Spruch:
Dem Revisionsrekurs des Minderjährigen und seiner obsorgeberechtigten Mutter wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag des Vaters Ing. Rudolf R*****, vertreten durch Sattlegger.Dorninger.Steiner & Partner Anwaltssocietät in Linz, auf Zuspruch von Kosten für seine Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
In der Pflegschaftssache des in Obsorge der Mutter befindlichen Minderjährigen hatte das Erstgericht drei Anträge des Vaters abgewiesen. In Ansehung der Entscheidung über Informationsansprüche des Vaters hob das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluss (in seinen P 1. und 2.) zur Verfahrensergänzung ohne einen Ausspruch dahin auf, dass der Revisionsrekurs zulässig wäre (ON 282). Innerhalb der Rekursfrist beantragten sowohl der Minderjährige als auch seine Mutter (im eigenen Namen), „das Rekursgericht wolle gemäß § 64 Abs 1 AußStrG aussprechen, dass der (ordentliche) Revisionsrekurs zulässig ist" und verbanden mit ihrem Antrag einen ausgeführten „ordentlichen Revisionsrekurs" (ON 284).
Das Rekursgericht wies den auf § 64 Abs 1 AußStrG gestützten Antrag sowie den Revisionsrekurs als unzulässig zurück. § 64 Abs 2 AußStrG schließe die Möglichkeit aus, im Wege einer Zulassungsvorstellung den Revisionsrekurs nachträglich zuzulassen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rsp zur Bestimmung des § 64 Abs 1 dritter Satz AußStrG fehle, der entgegen der Vorgängerbestimmung des § 14b AußStrG 1854 vorsehe, dass der Ausspruch des Rekursgerichts über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses auch über Antrag ergehen könne.
Mit ihrem Revisionsrekurs beantragen das Kind und seine Mutter die Zurückweisung ihres Antrags auf Zulässigerklärung des Revisionsrekurses aufzuheben und diesem Antrag stattzugeben. Der Vater beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen als unzulässig zurückzuweisen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorauszuschicken ist, dass es keines Ausspruchs über die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof bedurfte, weil die angefochtene Entscheidung des Rekursgerichts funktionell eine erstinstanzliche Entscheidung ist (vgl 1 Ob 234/01w), sodass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof dagegen unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist. Bei der angefochtenen Entscheidung in der gegebenen Fallkonstellation handelt es sich nicht um eine Entscheidung des Rekursgerichts iSd § 63 Abs 4 AußStrG mit dem dort im letzten Satz normierten Rechtsmittelausschluss.
2. Gemäß § 14b AußStrG 1854 war im außerstreitigen Verfahren ein Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts jedenfalls (absolut) unzulässig, wenn das Rekursgericht nicht ausgesprochen hatte, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei (RIS-Justiz RS0007219, RS0109580). An dieser Rechtslage hat die Außerstreitreform nichts geändert (§ 64 AußStrG idgF; 3 Ob 269/05p, 6 Ob 66/06h, 8 Ob 142/06z).
3. Die Rekurswerber leiten aus § 64 Abs 1 zweiter und dritter Satz AußStrG die Möglichkeit einer nachträglichen Rechtsmittelzulässigkeitserklärung durch das Rekursgericht ab, weil hier im Gegensatz zur Vorgängerbestimmung des § 14b AußStrG 1854 ein Antragsrecht auf Zulässigerklärung des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss vorgesehen sei. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen:
Das Rekursgericht darf den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss nur unter den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 und 2 AußStrG (Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage; Nichtvorliegen absoluter Rechtsmittelausschlussgründe) für zulässig erklären (§ 64 Abs 1 zweiter Satz AußStrG). Dieser Ausspruch hat von Amts wegen oder über Antrag zu ergehen und ist zu begründen (§ 64 Abs 1 dritter Satz AußStrG). Bei Richtigkeit der Ansicht der Rekurswerber, dass nach Fassung des Aufhebungsbeschlusses eine nachträgliche Rechtsmittelzulässigerklärung durch das Rekursgericht erfolgen könne, läge eine Gesetzesantinomie zu § 64 Abs 2 AußStrG vor, der unmissverständlich normiert: „Der § 63 ist nicht anzuwenden." § 63 AußStrG regelt das Verfahren über die Zulassungsvorstellung, also den Antrag auf Abänderung des Rechtsmittelunzulässigkeitsausspruchs des Rekursgerichts, dem vom Rekursgericht nur stattzugeben ist, wenn es die Argumente für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 AußStrG für stichhältig erachtet. Eine Gesetzesantinomie liegt hier dann nicht vor, wenn für das normierte Antragsrecht ein Anwendungsbereich verbleibt oder das im § 64 Abs 1 letzter Satz AußStrG angeführte Antragsrecht so ausgelegt wird, dass das Rekursgericht ohne jede weitere Prüfung einem gestellten Antrag, also auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 63 AußStrG, stattzugeben und den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluss bloß aufgrund der Antragstellung für zulässig zu erklären hätte. Dann bestünde zu § 64 Abs 2 AußStrG über die Nichtanwendung des § 63 AußStrG kein Widerspruch. Dass eine derartige Gesetzesauslegung aber dem Gesetzeszweck der Beschränkung der Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs widerspricht, liegt klar auf der Hand. Der von den Rekurswerbern relevierte Widerspruch zwischen § 64 Abs 1 und Abs 3 AußStrG liegt aber schon deshalb nicht, weil für das in § 64 Abs 1 letzter Satz AußStrG normierte Antragsrecht immer noch der Anwendungsbereich verbleibt, dass die Parteien vor Ergehen der Rekursentscheidung den Antrag stellen können, das Rekursgericht möge den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof zulassen, wenn es den Rechtsstandpunkt des Antragstellers über die Spruchreife der Sache nicht teilt. Zu derartigen „vorsorglich" gestellten Anträgen wird es sinnvollerweise dann kommen können, wenn einer Partei der Rekurs der Gegenseite zugestellt wird und sie zu den Rekursargumenten in Richtung einer Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung Stellung nehmen und zur Verhinderung eines weiteren Rechtsganges einer Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung entgegentreten will.
Es ist daher die zitierte oberstgerichtliche Rsp fortzuschreiben, dass im außerstreitigen Verfahren ein Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts ohne Rechtsmittelzulässigkeitsausspruch absolut unanfechtbar und ein Antrag auf nachträgliche Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig ist.
Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung waren nicht zuzusprechen. In der Rechtsmittelgegenschrift wurde nur auf das Nichtvorliegen erheblicher Rechtsfragen hingewiesen, obwohl - wie ausgeführt - der angefochtene Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts jedenfalls anfechtbar ist. Die Rechtsmittelbeantwortung ist demnach nicht als zweckmäßig iSd § 78 Abs 2 AußStrG anzusehen.
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