OGH 3Ob204/17x

OGH3Ob204/17x22.11.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Jensik, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwalt in Wien, als Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der „R*****“ ***** GmbH, vertreten durch Bachmann & Bachmann Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 22.551,68 EUR sA (Revisionsinteresse 11.969,57 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 10. Juli 2017, GZ 3 R 9/17s‑14, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 3. Jänner 2017, GZ 15 Cg 20/16g‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00204.17X.1122.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil wie folgt zu lauten haben:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 6.859,32 EUR samt 4 % Zinsen aus 6.131,59 EUR seit 13. Juni 2015 und aus 727,73 EUR seit 30. Juni 2015 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Zinsenmehrbegehren wird abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 314,04 EUR (darin enthalten 52,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Berufungs- bzw Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.083,17 EUR an Barauslagen bestimmten Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die nunmehrige Schuldnerin schloss mit ihrer Hausbank, der Beklagten, (ua) am 9. Dezember 1998 einen in laufender Rechnung ausnützbaren Kontokorrentkreditvertrag mit einem Rahmen von 2.000.000 ATS. Mit Vereinbarung vom 6. Juni 2012 wurde der revolvierend ausnützbare Kreditrahmen auf 164.654,33 EUR erhöht.

Mit Schreiben vom 4. November 2014 kündigte die Beklagte die Geschäftsverbindung zur nunmehrigen Schuldnerin (also auch den Kontokorrentkreditvertrag) unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist mit Wirkung vom 15. Februar 2015 auf. Per 15. Februar 2015 wies das Kreditkonto einen Außenstand von 164.499,76 EUR auf.

Die Schuldnerin war spätestens ab dem 15. Februar 2015 zahlungsunfähig. Nach der Aufkündigung der Geschäftsbeziehung gab es keine Vereinbarung „zwischen den Streitteilen“ (gemeint: zwischen der Schuldnerin und der Beklagten) über die Fortführung des Kontokorrentverhältnisses.

Mit Beschluss vom 12. Juni 2015 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

In der Zeit zwischen dem 15. Februar und dem 12. Juni 2015 erfolgten auf das Kontokorrentkreditkonto Einzahlungen in Höhe von insgesamt 11.241,84 EUR und Auszahlungen/Belastungen in Höhe von insgesamt 15.211,74 EUR, sodass sich die Aushaftung bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens um 3.969,90 EUR auf 168.469,66 EUR erhöhte. Gegenüber dem Höchststand der Aushaftung (174.601,25 EUR am 23. Februar 2015) reduzierte sich der Debetsaldo bis zur Insolvenzeröffnung um 6.131,59 EUR. Am 29. Juni 2015, also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ging noch eine weitere Einzahlung in Höhe von 727,73 EUR auf dem Kontokorrentkreditkonto ein.

