OGH 3Ob204/93

OGH3Ob204/9315.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) mj. Sascha August B*****, und 2.) mj.Melissa B*****, und vertreten durch die obsorgeberechtigte Mutter Ingrid Maria B*****, diese vertreten durch Dr.Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wider die verpflichtete Partei Richard Anton B*****, vertreten durch Dr.Helmar Feigl, Rechtsanwalt in Amstetten, wegen Unterhaltsleistung, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes St.Pölten als Rekursgerichtes vom 18.Juni 1993, GZ R 261/93-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Amstetten vom 16. März 1993, GZ E 1085/93-1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderungen der betreibenden Parteien auf Grund des Vergleiches vom 28.April 1992 zu AZ C 542/92 h des Bezirksgerichtes Haag von S 7.500,- an Rückstand für die Zeit vom 1.Dezember 1992 bis 28.Feber 1993 sowie der ab dem 1. September 1993 am Ersten eines jeden Monats im voraus fällig werdenden Unterhaltsbeträge von S 2.500,- für den erstbetreibenden Gläubiger und von S 6.000,- an Rückstand für die Zeit vom 1.Dezember 1992 bis 28.Feber 1993 sowie der ab dem 1.September 1993 am Ersten eines jeden Monats im voraus fällig werdenden Unterhaltsbeträge von S 2.000,- für die zweitbetreibende Gläubigerin sowie der Kosten der betreibenden Parteien für den Exekutionsantrag von S 3.304,26 (darin S 550,67 Umsatzsteuer) die Exekution durch Pfändung und Überweisung des dem Verpflichteten gegen seinen Dienstgeber Mag.Ing.Franz H*****gesellschaft mbH, ***** angeblich zustehenden Arbeitseinkommens, soweit dieses den unpfändbaren Freibetrag nach § 291a EO nicht übersteigt mit der Beschränkung bewilligt wird, daß dem Verpflichteten der sich aus § 291b EO bei der Exekution wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche ergebende Teil des unpfändbaren Freibetrages verbleiben muß, der aus den Tabellen der Existenzminimum-Verordnung zu entnehmen ist.

Das Zahlungs- und Verfügungsverbot im erstgerichtlichen Beschluß bleibt aufrecht.

Soweit nicht bereits rechtskräftig der Exekutionsantrag abgewiesen ist, wird das Mehrbegehren, die Lohnexekution ohne die Beschränkung auf die konkursfreien durch den unpfändbaren Freibetrag bestimmten Teile des Arbeitseinkommens zu bewilligen, abgewiesen.

Die Kosten der betreibenden Parteien für den Revisionsrekurs werden mit S 8.969,40 (darin S 1.494,90 Umsatzsteuer) als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.

Text

Begründung

Die minderjährigen Kinder beantragten, ihnen zur Hereinbringung vollstreckbarer Unterhaltsforderungen von S 28.500,- an Rückstand für die Zeit vom 1.Dezember 1992 bis 31.März 1993 und von S 4.000,- je Kind ab 1.April 1993 auf Grund des Vergleiches des Bezirksgerichtes Haag zu C 542/92 h vom 28.April 1992 die Fahrnisexekution und die Gehaltsexekution nach § 294 a EO zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß.

Die Drittschuldneranfrage ergab, daß der Verpflichtete als Dienstnehmer einer Gesellschaft mbH gemeldet ist.

Gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß erhoben der Verpflichtete und der Masseverwalter im schon am 10.Jänner 1991 zu 8 S 25/91 des Landesgerichtes St.Pölten eröffneten Konkurs über das Vermögen des Verpflichteten Rekurs, weil konkursfreies Vermögen des Gemeinschuldners nicht hervorgekommen sei.

