Spruch:
Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die erst-, zweit- und viertbeklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 2.367,94 EUR (darin 394,66 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluss vom 27. Jänner 2006 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren und bestellte den Kläger zum Masseverwalter. In diesem Verfahren meldeten die Gläubiger bisher Konkursforderungen im Ausmaß von insgesamt 7.369.352,45 EUR an, wovon der Kläger solche im Ausmaß von 4.509.201,61 EUR anerkannte. In der Konkursmasse befindet sich ein Guthaben von 1.921.641 EUR.
Die Gemeinschuldnerin, eine GmbH, wurde am 3. Oktober 2002 ins Firmenbuch eingetragen. Gesellschafter waren Walter S***** mit einer Stammeinlage von 15.750 EUR und Wilhelm B***** (später Wilhelm Ludwig Graf von T*****) mit einer Stammeinlage von 19.250 EUR, Letzterer war auch Geschäftsführer, der die Gesellschaft seit ihrer Eintragung selbständig vertrat.
Seit ihrer Gründung entfaltete die Gemeinschuldnerin keine operativen Tätigkeiten, da die mit ihr ursprünglich verfolgte Absicht des Anbots von Nahrungsergänzungs- und Gesundheitsmittel nicht umgesetzt wurde. Im Jahr 2004 zogen die Gesellschafter die Gesellschaft dazu heran, um über die auf sie lautenden Konten bei drei österreichischen Banken Geld an „Anleger“ auszuzahlen.
Unter anderem mit den gegen die im Berufungsverfahren verbliebenen vier Beklagten eingebrachten Klagen begehrte der klagende Masseverwalter, im Einzelnen aufgeführte Zahlungen an die Beklagten den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam zu erklären. Dazu brachte er im Wesentlichen vor:
Die Gemeinschuldnerin sei bis Mai, Juni 2004 inaktiv geblieben. Danach habe sie sich über ihren Geschäftsführer und dessen Mitgesellschafter an den Aktivitäten einer VIP-Gruppe beteiligt. Dabei sei aufgrund der Art und Weise des Auftretens dieser Gruppe und der Gemeinschuldnerin allen Beteiligten klar gewesen, dass die Gemeinschuldnerin an diesen Geschäften unmittelbar beteiligt sei. Es habe sich bei dem unter anderem auch von der Gemeinschuldnerin betriebenen Anlagesystem um ein Pyramidenspiel gehandelt. Auch die Beklagten hätten sich an dieser Anlageform beteiligt und mehrere Einzahlungen ab April 2004 geleistet, gleichzeitig aber Auszahlungen in weit höherem Umfang erhalten. Er fechte die Rückzahlungen insbesondere nach den §§ 28 und 29 KO an. Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Anfechtung lägen vor. Die Gemeinschuldnerin habe, wie auch alle anderen Unternehmen der Gruppe, mit den Einzahlungen der Anleger die angeblichen Gewinnansprüche älterer Anleger befriedigt. Den Beklagten hätte diese Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin zumindest bekannt sein müssen, sie hätten nicht davon ausgehen können, nach kürzester Zeit einen Anspruch auf Gewinnauszahlung in Höhe des jeweiligen Klagsbetrags zu haben, schon gar nicht gegenüber der Gemeinschuldnerin, mit der sie nicht einmal in einer Vertragsbeziehung gestanden seien. Die einzige denkbare Erklärung für die von dieser vorgenommene Auszahlung bleibe, dass sie zu Lasten anderer Anleger erfolgt sei, die zum Großteil ihre Einzahlungen nicht bzw nur als Konkursquote zurückerhalten würden. Durch diese Vorgangsweise sei der entsprechende Betrag dem Gesellschaftsvermögen entzogen worden. Den Beklagten hätte schon aufgrund der von ihnen erhaltenen inkongruenten Zahlungen, also der Überweisung ohne tatsächlichen Anspruch, die Benachteiligung aller übrigen Gläubiger klar sein müssen. Ein Vertrag über eine pauschalierte Gewinnvorauszahlung müsse - angesichts nie erwirtschafteter Gewinne - zwangsläufig zu Lasten des vorhandenen Kapitals gehen. Die Einhaltung der gleichlautenden Versprechen gegenüber allen Gesellschaftern müsse zwangsläufig zu einer Überschuldung des Unternehmens führen. Kein seriöser Anleger könne derartige Renditen erwarten. Die Gemeinschuldnerin habe gewusst, dass die ausbezahlten Beträge nicht aus (allenfalls zu erwartenden) Gewinnen stammten, sondern aus Geldern anderer Anleger, daher sei die Benachteiligungsabsicht evident. Allein aufgrund der Konstruktion als Gewinnvorauszahlung und des Wissens, dass nur solche Verträge abgeschlossen worden seien, habe die Benachteiligungsabsicht den Beklagten klar sein müssen.
Es liege aber auch der Anfechtungsgrund des § 29 KO vor. Die Beklagten hätten keinen Auszahlungsanspruch gegenüber der Gemeinschuldnerin und der VIP-Gruppe gehabt. Diesbezüglich sei der Gesellschaftsvertrag sittenwidrig. Es habe daher kein Auszahlungsanspruch bestanden, die tatsächliche Auszahlung durch die Gemeinschuldnerin sei eine unentgeltliche Verfügung. Das Geld, das den Beklagten von der Gemeinschuldnerin ausgezahlt worden sei, sei dieser nicht von dritter Seite, insbesondere nicht vom Vertragspartner der Beklagten zur Verfügung gestellt worden, was diesen bekannt sein habe müssen.
Überdies werde das Klagebegehren auch auf einen Schadenersatzanspruch der Konkursmasse gegen die Beklagten gestützt. Sie hätten die Zahlung ohne Rechtsgrund entgegengenommen und sich so am sittenwidrigen/strafbaren Verhalten der Gesellschafter der Gemeinschuldnerin beteiligt. Es liege ein Zusammenwirken mit dem Vertragspartner bei der allfälligen Beauftragung der Gemeinschuldnerin zur Auszahlung des Geldbetrags vor. Vorerst gehe der Kläger davon aus, dass es eine derartige Beauftragung nicht gegeben habe. Ein Schadenersatzanspruch bestehe schon allein deshalb, weil den Beklagten die Sittenwidrigkeit dieses Vorgangs zweifellos klar sein habe müssen.
