Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der betreibende Gläubiger beantragte beim Erstgericht unter Berufung auf die §§ 79 f EO und das Abkommen vom 16.November 1971 zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, von gerichtlichen Vergleichen und von Notariatsakten BGBl 1974/521 die "Exekutionsbewilligung des gerichtlichen Vergleiches vom 27.Jänner 1986, abgeschlossen vor dem Zivilgericht von Rom, im folgenden Umfang:
a) Mit dem Alter von 6 Jahren, somit ab dem 27.Jänner 1989, ist der Kindesvater berechtigt, die minderjährige Tatjana S*** während der Sommer-Schulferien in der Zeit vom 1.Juli bis 1.September jedes Jahres mit seiner Tochter Tatjana zu verbringen. Dieses Recht steht dem Kindesvater bis zur Erreichung des 18.Lebensjahres des Kindes zu.
b) Der Kindesvater ist berechtigt, in jedem geraden Kalenderjahr den Weihnachtsurlaub (im Rahmen der Schulferien) mit seiner Tochter Tatjana S*** zu verbringen.
c) Der Kindesvater ist berechtigt, in der Zeit vom 20.Juni 1988 bis 20.September 1988, somit vor dem Schulalter der Tatjana S*** den angesprochenen Zeitraum mit seiner Tochter zu verbringen.
d) Der Kindesvater ist berechtigt, den Osterurlaub 1989 in der Zeit der Schulferien mit seiner Tochter zu verbringen.
e) Der Kindesvater ist berechtigt, in der Zeit vom 20.Juni 1989 bis 5.September 1989 (höchstens jedoch bis zum Beginn der Volksschule) mit seiner Tochter zu verbringen.
f) Der Kindesvater ist berechtigt, den Weihnachtsurlaub 1989 mit seiner Tochter zu verbringen.
g) Der Kindesvater ist berechtigt, jeden Osterurlaub (im Rahmen der Schulferien) mit dem Vater(?) zu verbringen".
Mit diesem Antrag legte der betreibende Gläubiger Schriftstücke in italienischer Sprache mit zahlreiche Ausbesserungen enthaltenden Übersetzungen in die deutsche Sprache vor, denen sich entnehmen läßt, daß im Ehetrennungsverfahren vor dem Zivilgericht von Rom beide Elternteile der am 27.Jänner 1983 geborenen Tatjana S*** einverständlich um die Trennung unter umfassenden auch den künftigen persönlichen Verkehr des Kindes mit dem Vater regelnden Bedingungen bitten, daß schließlich der Vorsitzende bestätigte, daß die Eheleute zu obigen Bedingungen einverständlich von Tisch und Bett getrennt sind, und daß dann am 31.Jänner 1986 das "private einvernehmliche Scheidungsprotokoll" der Ehegatten vom 27.Jänner 1986 bestätigt wurde.
Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil inhaltlich die Erzwingung unvertretbarer Handlungen verlangt, nicht aber die Exekutionsmittel nach § 354 Abs 2 EO angegeben wurden, und die Durchsetzung eines Besuchsrechtes nicht mit den Mitteln der Exekutionsordnung erfolgen dürfe.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der betreibenden Partei nicht Folge. Das Verfahren zur Bewilligung der Exekution richte sich zufolge Artikel 8 Abs 2 des Vollstreckungsvertrages mit Italien nach der Rechtsordnung des Staates, in dem die Maßnahmen stattfinden. Es komme daher österreichisches Exekutionsrecht zur Anwendung. Das Exekutionsverfahren nach den Vorschriften der Exekutionsordnung eigne sich aber nicht zur Durchsetzung von Titeln, in denen Pflege und Erziehung eines Kindes oder ein Besuchsrecht geregelt werden, weil das Kind selbst Träger der Rechte sei und seine Interessen nur von dem Pflegschaftsgericht wahrgenommen werden könnten. Die erforderlichen Anordnungen könnten daher nur im außerstreitigen Verfahren nach dem § 19 Abs 1 AußStrG stattfinden.
