OGH 3Ob207/02s

OGH3Ob207/02s30.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hans P*****, vertreten durch Achammer, Mennel, Welte & Partner Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Heidi P*****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (hier: Ablehnung), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck in Ablehnungssachen vom 4. Juli 2002, AZ 4 Nc 14/02b, womit die Ablehnung sämtlicher Richter/innen des Landesgerichts Feldkirch als nicht berechtigt erkannt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Dem Oberlandesgericht Innsbruck wird die neuerliche Entscheidung über den Ablehnungsantrag nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Antrag auf Zuspruch von Rekurskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

In ihrem Berufungsschriftsatz im Anlassverfahren lehnte die Beklagte (nunmehr zum dritten Mal) sämtliche Richter des Berufungsgerichts als befangen ab. Zu den Gründen der Ablehnung begnügte sie sich mit dem Hinweis, diese entsprächen denen in ihrem Ablehnungsantrag in einem Zivilprozess vor einem anderen Bezirksgericht im Sprengel des Berufungsgerichts (der im Übrigen in beiden Instanzen in der Sache behandelt wurde, aber erfolglos blieb; vgl die Rekursentscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 107/02t).

Mit dem angefochtenen Beschluss erkannte das Oberlandesgericht Innsbruck (im Folgenden nur Erstgericht) die Ablehnung als nicht berechtigt. Zwar wäre mangels gesondert ausgeführter (hier nur erschließbarer) Ablehnungsgründe ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Der nunmehr dritte entgegen § 22 Abs 1 JN ohne konkrete Ablehnungsgründe und unter pauschalem Verweis auf Gründe einer Ablehnung in einem anderen Verfahren - erfolglos - gegen sämtliche Richter des Berufungsgerichts gestellte Ablehnungsantrag sei rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig. Da der Beklagten auf Grund zahlreicher von ihr eingebrachter Ablehnungsanträge deren formelle Voraussetzungen bekannt seien und damit von bewusst gemachten Formfehlern auszugehen sei, sei ein Verbesserungsverfahren ausgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist iSd hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

Von einer dem Ablehnungsverfahren anhaftenden Nichtigkeit - wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 477 Abs 1 Z 4 oder 5 ZPO) - kann allerdings keine Rede sein kann, weil die Beklagte nicht gehindert war, in ihrem Antrag entsprechend § 22 Abs 1 JN jene Umstände genau anzugeben, welche die Ablehnung begründen, und überdies die Entscheidung keineswegs unzureichend begründet ist und sich durchaus überprüfen lässt; daher liegt auch keine Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO vor. Jedoch macht die Beklagte der Sache nach - auch wenn sie in erster Linie die mangelnde Notwendigkeit einer Verbesserung behauptet - zu Recht einen Verfahrensmangel geltend, der darin liegt, dass das vom Erstgericht ohnehin ins Auge gefasste Verbesserungsverfahren unterblieb.

Dass bei Fehlen der Angabe von gesetzmäßigen Gründen - mit dem Erstgericht wird man den Verweis auf einen in einem Schriftsatz, der in einem Verfahren vor einem anderen Prozessgericht eingebracht wurde, als nicht ausreichend ansehen - ein Verbesserungsverfahren einzuleiten ist, hat das Erstgericht durchaus richtig erkannt (ebenso Mayr in Rechberger² § 22 JN Rz 1). Entgegen seiner Ansicht sind derzeit aber nach der Aktenlage die Voraussetzungen nicht gegeben, das Vorgehen der Beklagten als rechtsmissbräuchlich und absichtlich fehlerhaft anzusehen und deshalb von einem Verbesserungsversuch abzusehen. In der angefochtenen Entscheidung wird kein Fall angeführt, in dem sich die Beklagte bereits einmal - statt Ablehnungsgründe geltend zu machen - bloß auf einen in einem anderen Verfahren eingebrachten Schriftsatz berufen hätte. Wenn nun auch im Rekurs Ablehnungsgründe dargelegt werden, kann dies nicht als bereits erfolgte Verbesserung angesehen werden, weil sich aus den Ausführungen nicht sicher ableiten lässt, ob es sich um die im anderen Verfahren behaupteten oder um andere Gründe handelt. Da sich das Erstgericht nicht mit den in dem anderen Verfahren geltend gemachten Ablehnungsgründen auseinandersetzte, kann auch nicht gesagt werden, es liege (wiederum) eine als rechtsmissbräuchlich anzusehende wiederholte Pauschalablehnung vor (über die nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs nicht einmal hätte abgesprochen werden müssen: EvBl 1989/18; weiters RIS-Justiz RS0046064).

Dieser Verfahrensmangel erfordert somit bereits die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weshalb auf die weiteren Rekursgründe nicht einzugehen ist. Vor einer neuerlichen Entscheidung wird daher das Erstgericht einen Verbesserungsversuch durchzuführen haben; je nach dessen Ergebnis wird sich zeigen, ob auch von den abgelehnten Richtern, die sich noch nicht zur Ablehnung geäußert haben, Stellungnahmen iSd § 22 Abs 2 JN einzuholen sein werden.

Eine Kostenersatzpflicht im Ablehnungsverfahren gibt es nach dem Gesetz nicht (SZ 63/24 uva, zuletzt 1 Ob 311/01v; RIS-Justiz RS0035778; Mayr, aaO § 24 JN Rz 6).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte