Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die die Widerklage betreffende Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet.
Bezüglich seines Teiles der Revision, der sich auf den der Klage teilweise stattgebenden Ausspruch des Berufungsgerichtes bezieht, wird der Akt dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, übersteigt im führenden Verfahren zwar S 52.000, nicht jedoch S 260.000, während er im verbundenen Verfahren weit über dem höheren Grenzwert liegt. Für die Frage der Zulässigkeit der Revision (hier im Hinblick auf § 502 Abs 3 ZPO) ist - ungeachtet der Verbindung - der Entscheidungsgegenstand in jedem einzelnen Rechtsstreit maßgebend (ua SZ 69/266; 3 Ob 273/97m; 10 Ob 309/00i; Kodek in Rechberger, ZPO**2 § 502 Rz 1 mwN).
2. Bezüglich der das führende Verfahren betreffenden Revision widerspricht demnach die direkte Vorlage des Aktes an den Obersten Gerichtshof der seit der WGN 1997 geltenden Rechtslage.
Im vorliegenden Fall hat der Beklagte und Widerkläger das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum er entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet. Der Revision fehlt jedoch die ausdrückliche Erklärung, dass der Beklagte im Verfahren über die Klage den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO nF) stelle. Im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO nF). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese erkennbar (gleich den Revisionsausführungen zur Sache) an den Obersten Gerichtshof gerichtet sei (vgl zum Fehlen der richtigen Bezeichnung des Berufungsgerichts: Kodek aaO § 467 Rz 2), dann wird es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Das gilt nach § 474 Abs 2 Satz 2 ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags.
Aus diesen Erwägungen sind die Akten bezüglich jenes Teiles der Revision, der sich auf den der Klage teilweise stattgebenden Ausspruch des Berufungsgerichtes bezieht, dem Erstgericht zur richtigen Behandlung zurückzustellen.
3. In der Revision gegen das Berufungsurteil, soweit damit die Abweisung der Widerklage bestätigt wurde, zeigt der Revisionswerber keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:
4. Dass § 9 RAO, worin auch keineswegs konkret von rechtsanwaltlichen Aufklärungspflichten die Rede ist, kein Schutzgesetz nach § 1311 ABGB ist, weil darin nur allgemein die Sorgfaltsanforderungen an den Anwalt umrissen werden, wurde bereits in der Entscheidung 1 Ob 2029/96f = MietSlg 48.164 ausgesprochen.
5. Auch die Ablehnung der Anwendung des prima-facie-Beweises auf die Kausalität der Verletzung von Aufklärungspflichten außerhalb der Arzthaftung, also auch gegenüber Rechtsanwälten, entspricht der vom Berufungsgericht ohnehin zitierten einheitlichen Judikatur des Obersten Gerichtshofs.
6. Ob in einem konkreten Zivilprozess das Vorbringen einer Partei als iSd § 267 Abs 1 ZPO zugestanden anzusehen ist, ist keine Rechtsfrage, die über den konkreten Einzelfall hinaus von Bedeutung wäre (6 Ob 141/99z). Der Revisionswerber kann ein Abweichen des Berufungsgerichtes von der zu dieser Bestimmung ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl etwa SZ 66/59) nicht darlegen. Dass sein Vorbringen zur Kausalität mangelnder Aufklärung überhaupt unbestritten geblieben wäre, steht im Übrigen im Widerspruch zur Aktenlage (Verhandlungsprotokoll ON 15). Der Mitverschuldenseinwand wurde nur eventualiter erhoben. Es kann demnach keinesfalls als Fehlbeurteilung angesehen werden, dass das Berufungsgericht in Anbetracht der Umstände des Falles kein schlüssiges Tatsachengeständnis angenommen hat.
7. Wenn es auch zutrifft, dass im Beweisbeschluss des Berufungsgerichtes nicht ausdrücklich auch die erst bei Bejahung einer Verletzung der Aufklärungspflicht relevante Frage der Kausalität angesprochen wird, übersieht der Revisionswerber bei seiner Argumentation zum einen die ihm diesbezüglich obliegende Beweislast für die Kausalität des Fehlverhaltens des Beklagten (RIS-Justiz RS0022686), zum anderen aber, dass nach der Rechtsprechung sogar das völlige Fehlen eines Beweisbeschlusses nur im Falle der Rüge als Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht werden kann, was umso mehr für von durch den Beweisbeschluss nicht gedeckte Beweisaufnahmen zu einzelnen Beweisthemen gelten muss. Eine solche Rüge hat der Beklagte und Widerkläger in der Berufungsverhandlung nicht erhoben, weshalb die Frage, ob ein derartiges Vorgehen überhaupt eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens zu begründen vermag, nicht entscheidungswesentlich ist. Daher hängt von ihr die Entscheidung nicht iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.
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