Diesen bestätigenden Beschluß bekämpft der betreibende Gläubiger mit seinem Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung, daß die Exekution bewilligt und im Sinne seiner im Rekurs vorgenommenen Antragsergänzung die Verpflichtete durch Geldstrafen und Haft zur Übergabe des Kindes an den zu den antragsgemäß bestimmten Besuchsrechten berechtigten betreibenden Gläubiger angehalten und die Übergabe durch den Vollstrecker und Polizeiorgane bewirkt werde. Das Rechtsmittel ist zulässig, weil es sich um einen weiteren Rekurs gegen die Entscheidung über einen gegen die Verweigerung der Exekution auf Grund im Ausland errichteter Akte und Urkunden erhobenen Rekurs handelt und der nach § 83 Abs 3 EO der sonst über § 78 EO gegebene Rechtsmittelausschluß nach § 528 Abs 1 Z 1 EO nicht gilt, also auch gegen die bestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz Rekurs erhoben werden kann. Es geht nicht um die Art des Exekutionsmittels (vgl. SZ 4/112; 3 Ob 43/84), sondern um die Bewilligung oder Verweigerung der Exekution an sich. Die gleichfalls sonst zu beachtenden Einschränkungen der Anfechtbarkeit nach § 78 EO und § 528 Abs 2 ZPO iVm § 502 Abs 4 ZPO kommen hier nicht zur Anwendung, weil es sich beim Streit um den persönlichen Verkehr des Kindes mit einem Elternteil nicht um einen vermögensrechtlichen Anspruch handelt sondern ein nicht mit einem Geldwert meßbares Gut in Frage steht. Personen- und Familienrechte fallen nicht unter die Vermögensrechte (Fasching I 298). In nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten kommt dem Streitwert keine den Rechtszugang berührende Funktion zu (Fasching ZPR Rz 257).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt,daß sich die neuere Rechtsprechung einhellig der Ansicht von Heller-Berger-Stix 82 angeschlossen hat, das Exekutionsverfahren als Zweiparteienverfahren zwischen einer betreibenden und einer verpflichteten Partei eigne sich grundsätzlich nicht zur Durchsetzung von Exekutionstiteln in Fragen der Pflege und Erziehung von Kindern oder Besuchsrechten, weil dann das Kind als Träger der Rechte nicht Partei wäre und seine Interessen nicht angemessen Berücksichtigung fänden. Nur der zur Besorgung der Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Rechte zwischen Eltern und minderjährigen Kindern dem Gericht obliegen, berufene Richter (§§ 109 und 110 JN) in dem zur Wahrung des Kindeswohls geeigneteren Verfahren außer Streitsachen kann dafür sorgen, daß nur die Interessen des Kindes nicht beeinträchtigende Maßnahmen zur Durchsetzung des Besuchsrechtes angeordnet werden. Eine Exekution zur Erzwingung von Handlungen und Unterlassungen nach § 354 EO ist jedenfalls nicht statthaft (Heller-Berger-Stix 2571;
Holzhammer2 275; EvBl 1983/15 = EFSlg 42.397; EFSlg 42.404/4;
EFSlg 44.708 ua). Daher kommen zur Durchsetzung eines Besuchsrechtes nur Vollzugsmaßnahmen in Betracht, die ohne Bindung an ein geschlossenes System vorgenormter Exekutionsmittel unter Wahrung der Interessen aller Beteiligter von dem Gericht anzuordnen sind, das zur Erlassung oder Abänderung oder Aufhebung des durchzusetzenden Leistungsbefehles berufen ist (vgl EFSlg 42.404/4), also vom Pflegschaftsgericht. Dieses war vom betreibenden Gläubiger auch zunächst mit der Sache befaßt worden, doch war sein Antrag auf Anerkennung der Wirksamkeit der am 27.Jänner 1986 vor dem Zivilgericht in Rom getroffenen Besuchsrechtsregelung und auf Feststellung der sofortigen Vollstreckbarkeit gescheitert (AZ 4 P 413/86 des Bezirksgerichtes Donaustadt).
