Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat der Klägerin die mit S 14.758,95 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 960 Barauslagen und S 1.254,45 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 5.2.1978 verstorbene Eugen B setzte mit Testament vom 28.3.1973 seinen Adoptivsohn Dr. Friedrich E zum Universalerben ein. Der Klägerin, seiner Stieftochter, vermachte er eine Lebensrente von S 10.000,- pro Monat zuzüglich jener Beträge, die auf das dieser Rente jeweils entsprechende Einkommen an Einkommensteuer entfallen würden. Das Rentenlegat ist wertgesichert, es erhöht sich in dem Verhältnis, in dem sich die Bruttobezüge des der jeweils höchsten kollektivvertraglich geregelten Gehaltsstufe angehörenden Beamten des Bankhauses C & Co bis zur tatsächlichen Zahlung gegenüber den Bezügen der im Zeitpunkt der Errichtung dieses Testamentes der gleichartigen Gehaltsstufe angehörenden Beamten allenfalls erhöhen werden. Auf Grund dieses Legates erhielt die Klägerin zunächst Akontozahlungen, ab 1979 wurde das Legat jeweils bis zum 5.eines jeden Monates ausbezahlt. Die letzte Zahlung erfolgte am 3.5.1982, und zwar wurden auf Grund der Wertsicherung S 19.845,- ausbezahlt. In den der Klägerin monatlich ausbezahlten Beträgen war die darauf entfallende Einkommensteuer nicht enthalten.
Diese wurde durch Dr. Friedrich B jährlich akontiert und in der Folge endgültig abgerechnet. Dr. Friedrich B ist am 24.5.1982 verstorben.
Die Klägerin begehrt einen Betrag von S 496.125,- (für die Zeit von Juni 1982 bis Juni 1984, somit 25 Monate S 19.845,- monatlich) samt 4 % Zinsen aus je S 19.845,- ab dem 5.eines jeden der Monate von Juni 1982 bis Juni 1984. Sie brachte vor, die Verpflichtung aus dem Legat treffe nunmehr die Beklagte. Neuberechnungen für den Index der Wertsicherung oder die Einkommensteuer stünden zwar noch aus, doch sei zumindest der Betrag von monatlich S 19.845,- anerkannt. Der Vertreter der Beklagten habe die Forderung der Klägerinn ausdrücklich als 'dem Grunde nach unbestritten' bezeichnet. Die Beklagte wendete - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, die Anordnung, der Klägerin sei das Legat wertgesichert zuzüglich der darauf entfallenden Einkommensteuer zu bezahlen, sei zu unbestimmt, um vollziehbar zu sein. überdies widerspräche sie zwingenden einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen, da die Einkommensteuer unüberwälzbar und jährlich zu bezahlen sei. Ein monatlicher Betrag sei nicht zu errechnen und damit das Legat zu unbestimmt. Das Bankhaus C & Co. führe seit 1979 keinen Bankbetrieb mehr und befinde sich in Liquidation.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es führte aus, Unbestimmtheit einer Anordnung könne dann nicht geltend gemacht werden, wenn zumindest der Erbe über deren Inhalt Bescheid wisse und es bei ihm keinen Zweifel über Inhalt und Umfang der Anordnung der letztwilligen Verfügung gebe. Da Dr. Fritz B den von der Klägerin begehrten Legatsbetrag selbst errechnet und in der begehrten Höhe ausbezahlt habe, könne von seiner Verlassenschaft nun nicht die Unbestimmtheit des Legates eingewendet werden. Vielmehr sei davon auszugehen, daß er das Legat in dieser Höhe anerkannt habe. Auch wenn die Einkommensteuer ihrer Natur nach beim Empfänger einer Rentenleistung jährlich zu veranlagen, von diesem zu tragen und diese auch nicht überwälzbar sei, so sei dieser Einwand unbeachtlich, da die Klägerin lediglich den reinen Legatsbetrag und nicht die auf das Legat entfallende Einkommensteuer begehre. Einer freiwillig übernommenen Verpflichtung zur Zahlung solcher