Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderungen der betreibenden Partei auf Grund des Vergleichs vom 7. Mai 1985 zu AZ 5 Sch 11/85 des Bezirksgerichts Innsbruck von 15.115,88 EUR an Rückstand für die Zeit vom 3. April 2002 bis 31. Mai 2004 sowie des laufenden Unterhalts von monatlich 581,38 EUR ab 1. Juni 2004 und der Kosten der betreibenden Partei für den Exekutionsantrag von 648,96 EUR (darin 89,16 EUR USt und 114 EUR Barauslagen) die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten gegen die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Tirol, Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2, angeblich zustehenden Pensionsforderung, soweit diese den unpfändbaren Freibetrag nach § 291a EO nicht übersteigt, mit der Beschränkung bewilligt wird, dass dem Verpflichteten der sich aus § 291b EO bei der Exekution wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche ergebende Teil des unpfändbaren Freibetrags nach den Tabellen der Existenzminimum-Verordnung verbleiben muss.
Das Zahlungs- und Verfügungsverbot im erstgerichtlichen Beschluss bleibt aufrecht.
Soweit nicht bereits rechtskräftig der Exekutionsantrag abgewiesen ist, wird das Mehrbegehren, die Exekution ohne die Beschränkung auf die konkursfreien durch den unpfändbaren Freibetrag bestimmten Teile des Pensionseinkommens zu bewilligen, abgewiesen.
Die Kosten der betreibenden Partei werden mit 1.189,44 EUR (darin 198,24 EUR USt) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.
Text
Begründung
Im Scheidungsfolgenvergleich nach § 55a Abs 2 EheG der Streitteile vom 7. Mai 1985, GZ 5 Sch 11/85-3, des Erstgerichts (im Folgenden nur Vergleich) verpflichtete sich der nun Verpflichtete im Punkt 5) zur Leistung von Unterhalt (8.000 S monatlich zwölfmal im Jahr) an die nun Betreibende, wobei deren eigene Einkünfte außer Betracht bleiben. Über das Vermögen des Verpflichteten wurde am 3. April 2002 zu AZ 7 S 16/02s des Landesgerichts Innsbruck das - noch anhängige (am 18. Jänner 2006 wurde das Abschöpfungsverfahren eingeleitet) - Konkursverfahren eröffnet.
Die Betreibende beantragte am 15. Juni 2004 die Bewilligung der Forderungs(Gehalts)exekution gemäß § 294 EO gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung ihrer Forderungen an a) rückständigem Unterhalt seit 3. April 2002 bis 31. Mai 2004 von 15.115,88 EUR s.A. und b) laufendem Unterhalt von monatlich 581,38 EUR ab 1. Juni 2005, wobei als Exekutionstitel der oben dargestellte Vergleich genannt ist. Dazu brachte sie vor, dass über das Vermögen des Verpflichteten am 3. April 2004 der Konkurs eröffnet worden sei. Sie habe zu AZ 14 Cg 105/02i des Landesgerichts Innsbruck gemäß § 15 KO einen Exekutionstitel im Zusammenhang mit dem Vergleich vom 7. Mai 1985 bzw. der darin enthaltenen Unterhaltsforderung erwirkt. Als offene Unterhaltsforderung seien dort 99.201 EUR (kapitalisiert) festgestellt.
Aktenkundig ist: Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. November 2003, GZ 14 Cg 105/02i-34, wurde gegenüber dem Masseverwalter im Konkurs des Verpflichteten festgestellt, dass - unter Abweisung eines Mehrbegehrens - der Betreibenden eine Konkursforderung von 99.201 EUR (nach § 15 KO zum Schätzwert im Zeitpunkt der Konkurseröffnung kapitalisierte, im Konkurs bestrittene, vertragliche Unterhaltsforderung ab Konkurseröffnung gegenüber dem Verpflichteten) zustehe.
Das Erstgericht bewilligte - mit Ausnahme der im Titel nicht gedeckten Zinsenforderung - die beantragte Gehaltsexekution. Über Rekurse des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen des Verpflichteten und des Verpflichteten selbst wies das Rekursgericht in deren Stattgebung den Exekutionsantrag ab.