Schließlich werde das Klagebegehren auch noch auf den Rechtsgrund der Bereicherung gestützt. Es habe zwischen den Beklagten und der Gemeinschuldnerin keine Vertragsbeziehung bestanden. Diese hätten den Beteiligungsvertrag entweder mit der V***** Ltd oder der V***** Inc abgeschlossen. Mangels Rechtstitels für eine Zahlung der Gemeinschuldnerin seien sie unrechtmäßig bereichert. Es habe aber auch kein Anspruch der Beklagten auf eine Zahlung des Vertragspartners, der V***** Ltd (mit der sie einen Vertrag über die Beteiligung als stiller Gesellschafter abgeschlossen hätten), bestanden. Es liege somit eine Bereicherung zu Lasten der Gemeinschuldnerin vor.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren. Sie wendeten im Wesentlichen ein, sie seien im Glauben gewesen, die angefochtenen Auszahlungen berechtigt erhalten zu haben. Sie hätten das nun im Strafverfahren beurteilte System nicht gekannt, insbesondere nicht, dass dieses nach einer Art Anlagepyramide funktioniere. Ihnen gegenüber sei die V***** H***** GmbH als Vertreterin der V***** Ltd bzw der T***** Inc aufgetreten. Diese Gesellschaft habe die Verträge aufgelegt, sie gestempelt und unterzeichnet. Die Beklagten seien daher von einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht ausgegangen, die zum Vertragsabschluss mit den ausländischen Unternehmen geführt hätte. Die Auszahlungen seien in Erfüllung der Verpflichtung jener Gesellschaften erfolgt. Die Gemeinschuldnerin habe nicht in Freigebigkeit geleistet, eine Unentgeltlichkeit sei ihnen nicht erkennbar gewesen. Bestehende Rückgriffsansprüche der Gemeinschuldnerin gegenüber der V***** H***** GmbH und Walter S***** seien einbringlich und würden damit eine Unentgeltlichkeit der Leistungen ausschließen. In welcher Form die Gemeinschuldnerin die Auszahlungen vorgenommen habe, sei ihnen nicht bekannt gewesen. Die Auszahlungen hätten sie auch nicht von der Gemeinschuldnerin angefordert. Offensichtlich sei diese als Treuhänderin für die Verwaltung der Gelder eingeschritten, sie habe als bloße Zahlstelle fungiert, die funktionell über die Gelder der Anleger verfügt habe.
Das Erstgericht erklärte mit Urteil unter anderem Zahlungen an die Erstbeklagte vom 1. Juli und 22. Dezember 2007 im Umfang von insgesamt 44.119,74 EUR, an den Zweitbeklagten solche vom 23. Juli 2004 im Umfang von 23.173,75 EUR und solche an den Viertbeklagten vom 1. Juli und 29. Juli 2004 im Umfang von 6.628,25 EUR für unwirksam und verurteilte die Beklagten zur Zahlung dieser Beträge binnen 14 Tagen.
Das Erstgericht traf folgende wesentliche Feststellungen:
Im Jahr 2003 fasste der gerichtlich bereits mehrfach wegen Vermögensdelikten rechtskräftig verurteilte gelernte Dachdeckermeister Walter S***** den Entschluss, über ein unter den Oberbegriff „VIP“ agierendes Firmengeflecht interessierte Anleger zur Einzahlung von Geldern zu verleiten, mit denen die Auszahlungen der in Verträgen versprochenen Gewinnsummen finanziert und damit ein insgesamt betrügerisches System aufrechterhalten werden sollte. Dazu gründete er (teils unter Mithilfe anderer Personen, teils mit anderen Personen) mehrere Unternehmen, die von den beworbenen Anlegern in weiterer Folge als „VIP-Gruppe“ betrachtet wurden:
a) V***** H*****gesellschaft mbH (in der Folge: VIP H*****), die am 14. April 2004 in das Firmenbuch eingetragen wurde. Auf der Homepage dieser Gesellschaft wurden interessierten Anlegern die Beteiligungsmöglichkeiten erläutert, dort wurde ihnen auch die Möglichkeit geboten, Vertragsformulare herunterzuladen und an die Gesellschaft zu schicken, die nach entsprechender Überprüfung der vorgelegten Unterlagen und der getätigten Einzahlungen die Beteiligungsverträge namens der V***** Ltd oder der V***** Inc unterfertigte und an die Anleger sandte. Die VIP H***** erledigte den gesamten Schriftverkehr der VIP-Gruppe.
b) V***** Ltd mit Sitz in London, die über Auftrag des Walter S***** von einem damit befassten und auf solche Gründungen spezialisierten Unternehmen gegründet und am 3. März 2004 im Companies House eingetragen wurde.
c) V***** Inc; die über Auftrag des Walter S***** mit ursprünglichen Sitz in New York gegründet werden sollte, als Gesellschaft aber niemals in einem Register eines Bundesstaats der Vereinigten Staaten von Amerika protokolliert wurde.
d) V***** GmbH, die am 22. Juli 2004 in das Firmenbuch eingetragen wurde. Als Geschäftsführer schien vom 22. Juli 2004 bis 8. März 2005 Wilhelm B***** im Firmenbuch auf. Alleinige Gesellschafterin war die Gemeinschuldnerin.
Tatsächlich waren die unter b) und c) genannten Gesellschaften geschäftlich nie tätig. Es waren reine Scheinfirmen ohne Personal und ohne geschäftliche Tätigkeiten, die von S***** ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurden, den Anlegern Geschäftsverbindungen zum Ausland bzw geschäftliche Tätigkeiten im Ausland vorzuspiegeln.
Gegenüber interessierten Anlegern präsentierte er das Ziel und den Zweck der Veranlagungen anders. So wurden etwa den Anlegern auf der Homepage der VIP H***** zwei Möglichkeiten zur Veranlagung angeboten: eine Beteiligung als stiller Gesellschafter an der V***** Ltd bzw ein Invest in Devisentradinggeschäften der T***** Inc, welches Renditen zwischen 0,5 % und 1 % am Tag (180 bis 360 % jährlich) versprach. Während den Anlegern bei einem Invest in T***** Inc lukrativste Gewinne aufgrund des Devisentradings in Aussicht gestellt wurden, sollte die Beteiligung als stiller Gesellschafter an der V***** Ldt im Wesentlichen die Möglichkeit eröffnen, eine Gewinnvorauszahlung in der Höhe bis zum Zehnfachen des aktuell eingesetzten Beteiligungskapitals beantragen zu können. Diese Gewinnvorauszahlung sollte nach einer Wartezeit von wenigen Wochen bis zu 6 Monaten (im Regelfall 3 Monaten) zur Auszahlung gelangen. Dabei stand es den Anlegern frei, entweder das Geld zu beheben oder zu reinvestieren (stehen zu lassen), was ihnen wiederum die Möglichkeit eines weiteren Antrags auf Gewinnvorauszahlung bis zur zehnfachen Höhe des stehen gelassenen Kapitals ermöglichen sollte.
Für interessierte Anleger bestand dabei gleich die Möglichkeit, die Antragsformulare herunterzuladen und/oder auszufüllen, wobei es sich um standardisierte Vertragsvordrucke mit für die V***** Ltd folgendem Inhalt handelte:
„Stiller Gesellschaftsvertrag
zwischen
…
nachfolgend auch 'Stiller Gesellschafter' genannt.
…
§ 10 Optionen
1. Der stille Gesellschafter ist berechtigt, ab Vertragsunterzeichnung einen Antrag auf pauschalierte Gewinnvorauszahlung (PROFIT-SHARING) bis zu einer Höhe des 10-fachen (in Worten: des Zehnfachen) des Beteiligungskapitales zu beantragen. Die pauschalierte Gewinnvorauszahlung wird in einem gesonderten Vertrag geregelt. Voraussetzung hierfür ist die Annahme des Antrages des stillen Gesellschafters durch die VIP.
…
§ 14 Auseinandersetzung, Abfindungsguthaben
1. Bei Beendigung der Gesellschaft steht dem stillen Gesellschafter eine Abfindung zu. Sie errechnet sich aus dem Saldo des Einlage-, Privat- und Verlustkontos. Stille Reserven sind nicht aufzulösen; ein Geschäftswert wird nicht berücksichtigt.
...“
Realisieren konnte ein Anleger seine Gewinnvorauszahlung durch Unterfertigung eines Gewinnvorauszahlungsvertrags, der großteils standardmäßig folgenden Inhalt aufwies:
„Gewinnvorauszahlungsvertrag
…
nachfolgend Partner genannt
…
Die Parteien sind durch eine Beteiligung des Partners als stiller Gesellschafter rechtlich verbunden. Es wird vereinbart, dass VIP dem Partner eine Gewinnvorauszahlung in Form eines Firmendarlehens in Höhe von EUR ... besorgt bzw zur Verfügung stellt.
…
Die Laufzeit des Darlehens beträgt 10 Jahre.
Die Zinsen betragen pauschal für die gesamte Laufzeit von 10 Jahren EUR ... und sind monatlich im Nachschuss an die VIP oder die darlehensgebende Bank zu bezahlen.
…
Die monatliche Zinsenzahlung muss bis zur vollständigen Tilgung des Firmendarlehens erfolgen.
…
Der Partner verpflichtet sich ausschließlich für die Zahlung der Zinsenpauschale in monatlichen Teilbeträgen. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit und regelmäßiger Zahlung der Zinsen werden keine weiteren Forderungen seitens der VIP oder der darlehensgebenden Bank an den Partner gestellt.
Die Kapitaltilgung des Firmendarlehens erfolgt durch die Erträge der Beteiligung an V***** und ist vom Partner nicht durch Zahlung zu erbringen. Die Entwicklung des Tilgungsträgers kann der Partner durch eine tägliche Kontostandsmeldung verfolgen. Sobald der Kontostand den Gesamtbetrag erreicht hat, wird der Vertrag abgerechnet und das Vertragsverhältnis beendet.
...“
Wollte sich ein Anleger nur oder auch am System T***** beteiligen, so stand ihm folgendes Vertragsmuster zur Verfügung:
„T***** Vertrag
…
nachfolgend Partner genannt
wie folgt:
Die Parteien sind durch eine Beteiligung des Partners als stiller Gesellschafter rechtlich verbunden.
Es wird vereinbart, dass der Partner in Höhe seiner Beteiligung an den Erträgen aus den operativen Geschäften (Tradingprogrammen) der VIP anteilig beteiligt ist.
Die Beteiligungssumme beträgt:
…
Der Partner erhält vom tatsächlich erwirtschafteten Gewinn ... %
abzüglich 1 %, dass der Partner an die VIP-HELPLINE spendet.
...“
Die Möglichkeit zu fantastischen Renditen bzw Gewinnvorauszahlungen in mehrfacher Höhe des einbezahlten Betrags sprach sich rasch herum. Bis zur Verhaftung von S***** und B***** bzw bis zur Sperre der Internetplattform sollten Zahlungen in mehrfacher Millionenhöhe auf verschiedenen Konten (alleine 19.773.555,90 EUR auf Eurokonten) eingehen. Soweit von den Beklagten Zahlungen geleistet wurden, erfolgten diese nicht (unmittelbar) auf Konten der Gemeinschuldnerin. Einzahlungen derselben auf anderen Konten standen vielfache Auszahlungen von diesen Konten gegenüber. Teils wurden Gelder auch in bar an diverse Repräsentanten aus dem VIP-Vertriebssystem übergeben. Dass diese Gelder an die Gemeinschuldnerin weitergeleitet worden wären, kann nicht festgestellt werden.
Auch die Bankverbindungen, über welche die Auszahlungen erfolgten, wechselten mehrmals, zumal die involvierten Kreditinstitute den Verdacht auf Geldwäscherei hegten und die Kontoverbindungen beendeten. So kam es dazu, dass die ursprüngliche Bankverbindung ab Mai 2004 nicht mehr für Ein- und Auszahlungen zur Verfügung stand. Dadurch kam man auf die Idee, die bislang in die „VIP‑Geschäfte“ von S***** und B***** nicht involvierte und operativ nicht tätige Gemeinschuldnerin wegen ihrer bestehenden Bankverbindung zur Abwicklung der Zahlungsflüssse heranzuziehen. Ab Mai 2004 gingen erste Einzahlungen von Anlegern auf diesem Konto ein. Die Anleger wussten von dieser Kontoverbindung aufgrund eines Hinweises auf der Homepage der VIP H*****.
Während dieses Bankkonto bereits seit dem Jahr 2002 bestanden hat und im Juni 2004 dazu entweder ein Subkonto oder ein neues Konto mit der Bezeichnung „M*****/VIP“ eingerichtet wurde, fand die Eröffnung des weiteren Kontos bei einer anderen Bank erst 2004 statt. Dessen Bezeichnung lautete auf „M***** GmbH/VIP“. Für beide Konten waren B***** und S***** je einzelzeichnungsberechtigt.
Es gab keine Vereinbarung über eine treuhändige Bindung der auf den zwei Konten eingehenden Gelder. Eine Treuhandbindung wurde den Kreditinstituten gegenüber auch nicht offen gelegt. Über sämtliche Konten gab es im Jahr 2004 eine Unzahl von Ein- und Auszahlungen. Die bei der Kontoschließung verbliebenen Salden wurden auf Konten anderer Kreditinstitute überwiesen.