Das Rekursgericht änderte über diesen Rekurs den erstgerichtlichen Beschluß ab und wies den Exekutionsantrag zur Gänze ab. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da nach § 1 KO durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner gehört oder das er während des Konkurses erlangt, seiner freien Verfügung entzogen werde, könne zur Hereinbringung gesetzlicher Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Konkurseröffnung nur auf das konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners Exekution geführt werden. Im Exekutionsantrag seien Umstände, die entgegen § 10 Abs 1 KO die Exekutionsführung als zulässig erscheinen ließen, nicht dargetan. Das Gericht sei nicht verpflichtet, auszuforschen, ob ein dem freien Zugriff zugunsten gesetzlicher Unterhaltsansprüche zugängliches Vermögen durch Überlassung iSd § 5 Abs 1 KO vorhanden sei. Die betreibenden Parteien hätten auch nicht behauptet, daß konkursfreies Vermögen des Verpflichteten vorhanden sei.

Die betreibenden Parteien brachten noch vor, daß die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die beiden Kinder mit Beschluß des Pflegschaftsgerichtes vom 5.Juli 1993, P 36/92-19, ab dem 1. Jänner 1993 auf monatlich S 2.500,- für den mj.Sascha August B***** und S 2.000,- für die mj.Melissa B***** herabgesetzt wurde und daß der Vater diese Unterhaltsbeträge für die Monate März bis August 1993 bezahlt hat.

Die betreibenden Parteien bekämpfen den rekursgerichtlichen Beschluß mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs nur mehr insoweit, als ihr Antrag auf Bewilligung der Lohnexekution zur Hereinbringung rückständigen Unterhalts für die Zeit vom Dezember 1992 bis März (richtig Feber) 1993 von zusammen S 13.500,-, also offenbar von S 7.500,- für das erstbetreibende und S 6.000,- für das zweitbetreibende Kind, sowie der laufenden Unterhaltsbeträge von monatlich S 2.500,- für das erstbetreibende und S 2.000,- für das zweitbetreibende Kind ab 1.September 1993 abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

Durch die Eröffnung des Konkurses wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse) dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs 1 KO). Die Konkursmasse ist zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden (§ 1 Abs 2 KO). Aus dem Gesetz gebührende Unterhaltsansprüche können für die Zeit nach der Eröffnung des Konkurses im Konkurs nur geltend gemacht werden, soweit der Gemeinschuldner als Erbe des Unterhaltspflichtigen haftet (§ 1 Abs 3 KO). Damit sind die gesetzlichen Unterhaltsforderungen des Kindes gegen den Vater nach § 140 ABGB für die nach der Konkurseröffnung liegende Zeit von der Geltendmachung im Konkurs ausgeschlossen (JBl 1977, 272 ua). Diese Unterhaltsforderungen sind auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner zu verfolgen (EFSlg 37.593, 42.768, 55.956), können gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden und Gegenstand eines gerichtlichen Vergleiches sein (EFSlg 50.423 ua). Der exekutive Zugriff zur Durchsetzung dieser gesetzlichen Unterhaltsansprüche ist allerdings nach § 10 Abs 1 KO auf das konkursfreie Vermögen des Gemeinschuldners beschränkt (JBl 1977, 272). Der betreibende Unterhaltsgläubiger hat schon im Exekutionsantrag darzutun, daß die Exekutionsführung trotz des nach § 10 Abs 1 KO eingetretenen Vollstreckungsschutzes zulässig ist, weil zur Befriedigung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche ausschließlich an konkursfreien Sachen des Gemeinschuldners richterliche Pfand- und Befriedigungsrechte begründet werden sollen (EvBl 1977/30; EvBl 1979/161 = JBl 1980, 159; SZ 55/140).

Die beiden Kinder haben zur Hereinbringung ihrer Unterhaltsforderungen gegen den Vater aus dem während des Konkurses geschlossenen gerichtlichen Vergleich die Pfändung und Überweisung seiner Dienstbezüge nach § 294a EO und die Pfändung und den Verkauf der beweglichen Sachen des Gemeinschuldners beantragt. Die Abweisung des Fahrnisexekutionsantrages wird nicht mehr bekämpft, Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur mehr die beantragte Pfändung des Arbeitseinkommens.