Der Kläger ficht, gestützt auf § 28 Z 2, § 30 Abs 1 Z 3 und § 31 Z 2 IO, mit seiner am 8. Juni 2016 eingebrachten Klage Zahlungen an die Beklagte, die dadurch geschaffenen Aufrechnungslagen und die Aufrechnung sowie die Saldoreduktionen an und begehrt die Zahlung von insgesamt 22.551,68 EUR zuzüglich 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2015. Die Schuldnerin sei spätestens am 31. März 2014 zahlungsunfähig bzw insolvenzrechtlich überschuldet und die Beklagte als Hausbank der Schuldnerin über deren wirtschaftlichen Niedergang im gesamten anfechtungsrelevanten Zeitraum sowie im letzten Jahr vor Insolvenzeröffnung informiert und deshalb in Kenntnis oder zumindest fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung sowie der Begünstigungs- und Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin gewesen, habe jedoch noch Rückführungen und Saldoreduktionen erreichen können; und zwar einerseits zum Kontokorrentkreditvertrag (Saldoreduktion vom 30. September 2014 [Debetsaldo 180.293,61 EUR] bis zum 29. Juni 2015 [Debetsaldo 167.741,93 EUR] in Höhe von 12.551,68 EUR), und andererseits zu einem – vom Teilurteil des Erstgerichts nicht erfassten – Abstattungskredit (Saldoreduktion von 10.000 EUR vom 1. Juli 2014 bis 2. Jänner 2015). Die Saldoreduktion beim Kontokorrentkredit stehe nicht in einem Zug-um-Zug-Zusammenhang. Abgesehen davon unterlägen Saldoreduktionen nach ständiger Rechtsprechung bei Überziehung des Rahmens der Deckungsanfechtung, ohne dem Einwand einer Zug-um-Zug-Abrede ausgesetzt zu sein. Die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Kontokorrentkreditkonto angelasteten Zinsen könnten den Anfechtungsanspruch nicht immunisieren und auch nicht gegen diesen aufgerechnet werden. Die Beklagte habe auch die am 29. Juni 2015, also nach Insolvenzeröffnung, auf dem Konto eingegangene Zahlung von 727,73 EUR zu ersetzen, weil diese Forderung der Insolvenzmasse nach Insolvenzeröffnung entstanden und eine Aufrechnung nach § 20 IO ausgeschlossen sei.

Die Beklagte wendet insbesondere ein, die Schuldnerin sei keineswegs bereits Ende März 2014 zahlungsunfähig bzw überschuldet gewesen. Die Saldosenkung (Debetminderung) stelle für die Anfechtungstatbestände des § 30 Abs 1 Z 3 und des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO jeweils den Höchstbetrag des Anfechtungsvolumens dar. Der Saldo des Kontokorrentkreditkontos zum 2. Jänner 2015 sei angesichts der Insolvenzeröffnung Mitte Juni 2015 unerheblich. Für den sechsmonatigen Anfechtungszeitraum des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO komme es vielmehr auf den Zeitraum von Mitte Dezember 2014 bis Mitte Juni 2015 an. Ein Vergleich der Aushaftung des Kontokorrentkreditkontos im Dezember 2014 und bei Insolvenzeröffnung zeige, dass überhaupt keine Saldoreduktion eingetreten sei. Unter Berücksichtigung der (vertragsgemäß erst am Quartalsende zu kapitalisierenden) Zinsen des laufenden Quartals habe am Kontokorrentkreditkonto Mitte Juni 2015 nämlich eine (im Insolvenzverfahren angemeldete und vom Kläger anerkannte) Kreditforderung von 176.222,62 EUR bestanden.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte mit Teilurteil zur Zahlung von 11.969,57 EUR samt 4 % Zinsen aus 11.241,84 EUR seit 13. Juni 2015 und aus 727,73 EUR seit 30. Juni 2015; das Zinsenmehrbegehren wies es unbekämpft ab. Der Beklagten habe die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin spätestens mit Aufkündigung der Geschäftsverbindung per 15. Februar 2015 bekannt sein müssen. Im Hinblick darauf seien die innerhalb von sechs Monaten vor Insolvenzeröffnung vorgenommenen Rechtshandlungen, wodurch die Beklagte als Insolvenzgläubigerin Befriedigung erlangt habe, gemäß § 31 Abs 1 Z 2 (erster Fall) IO anfechtbar. Aufgrund der Beendigung des Kontokorrentkredits per 15. Februar 2015 sei für eine betragliche Beschränkung der Anfechtung im Ausmaß der Saldosenkung nach dem 15. Februar 2015 kein Raum. Die Beklagte habe daher die nach diesem Stichtag erhaltenen Zahlungen ohne Berücksichtigung des Kontosaldos jedenfalls zurückzuzahlen. Das gelte auch für die nach Insolvenzeröffnung erfolgte Zahlung in Höhe von 727,73 EUR.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Entgegen der Ansicht der Berufungswerberin sei die Anfechtung nicht nur im Ausmaß der Saldoreduktion zulässig. Vielmehr führten Einzahlungen nach Kündigung des Kontokorrentkreditverhältnisses, soweit sie das Debet minderten, zu kongruenten Deckungen und seien nur als solche (ua) gemäß § 31 erster Fall IO anfechtbar. Dies gelte auch dann, wenn der Kredit bereits fällig gestellt sei, die Bank aber dennoch weitere Ausnützungen dulde. Demgemäß habe das Erstgericht zutreffend die nach Kündigung des Kreditvertrags erfolgten Einzahlungen für anfechtbar erachtet.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nachträglich zu, weil die im Berufungsurteil zitierte Literaturstelle (richtig: König , Anfechtung 5 Rz 10/103) auch im Sinn des Rechtsstandpunkts der Beklagten interpretiert werden könnte.

In ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die Vorinstanzen seien von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, wonach die Deckungsanfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO auch dann, wenn die tatsächlich höhere Ausnützung von der Bank nur geduldet gewesen sei, mit dem Ausmaß der Saldosenkung (Debetminderung) betraglich beschränkt sei. Das Berufungsgericht habe die zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung zitierte Literaturstelle missverstanden, weil sich bereits aus dem Zitat selbst („soweit sie das Debet mindern“) ergebe, dass die Anfechtung (nur) im Umfang der Saldosenkung/Debetminderung zulässig sei. Da es auf die Kreditaushaftung bei Konkurseröffnung unter Berücksichtigung der bis dahin aufgelaufenen Zinsen ankomme, sei es zu keiner Saldoreduktion gekommen.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.

1. Gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO sind nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (innerhalb der letzten sechs Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens: § 31 Abs 2 IO) oder nach dem Antrag auf Insolvenzeröffnung vorgenommene Rechtshandlungen anfechtbar, durch die ein Insolvenzgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlangt hat, wenn ihm die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder der Eröffnungsantrag bekannt war oder bekannt sein musste (Deckungsanfechtung).

2. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Beklagte spätestens ab 15. Februar 2015 in fahrlässiger Unkenntnis der zumindest ab diesem Tag bestehenden materiellen Insolvenz der Schuldnerin war, zieht die Revision zu Recht nicht in Zweifel.

3. Die nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO anfechtbaren Rechtshandlungen müssen zu einer Deckung, also einer Sicherstellung oder Befriedigung eines (Konkurs‑)Gläubigers geführt haben; keine Voraussetzung der Anfechtung ist hingegen, dass die zur Deckung führende Rechtshandlung vom Schuldner selbst vorgenommen wurde, und ob die Deckung kongruent oder inkongruent war ( Rebernig in Konecny/Schubert , Kommentar zu den Insolvenzgesetzen § 31 KO Rz 2 mwN).

4. Der Tatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO setzt eine bereits bestehende Gläubigerstellung voraus. Zug-um-Zug-Geschäfte können nicht nach dieser Bestimmung angefochten werden, weil die Gläubigerstellung erst gleichzeitig mit der Sicherung oder Befriedigung begründet wird (

RIS-Justiz

RS0111466; RS0064726; RS0064426).