Die Gemeinschuldnerin steht mit keinem anderen Unternehmen der VIP-Gruppe in einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung, deren Zweck eine gemeinsame Abwicklung der VIP-Geschäfte gewesen wäre. Sinn und Zweck der Einbeziehung der Gemeinschuldnerin in die Geschäfte der VIP war die bloße Tatsache, dass sie bereits über eine Kontoverbindung verfügte und weitere Konten eröffnen konnte.
Über Anweisung S*****s beauftragte und veranlasste B***** die aus dem Spruch der Entscheidung ersichtlichen Auszahlungen an die Beklagten über Konten der Gemeinschuldnerin.
…
Sämtlichen Beklagten war bei Zahlungserhalt bekannt, bzw hätte es ihnen zumindest bekannt sein können, dass Auftraggeberin der Überweisungen die Gemeinschuldnerin ist. Auf den Buchungs- und Zahlungsbelegen schien - für die Beklagten erkennbar - die Gemeinschuldnerin als Auftraggeberin der Überweisungen auf, wobei als Zahlungsgrund „anteiliges Profit-Sharing“ oder „T*****“ bzw „T*****“ genannt wurde.
Zu den in den Beteiligungsverträgen angeführten Vertragspartnern der Beklagten unterhielt die Gemeinschuldnerin keine geschäftlichen Beziehungen. Es gab von diesen Unternehmen auch keine Aufträge zu Auszahlungen, da es sich bei ihnen nur um geschäftlich nicht tätige Scheinfirmen handelte. Es war nicht ein Vertreter dieser Scheinfirmen oder ein von ihnen gesetztes Verhalten, dass S***** oder andere Personen dazu ermächtigt hätte, für sie zu handeln; vielmehr war es (zumindest) S***** allein, der die entsprechenden Aufträge zur Auszahlung an B***** weiterleitete. Rückforderungs- oder Rückgriffsansprüche (Aufwandersatz-, Schadenersatzansprüche etc) der Gemeinschuldnerin gegenüber dem mehrfach vorbestraften S***** und der VIP H***** waren und sind uneinbringlich. Es kann nicht festgestellt werden, dass die V***** Einzahlungen entgegengenommen oder Auszahlungen an die Beklagten durchgeführt oder in Auftrag gegeben hätte.
Das Erstgericht erachtete - ohne im Spruch darüber abzusprechen - den Einwand der örtlichen Unzuständigkeit als nicht gerechtfertigt.
In materiellrechtlicher Hinsicht führt es aus, dass allen Anfechtungstatbeständen (der KO) das teils unausgesprochene Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung zugrunde liege. Deren Hauptfall sei die Verkürzung der Aktivmasse oder die Vergrößerung der Passivmasse. Eine Gläubigerbenachteiligung sei auch gegeben, wenn zukünftige Gläubiger einen Ausfall zu verzeichnen hätten. Dass aus der anfechtbaren Rechtshandlung noch weitere Ersatzansprüche resultierten und damit Forderungen gegenüber Dritten bestünden, schließe eine Benachteiligung der Gläubiger nicht aus.
Entgegen der Ansicht der Beklagten seien die auf den Konten der Gemeinschuldnerin erliegenden Gelder kein Treugut Dritter gewesen. Es stünden weder Treuhandabreden der Gemeinschuldnerin mit Anlegern oder anderen Unternehmen fest, noch sei eine treuhändige Abwicklung Dritten gegenüber offen gelegt worden. Der in der bloßen Kontobezeichnung „M*****/VIP“ gelegene Hinweis, deute auf eine bloße Zweckwidmung hin, ohne dass Dritten - hier schon mangels schuldrechtlicher Absprachen - daraus irgendwelche Berechtigungen erwachsen hätten sollen. Demnach seien die Forderungen in Höhe des Guthabensstands gegenüber den Banken nicht Dritten, sondern demjenigen zugestanden, auf dessen Namen das Konto lautete.
Der weitere Einwand der Beklagten, es habe sich bei den überwiesenen Geldern funktionell um fremdes Vermögen gehandelt, treffe bei rechtlicher Beurteilung in doppelter Hinsicht nicht zu. Zum einen seien die beiden Konten der Gemeinschuldnerin fast ausschließlich mit Geldern anderer Anleger dotiert worden, weshalb - wenn überhaupt - nur ein (anteiliger) Aussonderungsanspruch dieser Gläubiger in Frage käme. Aber auch dann, wenn von Anderkonten Gelder auf Konten der Gemeinschuldnerin transferiert worden wären, hätten diese Gelder spätestens mit der unterschiedslosen Vermengung mit den Geldern anderer Anleger ihre Treuhandbindung verloren. Es entspreche ständiger Rechtsprechung, dass die Aussonderung von Geld aus einer Konkursmasse dann nicht mehr möglich sei, wenn es infolge Vermengung nicht mehr der Eigentumsklage unterliege. Nur im Fall der Vereinigung abgegrenzter Mengen gleichartiger Sachen werde dem Eigentümer die Eigentumsklage auf eine bestimmte von ihm stammende Quantität gewährt. Eine solche Eigentumsklage scheitere dann, wenn sich kein bestimmter Anteil am Gemenge mehr nachweisen lasse, weil vor Klagseinbringung Geld in unbestimmter Höhe entnommen worden sei. Das sei hier jedenfalls der Fall gewesen. Durch die Vielzahl der Ein- und Auszahlungen auf den Konten der Gemeinschuldnerin sei es zu einer Vermengung der Gelder gekommen, die ein Miteigentum der Einzahler vorweg ausschließe. Es könne daher von einer fehlenden Gläubigerbenachteiligung als Folge von nicht im Konkurs unterworfenen Kontoguthaben zum Zeitpunkt der Auszahlungen keine Rede sein.
Die Anfechtung unentgeltlicher Verfügungen nach § 29 Z 1 KO beruhe auf dem geringeren Vertrauensschutz unentgeltlichen Erwerbs. Ob eine Verfügung unentgeltlich erfolge, sei dabei vom Standpunkt des gemeinschuldnerischen Vermögens zu beurteilen. Maßgebend sei für die Unentgeltlichkeit primär die fehlende Gegenleistung oder der fehlende Gegenwert einer Leistung, also der objektive Tatbestand. Ein angemessenes Entgelt schließe eine Anfechtung nach § 29 Z 1 KO aus.
