Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 24.037,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Barauslagen von S 6.720,- und Umsatzsteuer von S 2.886,30) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 972 II KG Oberhofen. In den Jahren 1964 und 1965 errichtete er auf diesem Grundstück ein Wohnhaus, das 1965 bezogen wurde; im Jahr 1967 errichtete er südseitig einen Anbau an das Wohnhaus, der als Lager- und Verkaufsraum dient. Das Grundstück liegt am südlichen Ortsrand von Oberhofen oberhalb des Ortes in Waldrandnähe und steigt in Richtung Süden an.
Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 29.1.1979, III A 1-1202 56, war der beklagten Partei die Trasse der 220/380 kV-Leitung UW Westtirol-Silz-Oberhofen derart genehmigt worden, daß sie das Grundstück des Klägers berührte. Dabei war geplant, daß das Grundstück durch die Leitungsanlage so überspannt werde, daß vier Leiterbündel über die Liegenschaft des Klägers gezogen werden, wobei der kürzeste Abstand des untersten Leiterbündels vom Giebel des Wohnhauses 19,5 m betragen hätte. Der sich nach § 25 Punkt 4 ÖVE L 11/1979 errechnete "Schutzbereich" des Hauses hätte 6 m betragen und wäre demnach bei dieser Trassierung in bezug auf das Haus des Klägers eingehalten worden.
Nachdem am 25.3.1981 eine Enteignungsverhandlung betreffend die Liegenschaft des Klägers im Hinblick auf die Trassenführung dieser Leitung stattgefunden hatte, in der der Amtssachverständige Dipl.Ing. S*** bei einem geschätzten Verkehrswert der Liegenschaft von S 1,952.000,-- eine Wertminderung im Hinblick auf die geplante Überspannung mit 25 %, also mit S 488.000,--, geschätzt hatte, kam es in der Folge zu Verhandlungen zwischen den Streitteilen, die zu keiner Einigung über den Entschädigungsbetrag führten. Die Beklagte faßte daher in der Folge einen Beschluß auf Verlegung der Trasse im Bereich der Stütze (Nr.68), die der Liegenschaft des Klägers am nächsten gelegen und damals bereits teilweise errichtet war. Auf Grund der Umplanung wurde dann die Trasse so geführt, daß die Achse der Leitung am südlichsten Punkt der Liegenschaft des Klägers von diesem 32,19 m entfernt ist. Der Mast Nr.68 hat eine Höhe von insgesamt 55 m, wobei die beiden oberen Leiterbündelpaare für eine 380 kV-Leitung, das unterste Leiterbündelpaar für eine 220 kV-Leitung ausgerichtet sind. Das Erdseil befindet sich in einer Höhe von 55 m. Die Fluchtlinie der errichteten Starkstromleitung südlich des Hauses des Klägers (Oberhofen Nr.6) verläuft etwa in Richtung Ost-West. Die Firsthöhe des Hauses des Klägers liegt etwas unterhalb des untersten Bündelträgers. Je nach Blickwinkel und Perspektive kann der optische Eindruck entstehen, daß das Haus des Klägers von den Leitungsbündeln überspannt wird.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger von der Beklagten Ersatz für den Schaden, den er dadurch erlitten habe, daß sie die Leitung so nahe an seinem Grundstück vorbeiführe. Diese Trassierung der Leitung habe die Liegenschaft des Klägers vollkommen entwertet. Die nur 17 m vom Haus des Klägers entfernte Starkstromleitung habe extremste Auswirkungen auf den Gesundheitszustand und das Wohlbefinden des Klägers, seiner Familie und sämtlicher anderer im Hause wohnhaften Personen. Auf Grund wissenschaftlicher Untersuchungen stehe fest, daß menschliches Leben etwa 100 m zu beiden Seiten einer solchen Leitung gefährdet sei, und zwar durch die wechselnden magnetischen Felder, die sich rund um die Leitung bildeten. Die Leitung stelle daher eine schwere Beeinträchtigung der Wohnqualität des Hauses des Klägers dar. Die Führung einer Leitung so nahe am Haus widerspreche jeglichen technischen, medizinischen und hygienischen Grundsätzen. Selbst wenn man aber eine Gesundheitsstörung oder Gesundheitsbeeinträchtigung durch die Leitung nicht annehmen wollte, sei doch jedenfalls eine äußerst gravierende Wertminderung der Liegenschaft des Klägers dadurch eingetreten, daß die Hochspannungsleitung in ihrer unmittelbaren Nähe vorbeigeführt worden sei. Diese Wertminderung betrage mindestens S 600.000,--. Die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz werde primär darauf gestützt, daß die aus technischer Sicht zur Verhinderung von Schädigungen von Menschen wie auch Grund und Boden unbedingt notwendigen Mindestabstände bei der Leitungsführung und die Vorschriften des Bewilligungsbescheides nicht eingehalten worden seien. Darüber hinaus werde die Klage aber auch auf jeden sonstigen aus dem Gesetz sich ergebenden Rechtsgrund, insbesondere auf den eines Ausgleichsanspruches im Sinne des § 364 ABGB, gestützt. Ein Schadenersatzanspruch ergebe sich auch aus § 17 des Bundesgesetzes für elektrische Leitungsanlagen und § 21 des Starkstromwegegesetzes 1968, welche Gesetzesbestimmungen eine reine Eingriffshaftung (ohne Verschulden) statuierten. Die Einhaltung des sogenannten Schutzbereiches nach den Vorschriften ÖVE-L 11/1979 änderten an dieser Haftung nichts, zumal es sich dabei um rein interne Richtlinien des Österreichischen Verbandes für Elektrotechnik handle. Der Kläger begehrte zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 600.000,-- s.A.
