European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00165.15H.0917.000
Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung
Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem volljährigen Sohn, die Rückzahlung von 3.320 EUR sA an von ihm ausgehend von seinen geänderten Einkommensverhältnissen zuviel geleistetem Unterhalt für den Zeitraum August 2014 bis einschließlich März 2015.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des (gemeint: streitigen) Rechtswegs zurück.
Aus Anlass des Rekurses des Klägers hob das Rekursgericht diesen Beschluss und das ihm vorangegangene Verfahren ab Zustellung der Klage als nichtig auf und trug dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die als Antrag im außerstreitigen Verfahren zu wertende Klage auf. Auch die Frage des Rückersatzes eines behaupteten Übergenusses an Unterhalt zwischen in gerader Linie verwandten Personen sei gemäß § 114 Abs 2 JN im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, sodass der vom Kläger beschrittene streitige Rechtsweg unzulässig sei. Dies führe allerdings nicht zur Zurückweisung der Klage, sondern diese sei gemäß § 40a JN in einen außerstreitigen Antrag umzudeuten.
Einen Ausspruch iSd § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 2 bzw 3 ZPO über die (Un‑)Zulässigkeit des Revisionsrekurses enthält die Rekursentscheidung nicht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der als „Rekurs“ bezeichnete Revisionsrekurs des Klägers.
Die unmittelbare Vorlage dieses Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof entspricht nicht dem Gesetz:
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluss, mit dem ein als Rekursgericht angerufenes Gericht zweiter Instanz aus Anlass des Rechtsmittels erstmals einen Nichtigkeitsgrund aufgreift und das erstgerichtliche Verfahren unter Zurückweisung der Klage für nichtig erklärt, ist analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO mit Vollrekurs ‑ also ohne die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 528 Abs 2 ZPO ‑ anfechtbar. War das behauptete Prozesshindernis hingegen bereits Gegenstand erster Instanz und der erstgerichtlichen Entscheidung, so unterliegt ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof den Beschränkungen des § 528 Abs 2 ZPO (5 Ob 275/08i; RIS‑Justiz RS0043774; RS0116348).
Nur dann nämlich, wenn das Rekursgericht funktionell wie ein Berufungsgericht entscheidet und aus Anlass des Rekurses gegen die Sachentscheidung einen ‑ nach seiner Überzeugung verwirklichten ‑ Grund für die (erstmalige) formelle Zurückweisung des Rechtsschutzbegehrens wahrnimmt, besteht eine dem normativen Gehalt des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO analoge Verfahrenslage ( Zechner in Fasching/Konecny IV/1 2 § 519 ZPO Rz 21 mwN).
Im vorliegenden Fall wurde die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs nicht erstmals vom Rekursgericht aufgegriffen, hat doch bereits das Erstgericht die Zulässigkeit des streitigen Rechtswegs verneint und deshalb (in Missachtung der Vorschrift des § 40a JN) die Klage zurückgewiesen.
In einer solchen Konstellation ist der Revisionsrekurs gegen die Entscheidung des Rekursgerichts nur unter den Voraussetzungen des § 528 Abs 2 ZPO zulässig.
Der nicht näher begründeten Entscheidung 6 Ob 148/06t, die in einem vergleichbaren Fall den Revisionsrekurs des Klägers als „Vollrekurs“ gegen die Rekursentscheidung behandelte, kann somit nicht beigetreten werden.
Gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand ‑ wie hier ‑ an Geld oder Geldeswert 5.000 EUR nicht übersteigt, sofern es sich nicht um eine Streitigkeit nach § 502 Abs 4 oder 5 ZPO handelt. Gemäß § 502 Abs 4 ZPO gilt die Wertgrenze von 5.000 EUR (unter anderem) nicht in den in § 49 Abs 2 Z 2 JN bezeichneten familienrechtlichen Streitigkeiten.
Während § 49 Abs 2 Z 2 JN idF vor dem AußStr‑BegleitG, BGBl I 112/2003, generell „sonstige Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt“ nannte, sind nach dem Wortlaut dieser Bestimmung idF des AußStr‑BegleitG Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt zwischen in gerader Linie verwandten Personen, also wie im vorliegenden Fall zwischen Vater und Sohn, ausdrücklich ausgenommen.
Im Hinblick darauf, dass diese Änderung des § 49 Abs 2 Z 2 JN im Zusammenhang mit der Neufassung des § 114 JN erfolgte, wonach nunmehr über alle gesetzlichen Unterhaltsansprüche zwischen in gerader Linie verwandten Personen im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist, und nach den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 225 BlgNR 22. GP 12) mit der Neuregelung keine inhaltlichen Änderungen verbunden sein sollten, kann § 49 Abs 2 Z 2 JN iVm § 502 Abs 4 und § 528 Abs 2 Z 1 ZPO aber sinnvollerweise nur so verstanden werden, dass in den in § 49 Abs 2 Z 1 und 2 JN bezeichneten Fällen ‑ also auch in Streitigkeiten betreffend Angelegenheiten des gesetzlichen Unterhalts zwischen in gerader Linie verwandten Personen ‑ der Revisionsrekurs (nur) dann jedenfalls unzulässig ist, wenn der Streitgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 500 Abs 2 Z 3 iVm § 526 Abs 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat (3 Ob 138/08b mwN; RIS-Justiz RS0124288).
Das Rekursgericht wird daher zunächst einen Ausspruch darüber nachzutragen haben, ob der Revisionsrekurs zulässig ist. Bejaht das Rekursgericht die Zulässigkeit des Revisionsrekurses, ist der Akt zur Behandlung des ordentlichen Revisionsrekurses dem dann funktionell zuständigen Obersten Gerichtshof vorzulegen.
Verneint das Rekursgericht hingegen die Zulässigkeit ‑ allenfalls nach Durchführung eines als notwendig erachteten Verbesserungsverfahrens gemäß § 508 Abs 3 iVm § 528 Abs 2a ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0109623) ‑ endgültig, ist der Revisionsrekurs als absolut unzulässig zurückzuweisen (§ 528 Abs 2 Z 1a ZPO).
Aus den dargelegten Gründen wird das Erstgericht daher das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben.
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