr beanstandeten Vertrag eine Bindung nur noch auf 6 statt wie in dem dem Titel zugrunde liegenden Fall auf 12 Jahre vereinbart wurde - diese Klausel wurde auch mit dem Exekutionsantrag in keiner Weise beanstandet -, kann in der Beurteilung des Rekursgerichtes, bei einer Vertragsbindung von bloß 6 Jahren im konkreten Fall liege in der Verwendung der Exklusivitätsklausel allein kein Verstoß gegen den Titel, eine auffallende Fehlbeurteilung nicht gesehen werden.

Was die zweite Klausel angeht, so lässt es die betreibende Partei unbeanstandet, dass das Rekursgericht anhand der vorgelegten Urkunden festgestellt hat, dass nunmehr die verpflichtete Partei anstelle der ursprünglichen, fünf Sätze umfassenden Vertragsklausel nur noch den ersten und die letzten zwei Sätze der verbotenen Klausel verwendet hat, den zweiten und dritten jedoch nicht. Wiederum kommt es im Einzelfall darauf an, ob die Untersagung der mehrgliedrigen Klausel so zu verstehen ist, dass auch jeder einzelne Satz für sich verboten werden sollte. Gerade der im ersten der beiden nicht mehr verwendeten Sätze enthaltene Kündigungsausschluss bei Verzug der verpflichteten Partei war nach den Entscheidungsgründen die Ursache dafür, dass das Titelgericht die gesamte Klausel als sittenwidrig beurteilt hat. Im Zusammenhang damit steht auch das Sittenwidrigkeitsurteil darüber, dass der Bezieher auch in den Fällen höherer Gewalt, in denen der Lieferant von seiner Einzellieferverpflichtung befreit wird, an den Vertrag gebunden bleibe. Auch derjenige Satz, mit dem ausgesprochen wurde, dass das Lieferabkommen durch Nichteinhaltung eines Liefertermines nicht berührt werde und so weitere Lieferungen einzuhalten seien, wurde nicht mehr verwendet. Demnach kann auch bezüglich der zweiten Klausel von der betreibenden Partei im konkreten Fall eine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichtes nicht aufgezeigt werden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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