Die Beklagte wendete, soweit das Klagebegehren auf behauptete Enteignung oder enteignungsähnliche Beschränkung der Rechte des Klägers gestützt werde, Unzulässigkeit des Rechtsweges ein. Im übrigen bestehe der Klagsanspruch nicht zu Recht. Die Hochspannungsleitung sei in einer Entfernung von 20 m zum Grundstück des Klägers geführt. In einer solchen Entfernung bestünden keine Einflüsse der elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Felder mehr auf den menschlichen Organismus. Die Ermittlung der elektrischen Feldstärke dieser Hochspannungsfreileitung (gemessen in Kilovolt pro Meter = kV/m) ergebe, daß diese direkt unter der Leitung bei 220 kV 1,2 bis 1,5 kV/m, bei 380 kV 2,1 bis 2,4 kV/m und beim Hause des Klägers, also ca. 30 m entfernt von der Mittelachse der Leitung, bei 220 kV 0,5 bis 0,7 kV/m und bei 380 kV 0,7 bis 1,0 kV/m betrügen. Die elektrische Feldstärke im Abstand von 30 cm von einer elektrischen Heizdecke betrage bereits 0,25 bis 0,5 kV/m. Untersuchungen der WHO hätten ergeben, daß elektrische Felder bis 20 kV/m keine Gefahren für die menschliche Gesundheit brächten. Die Ermittlung der magnetischen Feldstärke dieser Leitung (magnetische Induktion, gemessen in Milli-Tesla = mT) habe ergeben, daß diese direkt unter der Leitung 0,002 bis 0,004 mT, beim Haus des Klägers aber 0,0015 bis 0,0025 mT betrage. Die magnetische Feldstärke bei einem Elektroherd betrage bereits 0,5 bis 1,0 mT. Die Untersuchung der WHO habe ergeben, daß magnetische Felder bis 0,3 mT keine Gefahr für die menschliche Gesundheit brächten. Die Art der Führung der gegenständlichen Leitung sei aber auch nicht geeignet, Sachschäden herbeizuführen.
Es lägen daher überhaupt keine Immissionen für das Grundstück des Klägers vor. Im übrigen liege die Liegenschaft des Klägers auch außerhalb des Schutzbereiches der Leitung nach § 5 Punkt 11 der Sicherheitsvorschrift L 11/1979 der ÖVE. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Stromversorgung sei die in Wirklichkeit auf rein subjektive Momente gestützte Beeinträchtung der Liegenschaft des Klägers durch eine benachbarte Hochspannungsleitung zu dulden, zumal es sich hier um eine bloß ideelle Beeinträchtigung der ästhetischen Wirkung für das Grundstück des Klägers handle. Schließlich sei es auch ortsüblich, in solcher Nähe von Wohnhäusern, ja sogar direkt über Wohnhäuser, Leitungsanlagen zu führen (so etwa in den Gemeinden Götzens, Neu-Götzens, Mötz, Schönwies, Ranggen und Pfaffenhofen). Zumindest lägen somit keine Immissionen vor, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Ausmaß überschritten.
Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von S 500.000,-- s.A.; das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 100.000,-- und ein Zinsenmehrbegehren wies es ab. Das Erstgericht stellte über den bereits eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgendes fest:
Vom Anwesen des Klägers aus hat man einen Blick auf die Ortsmitte von Oberhofen. Dabei ist sichtbar, daß sich östlich der Ortsmitte Masten einer Starkstromleitung im freien Feld befinden, wobei der nächste zu dieser Leitung gehörende Mast unmittelbar östlich eines Hauses errichtet ist; weiters sind Leitungen über Wohngebiet gespannt. Ob und inwieweit diese Leitungen über Häuser oder über zwischen den Häusern liegende Hausgärten und Obstanger führen, ist vom Haus des Klägers aus nicht erkennbar. Es ist auch nicht erkennbar, welche Stromstärke von diesen Leitungen transportiert wird.
Die hier in Frage stehende Leitung ist die einzige
380 kV-Leitung in Tirol, wird jedoch derzeit mit 220 kV betrieben. Eine Umstellung auf 380 kV ist im Falle der Notwendigkeit der Auslastung technisch möglich. Im Leitungszug dieser Starkstromleitung ist das Haus des Klägers dasjenige von den vor der Starkstromleitung errichteten, das der Schutzzone am nächsten liegt. Allerdings kommt es immer wieder vor, daß Erbauer von Neubauten sich an die Beklagte wenden, um die Zustimmung zur Errichtung ihrer Häuser im Bereich der Zone, die mit dem Recht der Überspannung belastet ist, zu erlangen. Der Grund dafür ist in der günstigen Grundpreissituation für Gründe im Nahbereich der Starkstromleitung zu suchen.
Von der Starkstromleitung geht ein ständig stark summendes Geräusch aus, das sowohl auf der Liegenschaft des Klägers, als auch auf den umliegenden Grundflächen, die als Weideflächen benützt werden, zu hören ist. Dieses eindringliche Geräusch ist derart stark, daß z.B. das Geläute von Kuhglocken der auf den Grünflächen weidenden Rinder davon übertönt wird. Die Intensität dieses summenden Geräusches nimmt mit steigender Luftfeuchtigkeit zu. Bei hoher Luftfeuchtigkeit ist es möglich, daß Metallgegenstände, die sich auf der Liegenschaft des Klägers befinden, Elektrizität leiten, wie dies einmal bei einem im Garten des Klägers aufgestellten Sonnenschirm, der, als er angegriffen wurde, elektrisierte, geschah. Bei Gewittern kommt es zu Blitzschlägen in die Leitung, was auf den Kläger und seine im Hause lebende Lebensgefährtin derart abschreckend wirkt, daß sie bei drohenden Gewittern das Haus zu verlassen pflegen.
Der Kläger und seine Lebensgefährtin klagen seit Inbetriebnahme der Hochspannungsleitung über Übelkeit, Herzflattern, Appetitlosigkeit, schlechten Schlaf, Gereiztheit und Schwindel. Während die Lebensgefährtin des Klägers wegen dieser Beschwerden noch keinen Arzt konsultierte, tat dies der Kläger wohl; es konnte jedoch keine organische Erkrankung festgestellt werden. Von der Hochspannungsleitung entladen sich sowohl elektrische als auch magnetische Felder. Diese wurden auf ihre Gesundheitsbeeinträchtigung hin untersucht. Die Lehre unterscheidet dabei vier verschiedene Stufen von Beeinträchtigungen, nämlich:
- 1. Schädigung,
- 2. Gefährdung,
- 3. Belästigung und
- 4. Wahrnehmung.
Im Falle einer Schädigung werden durch die Einwirkungen irreversible Veränderungen verursacht; bei einer Gefährdung kann das Auftreten einer Schädigung nicht ausgeschlossen werden; bei einer Belästigung tritt eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens auf; eine Wahrnehmung ist das Bewußtwerden eines Einflusses.
Nach dem derzeitigen Stand in Österreich ergibt sich folgendes:
Durch das elektrische Feld, das sich aus der streitgegenständlichen Leitung ergibt, tritt keine Schädigung oder Gefährdung der Gesundheit für den Menschen auf. Eine Belästigung kann mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Wahrnehmung von Entladeströmen durch besonders sensible Personen bei der Berührung von Leitern durch Entladen der Kapazität der isolierten Person über den geerdeten Leiter oder durch Entladung der Kapazität eines großflächigen isolierten Leiters über die geerdete Person kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Diese Wahrnehmung könnte als Belästigung empfunden werden, stellt jedoch keine Schädigung oder Gefährdung dar. Durch Einwirken des magnetischen Feldes ist keine Schädigung oder Gefährdung zu erwarten. Eine Belästigung kann ebenso wie eine Wahrnehmung ausgeschlossen werden.
