Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 749,70 EUR (darin 124,95 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Erstgericht erklärte (im zweiten Rechtsgang) den Schiedsspruch des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine vom 29. April 2005, AZ AC Nr. 253a/2004, für Österreich für vollstreckbar. In seiner Begründung führte es aus, dass sowohl Österreich als auch die Ukraine dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, BGBl 1961/200 (New Yorker Übereinkommen - NYÜ) beigetreten seien. Im Zuge des Verbesserungsverfahrens habe die betreibende Partei die nach Art IV Abs 1 lit b und Abs 2 dieses Übereinkommens erforderlichen Urkunden vorgelegt.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der verpflichteten Partei gegen diese Entscheidung nicht Folge. Es sprach letztlich in Abänderung seines ursprünglichen Ausspruchs aus, dass der Revisionsrekurs doch zulässig sei und stellte der betreibenden Partei die Revisionsrekursbeantwortung frei. Diese Entscheidung begründete das Rekursgericht im Wesentlichen wie folgt:
Dass nunmehr im zweiten Rechtsgang die betreibende Partei die formalen Voraussetzungen des Art IV Abs 1 lit a und lit b und Abs 2 iVm Art II des NYÜ erfüllt habe, bezweifle die verpflichtete Partei nicht. Auch von Amts wegen stoße der Antrag unter diesem Blickwinkel auf keine Bedenken. Der behauptete Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens liege nicht vor. Versagungstatbestände des Art V Abs 1 lit a und lit b des NYÜ, auf die das Rekursvorbringen im Wesentlichen abziele, seien nicht bloß zu behaupten, sondern nach dem Einleitungssatz dieses Artikels auch zu beweisen. Die vorgelegte eidesstättige Erklärung ihres einzigen Vorstandsmitglieds sei nur als Erklärung der Partei zu werten und daher nach gefestigter höchstgerichtlicher Judikatur kein taugliches Bescheinigungs- oder Beweismittel. Dass derjenige, der für die verpflichtete Partei angeblich den Schiedsvertrag unterfertigt habe, niemals ihr Organ gewesen sei, ergebe sich zwar aus dem offenen Firmenbuch; dass mit der Rekursbeantwortung eine erst nachträglich aufgesetzte Vollmacht für den Genannten vorgelegt worden sei, schließe aber eine frühere Bevollmächtigung nicht aus. Demnach sei der erste der beiden Versagungstatbestände nicht erfüllt. Wegen der Untauglichkeit der eidesstättigen Erklärung sei auch der Beweis nicht geglückt, dass die verpflichtete Partei vom schiedsrichterlichen Verfahren nicht informiert worden sei. Die Verwendung der russischen Verfahrenssprache im Schiedsverfahren stelle keine im Lichte des NYÜ relevante Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten dar. Der verpflichteten Partei, die sich mit einem ukrainischen Schiedsgericht einverstanden erklärt habe, habe nämlich klar sein müssen, dass dieses Gericht eine in diesem Land gebräuchliche Sprache (ukrainisch und/oder russisch) verwenden würde. Es sei ihr daher die Beiziehung eines qualifizierten Dolmetschers bzw. Übersetzers zumutbar gewesen. Eine ebenfalls behauptete ordre-public-Widrigkeit iSd Art V Abs 2 lit b des NYÜ sei nicht erkennbar.
Die nachträgliche Zulassung des Revisionsrekurses begründete das Gericht zweiter Instanz damit, dass keine höchstgerichtliche Rsp zur Frage vorliege, ob das Erfordernis einer Spezialvollmacht zur Schließung eines Schiedsvertrags gemäß § 1008 ABGB auch auf eine ausländische Schiedsvereinbarung anzuwenden sei, auf deren Grundlage ein Schiedsspruch nach dem NYÜ ergangen ist.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch der zweiten Instanz nicht zulässig.
a) Das ergibt sich allerdings, wie darzulegen sein wird, nicht bereits aus dem Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels. Die verpflichtete Partei hatte nämlich zunächst mit am 8. Februar 2007 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz die zweitinstanzliche Entscheidung mit einem außerordentlichen Revisionsrekurs bekämpft. Dieses Rechtsmittel zog die verpflichtete Partei allerdings bereits mit einem am darauf folgenden Tag überreichten Schriftsatz (ON 14) zurück und überreichte am selben Tag einen Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO, verbunden mit einem ordentlichen Revisionsrekurs, was das Gericht zweiter Instanz zu seinem dargestellten Abänderungsbeschluss veranlasste. Der 9. Februar 2007 war der letzte Tag der Revisionsrekursfrist.