Beträge stünden keine zwingenden steuerrechtlichen Normen entgegen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es führte aus, der Frage eines konstitutiven Anerkenntnisses komme keine streitentscheidende Bedeutung zu, weil sich die Klägerin auch auf den alten nicht novierten Rechtsgrund stützen könne. Festzuhalten sei, daß die klagende Partei den Aufwertungsbetrag und die 'Steueraufzahlungsbeträge' ohnedies nicht eingeklagt habe, so daß sich diesbezüglich nur die Frage nach einer allfälligen Gesamtnichtigkeit stellen könne. Auch wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werde, daß die Firma C & Co. seit 1979 keinen Bankbetrieb mehr führe, hätte dies lediglich zur Folge, daß der nächstverwandte Wertsicherungsmaßstab eingesetzt werden müßte. Gesamtungültigkeit würde auch nicht dem Willen des Erblassers entsprechen, so daß in dem für die klagende Partei denkmöglich ungünstigsten Fall Teil- und nicht Gesamtungültigkeit angenommen werden müsse. Der Berufung könne aber auch darin nicht gefolgt werden, daß das Rentenlegat wegen Verstoßes gegen zwingende steuerrechtliche Vorschriften unbestimmt und daher (offenbar zur Gänze) ungültig wäre. Die Unmöglichkeit einer halbwegs exakten Berechnung der der Vermächtnisnehmerin abzunehmenden steuerlichen Belastung bestehe nur unter der Voraussetzung einer Einbeziehung dieses Teilbetrages in die laufenden Rentenzahlungen. Durchaus möglich sei es jedoch, nach Ende des jeweiligen Steuerjahres eine Berechnung der Steuerlast der Klägerin einmal mit und einmal ohne die ihr danach abzunehmende steuerliche Belastung anzustellen und dann - allenfalls unter Berücksichtigung von Akontozahlungen - diese gesondert abzugelten. Eben dies sei auch die offensichtlich von Dr. Friedrich B gewählte Vorgangsweise gewesen; daß jedenfalls diese nicht zu unbestimmt sei, um vollziehbar zu sein, werde im Grunde auch in der Klagebeantwortung eingeräumt. Richtig sei zwar, daß § 98 EStG 1967 ausdrücklich anordne, daß die Einkommensteuer (Lohnsteuer) auf die Arbeitgeber nicht überwälzt werden dürfe und entgegenstehende Vereinbarungen rechtsunwirksam seien. Ein generelles Verbot der privatautonomen überwälzung von Steuern auf andere Rechtssubjekte sei daraus nicht abzuleiten, die in der Berufung begehrte Gesamtungültigkeit der Zuwendung widerspreche nicht nur dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung, sie sei auch durch keine erkennbare Ratio gedeckt und stünde im Widerspruch der offenbaren Absicht des Erblassers (Koziol-Welser 6 I 271; Welser in Rummel, ABGB Rdz 7 ff zu §§ 552, 553; Glaser-Unger 11.741). Eine formbedürftige Schenkung liege nicht vor, sondern eine (allenfalls durch Rechtsgeschäft unter Lebenden novierte) Verpflichtung aus einer letztwilligen Verfügung.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß Renten, die gemäß § 1325 ABGB einem Verletzten zu gewähren seien, so berechnet werden müßten, daß dieser im Ergebnis netto den gleichen Betrag zur Verfügung habe wie bei Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit, so daß sowohl die Abzüge von seinem Einkommen als auch die Steuern und Abgaben, die für den Schadenersatzbetrag zu entrichten seien (Koziol, Haftpflichtrecht 2 I 133 f; SZ 33/50; ZVR 1961/81 u.a.) Berücksichtigung finden. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionswerberin führt aus, das Berufungsgericht räume ein, daß die Berechnung einer Monatsrente unter Berücksichtigung der Einkommensteuer nicht möglich sei. Mit dem Einwand der Unbestimmtheit der Legatsanordnung setzte sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Die Unbestimmtheit ergebe sich aus den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften, wonach sich der Einkommensteuersatz nach der Einkommensteuerbemessungsgrundlage richte, die ihrerseits unter anderem von der Höhe des 'Welteinkommens', von Bestand und Höhe eines Verlustausgleichs, Sonderausgaben, außergewöhnlicher Belastung, von Freibeträgen, Freigrenzen u.dgl. abhänge. Die Legatanordnung enthalte keinen Hinweis, ob der Verpflichtete die Einkommensteuer tragen solle, die sich aus dem Einkommensteuersatz ergebe, der auf das Nominale der Rente entfalle oder auf das konkrete jährlich wechselnde 'Welteinkommen' unter Berücksichtigung aller einkommensteuerrechtlich relevanten Faktoren. Der Unterschied sei erheblich, der Wille des Erblassers könne aus dem Wortlaut der Legatsanordnung nicht erschlossen werden. Der Wille des Erblassers sei nicht erschließbar, die Anordnung zu unbestimmt, um vollziehbar zu sein. Die überwälzung einer Einkommensteuer widerspräche deren Wesen, die Einkommensteuer stelle auf die persönliche Leistungsfähigkeit ab, die sich automatisch erhöhe, wenn sich das Einkommen erhöhe. Fraglich sei, ob angesichts der Unvollziehbarkeit, Unbestimmtheit und Unzulässigkeit der Bestimmung über die Einkommensteuervergütung die gesamte Anordnung als hinfällig anzusehen sei oder bloß jener Teil, der sich auf die Einkommensteuervergütung beziehe. Der textliche Zusammenhang zwischen der klaren Anordnung des Rentenlegates und der unvollziehbaren, unbestimmten und gesetzwidrigen Vorschrift über die Tragung diesbezüglicher Steuern spreche für die Gesamtnichtigkeit.
Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern:
Die Auslegung letztwilliger Verfügungen hat sich am subjektiven Willen des Erblassers zu orientieren (Welser in Rummel, ABGB Rdz 7 zu den §§ 552, 553; SZ 50/19), es soll immer der vom erblasser erstrebte Erfolg eintreten (SZ 46/34). Daß im vorliegenden Fall der Wille des Erblassers darauf gerichtet war, der Klägerin eine wertgesicherte monatliche Rente von S 10.000,- zu vermachen, kann nicht zweifelhaft sein. Weiters wollte der Erblasser der Klägerin die auf die Rente entfallende Einkommensteuer zukommen lassen. Die Frage, ob die diesbezügliche Anordnung bestimmt genug ist, um vollziehbar zu sein, braucht in dieser Entscheidung nicht erörtert zu werden, da die Klägerin nur den Zuspruch von S 10.000,- monatlich samt Wertsicherung anstrebt, somit lediglich die Beträge fordert, hinsichtlich der der Wille des Erblassers in der letztwilligen Verfügung jedenfalls zweifelsfrei und bestimmt zum Ausdruck kommt. An der Berechtigung des Begehrens auf Bezahlung des Betrages von S 10.000,- monatlich samt Wertsicherung würde es nichts ändern, wenn die Anordnung hinsichtlich der Einkommensteuer unbestimmt wäre oder wenn die Ansicht der Beklagten richtig wäre, diese Anordnung widerspreche den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes. Die Unwirksamkeit einer bestimmten Anordnung in einer letztwilligen Verfügung beeinträchtigt die Gültigkeit der übrigen Verfügungen nämlich nicht (Welser a.a.O., Rdz 10; RZ 1961, 166). Unabhängig davon, ob die Klägerin weitere Ansprüche auf Grund der Anordnung hinsichtlich der Einkommensteuer hat (sei es auf Grund einer ausreichend bestimmten Anordnung in der letztwilligen Verfügung oder auf Grund ergänzender Auslegung oder zufolge eines Anerkenntnisses des Dr. Friedrich B) ist das im vorliegenden Verfahren gestellte Begehren daher jedenfalls berechtigt.
Aus diesem Grund war der Revision ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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