European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00098.22H.0627.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 2.221,20 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 370,20 EUR Umsatzsteuer)zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagte mit Sitz in Malta verfügt über eine maltesische, nicht aber über eine österreichische Glücksspiellizenz. Auf ihrer (auch) deutschsprachigen Website bot sie die Teilnahme an Online-Glücksspielen, insbesondere an Online‑Pokerspielen, an. Der Kläger verlor von 21. Februar 2010 bis 12. August 2018 vorwiegend bei Pokerspielen 44.973,42 EUR.
[2] Der Kläger begehrt die Rückzahlung seines Spielverlusts aus dem Titel der ungerechtfertigten Bereicherung und des Schadenersatzes, weil es sich um verbotenes Glücksspiel gehandelt habe.
[3] Die Beklagte wendet im Wesentlichen ein, dass das österreichische Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig und damit unanwendbar sei, weswegen sie nicht rechtswidrig gehandelt habe. Außerdem entstünden beim Online-Poker nur Vertragsverhältnisse der Spieler untereinander, nicht aber solche mit dem Anbieter. Die Beklagte sei daher für Rückforderungen aus verbotenem Pokerspiel nicht, jedenfalls aber nicht über den Hausanteil (sog „Rake“) hinaus, passiv legitimiert. Weiters wendete sie eine Gegenforderung ein.
[4] Die Vorinstanzen erachteten den Klagsanspruch als berechtigt, die Gegenforderungen hingegen als nicht berechtigt und gaben dem Klagebegehren daher statt. An der Unionsrechtskonformität des Glücksspielmonopols bestehe angesichts der Rechtsprechung von Verfassungs-, Verwaltungs- und Oberstem Gerichtshof kein Zweifel. Die Beklagte sei für den Bereicherungsanspruch passiv legitimiert, weil der Kläger seine Einsätze für das verbotene Glücksspiel an sie geleistet habe.
[5] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil keine gesicherte Rechtsprechung zur bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines verbotenen Online-Pokerspiels vorliege.
[6] Die Revision der Beklagten ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshofs nicht bindenden Ausspruchs nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[7] 1. Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ist nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels tatsächlich aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn sie vor der Erledigung des Rechtsmittels bereits durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs geklärt wurde (RS0112921 [T5]).
[8] 2. Die vom Berufungsgericht genannte Rechtsfrage wurde inzwischen in der Entscheidung 6 Ob 229/21a (Rz 18 ff) im Sinn des Berufungsgerichts gelöst. Dieser Entscheidung sind inzwischen der erkennende (2 Ob 17/22x) und andere Senate des Obersten Gerichtshofs (ua 1 Ob 72/22b, 3 Ob 46/22v, 4 Ob 63/22a, 8 Ob 23/22y, 9 Ob 25/22z) gefolgt, sodass insofern eine ständige Rechtsprechung vorliegt. Dass die Zahlungen an die Beklagte – wie auch hier festgestellt – als Einzahlungen auf Spielerkonten erfolgten, entspricht dem Sachverhalt, der der Entscheidung 6 Ob 229/21a zugrunde lag, und wurde dort bei der Prüfung der Passivlegitimation für den Bereicherungsanspruch berücksichtigt (Rz 25 bis 27; vgl auch 4 Ob 63/22a). Die Beklagte nahm die Einzahlungen nicht als reine Zahlstelle entgegen, sondern machte sie zur Voraussetzung für die Teilnahme an den von ihr konzessionslos angebotenen Glücksspielen, sodass die in der Revision zitierte Entscheidung 8 Ob 94/13a nicht einschlägig ist.
[9] 3. Zu der in der Revision angesprochenen Rechtslage vor Dezember 2010 liegen ebenfalls mehrere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs vor (grundlegend wiederum 6 Ob 229/21a, in der Folge etwa 1 Ob 86/22m, 4 Ob 49/22t, 9 Ob 16/22a). Die Unionsrechtswidrigkeit des damals geltenden Sitzerfordernisses berührte nicht die übrigen Voraussetzungen für den Erhalt einer Konzession und das Konzessions- bzw Monopolsystem an sich. Dass die Beklagte jemals um eine Konzession angesucht, geschweige denn die übrigen in § 14 Abs 2, § 21 Abs 2 GSpG normierten Voraussetzungen erfüllt hätte, behauptet sie nicht. Aus diesem Grund bestehe auch für die Einholung des angeregten Vorabentscheidungsersuchens kein Raum.
[10] 4. Von der dargestellten Rechtsprechung abzugehen bietet die Revision keinen Anlass. Sie ist daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
[11] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Die Beklagte hat daher die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
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