Auf die Zurücknahme eines Rekurses oder Revisionsrekurses (8 Ob 38/00x; RIS-Justiz RS0110466) ist § 484 ZPO analog anzuwenden; sie ist bedingungsfeindlich und unwiderruflich und bewirkt den sofortigen Eintritt der Rechtskraft (6 Ob 182/98b = RdW 1999, 146 u.a.). Nach stRsp ist es kein Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels, wenn innerhalb der Rechtsmittelfrist weitere Rechtsmittelschriften, Nachträge oder Ergänzungen am selben Tag wie der erste Rechtsmittelschriftsatz bei Gericht einlangen (3 Ob 206/06z mwN; 7 Ob 49/07t). Mehrere solcher Schriftsätze sind dann wie ein einziger zu behandeln (3 Ob 206/06z; 2 Ob 82/07h mwN). Anders als im Fall der Entscheidung 6 Ob 182/98b, in dem der Rekurswerber erst mehr als drei Monate nach Zurückziehung seines Revisionsrekurses erklärte, sein seinerzeitiges Rechtsmittel aufrecht zu erhalten, und, die Zurückziehung möge nicht als solche angenommen werden, erklärte hier die verpflichtete Partei zwar förmlich, den zunächst irrigerweise erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs zurückzuziehen und brachte (gemeint offensichtlich statt dessen) entsprechend § 78 EO iVm § 528 Abs 2a, § 508 Abs 1 ZPO einen Abänderungsantrag, verbunden mit ordentlichem Revisionsrekurs, ein. Nach stRsp wäre ihr die Verbesserung des ursprünglich eingebrachten Rechtsmittels innerhalb einer gemäß § 85 Abs 2 ZPO zu setzenden Frist offen gestanden. In den dargestellten Rechtsmittelgründen unterscheiden sich die beiden Schriftsätze nicht. Es sind daher zu Gunsten der verpflichteten Partei ihre Verfahrenshandlungen dahin umzudeuten, dass mit dem zweiten Rechtsmittelschriftsatz in Wahrheit der erste lediglich verbessert werden sollte. Nach stRsp des Obersten Gerichtshofs ist ja eine Verbesserung iSd §§ 84, 85 ZPO auch dadurch möglich, dass der ursprüngliche Schriftsatz unverändert zusammen mit einem neuen und den Formerfordernissen entsprechenden Schriftsatz vorgelegt wird (Gitschthaler in Rechberger3 §§ 84, 85 ZPO Rz 23 mwN). Demnach muss wegen der durch die gleichzeitige Einbringung eines ordnungsgemäßen Rechtsmittelschriftsatzes bekundeten Absicht der verpflichteten Partei, den zweitintanzlichen Beschluss zu bekämpfen, die - grundsätzlich unwiderrufliche - Erklärung, das Rechtsmittel zurückzuziehen, als nicht beigesetzt angesehen werden.
b) In der Sache sind jedoch erhebliche Rechtsfragen iSd § 78 iVm § 528 Abs 1 ZPO in Wahrheit nicht zu beantworten. Da keine der Parteien eine Rechtswahl für die Schiedsklausel in dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag behauptete, richtet sich nach Art V Abs 1 lit a des NYÜ die Gültigkeit der Vereinbarung nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch erging, hier also nach ukrainischem Recht (stRsp, RIS-Justiz RS0045375). Dass der Oberste Gerichtshof diese Rechtslage auch in jüngster Zeit bekräftigte (3 Ob 65/05p = IPRax 2006, 268 [Geimer 233]; zuletzt auch noch 7 Ob 236/05i = JBl 2006, 726 [Hügel]) zeigte die betreibende Partei in ihrer Revisionsrekursbeantwortung zutreffend auf. Das NYÜ enthält keine Regeln über die Form einer allfälligen Vollmacht des die Schiedsklausel Unterzeichnenden, wie sich ohne weiteres aus dem Text des Übereinkommens ergibt; zuletzt wurde in der Entscheidung 7 Ob 236/05i darauf hingewiesen. Die Berufung im Revisionsrekurs auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 7 Ob 64/06x und 6 Ob 67/02z geht schon deshalb fehl, weil diese zu § 577 Abs 3 ZPO idF vor dem SchiedsRÄG BGBl I 2006/7 (SchiedsRÄG 2006), also zum inländischen österreichischen Zivilprozessrecht ergingen. Daher kann keineswegs gesagt werden, das Gericht zweiter Instanz sei von dieser Rechtsprechung abgewichen.
