European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00017.15V.0218.000
Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 908,64 EUR (hierin enthalten 151,44 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).
1.1. Gemäß § 1395 Satz 2 ABGB ist der Schuldner, solange er von der Zession nicht verständigt wurde, nicht nur ‑ mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber dem Neugläubiger (Zessionar) ‑ berechtigt, an den Altgläubiger (Zedenten) zu zahlen, sondern auch sich „sonst mit ihm abzufinden“. Dass der Schuldner dadurch, dass er mit dem Altgläubiger einen Vergleich über die zedierte Forderung schließt, sich mit diesem „sonst abfindet“, kann nicht zweifelhaft sein, ist doch ein Vergleich geradezu die naheliegendste Konstellation eines „sich Abfindens“ zwischen (Alt-)Gläubiger und Schuldner (vgl Ertl in Rummel, ABGB3 § 1395 Rz 4, der als weitere Fälle die Aufrechnung und die Teilzahlung anführt; ihm folgend Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang, ABGB3 § 1395 Rz 36).
1.2. Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung, liegt dann keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor, wenn das Gesetz ‑ wie hier ‑ selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656). Im Übrigen zieht auch die Revisionswerberin die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass ein Vergleich über die zedierte Forderung unter die Bestimmung des § 1395 Satz 2 ABGB fällt, gar nicht in Zweifel.
2. In ihrer Revision vermag die Klägerin auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen:
2.1. Bei der Auslegung von Vergleichen gelten die allgemeinen Regeln, es entscheidet somit der objektive Erklärungswert (1 Ob 617/91 SZ 64/190 = RIS‑Justiz RS0014696 [T3]).
2.2. Gemäß § 1389 ABGB erstreckt sich ein Vergleich, der über eine besondere Streitigkeit geschlossen wurde, nicht auf andere Fälle. Allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt lautende Vergleiche sind hingegen nur auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich verheimlicht wurden oder an die die Parteien nicht denken konnten. Entgegen der Ansicht der Klägerin umfasst ein Generalvergleich, mit dem „alle wechselseitigen Ansprüche“ bereinigt werden sollen, nicht bloß solche Forderungen, von deren Bestand beide Vergleichsteile ausgegangen sind und/oder über die sie konkret verhandelt haben, sondern darüber hinaus alle, an die die Parteien denken konnten, selbst wenn sie konkret nicht daran dachten (RIS‑Justiz RS0032453; 2 Ob 45/12z mwN).
2.3. Dementsprechend erfasste im vorliegenden Fall die Generalklausel des Vergleichs den Rückzahlungsanspruch der Altgläuberin gegen den Beklagten unabhängig davon, ob Erstere, wie die Revisionswerberin behauptet, an diese Forderung deshalb nicht dachte, weil sie sie bereits zuvor an die Klägerin abgetreten hatte und sie deshalb nicht mehr als eigenen Anspruch qualifizierte.
2.4. Dass der Beklagte im nunmehrigen Verfahren ‑ zu Recht ‑ das Bestehen eines Anspruchs der Klägerin bestritten hat, lässt entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht nicht den Schluss zu, er wäre bei Abschluss des Generalvergleichs davon ausgegangen, dass auch der Altgläubigerin kein Anspruch auf Rückzahlung der Bonifikationen gegen ihn zustehe (und dieser folglich auch nicht Gegenstand des Vergleichs sei).
2.5. Mit ihrem weiteren Vorbringen, der Beklagte habe keinen Anspruch auf Auszahlung der Bonifikation gehabt, entfernt sich die Klägerin von den gegenteiligen Feststellungen der Vorinstanzen. Der Beklagte hatte die Bonifikation zwar infolge vorzeitiger Auflösung der Versicherungsverträge zurückzuzahlen, allerdings muss sich die Klägerin im Sinne der obigen Ausführungen die vergleichsweise Bereinigung auch dieses Anspruchs entgegenhalten lassen.
Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035962). Allerdings steht ihm der verzeichnete dreifache Einheitssatz nicht zu, weil sich § 23 Abs 9 RATG ausschließlich auf Berufungsverfahren, also weder auf (Revisions‑)Rekurs- noch auf Revisionsverfahren bezieht (Obermaier, Kostenhandbuch2 Rz 638).
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