Zwar ist nach § 5 Abs 1 KO dem Gemeinschuldner zu überlassen, was er durch eigene Tätigkeit erwirbt, soweit es zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und für diejenigen, die gegen ihn einen gesetzlichen Anspruch auf Unterhalt haben, unerläßlich ist. Was dem Gemeinschuldner durch Beschluß des Konkursgerichtes nach § 5 Abs 1 KO überlassen wurde, scheidet aus der Konkursmasse aus und wird konkursfreies Vermögen (SZ 28/86; SZ 39/38 ua), das dann der Einzelexekution zugunsten der Forderungen unterliegt, deren Einbringung durch die Überlassung gefördert werden sollte (Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht 229; Bartsch-Pollak3 I 63; SZ 55/140). Die betreibenden Kinder haben eine Überlassung nach § 5 Abs 1 KO nicht behauptet. Insoweit bestand auch keine Nachforschungsverpflichtung des Exekutionsgerichtes (SZ 55/140).

Übersehen wurde aber, daß § 1 KO der Regelung des § 5 KO vorgeht, die voraussetzt, daß das Erwerbseinkommen überhaupt zur Konkursmasse gehört. Der unpfändbare Teil der Bezüge ist nicht der Exekution unterworfen und fällt daher schon nach § 1 Abs 1 KO nicht in die Konkursmasse (Bartsch-Pollak3 I 22; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht2 10 f; SZ 52/30 mwN; SZ 61/107 = RdW 1988, 394 = DRdA 1990, 283 - W.Holzer). Bezüge, die das Existenzminimum nach § 291a EO idF der EO-Novelle 1991 nicht übersteigen, bleiben in der Rechtszuständigkeit des Gemeinschuldners und sind dem Zugriff der Gläubiger gesetzlicher Unterhaltsansprüche im Rahmen des § 291b Abs 2 EO iVm § 292a EO und § 292b EO ausgesetzt. Behauptet der betreibende Gläubiger im Exekutionsantrag, daß dem Verpflichteten Arbeitseinkommen oder sonstige wiederkehrende Bezüge nach § 290a EO zustehen, so beruft er sich zugleich darauf, daß der Verpflichtete ein nicht in die Konkursmasse fallendes Einkommen bezieht, das bis zum unpfändbaren Freibetrag nach § 291a EO der Exekution zugunsten nicht privilegierter Gläubiger entzogen ist, nach Maßgabe des § 291b EO jedoch wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches bis auf den geringeren Freibetrag des § 291b Abs 2 EO, der dem Verpflichteten zu verbleiben hat, der Pfändung unterliegt.

Damit ist der Zugriff der Kinder zur Durchsetzung ihrer während des Konkurses fällig werdenden Unterhaltsansprüche auf konkursfreies Vermögen des Vaters zulässig und die Gehaltsexekution in diesem Umfang zu bewilligen. Ob die Bezüge des Gemeinschuldners so gering sind, daß die Pfändung wegen des Vollstreckungsschutzes nach § 291b Abs 2 EO ins Leere geht, ist bei der Entscheidung über den Antrag nicht zu prüfen, zumal auch noch eine Beschlußfassung nach § 292b EO in Betracht käme.

Auf die im Rekurs des Verpflichteten gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß aufgestellte Behauptung, er sei mit Unterhaltszahlungen nicht im Rückstand, kann wegen des in diesem Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht Bedacht genommen werden.

Wohl aber ist amtswegig bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag auf das Konkursverfahren Rücksicht zu nehmen (EvBl 1957/368 ua). Die mit dem Anschlag des Konkursediktes an der Gerichtstafel eintretende Wirksamkeit der Konkurseröffnung (§ 2 Abs 1 KO) ist eine von diesem Zeitpunkt an gerichtsbekannte Tatsache (NRsp 1988/264).

Wird beachtet, daß sich die Exekution nicht auf die Masse sondern nur auf das konkursfreie Vermögen des Verpflichteten beziehen darf, so kann nur die eingeschränkte Exekutionsbewilligung erfolgen. Verpflichteter ist nicht der Masseverwalter sondern der Gemeinschuldner, der aber für den Rekurs gegen die Bewilligung der Exekution dem zum Masseverwalter bestellten Rechtsanwalt Vollmacht erteilt hat (§ 30 Abs 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs 1 EO.

Kosten für den Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung wurden nicht verzeichnet.

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