Die Problematik der Gefährdung der Gesundheit durch die Einwirkung von elekrischen und magnetischen Feldern wird weltweit von Kapazitäten untersucht. Dabei gibt es wissenschaftliche Arbeiten sowohl in der östlichen als auch in der westlichen Hemisphäre, die Zusammenhänge zwischen gewissen Krebserkrankungen und Leukämie und räumlicher Nahebeziehung zu Starkstromleitungen herstellen. Alle diese wissenschaftlichen Arbeiten gehen davon aus, daß Personen entweder längere Zeit im Bereiche von Starkstromleitungen lebten oder dort Arbeit verrichteten. Das Problem der Gesundheitsbeeinträchtigung durch elektrische und magnetische Felder wurde bereits in den 70er-Jahren und wird nun verstärkt in den 80er-Jahren dieses Jahrhunderts erforscht. Es findet nicht nur in hochwissenschaftlichen Arbeiten seinen Niederschlag; es wird auch in populärwissenschaftlichen Magazinen und in der Tagespresse behandelt. Gerade durch die wiederholte Erörterung der Problematik in Medien, die breiten Bevölkerungsschichten leicht zugänglich sind, wie Rundfunk, Fernsehen und Tagespresse, nahm die Beschäftigung der Bevölkerung mit der Frage der Gesundheitsbeeinträchtigung durch elektrischen Strom immer mehr zu.
Nachdem die hier in Frage stehende Leitung errichtet worden war, holte der Kläger zwei Privatgutachten über den Verkehrswert seiner Liegenschaft ein. Dabei bewertete Baumeister Heinz S*** am 16.3.1982 die Liegenschaft mit S 1,364.056,32 und brachte einen Abzug von 30 % für die Entwertung wegen schwerer Beeinträchtigung der Wohnqualität durch die Starkstromleitung in Anschlag, sodaß er den Zeitwert der bebauten Liegenschaft mit S 955.000,-- festsetzte. Architekt Dipl.Ing. Hubert F*** schätzte am 21.4.1982 die Liegenschaft des Klägers mit einem Verkehrswert von S 1,430.000,-- und nahm eine Wertminderung von einem Drittel des Verkehrswertes an, sodaß er den tatsächlichen Verkehrswert mit S 985.000,-- bewertete. Beide Schätzer berücksichtigten keine Kosten für Außenanlagen, verlorenen Aufwand, Wasseranschluß, Stromanschluß und Grundstücksbeschaffungs- und Vermessungskosten.
Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, der Rechtsweg sei jedenfalls zulässig, weil nicht Entschädigung für eine Enteignung begehrt werde. Ein Schadenersatzanspruch nach dem Tiroler Starkstromwegegesetz scheide aus, weil dieses Gesetz ebenso wie das Starkstromwegegrundsatzgesetz und das Starkstromwegegesetz 1968 nur Schädigungen betreffe, die Grundeigentümer oder andere dinglich Berechtigte durch den Betrieb einer solchen Anlage erlitten, wenn die Leitung über ihre Liegenschaft selbst verlaufe; nachbarrechtliche Kriterien fänden in diesen Gesetzen keine Beachtung.
Wohl aber liege eine Immission im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB vor. Die von der Anlage ausgehende Immission überschreite schon deshalb das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß, weil das Haus des Klägers in der Gemeinde Oberhofen dasjenige sei, das der Starkstromleitung am nächsten gelegen sei, sodaß die Beeinträchtigung durch die Leitung dort am intensivsten auftrete. Zur Prüfung der Ortsüblichkeit könne nicht der gesamte Verlauf der Starkstromleitung in Betracht gezogen werden. Hiezu seien auch Wohnhäuser nicht zu berücksichtigen, die aus wirtschaftlichen Erwägungen der Erbauer im Nahbereich der Leitung errichtet worden seien, weil die Erbauer die damit verbundenen Nachteile gewollt in Kauf genommen hätten.
