European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00236.17B.0221.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch der Kosten ihrer Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Beeinträchtigung eines absoluten Rechts– hier der Gesundheit der Verletzten – indiziert in gewissem Maße die Rechtswidrigkeit (RIS-Justiz RS0022917 [T3, T18]; RS0022939 [T2]). Gegenüber dem absoluten Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit muss das Interesse an der Ausführung der gefährlichen Handlung, deren Gefährlichkeit vom Standpunkt eines sachkundigen Beobachters im Zeitpunkt der Vornahme der Handlung zu beurteilen ist, zurücktreten (RIS-Justiz RS0022917 [T3]). Stets entscheiden die Umstände des Einzelfalls, in welche Richtung die Interessenabwägung ausfällt (RIS-Justiz RS0022917 [T10]).
Den Vorinstanzen ist bei der Annahme, der Beklagte habe in sorgloser Weise gefährlich gehandelt, indem er (als „Klaubauf“ verkleidet) die Klägerin unsanft seitlich zu Boden riss, und daher schadenersatzrechtlich für die Gesundheitsschäden (Schlüsselbeinbruch) einzustehen, die sie beim Aufschlagen auf dem „erkennbar hart gefrorenen“ Boden erlitt, keine Fehlbeurteilung unterlaufen.
2. Der Beklagte bezieht sich zur Frage der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens auf die Rechtsprechung zur Teilnahme an einer sportlichen Veranstaltung, bei der man das damit verbundene in der Natur der Veranstaltung liegende Risiko auf sich nimmt und insoweit auf eigene Gefahr handelt (RIS-Justiz RS0023006; RS0023039 [T8]; RS0023400 [T5]). Diese Grundsätze sind allerdings nicht ohne Weiteres anwendbar, wenn der Verletzte im Zeitpunkt seines vom Schädiger ausgelösten Sturzes nicht an einem Wettkampf oder wettkampfähnlichen Spiel oder einer gegeneinander oder auch nur gemeinsam ausgeführten Sportart teilnahm (RIS-Justiz RS0023039 [T22]).
Die Revision geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wenn sie unterstellt, die Klägerin sei mit dem (einem lokalen Brauchtum entsprechenden) „zu-Boden-Werfen“ einverstanden gewesen. Feststeht vielmehr, dass die Brauchtumsgruppe im Zeitpunkt der Verletzung der Klägerin durch den vom Beklagten verursachten Sturz bereits seit rund einer halben Stunde weitergezogen war, dass der Beklagte mit ein paar anderen Beteiligten in der Küche blieb, um dort zu essen und zu trinken, und dass die Klägerin heftige Gegenwehr leistete, als der Beklagte sie schließlich für den beabsichtigten „Wurf“ aus dem Haus zerrte. Im Unterschied zu dem der Entscheidung 10 Ob 15/08s zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem eine Zuschauerin bei einem Krampuslauf am Auge verletzt wurde (wobei unklar war, ob sie von einem Teil der mit einem Band am Handgelenk eines Krampus befestigten Rute oder von einem anderen Gegenstand getroffen wurde), kann hier nicht von einer freiwilligen Teilnahme der Klägerin an einem für sie erkennbar gefährlichen Geschehen ausgegangen werden. Auf die vom Revisionswerber aufgeworfenen Fragen zum Brauchtum des Klaubaufgehens ist daher nicht weiter einzugehen.
3. Für eine vor Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eingebrachte Revisionbeantwortung steht gemäß § 508a Abs 2 letzter Satz ZPO kein Kostenersatzanspruch zu (vgl RIS-Justiz RS0124792).
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