European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E117883
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der Beklagte war in einem vorangegangenen Zivilprozess, in dem die (hier) Klägerin als dortige Beklagte unterlag, als Sachverständiger bestellt und erstattete ein Gutachten; ihr Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen wurde im Vorprozess unbekämpft verworfen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Schadenersatz, weil sie den Vorprozess gewonnen hätte, wenn der Beklagte ein fachlich richtiges Gutachten erstattet und den (weiteren) Gutachtensauftrag wegen Befangenheit abgelehnt hätte.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Das Berufungsgericht verneinte die von der Klägerin wegen Nichtaufnahme mehrerer beantragter Beweismittel (zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit des vom Beklagten im Vorprozess erstatteten Gutachtens und seiner Befangenheit) gerügte Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens: Das Erstgericht habe unbekämpft festgestellt, dass ein Gutachten, das dem Vorbringen der Klägerin entsprochen hätte, nicht zu einer ihr günstigeren Entscheidung geführt hätte; die behauptete Unrichtigkeit des Gutachtens sei somit nicht ausschlaggebend für die die Klägerin beschwerende gerichtliche Entscheidung gewesen. Die in der Berufung erhobene Rechtsrüge könne nicht in eine ordnungsgemäß erhobene Beweisrüge umgedeutet werden. Der Fall, dass das Gutachten der Entscheidung im Vorprozess nicht zugrunde gelegt hätte werden können, liege nicht vor.
In der außerordentlichen Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil ihre Mängelrüge in der Berufung im Ergebnis unerledigt geblieben sei; es stelle eine unvertretbare Rechtsansicht dar, es als irrelevant anzusehen, ob das Gutachten im Vorprozess fehlerhaft gewesen sei oder Befangenheitsgründe vorgelegen seien, weil der Klägerin damit unmöglich gemacht werde, ihre Behauptungen zu beweisen. Das gelte umso mehr, als das Berufungsgericht ausführe, das Gutachten habe im Vorprozess der Entscheidung zugrunde gelegt werden können.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision zeigt damit keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb das Rechtsmittel als nicht zulässig zurückzuweisen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass im Schadenersatzprozess einer neuerlichen Überprüfung der Befangenheit des Beklagten die Bindungswirkung der Entscheidung im Vorverfahren entgegensteht (1 Ob 3/92 [Amtshaftung]; 6 Ob 238/12m; 4 Ob 197/13v). Da die Klägerin gar nicht behauptet, sie mache andere Befangenheitsgründe geltend als im Vorprozess, hat die derartige Verwerfung des gegen den Beklagten gerichteten Ablehungsantrags nicht nur zur Folge, dass sein Gutachten der – letztlich unbekämpft gebliebenen – Entscheidung im Vorprozess zugrunde gelegt werden konnte, sondern auch, dass seine Unbefangenheit im vorliegenden Schadenersatzprozess nicht neuerlich zu überprüfen ist.
2.1. Nach ständiger Rechtsprechung haftet ein vom Gericht bestellter Sachverständiger, der im Zivilprozess ein unrichtiges Gutachten abgibt, den Parteien gegenüber persönlich und unmittelbar nach §§ 1295, 1299 ABGB für den dadurch verursachten Schaden (RIS‑Justiz RS0026319 [T5]). Der Schadenersatzanspruch setzt unter anderem voraus, dass die Unrichtigkeit des Gutachtens ausschlaggebend für die die Prozesspartei beschwerende Entscheidung war. Dabei ist nicht zu prüfen, wie die in Frage stehende, unter Mitwirkung des Sachverständigen zustande gekommene gerichtliche Entscheidung richtig zu lauten gehabt hätte. Entscheidend ist allein, welchen Einfluss ein sachlich richtiges Gutachten des Sachverständigen auf die Entscheidung gehabt hätte (3 Ob 258/15k mwN). Die Frage, ob das Gericht eine andere oder die gleiche Sachentscheidung getroffen hätte, betrifft die (irrevisible) Beurteilung der natürlichen Kausalität des Fehlverhaltens des Sachverständigen für den der Prozesspartei entstandenen Schaden (RIS-Justiz RS0026360 [T2]). Ob der natürliche Kausalzusammenhang gegeben ist, ist also eine– im Revisionsverfahren nicht mehr angreifbare – reine Tatsachenfrage (RIS-Justiz RS0026360 [T15]).
2.2. Die Klägerin beanstandet in der außerordentlichen Revision weder die Ausführungen des Berufungsgerichts, es liege eine die Kausalität eines allfällig unrichtigen Gutachtens verneinende Feststellung vor, noch die Rechtsansicht, dass diese Negativfeststellung unbekämpft geblieben sei. Daher stellt auch die daran anknüpfende rechtliche Beurteilung, es habe keiner Beweisaufnahmen zur Richtigkeit des Gutachtens im Vorprozess bedurft, keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar.
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