Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Exekutionsbewilligung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Die Kosten der betreibenden Partei für ihren Revisionsrekurs werden mit 2.290,44 EUR (darin 315,24 EUR USt und 399 EUR Barauslagen) bestimmt.
Text
Begründung
Mit Vergleich vom 8. Mai 2008 verpflichtete sich die Verpflichtete gegenüber der Betreibenden (unter anderem), es zu unterlassen, Agenten der Betreibenden in unlauterer Weise - nämlich durch Anwendung verwerflicher Mittel oder unter Verfolgung verwerflicher Zwecke - abzuwerben oder zu versuchen, sie abzuwerben.
Die Betreibende beantragte, ihr aufgrund dieses Vergleichs die Unterlassungsexekution nach § 355 EO zu bewilligen, weil zwei namentlich genannte Agenten der Verpflichteten im Oktober 2010 mehrfach versucht hätten, den namentlich genannten Agenten der Betreibenden dadurch abzuwerben, dass sie folgende Pauschalabwertungen der Betreibenden äußerten: die Betreibende sei ein Scheißhaufen, dort habe man nur Storno, dort komme man nicht nach oben und die Betreibende sei korrupt.
Die Verpflichtete äußerte sich „zu den Strafzumessungsgründen“ dahin, dass sie die behaupteten Titelverstöße oder zumindest ihre Verantwortung für ihre genannten Agenten in Abrede stellte. Mangels erfolgreicher Abwerbung habe die Verpflichtete auch keine wirtschaftlichen Nutzen erzielt.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution und verhängte über die Verpflichtete eine Geldstrafe von 10.000 EUR.
Das Rekursgericht wies über Rekurs der Verpflichteten den Unterlassungsexekutionsantrag der Betreibenden mit der Begründung ab, die Antragsbehauptungen zum Titelverstoß genügten den Konkretisierungsanforderungen der Rechtsprechung nicht. Die Betreibende habe ohne Ortsangabe dem Unterlassungstitel widersprechende Äußerungen in einem Zeitintervall eines Monats vorgebracht. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung anstrebt, ist zulässig und berechtigt.
Die Betreibende behauptet - zu Recht - einen Widerspruch zur Rechtsprechung, die eine differenzierte Prüfung der Konkretisierungspflicht im Einzelfall fordere und in vergleichbaren Fällen von einer konkreten Ortsangabe oder einer engeren zeitlichen Eingrenzung des Titelverstoßes absehe.
Der betreibende Gläubiger muss das Zuwiderhandeln, auf das er sein Exekutionsrecht stützt, konkret und schlüssig im Exekutionsantrag behaupten. Der Verpflichtete muss nämlich genau wissen, welches Zuwiderhandeln ihm vorgeworfen wird, und so in der Lage sein, allenfalls seine Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung nach § 36 Abs 1 Z 1 EO erheben zu können (RIS-Justiz RS0000709, RS0000614, RS0004747).
Ob die in einem Exekutionsantrag nach § 355 EO enthaltene konkrete Behauptung des Zuwiderhandelns ausreichend ist oder nicht, ist im Hinblick auf die nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfenden Erfordernisse in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0004745). Hier liegt aber eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung vor:
Im Hinblick auf die ortsungebundene Unterlassungsverpflichtung bedarf es in diesem Fall keiner konkreten Ortsangabe. Die zeitliche Einordnung der im Exekutionsantrag behaupteten Verstöße („im Oktober“) reicht auch für die Verpflichtete aus, um - etwa durch Nachfrage bei ihren namentlich genannten Agenten - den Wahrheitsgehalt der Antragsbehauptungen zu überprüfen und allenfalls ein ausreichend konkretes Vorbringen in der Impugnationsklage zu erheben, sollte sie den Standpunkt vertreten wollen, die Titelverstöße hätten nicht stattgefunden oder sie sei hiefür mangels Einordnung der genannten unmittelbaren Täter in ihren Geschäftsbetrieb nicht verantwortlich.
Der von der Betreibenden gerügte Verstoß gegen das im Rekursverfahren geltende Neuerungsverbot ist ohne Relevanz, weil das Rekursgericht die Antragsabweisung auf den Inhalt des Exekutionsantrags und nicht auf allfällige Neuerungen im Rekurs der Verpflichteten stützte.
Gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe bestehen keine Bedenken. Auch der Umstand, dass die Geschäftsführer der Verpflichteten nicht selbst handelten und - auch nach dem Antragsvorbringen der Betreibenden - ihre Agenten nicht zu den Titelverstößen bestimmten, vermag in Anbetracht behaupteter mehrfacher unlauterer Abwerbeversuche keine niedrigere Geldstrafe zu rechtfertigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 Abs 1 ZPO sowie auf § 74 EO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)