In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, gemäß § 10 KO könne nach der Konkurseröffnung wegen einer Forderung gegen den Gemeinschuldner grundsätzlich an den zur Konkursmasse gehörigen Sachen kein richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht (mehr) erworben werden, weshalb auch die Erlassung einer darauf abzielenden Exekutionsbewilligung unzulässig sei. Trotz anhängigem Konkurs sei die Einzelexekution (u.a.) jedoch in das konkursfreie Vermögen zulässig, wobei schon im Exekutionsantrag die diesbezüglichen Voraussetzungen darzutun seien. Konkursfrei sei jenes Vermögen, das kraft Gesetzes nicht exekutionsunterworfen sei oder das dem Gemeinschuldner gemäß § 5 KO zur freien Verfügung überlassen worden sei. Zu ersterem zähle insbesondere der gemäß § 291a EO unpfändbare Freibetrag der in § 292a EO genannten beschränkt pfändbaren Forderungen. Es könne daher trotz anhängigem Konkurs zur Hereinbringung der in § 291b EO genannten Forderungen auf den Differenzbetrag zwischen den nach § 291a EO und den nach § 291b EO unpfändbaren Teilen einer beschränkt pfändbaren Forderung Exekution geführt werden, und zwar insbesondere zu Gunsten der Hereinbringung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen, die nach Konkurseröffnung entstanden und die gemäß § 51 Abs 1 KO von der Teilnahme am Konkurs ausgeschlossen seien. Bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung fällig gewordene Unterhaltsforderungen seien hingegen, wie andere Konkursforderungen auch, im Konkurs anzumelden und unterlägen der Exekutionssperre.
Anderes gelte für vertragliche Unterhaltsforderungen, die nach § 15 KO zwingend zu kapitalisieren seien. Der auf Grund einer Vereinbarung nach § 55a Abs 2 EheG geschuldete Unterhalt stehe nach § 69a Abs 1 EheG einem gesetzlichen Unterhalt gleich, soweit er den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen sei. Die im Konkurs vorgenommene Kapitalisierung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin (auf unbestimmte Zeit) sei daher nur dann richtig, wenn letzteres nicht zutreffe. Die Frage, ob der im Zuge der einvernehmlichen Ehescheidung der Streitteile im Scheidungsfolgenvergleich zu leistende Unterhalt den Lebensverhältnissen der Parteien angemessen ist, könne aber nicht im Rahmen des Exekutionsbewilligungsverfahrens geprüft werden. Die Rekurswerber wären insoweit vielmehr auf den Rechtsweg zu verweisen. § 291b EO betreffe nur gesetzliche Unterhaltsansprüche.
Die Exekutionsbewilligung sei daher insoweit zu Unrecht erfolgt, als die Exekution in das konkursunterworfene Vermögen - die nach § 291a EO pfändbaren Teile des Pensionseinkommens des Verpflichteten - bewilligt worden sei. Ob eine Exekution in den Unterschiedsbetrag zwischen dem nach § 291a EO und dem nach § 291b EO unpfändbaren Teil zulässig sei, hänge davon ab, ob es sich um einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch handle. Die Betreibende habe aber im Exekutionsantrag nicht einmal behauptet, dass es sich bei der in Exekution gezogenen Forderung um einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch handle. Vielmehr werde von ihr, wie sich aus der Forderungsanmeldung im Konkurs und dem darauf hinweisenden Vorbringen im Exekutionsantrag (Kapitalisierung) ergebe, davon ausgegangen, dass ein vertraglicher Unterhalt vorliege. Somit habe die Betreibende auch nicht hinreichend behauptet, dass trotz Konkurs- und Exekutionssperre ausnahmsweise die Exekutionsführung zulässig sei, weil in die Unterschiedsbeträge zwischen § 291a EO und § 291b EO Exekution auf Grund eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs geführt werden solle.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Gläubigerin ist zulässig und teilweise berechtigt.