Auch eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung der Liegenschaft des Klägers liege vor. Das ständige von der Leitung ausgehende summende Geräusch, das bei gewissen Witterungskonstellationen sich noch verstärken könne, müsse als solche Beeinträchtigung gewertet werden. Dazu komme, daß die Diskussionen über die Frage der Gesundheitsbeeinträchtigung durch Starkstrom Bedenken gegen Aussendungen der Stromleitung anwachsen ließen, was wiederum bei den Betroffenen die Beeinträchtigung durch die von der Starkstromleitung ausgehenden Geräusche verstärke. Dieses Bewußtsein werde auch durch die Beobachtung verstärkt, daß es vorkommen könne, daß im Garten aufgestellte Gegenstände Strom leiten, wie dies beim Sonnenschirm der Fall gewesen sei. Es liege somit nicht nur eine (zu duldende) ästhetische Beeinträchtigung, sondern eine akustische und physikalische vor, die nach den §§ 364 Abs 2, 364 a ABGB den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung begründe. Der dem Kläger entstandene Schaden bestehe in der Wertminderung seiner Liegenschaft. Der Wert der Liegenschaft des Klägers sei einerseits durch die akustische Beeinträchtigung, andererseits aber auch dadurch gemindert, daß die Diskussionen um Zusammenhänge zwischen von Starkstromleitungen ausgehenden elektrischen und magnetischen Feldern einerseits und der Gesundheitsbeeinträchtigung andererseits immer mehr zunähmen, die Bevölkerung also sensibilisierter für solche Probleme sei und damit die Verwertbarkeit der Liegenschaft des Klägers sinke. Was die Höhe der Wertminderung angehe, könne nicht die Schätzung des Amtssachverständigen Dipl.Ing. S*** als Grundlage herangezogen werden, da sie Elemente beinhalte, die nicht zur Bewertung des Verkehrswertes dienen könnten. Hingegen seien die Bewertungen der Liegenschaft durch die Sachverständigen S*** und F*** durchaus wirklichkeitsbezogen und ließen eine Abgeltung der Wertminderung im Ausmaß von S 500.000,-- zu.
Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde nur in ihrem klagsstattgebenden Teil von der Beklagten mit Berufung bekämpft. Das Berufungsgericht verwarf mit Beschluß die Berufung der Beklagten, soweit sie Nichtigkeit geltend machte. Im übrigen gab es mit dem angefochtenen Urteil diesem Rechtsmittel Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung des Klagebegehrens ab.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen von beiden Streitteilen behaupteter Verfahrensmängel und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes.
Rechtlich führte es im wesentlichen aus, zur Prüfung der Ortsüblichkeit einer Immission im Sinne der §§ 364 Abs 2, 364 a ABGB sei im österreichischen Bereich, soweit ersichtlich, noch nie auf ein größeres Gebiet als das einer politischen Gemeinde abgestellt worden. Daß der Begriff "Ort" nicht mit einer politischen Gemeinde einfach gleichgesetzt werden dürfe, werde in Österreich allgemein nur insoweit vertreten, daß auch kleinere Gebietseinheiten in Betracht gezogen werden müßten, sofern sie sich wirtschaftlich und/oder bautechnisch unterschieden und dadurch besonders charakterisiert seien.
Ein Vergleich der Verhältnisse des vorliegenden Falles mit außerhalb der Gemeinde Oberhofen gelegenen Gegenden scheide daher wohl aus. Für den Standpunkt der Beklagten, die auf die Hochspannungsleitung zurückzuführenden Immissionen überstiegen nicht das ortsübliche Maß, wäre auch nichts gewonnen, wenn etwa auf die Verhältnisse des gesamten Verlaufes der Leitung (und anderer Freilandleitungen) abgestellt würde. Allgemein könne nämlich von Ortsüblichkeit einer Immission nur gesprochen werden, wenn die größere Anzahl von Grundstücken des betroffenen Gebietes von den fraglichen Immissionen betroffen sei, zumindest aber, wenn einer Gegend durch einen oder mehrere immittierende Betriebe ein entsprechendes Gepräge gegeben worden sei, wenngleich damit allenfalls nicht die größere Anzahl von Grundstücken des betreffenden Gebietes von den fraglichen Immissionen betroffen sei. Das erstgenannte Kriterium, also eine überwiegende Anzahl von Grundstücken im Verlauf der gesamten Hochspannungsleitung, bei denen das darauf befindliche Wohnobjekt in unmittelbarer Nähe der Hochspannungsleitung liege, könne ausgeschlossen werden. Selbst die Beklagte behaupte dies nicht. Die Vorbeiführung von Hochspannungsleitungen in der Nähe von Wohngebieten oder überhaupt das Führen von Leitungen über Wohngebiet stelle die Ausnahme dar und erfolge nur dann, wenn die örtlichen Gegebenheiten eine andere Möglichkeit nicht offenließen. Verbaute Grundstücke im unmittelbaren Nahbereich einer Hochspannungsleitung seien daher bezogen auf den Gesamtverlauf der Hochspannungsleitung stets die Ausnahme und nicht die Regel.