5. Bei einem revolvierenden Kontokorrentkredit setzt die Ausnützung voraus, dass Eingänge auf dem Konto zu verzeichnen sind. Der Kreditnehmer kann jederzeit Rückzahlungen vornehmen, indem er etwa Außenstände auf sein Konto überweisen lässt, und so das Debet mindern. Bei erneutem Kreditbedarf kann er den Kredit während der Laufzeit immer wieder bis zum vereinbarten Limit ausnützen. Wird ein solcher Kredit durch (offene) Abtretungen gesichert, deren Eingänge auf das Kontokorrentkreditkonto zu erfolgen haben, ist die Wiederausnützung des Kredits von den jeweiligen Eingängen aus den Zessionen (oder allfälligen anderen Kontoeinzahlungen) und von der jeweiligen Abtretung weiterer Forderungen bis zum vereinbarten Deckungsausmaß abhängig. In einem solchen Fall stehen Wiederausnützung des Kredits und Eingänge (Abtretungen) also in einem Zug-um-Zug-Verhältnis. Daher qualifiziert die Rechtsprechung die Befriedigung oder Sicherstellung der Bank durch Zahlungseingänge oder weitere Sicherheiten als anfechtungsfestes Zug-um-Zug-Geschäft, wenn der Bank das Recht zustand, den Kredit jederzeit und ohne Angabe von Gründen aufzukündigen und weitere Sicherheiten nicht auch zur Sicherung eines aushaftenden alten Kreditrests gegeben werden. In einem solchen Fall liegt in jeder Gestattung der Wiederausnützung eine neue Kreditgewährung; insoweit ist die Bank bei Erhalt der weiteren Sicherheiten noch nicht Insolvenzgläubigerin (4 Ob 306/98y mwN).

6.1. Zu 4 Ob 306/98y hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass Rückführungen eines revolvierenden Kontokorrentkredits (nur) insoweit nach § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO anfechtbar sind, als die Bank ihre Position bei Konkurseröffnung gegenüber jener bei Beginn der kritischen Frist verbesserte: Nur in diesem Umfang hat sie nämlich die Tilgungen und Besicherungen nicht Zug um Zug gegen eine Wiederausnutzung erhalten. Der Anfechtungsgegner hat daher jenen Betrag an die Masse zu leisten, um den sich der Kredit im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Höchststand während der kritischen Frist vermindert hat (4 Ob 306/98y mwN).

6.2. Demgegenüber wurde zu 2 Ob 140/99y judiziert, dass der Kreditnehmer dann, wenn durch einen Zahlungseingang eine Überziehung des Kreditrahmens rückgeführt werde, aufgrund dieser Zahlung kein Recht zur Wiederausnutzung erhalte. Wenn auch ein revolvierender Kontokorrentkredit bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht in die Zahlungseingänge und Kreditausnützungen zergliedert werden könne, müsse dies bei einem Überziehungskreditrahmen schon geschehen. In einer solchen Konstellation lägen jeweils Einzelkredite vor, durch deren Rückzahlung der Kreditgeber Befriedigung iSd § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall IO erlange. Dem Zahlungseingang des Kreditnehmers stehe auch keine potenziell werthaltige Gegenforderung des Kreditgebers entgegen. Daher sei jede einzelne Zahlung, soweit es sich nicht um ein Zug-um-Zug-Geschäft handle, anfechtbar.

6.3. Diese Entscheidung, die geeignet wäre, die Rechtsansicht der Vorinstanzen zu stützen, ist allerdings vereinzelt geblieben. Sie wurde vom erkennenden Senat zu 3 Ob 68/02z (ÖBA 2003/1149, 865 [zust Bollenberger ]) mit der Begründung abgelehnt, dass sich die betragsmäßige Begrenzung der Deckungsanfechtung schon aus dem allgemeinen Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung ergibt: Die Deckungsanfechtung beruht auf der Wertung, dass ein Gläubiger, der ungesichert kreditiert und später Befriedigung oder Sicherstellung erlangt hat, mit den übrigen Insolvenzgläubigern gleichgestellt werden soll. Hat aber der Anfechtungsgegner nach Erhalt der (anfechtbaren) Deckung dem Befriedigungsfonds der Gläubiger einen gleich hohen Betrag wieder zugeführt, indem er etwa nach der Einzahlung eine gleich hohe Auszahlung an den späteren Schuldner durchführte bzw durchführen ließ (mittels Abhebung, Überweisungsauftrag etc), besteht kein Grund, vom Anfechtungsgegner den Wert der vorangegangenen Einzahlung zurückzufordern. Durch die spätere Auszahlung wurde der Befriedigungsfonds so gestellt, wie er ohne die Einzahlung des Schuldners für die Gläubiger zur Verfügung gestanden wäre. Eine anfechtbare Gläubigerdeckung liegt also dann nicht mehr vor, wenn durch spätere, gleichwertige Leistung an den Schuldner die vorangehende Schmälerung des Haftungsfonds „saniert“ wurde. Bei der Überziehung des vereinbarten Rahmens eines revolvierenden Kontokorrentkredits ist daher auch dann, wenn die tatsächliche höhere Ausnützung des vereinbarten Kreditrahmens von der Bank nur geduldet war, die Deckungsanfechtung mit dem Ausmaß der Saldosenkung (Debetminderung) betraglich beschränkt (RIS‑Justiz RS0117945): Die Anfechtung kann nur im Umfang der Differenz zwischen dem niedrigeren aushaftenden Saldo im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dem Höchststand des aushaftenden Saldos während der kritischen Frist erfolgreich sein (RIS‑Justiz RS0112125 [T1]).