Auch bei der Antragstellung bei dem nach § 82 Abs 1 EO zur Bewilligung der Exekution auf Grund im Ausland errichteter Akten und Urkunden zuständigen Erstgericht dürfte der betreibende Gläubiger eine "Vollstreckbarerklärung" des "Vergleiches" angestrebt haben, wie sie etwa als Wirksamerklärung nach Artikel 8 Abs 2 des Vollstreckungsabkommens in Italien vorgesehen ist, denn nach italienischem Recht muß eine ausländische Entscheidung in einem eigenen Verfahren ""delibazione") für vollstreckbar erklärt werden, um in Italien vollstreckt werden zu können (Loewe, Zwischenstaatl. Rechtsverkehr in Zivilsachen, 637). Das Rechtsinstitut des mit einem Vollstreckungsurteil beendeten Delibationsverfahrens wurde in Österreich mit dem Inkrafttreten der Exekutionsordnung beseitigt (Heller-Berger-Stix 765; Holzhammer2 79). Auf Grund des ausländischen Titels kann nur und ohne vorheriges gesondertes Anerkennungsverfahren unmittelbar beim zuständigen Gericht die Exekution beantragt werden (Schwimann, Int. Ziv.verf.R 130; Rechberger, ZfRV 1975, 17(33)), dann sind aber die nach der Exekutionsordnung vorgesehenen Exekutionsmittel anzugeben. Ein Antrag, der sich nur allgemein darauf richtet, bestimmte Rechte für vollstreckbar zu erklären, kann nicht erfolgreich sein. Schon deshalb ist die Abweisung des vor dem Erstgericht gestellten Antrages berechtigt, ohne daß darauf einzugehen wäre, ob es sich bei den vorgelegten Schriftstücken um eine vollstreckbare Entscheidung oder einen vor Gericht geschlossenen Vergleich handelt, daß keine Bestätigung vorliegt, daß der Vergleich die Wirkungen eines Exekutionstitels hat (Artikel 10 Abs 3 des Vollstreckungsabkommens mit Italien), daß sich aus dem Vergleich keine gegen die Verpflichtete vollstreckbaren Ansprüche ergeben, daß eine Bewilligung der Exekution zur Durchsetzung von Rechten beantragt wurde, die erst in einem nach der Entscheidung des Erstgerichtes liegenden Zeitraum bestehen sollen, so daß ein Zuwiderhandeln noch gar nicht erfolgt sein konnte, und daß für die behaupteten Ansprüche jedenfalls nicht die Exekution nach den Vorschriften der Exekutionsordnung in Betracht kommt. Aus dem Vollstreckbarkeitsabkommen läßt sich für die Berechtigung des gestellten Antrages nichts gewinnen. Nach diesem Staatsvertrag kommt bei Exekutionsführung auf Grund in Italien ergangener Gerichtsentscheidungen oder vor Gericht geschlossener Vergleiche in Österreich österreichisches Verfahrensrecht zur Anwendung (Artikel 8 Abs 2 des Abkommens). Nach diesem kommt aber weder eine "Exekutionsbewilligung" im Sinne einer bloßen Vollstreckbarerklärung der von den Parteien vereinbarten Ehetrennungsbedingungen in Betracht, noch überhaupt die Bewilligung einer Exekution nach den Vorschriften der Exekutionsordnung zur Durchsetzung familienrechtlicher das Wohl eines minderjährigen Kindes berührender Besuchsrechtsansprüche. Der Revisionsrekurswerber wird sich wegen der Regelung und Durchsetzung des Besuchsrechtes, wofür nur § 19 Abs 1 AußStrG in Betracht kommt, an das Pflegschaftsgericht zu wenden haben, das die geeigneten Maßnahmen unter Berücksichtigung des Kindeswohles zu treffen hat und die Vereinbarung der Eltern auch abändern und aufheben kann, soweit inländische Pflegschaftsgerichtsbarkeit besteht und dies im Interesse des Kindes geboten ist.
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