Wie der erkennende Senat zu 3 Ob 65/05p klarstellte, ist es nach dem NYÜ nicht erforderlich, dass die um die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs ansuchende Partei auch die Zeichnungsberechtigung jener Personen urkundlich nachweise, die für die Vertragsparteien auftraten. Weiters wurde darin dargelegt, dass nach Art V des NYÜ die verpflichtete Partei die Ungültigkeit des Schiedsvertrags (der Schiedsklausel) mangels wirksamer Vertretung nach den österreichischen Verfahrensbestimmungen nachzuweisen gehabt hätte. Dies ist im vorliegenden Fall der verpflichteten Partei ebenso wenig gelungen wie jener im Verfahren der zitierten Entscheidung. Dann kann es aber auf die Frage, ob die (zu unterstellende) Vollmacht eine Spezialvollmacht iSd innerstaatlichen österreichischen Rechts (§ 1008 ABGB) war, nicht ankommen. Auch diese vom Rekursgericht zur Begründung der Abänderung des Zulassungsausspruchs herangezogene Rechtsfrage rechtfertigt somit die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht.
Da nach dem angefochtenen Beschluss der verpflichteten Partei auch der Nachweis misslungen ist, sie sei vom schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden (Art V Abs 1 lit b des NYÜ), was dem der Kognition des Obersten Gerichtshofs entzogenen Tatsachenbereich zuzuordnen ist, erübrigt sich auch eine Behandlung der Frage in der Sache, wie eine Zustellung iS der zuletzt zitierten Regel des Übereinkommens beschaffen sein muss, um deren Kriterien zu erfüllen. Es ist daher auch nicht weiter auf die die Entscheidung der zweiten Instanz, wie aus dieser selbst hervorgeht („am Rande"), nicht tragenden Ausführungen über einen Zustellnachweis eines Wiener Postamts einzugehen.
Selbst nach dem nunmehr geltenden rein innerstaatlichen Recht Österreichs können die Parteien die Sprache oder die Sprachen, die im Schiedsverfahren zu verwenden ist/sind, vereinbaren, hilfsweise bestimmt diese das Schiedsgericht (§ 596 ZPO idFd SchiedsRÄG 2006). Das NYÜ enthält keine Regelungen über die im Schiedsverfahren zu verwendende Sprache. Allenfalls wäre es der verpflichteten Partei möglich nach Art V Abs 1 lit d des NYÜ nachzuweisen, dass das schiedsrichterliche Verfahren der Vereinbarung der Parteien oder, mangels einer solchen Vereinbarung, dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand, nicht entsprochen habe. Das wäre wohl auch dann der Fall, wenn die im Schiedsverfahren verwendete(n) Sprache(n) von der vereinbarten oder mangels einer solchen Vereinbarung von der nach ukrainischem Recht vorgesehenen abwiche. Nur zur Ergänzung ist darauf hinzuweisen, dass, wie auch im Rechtsmittel eingeräumt wird, je nach Vertrag zwischen den Parteien, der auch die Schiedsklausel enthält, in kyrillischer Schrift und (offenbar) in ukrainischer oder russischer Sprache verfasst wurde. Die Annahme, die verpflichtete Partei hätte unter diesen Umständen (Vereinbarung der Zuständigkeit des Internationalen Kommerziellen Schiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine in einer Urkunde, die in einer in jenem Land gebräuchlichen Sprachen verfasst war) davon ausgehen können, die Verfahrenssprache werde Deutsch oder eine westliche Fremdsprache sein, ist durch nichts gerechtfertigt. Soweit auch damit argumentiert wird, die Zustellung eines in kyrillischer Schrift geschriebenen Textes sei für die österreichische Schiedsbeklagte nicht erfassbar gewesen, ist darauf zu verweisen, dass nach den vorliegenden Urkunden der Briefkopf des in casu entscheidenden Schiedsgerichts dessen vollständige Bezeichnung auch in englischer, französischer, deutscher und spanischer Sprache enthält, weshalb die verpflichtete Partei auch nicht in Unklarheit über den Absender der jeweiligen Schriftstücke sein konnte.
Demnach ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 78 iVm § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO.
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