a) Die Exekutionsführung des Unterhaltsgläubigers zur Hereinbringung eines Rückstands an gesetzlichem Unterhalt auf das konkursfreie Vermögen des Unterhaltsschuldners ist trotz der grundsätzlich während des Konkursverfahrens bestehenden Vollstreckungssperre nach § 10 Abs 1 KO zulässig (3 Ob 204/93 = SZ 66/171 = RPflE 1994/52; 3 Ob 206/00s = ecolex 2001, 737; RIS-Justiz RS0115221 u.a.). Die Betreibende führt hier Gehaltsexekution zur Hereinbringung ihrer nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Verpflichteten (3. April 2002), ihres geschiedenen Ehegatten, rückständigen und laufenden Unterhaltsforderung. Exekutionstitel ist nach dem maßgeblichen Exekutionsantrag eine 1985 anlässlich der Ehescheidung der Streitteile im Einvernehmen getroffene Unterhaltsvereinbarung nach § 55a Abs 2 EheG und nicht das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 19. November 2003, GZ 14 Cg 105/02i-34, im Prüfungsprozess. Der auf Grund einer Vereinbarung nach § 55a EheG geschuldete Unterhalt ist gemäß § 69a Abs 1 EheG einem gesetzlichen Unterhalt gleichzuhalten, soweit er den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen ist. Der im Fall einer Scheidung im Einvernehmen von den Ehegatten gemäß § 55a Abs 2 EheG vereinbarte Unterhalt ist zwar kein gesetzlicher (6 Ob 113/03s = JBl 2004, 456 = ecolex 2004, 367 u.a.; RIS-Justiz RS0109251; Koch in KBB, § 69a EheG Rz 1 mwN), er wird aber nach § 69a Abs 1 EheG einem solchen „gleichgehalten" (5 Ob 604/84 = SZ 58/192; Koch aaO). Generell erfassen damit alle Normen, die an den gesetzlichen Unterhalt anknüpfen, auch jenen aus einer Vereinbarung nach § 55a EheG (zur Geltung von § 72 EheG etwa 6 Ob 113/03s, 9 Ob 87/03i). Für Unterhaltsleistungen auf Grund einer solchen Vereinbarung gelten daher, soweit sie sich im Rahmen der Lebensverhältnisse der Ehegatten halten, die für den gesetzlichen Unterhalt maßgebenden Regeln, so insbesondere die für diese geltenden Vollstreckungsprivilegien (5 Ob 604/84 mwN; Hopf/Kathrein, Eherecht2 § 69a EheG Anm 1 mwN; Zankl in Schwimann, ABGB3, § 69a EheG Rz 1 mwN in FN 9; vgl. auch Stabentheiner in Rummel, ABGB3, § 69a EheG Rz 1). Das nach § 69a Abs 1 EheG dafür, ob der auf Grund einer Vereinbarung nach § 55a Abs 2 EheG geschuldete Unterhalt einem gesetzlichen Unterhalt gleichzuhalten ist, entscheidende Kriterium, ob bzw. wie weit er den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen ist, gilt auch bei der Exekutionsführung zur Hereinbringung des nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterhaltsschuldners fälligen Unterhalts. Nur dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Exekutionsführung auf das konkursfreie Vermögen, aber jedenfalls beschränkt auf dieses, zulässig. Zur Hereinbringung eines nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unterhaltsschuldners fälligen Unterhalts, bei dem es sich um keinen gesetzlichen bzw. um einen diesen gemäß § 69a Abs 1 EheG gleichzuhaltenden Unterhalt handelt, gilt diese Ausnahme von der Konkurssperre nicht. Bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag ist - jedenfalls dann, wenn nicht Gegenteiliges im Exekutionsantrag behauptet wird oder gerichtsbekannt ist - zugrundezulegen, dass die betriebene Unterhaltsforderung den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessen ist. Dem Verpflichteten ist auf Grund des auch für den Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung geltenden Neuerungsverbots verwehrt, geltend zu machen, dass die betriebene Unterhaltsforderung ganz oder teilweise den Lebensverhältnissen der vormaligen Ehegatten nicht angemessen wäre.
b) Die Betreibende hat hier im Exekutionsantrag weiters vorgebracht, sie habe im Konkurs über das Vermögen des Verpflichteten einen Exekutionstitel gemäß § 15 KO erwirkt. Unter die Vorschriften des § 15 KO fallen auch vertragliche Unterhaltsansprüche (SZ 44/160). Aus dem Umstand allein, dass eine Forderung als Konkursforderung angemeldet wurde, folgt jedoch nicht, dass es sich hiemit (nur) um eine Konkursforderung handelt. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der E 3 Ob 205/00v (= SZ 74/31 = ecolex 2001, 737 = ÖA 2001, 325) mit eingehender Begründung - dort für den Fall der Hereinbringung eines vor Konkurseröffnung aufgelaufenen Rückstands - dargelegt hat, kann ein Unterhaltsgläubiger auf das konkursfreie Vermögen des Unterhaltsschuldners auch dann Exekution führen, wenn er die betriebene Forderung überdies im Konkurs des Unterhaltsschuldners als Konkursforderung anmeldete. Zwischen den zur Zeit der Konkurseröffnung rückständigen Forderungen und erst im Laufe des Konkurses fällig werdenden Forderungen ist hiebei nicht zu unterscheiden. Das ergänzende Vorbringen der Betreibenden im Exekutionsantrag kann ihr daher nicht schaden.
Somit ist im vorliegenden Fall die Zulässigkeit der Exekutionsführung der betreibenden Unterhaltsgläubigerin auf das konkursfreie Vermögen zu bejahen. Da die Einschränkung auf das konkursfreie Vermögen im Exekutionsantrag nicht vorgenommen wurde, kann nur eine entsprechend eingeschränkte Exekutionsbewilligung erfolgen (vgl. 3 Ob 204/93). Auf ein allfälliges Oppositionsvorbringen, wie vom Verpflichteten in seiner zugelassenen Revisionsrekursbeantwortung vorgetragen wird, kann hier nicht eingegangen werden.
Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 Abs 1 EO.
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