Den Beklagten habe die Gemeinschuldnerin nichts geschuldet. Sie sei ihnen weder vertraglich gebunden gewesen, noch hätten die Beklagten im Zeitpunkt der Auszahlung ihr gegenüber sonstige Ansprüche gehabt, die mit den Zahlungen abgedeckt werden hätten sollen. Es habe für die angefochtenen Zahlungen auch keine Gegenleistung der Beklagten gegeben. Auch von dritter Seite habe die Gemeinschuldnerin für ihre Leistungen kein Entgelt erhalten. Die weiteren Einzahlungen anderer Anleger seien für deren Beteiligungen gedacht gewesen, hätten aber nicht die Auszahlungen an die Beklagten entgelten sollen. Es habe keine werthaltigen Rückforderungsansprüche gegenüber dritten Personen oder Unternehmen gegeben, aus denen die Gemeinschuldnerin eine Gegenleistung für ihre Zahlungen hätte ziehen können. Damit seien die Zahlungen objektiv ohne Gegenleistung erbracht worden, sie seien unentgeltlich gewesen. Gewichte man die für die Notwendigkeit eines subjektiven Elements seitens des Gemeinschuldners vorgebrachten Argumente, dann verdiene die Ansicht der Rechtsprechung den Vorzug, es sei ein objektiver Maßstab anzulegen. Subjektive Elemente, wie Absicht zur Freigebigkeit und/oder (relevante) Erkennbarkeit der Freigebigkeit, auf Seiten des Anfechtungsgegners zu fordern, scheitere in der Praxis daran, dass sich der Zahlungsempfänger bei Erhalt des Gelds zumeist keine Gedanken zum Grund und zum Zweck dieser Zahlung von dritter Seite gemacht habe. Zwar könne ihm bei tatsächlicher Kenntnis von der Drittzahlung angelastet werden, das fehlende Entgelt im Verhältnis zum Auftraggeber der Zahlung gekannt zu haben; eine Kenntnis der „Unentgeltlichkeit“ bzw Freigebigkeit im Verhältnis von Zahlung und Altschuldner, etwa wegen dessen objektiver Insolvenzreife, werde dem Anfechtungsgegner - bei Sozialversicherungsträgern möge dies anders sein - aber fast nie nachzuweisen sein. Es bedürfe daher im Rahmen einer Anfechtung nach § 29 Z 1 KO weder auf Seiten des Gemeinschuldners noch auf Seiten des Anfechtungsgegners subjektiver Elemente. Die angefochtenen Zahlungen der Gemeinschuldnerin seien daher anfechtbare Verfügungen.
Das Gericht zweiter Instanz gab den Berufungen von noch vier Beklagten (darunter die drei im Revisionsverfahren verbliebenen) nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision - abgesehen von der Verurteilung des Viertbeklagten zur Zahlung von 697,50 EUR - zulässig sei.
In Behandlung der ausschließlich erhobenen Rechtsrügen schloss sich das Gericht zweiter Instanz der jüngsten deutschen Rechtsprechung an, die bei Teilnahme an Optionsgeschäften eines Wertpapierhandelsunternehmens, das Scheingewinne im Wege eines Schneeballsystems ausgezahlt hatte, diese Rechtshandlung des Insolvenzschuldners als unentgeltliche Verfügung im Sinne des Anfechtungsrechts behandelte. Auch hier handle es sich um die Auszahlung von derartigen Scheingewinnen. Die Beklagten hätten auch gegenüber der Kontoinhaberin keinen Anspruch auf Auszahlung gehabt, zumal es sich bei dieser nicht um ihre Vertragspartnerin gehandelt habe. Selbst wenn die Gemeinschuldnerin von der VIP-Gruppe angewiesen worden wäre, die angefochtenen Zahlungen zu leisten, liege eine Unentgeltlichkeit dieser Verfügungen vor, weil zwar zufolge Ausführung einer derartigen Anweisung ein Rückforderungsanspruch entstanden wäre, dieser aber uneinbringlich sei. Daher könnten die Berufungswerber der Anfechtung von Auszahlungen von Scheingewinnen aus dem Eigenkonto/den Eigenkonten der Gemeinschuldnerin nicht die vorausgegangenen, zwecks Veranlagungen der VIP-Gruppe vorgenommenen Einzahlungen entgegenhalten, selbst wenn eine solche Einzahlung erst nach dem Mai 2004 auf ein Konto der Gemeinschuldnerin vorgenommen worden sein sollte.
Die Berufungswerber hätten bei Anwendung gehöriger Sorgfalt und Aufmerksamkeit Bedenken an der Möglichkeit der VIP-Gruppe haben müssen, den versprochenen Anlagegewinn zu verdienen und noch dazu im Voraus auszubezahlen. Ihnen seien die Bankkonten nicht als Treuhandkonten bekannt gegeben worden. Sie hätten daher davon ausgehen müssen, dass es sich um Eigenkonten der Gemeinschuldnerin handle. Selbst wenn die Beklagten von Fremdgeldkonten der Gemeinschuldnerin ausgingen, hätten sie beachten müssen, dass im Konkurs des Kontoinhabers das Guthaben eines derartigen Kontos in die Konkursmasse falle. Die angefochtenen Zahlungen hätten also zum Zeitpunkt ihrer Vornahme das Vermögen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin betroffen. Dazu komme, dass die Beklagten auch gegenüber der Gemeinschuldnerin keinen Anspruch auf Auszahlung von Gewinnvorauszahlungen, in Wirklichkeit von Scheingewinnen, gehabt hätten. Diese Umstände reichten aus, um allfällige subjektive Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands des § 29 Z 1 KO zu erfüllen. Selbst wenn in neueren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs ein umfassenderes subjektives Element gefordert werde, könne dem für den vorliegenden Fall der Auszahlungen von Scheingewinnen aus einem Pyramidenspiel durch ein Drittunternehmen nicht gefolgt werden. Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs sei eine Leistung, die der spätere Gemeinschuldner zur Tilgung einer nicht werthaltigen Forderung des Leistungsempfängers gegen einen Dritten erbringe, auch dann als unentgeltlich anfechtbar, wenn der Leistungsempfänger von der Wertlosigkeit seiner Forderung keine Kenntnis habe. Nach schweizerischer Rechtsansicht sei es unerheblich, ob das Missverhältnis von Leistungen und die Gefahr der Schädigung der Gläubiger für den Empfänger der Leistung des Schuldners erkennbar gewesen wären; ob der Schuldner selbst das Missverhältnis gekannt habe oder erkennen habe können.
Wenn die Unternehmen der VIP-Gruppe mit den Anlegergeldern keine wirtschaftliche, tatsächlich gewinnerzielende Unternehmenstätigkeit entfalteten, sei ohne weiteres zum Zeitpunkt der getätigten Auszahlungen von einer mangelnden Werthaltigkeit der Rückgriffsforderung der Gemeinschuldnerin auszugehen.