6.4. An dieser Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0117945; vgl auch 4 Ob 100/04s mwN) ist – auch im hier zu beurteilenden Fall, in dem die Beklagte den Kreditvertrag zwar gekündigt (fällig gestellt), in der Folge allerdings der Schuldnerin faktisch die Wiederausnützung gestattet hat (vgl zu einer solchen Konstellation 6 Ob 72/06s Punkt 2.1.4) – festzuhalten. Wie die Revisionswerberin zutreffend aufzeigt, ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus der vom Berufungsgericht zur Begründung seiner abweichenden Ansicht zitierten Belegstelle ( König , Anfechtung 5 Rz 10/103: „soweit sie das Debet mindern“).

7.1. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Klagebegehren allerdings nicht zur Gänze abzuweisen, weil der aushaftende Saldo am 15. Februar 2015 niedriger war als zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens; vielmehr ist – wie bereits ausgeführt – auf den Höchststand dieses Saldos innerhalb der kritischen Frist abzustellen, hier also die Aushaftung von 174.601,25 EUR am 23. Februar 2015.

7.2. Dieser Höchststand ist auch nicht der von der Beklagten (aus diesem Kreditvertrag) angemeldeten Insolvenzforderung (176.222,62 EUR) gegenüberzustellen, sondern der Aushaftung am Tag der Insolvenzeröffnung (168.469,66 EUR). Die Differenz zwischen den beiden letztgenannten Beträgen resultiert nämlich aus der – erst nach Insolvenzeröffnung erfolgten – Hinzurechnung der im zweiten Quartal 2015 bis zum 12. Juni 2015 aufgelaufenen Kreditzinsen.

8. Unter der Prämisse, dass die Schuldnerin erst am 15. Februar 2015 zahlungsunfähig war, ergibt sich also von diesem Tag bis zur Insolvenzeröffnung eine – von der Beklagten an die Masse zu leistende – Saldoreduktion in Höhe von 6.131,59 EUR. Dazu kommt der Betrag von 727,73 EUR; ihre Verpflichtung zur Zahlung dieser erst nach Insolvenzeröffnung auf dem Kontokorrentkreditkonto eingegangenen Zahlung an die Masse hat die Beklagte zu Recht nicht substanziiert bestritten. Insgesamt hat die Beklagte also 6.859,32 EUR sA zu zahlen.

9. Die Kostenentscheidung beruht bezüglich der Kosten erster Instanz auf § 52 ZPO und hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens auf den §§ 41, 50 ZPO (RIS-Justiz RS0035972 [T2]). Die Beklagte ist mit ihrer Bekämpfung des Teilurteils des Erstgerichts nur zu rund 43 % durchgedrungen, sodass sie dem Kläger 14 % der Kosten der Berufungs- und Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat. Umgekehrt hat die Beklagte Anspruch auf Ersatz von 43 % der Pauschalgebühr für Berufung und Revision.

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