OGH 3Ob271/00z

OGH3Ob271/00z24.4.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Albert Feichtner und andere Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Günter R*****, vertreten durch Dr. Katrin Hainbuchner und Dr. Katja Kaiser, Rechtsanwältinnen in Kirchberg/Tirol, wegen 288.000 S (= 20.929,78 Euro) sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. Juli 2000, GZ 3 R 208/00p-66, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 8. Mai 2000, GZ 18 Cg 53/96k-61, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.725 S (= 997,43 Euro; darin 2.287,50 S = 166,24 Euro USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruch des Berufungsgerichts hängt im vorliegenden Fall die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren der klagenden Immobilien GmbH gegen den beklagten Käufer einer Liegenschaft mit Haus auf Zahlung einer Käuferprovision von 288.000 S brutto ab. Nach den maßgeblichen Feststellungen der Tatsacheninstanzen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, gab der Geschäftsführer der klagenden Partei dem Beklagten, der erklärt hatte, das Haus nur im

2. Obergeschoss bewohnen, im Übrigen aber als "Renditeobjekt" zur Vermietung erwerben zu wollen, die auch im Vermittlungsauftrag festgehaltene, unrichtige Zusicherung, bei einer Mietdauer von zehn Jahren sei - auch ohne Sanierung des Objekts - für die Räumlichkeiten im Parterre (unter Einbeziehung der Kellerräumlichkeiten) ein monatlicher Nettomietzins von 40.000-60.000 S und für die im

1. Obergeschoss ein solcher von 25.000 S, jeweils wertgesichert, erreichbar. Diese Zusicherungen stellten sich im Verfahren als unrichtig, weil um mehr als die Hälfte überhöht, heraus. Dem entsprechend hielt der Beklagte der klagenden Partei entgegen, ihr Provisionsanspruch sei nicht berechtigt, weil er den als Punktation iSd § 885 ABGB zu beurteilenden Kaufvorvertrag gegenüber der Verkäuferin - nach einem misslungenen Versuch der Vertragsanpassung - zwar einverständlich aufgelöst habe, aber berechtigter Weise wegen eines wesentlichen Irrtums gemäß § 871 ABGB anfechten hätte können. Das vermittelte Geschäft sei letztlich nicht zustande gekommen. Die diesem Einwand des Beklagten Rechnung tragende, klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz(en) steht im Einklang mit der zu vergleichbaren Fällen bestehenden Rsp des Obersten Gerichtshofs. Danach gebührt dem Vermittler grundsätzlich für einen ungültigen Vertrag keine Provision. Sie gebührt nicht, wenn das vermittelte Geschäft nicht zustande gekommen ist oder in der Folge aus wichtigen

Gründen rückgängig gemacht wird. In der Entscheidung 1 Ob 509/89 (=

SZ 62/7 = JBl 1989, 529 = MietSlg 41/8 = WoBl 1989, 67; vgl dazu

Böhm, Die "mangelhafte" Maklerleistung in WoBl 1989, 62 ff, und Jabornegg, Zum Provisionsanspruch des Immobilienmaklers in ÖJZ 1992, 644 ff, [652 f]) wurde die Auffassung vertreten, die bloße Möglichkeit, einen Bestandvertrag wegen Irrtums anzufechten oder ihn deswegen zur sofortigen Auflösung zu bringen, beseitige die Provisionspflicht jedenfalls dann nicht, wenn der Auftraggeber den Vertrag nicht anfechte und alle Vorteile für sich in Anspruch nehme. Dieser Entscheidung lag somit keine gerichtliche oder außergerichtliche Anfechtung, sondern die bloße Anfechtungsmöglichkeit zugrunde. In der Folge wurde für die nicht bloß mögliche, sondern tatsächliche - wenngleich nicht gerichtliche - Auflösung des vermittelten Vertrags wegen eines dem Rechtsgeschäft anhaftenden sogenannten "Wurzelmangels" die Ansicht vertreten, der Entfall der Provisionspflicht könne nicht nur durch die gerichtliche Anfechtung des vermittelten Geschäfts herbeigeführt werden; vielmehr stehe dem Vermittler ein Provisionsanspruch auch dann nicht zu, wenn die einvernehmliche Auflösung des Vertrags wegen eines dem Rechtsgeschäft anhaftenden Wurzelmangels (hier: wesentlichen Irrtums in Ansehung des Kaufgegenstands) erfolgt sei (1 Ob 352/97i = MietSlg 50.657 = WoBl 1999, 275 = ImmZ 2001, 206; RIS-Justiz RS0029657; vgl dazu auch Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht, § 6 HVG Anm 9.3.1.). Von einer uneinheitlichen Rsp kann demnach ebensowenig eine Rede sein wie von einer unrichtigen Rechtsanwendung durch die zweite Instanz im vorliegenden Fall, wurde doch die vom Beklagten abgeschlossene Punktation nach außergerichtlicher Anfechtung tatsächlich wegen eines vom Geschäftsführer der klagenden Partei herbeigeführten Wurzelmangels aufgelöst. Die klagende Partei kann ihren Provisionsanspruch auch nicht durch Anpassung an die vom Beklagten ohnehin vergeblich versuchte Herabsetzung des Kaufpreises (von 8 Mio S auf 5-6 Mio S) wenigstens teilweise zu retten versuchen, weil eben der Beklagte einen derart geänderten Kaufvertrag nicht abschließen konnte.

Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ist auch die Beurteilung der Vorinstanz, dieser vom Geschäftsführer der klagenden Partei veranlasste Irrtum des Beklagten sei für den Geschäftsabschluss wesentlich und nicht etwa ein bloßer (in der Sphäre des Beklagten verbliebener unbeachtlicher) Motivirrtum gewesen, angesichts der dazu vorliegenden Tatsachenfeststellungen auch unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallbeurteilung und -gerechtigkeit nicht zu beanstanden.

Aus diesen Erwägungen ist die Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung zutreffend auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen und deren Zurückweisung beantragt.

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