Die ordentliche Revision sei - mit Ausnahme einer einzelnen angefochtenen Zahlung im Umfang von 697,50 EUR an den Viertbeklagten - zulässig. Es liege noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anfechtung von Scheingewinnen im Wege eines Schneeballsystems als unentgeltliche Verfügung im Sinn des Anfechtungsrechts vor. Ferner stelle sich die Frage, ob der Masseverwalter nicht doch die Bezahlung auf ein Sondermassekonto verlangen hätte müssen. Dazu trete die Frage nach subjektiven Tatbestandselementen des § 29 Z 1 KO.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen der Erst-, des Zweit- und des Viertbeklagten sind zwar zulässig, weil zumindest zur Frage, ob für die Anfechtbarkeit nach § 29 Z 1 KO die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Empfängers über die Unentgeltlichkeit Anfechtungsvoraussetzung ist, eine klare und gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliegt. Die Revisionen sind aber nicht berechtigt.
I.1. Zur Unentgeltlichkeit einer Zuwendung:
Unter den Begriff „unentgeltliche Verfügungen“ iSd § 29 Z 1 KO (vgl „unentgeltliche Leistungen des Schuldners“ in § 134 Abs 1 dInsO) fallen nicht nur Schenkungen, sondern alle Zuwendungen, wofür der Handelnde kein Entgelt erhält (RIS-Justiz RS0064315; RS0050235), die Leistung also nicht mit einer Gegenleistung konditional verknüpft ist (Rebernig in Konecny/Schubert, KO § 29 Rz 5 mwN; Hirte in Uhlenbruck, InsO12 § 134 Rz 20 mwN aus der dRsp). Entgeltlich ist jede Leistung, für die eine Gegenleistung erbracht wird; die Entgeltlichkeit setzt eine konditionale oder kausale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung voraus. Unentgeltlich ist hingegen eine Verfügung dann, wenn sie ein Vermögensopfer für den Leistenden bedeutet, für das dieser eine Gegenleistung als Entgelt nicht zu fordern hat (RIS-Justiz RS0064338).
2. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein entgeltliches (§ 917 ABGB) oder ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt, kann der Parteiwille nicht außer Betracht bleiben (RIS-Justiz RS0064338). Ob etwas als Gegenwert gemeint ist, darüber entscheidet der Parteiwille. Damit fließt aber auch in die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Z 1 KO insofern ein subjektives Moment ein, als nach der Intention des Handelnden die Rechtshandlung eine unentgeltliche Verfügung sein muss (RIS-Justiz RS0064328). Auf eine Willenseinigung der Parteien über die Unentgeltlichkeit kommt es aber nicht an (RIS-Justiz RS0064315), diese liegt jedoch nur vor, wenn der Zweck der Leistung eine Freigebigkeit des Verfügenden ist (RIS-Justiz RS0033054), auf dessen Willen es also zunächst ankommt.
3. Eine Kenntnis, also das positive Wissen des Empfängers über die Freigebigkeit als Anfechtungsvoraussetzung nach § 29 KO wurde bislang zumindest bei gemischten, also teils entgeltlichen und teils unentgeltlichen, Verträgen verlangt (6 Ob 175/01f: „Schenkungsbewusstsein“). Das Abstellen auf ein derartiges subjektives Element auf Seiten des Zuwendungsempfängers mag bei Mischverträgen sachgerecht erscheinen, weil allein die objektive Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung für die Annahme von Entgeltlichkeit noch nicht ausreicht (RIS‑Justiz RS0050235).
4. Ob im Bereich einseitiger unentgeltlicher Verfügungen für eine Anfechtbarkeit schon die Erkennbarkeit der Freigebigkeit ausreicht, konnte die Entscheidung 2 Ob 225/07p offen lassen, weil eine fahrlässige Unkenntnis des Anfechtungsgegners zu verneinen war. Der zweite Senat verwies zuvor darauf, dass zu dieser Frage noch keine eindeutige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege, im Schrifttum aber die Auffassung im bejahenden Sinn vertreten werde. Dazu ist Folgendes auszuführen:
Koziol/Bollenberger (in Buchegger Österreichisches Insolvenzrecht4 § 29 KO Rz 5; zust König, Anfechtung4 Rz 9/10; zust auch Rebernig aaO § 29 Rz 9) führen überzeugend aus, dass nicht nur auf den Willen des Verfügenden abzustellen sei, weil Grundgedanke der Schenkungsanfechtung die Schutzunwürdigkeit dessen sei, der einen Vermögenswert unentgeltlich erlange. Die Schutzunwürdigkeit setze zumindest die Erkennbarkeit der Freigebigkeit der Zuwendung voraus. Anfechtungsvoraussetzung sei zwar nicht die Willenseinigung zwischen Gemeinschuldner und Empfänger über die Unentgeltlichkeit, wohl aber die Erkennbarkeit der Freigebigkeit für den Empfänger. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Der Anfechtungsgrund setzt - wie derjenige nach § 28 KO - nicht voraus, dass der verfügende Gemeinschuldner zum Zeitpunkt der Zuwendung materiell insolvent war. Der geringere Vertrauensschutz des Empfängers, der keine Gegenleistung zu erbringen hat, gegenüber demjenigen, der entgeltlich erwirbt, ist Ergebnis einer zu Gunsten der Gläubiger des unentgeltlich ein Vermögensopfer erbringenden Gemeinschuldners ausschlagenden Interessenabwägung. Eine solche hat der Gesetzgeber auch bei der Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht nach § 28 Z 2 KO vorgenommen und dort als Anfechtungsvoraussetzung normiert, dass die Benachteiligungsabsicht dem Anfechtungsgegner zumindest bekannt sein müsse. Wenn nach dieser Gesetzesstelle eine Anfechtung an der schuldlosen Unkenntnis scheitert, wäre es ein Wertungswiderspruch, bei der Anfechtung nach § 29 Z 1 KO der Anfechtung auch dann stattzugeben, wenn der Anfechtungsgegner ohne Verschulden irrig von einer entgeltlichen Zuwendung ausging. Zumindest bei nach dem Willen des Verfügenden einseitigen, unentgeltlichen Zuwendungen ist Anfechtungsvoraussetzung, dass dem Empfänger die Freigebigkeit erkennbar war. Aus den dargelegten Gründen vermag sich der erkennende Senat nicht der in den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) vertretenen Auffassung anzuschließen, dass es bei der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen im Rahmen eines Schneeballsystems allein auf das Vorliegen einer objektiv unentgeltlichen Leistung (nach § 134 Abs 1 dInsO) ankäme und einseitigen Vorstellungen des Leistungsempfängers über eine Entgeltlichkeit selbst dann keine Bedeutung zukäme, wenn der Irrtum vom Schuldner hervorgerufen wurde (BGH IX ZR 195/07 = NJW 2009, 363 = BGHZ 179, 137 mwN).
