Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Verpflichtete beantragte die Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens gemäß § 42 Abs 2 EO mit der Begründung, er habe beim Titelgericht einen Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit im Sinne des § 7 Abs 3 EO gestellt. Behauptungen zum Vorliegen einer Gefährdung im Sinne des § 44 Abs 1 EO enthielt der Antrag nicht.
Das Erstgericht bewilligte die Aufschiebung der Exekution ohne Auferlegung einer Sicherheit.
Das Gericht zweiter Instanz änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der Aufschiebungsantrag abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß bei einem Zwangsversteigerungsverfahren die Gefährdung des Verpflichteten nicht offenkundig sei. Die auch in einigen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vertretene Ansicht, wegen des drohenden Verlustes der Liegenschaft sei hier die Gefahr offenkundig, sodaß weder besondere Behauptungen noch Bescheinigungen erforderlich seien, werde nicht übernommen. Solches könnte nur für ein schon fortgeschrittenes Stadium eines Versteigerungsverfahrens, nämlich ab der rechtskräftigen Feststellung der Versteigerungsbedingungen gelten, wenn das Versteigerungsedikt erlassen werde und durch dessen Verlautbarung die Kreditwürdigkeit beeinträchtigt werden könne. Sei jedoch in einem Versteigerungsverfahren wie im vorliegenden Fall noch nicht einmal die Schätzung angeordnet worden, so müsse konkret behauptet und bescheinigt werden, weshalb die Fortsetzung des Verfahrens für den Aufschiebungswerber mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Richtig ist, daß der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung SZ 32/20 wiederholt ausgesprochen hat, daß ähnlich wie bei der Fahrnisexekution oder der Räumungsexekution auch im Zwangsversteigerungsverfahren keine Behauptung und Bescheinigung einer konkreten Gefährdung iSd § 44 Abs 1 EO erforderlich sei. Der dem Verpflichteten drohende Vermögensnachteil sei hier deshalb offenkundig, weil bei der Zwangsversteigerung immer der Verlust der Liegenschaft zu einem unter dem Schätzwert liegenden Meistbot drohe (3 Ob 10/69, nicht 3 Ob 10/89, = RPflSlgE 1969/108; 3 Ob 6/70; 3 Ob 15-18/71; 3 Ob 32/71; 3 Ob 104/83; 3 Ob 125/87; 3 Ob 131-133/87). Früher wurde allerdings auch gegenteilig entschieden (NZ 1932, 66 ohne nähere Begründung).
Grundsätzlich ist zwar daran festzuhalten, daß Offenkundiges nicht behauptet werden muß und daß bei unmittelbar bevorstehender Versteigerung die Gefahr eines Vermögensnachteiles für den Verpflichteten aus dem in der dargestellten Rechtsprechung genannten Grund offenkundig ist. Die bisherige Judikatur hat aber nicht näher geprüft, ob dies auch für das Anfangsstadium eines Zwangsversteigerungsverfahrens zutrifft.
Gemäß § 44 Abs 1 EO hat die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung zu unterbleiben, wenn die Exekution begonnen oder fortgesetzt werden kann, ohne daß dies für den Aufschiebungswerber mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre. Diese Formulierung des Gesetzes spricht dafür, daß die Exekution dann (und solange) nicht aufgeschoben werden darf, wenn (als) sie ohne Gefahr eines solchen Vermögensnachteiles fortgeführt werden kann. Im Zwangsversteigerungsverfahren droht dem Verpflichteten der genannte Vermögensnachteil erst dann offenkundig, wenn zB nach Rechtskraft der Feststellung des Schätzwertes und Vorlage von den gesetzlichen Normativbedingungen entsprechenden Versteigerungsbedingungen als nächster Schritt die Erlassung des Versteigerungsedikts unmittelbar bevorsteht, nicht aber schon in der Anfangsphase des Verfahrens. Erst dann droht idR konkret und unmittelbar der Verlust der Liegenschaft auch zu einem Meistbot weit unter dem Schätzwert (Verschleuderung). Der vom Gericht zweiter Instanz angeführten Beeinträchtigung der Kreditwürdigkeit des Verpflichteten kommt hingegen wegen der schon mit der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens bewirkten Publizität wenig Bedeutung zu. Dies gilt auch für die von der verpflichteten Partei im Revisionsrekurs ins Treffen geführte Erschwerung eines freihändigen Verkaufes. Es ist nicht offenkundig, daß die Vornahme der Schätzung oder die Durchführung eines Verfahrens zur vorläufigen Feststellung des Lastenstandes entscheidend wären und es ist auch nicht einmal der Regelfall, daß Verpflichtete ihre zur Versteigerung anstehenden Liegenschaften freihändig verkaufen wollen. Die Gefährdung kann in dieser Hinsicht nur von besonderen Umständen abhängen, die daher behauptet und bescheinigt werden müßten. Die von der verpflichteten Partei weiters hervorgehobenen Kosten etwa der Schätzung sind gemäß § 75 EO gerade im vorliegenden Fall der angestrebten Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 9 EO bei einem Erfolg der Aktion des Verpflichteten von der betreibenden Partei zu tragen, sodaß es deren Risiko ist, die Fortführung der Exekution zu betreiben.
Im Interesse einer tunlichsten Hintanhaltung von Verzögerungsversuchen verpflichteter Parteien durch unbegründete Antragstellungen schließt sich daher der erkennende Senat für in der Anfangsphase eines Zwangsversteigerungsverfahrens gestellte Aufschiebungsanträge im Ergebnis der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz an. Es ist im allgemeinen sinnvoller, das dem Aufschiebungsantrag zugrundeliegende Verfahren und die ersten Verfahrensschritte des Zwangsversteigerungsverfahrens parallel abzuwickeln, solange dies unter Beachtung der Interessen des Verpflichteten vertretbar ist, als die Dauer des Exekutionsverfahrens bei Stellung eines Aufschiebungsantrages immer um die Dauer des ihm zugrundeliegenden Verfahrens zu verlängern. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO und auf die §§ 40 und 50 ZPO.
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