OGH 3Ob205/14i

OGH3Ob205/14i19.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Mag. O***** B*****, vertreten durch J***** B*****, dieser vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. September 2014, GZ 45 R 356/14g‑77, womit über Rekurs des Betroffenen der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 23. Dezember 2013, GZ 3 P 217/13i‑42, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00205.14I.1119.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bestellte den schon zum Verfahrenssachwalter bestellten Rechtsanwalt auch zum einstweiligen Sachwalter zur Besorgung dringender Angelegenheiten (Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten; finanzielle Angelegenheiten) des Betroffenen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betroffenen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

In seinem dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Betroffene keine erhebliche Rechtsfrage geltend.

1. Die gerügte Gehörverletzung liegt nicht vor: Bereits das Rekursgericht hat darauf verwiesen, dass der Beschluss des Erstgerichts dem Betroffenen bzw seinem frei gewählten Vertreter am 21. Juli 2014 (vgl ON 65) ausgefolgt wurde.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind Sachverhaltsänderungen nach dem erstgerichtlichen Beschluss von der Rechtsmittelinstanz (auch vom Obersten Gerichtshof) zu berücksichtigen, wenn dies das Interesse des pflegebefohlenen Kindes (RIS‑Justiz RS0006893) bzw des sonstigen Pflegebefohlenen (RIS‑Justiz RS0006893 [T12] = 3 Ob 250/06w) erfordert.

3. Das Gericht zweiter Instanz hätte daher das nach Fassung des erstgerichtlichen Beschlusses eingelangte und im Akt erliegende psychiatrisch‑neurologische Gutachten (ON 52) in die Prüfung, ob ein ausreichendes Tatsachensubstrat vorliegt, das die Einleitung und Fortsetzung des Verfahrens rechtfertigt (vgl RIS‑Justiz RS0008526), in seine Erwägungen einbeziehen müssen (vgl 3 Ob 250/06w).

4. Dieses im Akt erliegende Sachverständigengutachten kann zwar vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht gewürdigt werden. Allerdings rechtfertigt es im Hinblick darauf, dass die Sachverständige zum Ergebnis gelangt, dass der Betroffene der Hilfestellung eines Sachwalters für die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsträgern, privaten Vertragspartnern und zur Einteilung seiner finanziellen Mittel benötigt, bereits nach der Aktenlage die in diesem Verfahrensstadium allein relevante Bejahung der Frage, ob das Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters fortzusetzen ist.

Ob und welche näheren Feststellungen aus diesem Gutachten zu treffen sind, ist hingegen nicht Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens. Diese Prüfung obliegt vielmehr dem Erstgericht im fortgesetzten Verfahren.

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