II. Die Beklagten haben jedoch fahrlässig nicht erkannt, dass ihnen unentgeltliche Scheingewinne ausgezahlt wurden:
1. Vorauszuschicken ist, dass vom „Spenderhorizont“ her, also aus Sicht der VIP-Gruppe, kein Zweifel an der Absicht der Verfügenden besteht, den Anlegern das Geld unentgeltlich zukommen zu lassen. Eine Gegenleistung war mit den Auszahlungen nicht verknüpft. Sie erfolgte in der Erwartung (Hoffnung), dass die Anleger weitere (höhere) Einzahlungen tätigen oder Werbung für das vermeintlich gute Anlageprodukt betreiben, um auf diese Weise das betrügerische System in Gang zu setzen und aufrechtzuerhalten. Nach den getroffenen Feststellungen kann dieses Motiv und damit auch eine Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin und der für die VIP-Gruppe Handelnden nicht zweifelhaft sein.
So wie bei der natürlichen Person (5 Ob 254/00i = SZ 73/203; 3 Ob 24/08p; Koziol/Bollenberger in Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht, § 28 KO Rz 8; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung³, Rz 7/21) kommt es auch bei einer Kapitalgesellschaft auf den gesetzlichen Vertreter an (für die Maßgeblichkeit der nach außen Handelnden Rebernig in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 30 Rz 143). Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin war zur fraglichen Zeit Wilhelm B*****. Wie sich aus den von der zweiten Instanz gebilligten erstgerichtlichen Feststellungen, insbesondere aber noch deutlicher aus den in der Beweiswürdigung des Erstrichters enthaltenen Tatsachenfeststellungen ergibt, war dieser als Komplize in das Betrugssystem des Walter S***** eingebunden und profitierte auch selbst von den Tathandlungen (s jüngst auch 15 Os 190/08t, Ersterer dort: „Wilhelm Ludwig G.“). Ein „Sich-Bedienen“ (vgl die Feststellungen im Rahmen der Beweiswürdigung des Erstgerichts S 19 seiner Urteilsausfertigung) an den Erträgen des Pyramidensystems war aber nur möglich, wenn die in den unteren Rängen der Pyramide Einsteigenden geschädigt wurden. Der Oberste Gerichtshof (5 Ob 506/96 = SZ 69/69) hat ein Pyramidenspiel wie folgt charakterisiert: Die zur Wahrung oder Erhöhung der eigenen Gewinnchance notwendige Anwerbung neuer Mitspieler hänge nicht nur von den Fähigkeiten des werbenden Teilnehmers ab, sondern sei durch die Anzahl der vorhandenen Interessenten begrenzt. Dass diese Zahl nicht beliebig vermehrbar sei, entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, die auch dadurch nicht widerlegt werde, dass die Möglichkeit einer mehrmaligen Beteiligung an einem von der ständigen Vermehrung der Mitspieler abhängigen Gewinnspiel bestehe. Auch dieses Reservoir an Mitspielern erschöpfe sich zwangsläufig, weil nicht erwartet werden könne, dass sich alle Spieler oder auch nur einzelne, diese dafür in einer sich unendlich wiederholenden, immer schneller fortschreitenden Reihe, für eine Wiederbeteiligung gewinnen lassen. Die Gewinnchance der Mitspieler insgesamt hänge daher bei jedem nach dem Schneeballsystem funktionierenden Pyramidenspiel letztlich vom Zufall ab, wenn man die Inkaufnahme des unausweichlichen Verlusts der letzten Teilnehmer nicht überhaupt als Betrug werte. Es komme auf eine Gesamtschau an, die nicht nur die ersten Teilnehmer mit (noch) intakten „Gewinnchancen“, sondern auch die Spieler einer späteren Phase berücksichtigt, deren Verlust praktisch vorprogrammiert ist. Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem offenbar den Teilnehmern nicht wie im vorliegenden die Teilnahme an gewinnbringenden Geschäften bzw einer solchen Gesellschaft vorgespiegelt wurde. Hier ist aber neben den ebenfalls vorliegenden Elementen eines solchen Schneeballsystems zusätzlich eine für den Betrug (§ 146 StGB) konstitutive Täuschung der Teilnehmer festgestellt. Ein Mittel zur Täuschung waren eben die unentgeltlichen Zuwendungen. Das erläuterte Motiv ändert an der Unentgeltlichkeit nichts. Die Einzahlung (Einlage) der Beklagten ist nicht als Gegenleistung für die spätere Auszahlung von Scheingewinnen anzusehen, sollte mit der Einlage doch nur die Gesellschafterstellung mit dem vertraglichen Anspruch auf Gewinnbeteiligung verschafft werden, nicht aber ein Anspruch auf Gewinnauszahlungen, ohne dass ein Gewinn erwirtschaftet wurde. Die Auszahlung von Scheingewinnen ist daher aus Sicht der Verfügenden und objektiv im Sinne der zitierten BGH-Judikatur eine einseitige unentgeltliche Zuwendung.
2. Vom Empfängerhorizont her war die Unentgeltlichkeit erkennbar:
a) Zur Erkennbarkeit der Benachteiligungsabsicht wird die Anwendung gehöriger Sorgfalt gefordert (1 Ob 75/97d), Fahrlässigkeit hat der Anfechtungsgegner zu vertreten (fahrlässige Unkenntnis: RIS-Justiz RS0107956; 10 Ob 46/05w = SZ 2006/23 = ÖBA 2006, 522 [Bartlmä] oder schuldhafte Unkenntnis: König aaO Rz 7/48; leichte Fahrlässigkeit genügt: 7 Ob 662/89). Das Verschulden am Nichterkennen ist am Maßstab eines durchschnittlich verständigen Menschen (§ 1297 ABGB; RIS-Justiz RS0115084) zu messen. Diese Grundsätze sind auch bei der Erkennbarkeit der Unentgeltlichkeit einer Verfügung anzuwenden.
b) Wenn das Betrugssystem für die Beklagten erkennbar war, war auch die Einbindung der klagenden Gemeinschuldnerin in dieses System erkennbar:
Da die Zahlungen an sie entsprechend den Vereinbarungen mit den Betrügern erfolgten, mussten sie davon ausgehen, dass, wie es auch tatsächlich der Fall war, die Überweisungen von diesen veranlasst wurden. Demnach musste der verantwortliche Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin im Einvernehmen mit ihnen gehandelt haben. Die damit erkennbare willentliche Einbindung in ein solches Pyramidensystem (dessen Erkennbarkeit vorausgesetzt ist) bedingt aber zwingend ebenfalls zumindest dolus eventualis des Geschäftsführers.
c) Zur Erkennbarkeit des Betrugssystems und damit der Unentgeltlichkeit der Gewinnauszahlungen:
In der Werbung für die Beteiligung als stiller Gesellschafter wurden irreal hohe Gewinne versprochen, die einen durchschnittlich verständigen Adressaten schon auf den ersten Blick misstrauisch machen mussten. Die eingeräumte Möglichkeit von Gewinnvorausauszahlungen bis zum 10-fachen der Einzahlung und der weiteren Möglichkeit, dieses Kapital zu reinvestieren und wiederum Gewinnvorauszahlungen bis zum 10-fachen zu erhalten, schließt geradezu aus, dass die Beteiligungsgesellschaft einen Gewinn erwirtschaften kann, weil sie ja in Wahrheit kein Beteiligungskapital erhält, sondern den stillen Gesellschaftern Darlehen auszahlt, deren Rückzahlung noch dazu ausschließlich aus Erträgen der Gesellschaft, keinesfalls aber vom stillen Gesellschafter (Partner) erfolgen sollte. Dass eine solche Beteiligungsgesellschaft nur für kurze Zeit als betrügerisches Schneeballsystem funktionieren kann, liegt auf der Hand. Ähnliches gilt für die zweite beworbene Anlagemöglichkeit.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits aussprach muss schon bei einem Versprechen einer 70%igen Rendite jedem einigermaßen vernünftigen Menschen einleuchten, dass eine breit gestreute Gewinnchance in diesem Ausmaß kaum auf Dauer realisierbar sein kann (8 Ob 259/98s). Noch viel mehr muss das für eine Rendite von 180 - 360 % jährlich oder für eine Verzehnfachung des eingesetzten Kapitals binnen sechs Monaten gelten. Derartige Gewinne sind seriös nicht erwirtschaftbar. Einem Anleger, der sich auf solche Beteiligungen einlässt, kann nur entweder attestiert werden, dass er nichts hinterfragt und völlig unbedarft irrealen Gewinnversprechen vertraut oder aber bei besserer Kenntnis der Marktgesetze sich bewusst an einem Betrugssystem als Mittäter beteiligt. Zumindest bestand für die Anleger bei den bestehenden gravierenden Verdachtsmomenten eine Erkundigungspflicht. Auf Anfrage hätte ihr Vertragspartner im Rahmen vorvertraglicher Aufklärungspflicht über die registermäßige Existenz der Beteiligungsgesellschaften, die Art der Geschäfte, die letzten Bilanzen uä nähere Informationen geben müssen, ähnlich wie dies bei Anlagegeschäften mit einer unvollständigen Prospektwerbung der Fall ist. Wenn sich dort der Anleger über wesentliche, im Prospekt nicht bekannt gegebene Tatsachen nicht informiert, begründet dies ein Verschulden (RIS-Justiz RS0078931). Eine solche Sorgfaltspflicht besteht auch nach Anfechtungsrecht bei Vorliegen des Verdachts eines unseriösen Anlagegeschäfts. Wenn der Anleger irreal hohe Gewinnversprechen nicht hinterfragt, handelt er fahrlässig.
Aus den dargelegten Gründen ist den Beklagten schuldhaft verborgen geblieben, dass ihnen Scheingewinne unentgeltlich ausgezahlt wurden. An dieser Beurteilung kann es auch nichts ändern, dass die strafrechtliche Verfolgung der Täter längere Zeit in Anspruch nahm und für die Verurteilung ein Sachverständigengutachten erforderlich war, weil schon der durch die Beteiligungsanbote ausgelöste Betrugsverdacht eine Strafanzeige gerechtfertigt hätte und jedenfalls Anlass gab, sich vor einer Beteiligung genauer zu informieren.
III. Zu den (identischen) Revisionsargumenten der Beklagten ist abschließend noch Folgendes auszuführen:
1. Die Revisionswerber stehen auf dem Standpunkt, dass die angefochtenen Zahlungen von den zuvor erbrachten Einzahlungen abhängig gewesen seien und daher von einer Unentgeltlichkeit nicht gesprochen werden könne. Dazu wurde schon ausgeführt, dass der Auszahlung von Scheingewinnen keine vereinbarte Gegenleistung gegenüber stand. Dafür, dass es im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses unter den Vertragsparteien zu keiner unentgeltlichen Zuwendung kommen könnte, wird kein Argument vorgetragen.
2. Auch nach dem Revisionsvorbringen war der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin Mittäter des betrügerischen Systems, er habe aber nicht zu „Wohltätigkeitszwecken oder aus Freigebigkeit“ gehandelt. Wenn die von ihm als Mittäter verfügten Zahlungen in derselben Absicht geleistet wurden, wie sie der Verantwortliche der VIP-Gruppe hatte, gilt das schon dazu Ausgeführte. Die Grundsätze zur Unentgeltlichkeit der Zahlung einer fremden Schuld wegen Wertlosigkeit des Rückforderungsanspruchs des Leistenden (RIS-Justiz RS0033054; 2 Ob 225/07p) und das Erfordernis der Kenntnis des Zahlungsempfängers über diesen Sachverhalt sind dann nicht mehr entscheidungswesentlich.
3. Mit dem Revisionsvorbringen, die als Download beziehbaren Vertragsvordrucke hätten die Beklagten gerechtfertigterweise an eine „seltene monetäre Chance“ und das „geschickte Anbieten“ an ein bombensicheres Geschäft“ denken lassen, wird nur die weitere Revisionsbehauptung begründet, die Beklagten verfügten über kein entsprechendes juristisches und ökonomisches Vorwissen. Damit kann aber ihre Fahrlässigkeit bei der jedem Durchschnittsempfänger von Werbeaussagen obliegenden Prüfungspflicht nicht entschuldigt werden. Bei den festgestellten exorbitanten Gewinnversprechen reicht es - außer zur Begründung einer hier nicht relevierten fehlenden Geschäftsfähigkeit - nicht aus, darauf zu verweisen, dass unerfahrene Anleger „schlicht einen satten Gewinn wittern“ und den dubiosen Angaben der Werber blind vertrauen. Auch mit der Verständnisfähigkeit eines durchschnittlichen, möglicherweise erstmals sein Vermögen anlegenden Kleinanlegers war hier in höchstem Maße indiziert (erkennbar), dass sich die Beklagten mit ihren Einlagen an einem Anlageprojekt im sogenannten Schneeballsystem beteiligen.
Den Revisionen der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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