Daß eine Hochspannungsleitung in ihrem Verlauf das Gebiet ihrer unmittelbaren Nähe für sich allein betrachtet präge, sei nicht zu bestreiten. Überhaupt könne schon ein einziger Großbetrieb allein den Charakter eines Raumes prägen. Daraus dürfe aber nicht geschlossen werden, daß die Immissionen eines Großbetriebes in dessen Nachbarschaft stets als ortsüblich zu gelten hätten. Werde etwa ein rußentwicklender Großbetrieb in einem Villenviertel gegründet, so würde es dem ganz offenkundigen Zweck des Nachbarrechtes widerstreiten, wollte man allein aus der Existenz des Großbetriebes die Ortsüblichkeit und damit das Fehlen eines Unterlassungs- bzw Schadenersatzanspruches ableiten. Das Nachbarrecht habe gerade den Zweck, durch den Unterlassungsanspruch nach § 364 ABGB zu gewährleisten, daß alle Grundstücke in einer Art und Weise genutzt würden, die in das Gesamtbild des Raumes passe. Das gleiche müsse bezüglich der Ortsüblichkeit auch für § 364a ABGB gelten. Außerdem würde die Meinung, daß Immissionen von Großbetrieben stets als ortsüblich zu gelten hätten, zu einer unberechtigten Bevorzugung der Großunternehmen gegenüber Kleinbetrieben führen und das abwegige Ergebnis mit sich bringen, daß die Immissionen gerade wegen ihrer besonderen Stärke zu dulden seien. Dem Zweck des Nachbarrechtes könne daher nur eine Prüfung der Ortsüblichkeit nachkommen, die von der Frage ausgehe, ob sich das Unternehmen, dessen Immissionen zur Diskussion stünden, in den nachbarschaftlichen Raum einfüge oder den dortigen Verhältnissen widerspreche.
Da einerseits zur Prüfung der Ortsüblichkeit auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen sei und andererseits die Ansicht vertreten werde, daß diese Prüfung auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz abzustellen sei, scheine die Ansicht, daß trotzdem ein den Charakter einer Gegend allein bereits prägender Großbetrieb hinsichtlich der Immissionen, die auf ihn zurückzuführen seien, sich nicht auf Ortsüblichkeit berufen könne, widersprüchlich.
Daß zur Prüfung der Ortsüblichkeit von Immissionen auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz abzustellen sei, erscheine aber durchaus nicht selbstverständlich. Diese Ansicht werde anscheinend unterschiedslos für die Prüfung der Ortsüblichkeit einer Immission sowohl für den Anspruch auf Unterlassung nach § 364 Abs 2 ABGB wie auch bei einem Anspruch auf Entschädigung nach § 364a ABGB vertreten. In bezug auf den Unterlassungsanspruch treffe sie schon deshalb zu, weil eine Unterlassungsklage nur unter der Voraussetzung der Wiederholungsgefahr Erfolg haben könne und dann, wenn bei Schluß der Verhandlung in erster Instanz (wegen Änderung der örtlichen Verhältnisse) eine ortsunübliche Immission gar nicht mehr möglich sei, die Gefahr der Wiederholung einer unzulässigen Immission fehle.
§ 364a ABGB verweise zwar in bezug auf die Ortsunüblichkeit klar auf die vorhergehende Bestimmung des § 364 ABGB. Trotzdem erscheine es durchaus fraglich, ob für die Beurteilung, ob die Immission ortsunüblich sei, auch im Falle des § 364a ABGB auf den Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz abzustellen sei. Zwischen den beiden Gesetzesbestimmungen bestehe ja der wesentliche Unterschied, daß im einen Fall die Immission als solche untersagt werden könne, während sie im anderen Fall nur zu einem Entschädigungsanspruch führe. Während daher mit Hilfe der Bestimmung des § 364 Abs 2 ABGB grundsätzlich überhaupt verhindert werden könne, daß eine Immission (durch Änderung der Verhältnisse) je ortsüblich werden könne, bestehe diese Möglichkeit bei einem genehmigten Betrieb im Sinne des § 364a ABGB gerade nicht. Wenn daher trotzdem die Entwicklung von immittierenden Betrieben im in Frage kommenden Gebiet in der nach dem ersten noch ortsunüblichen Eingriff liegenden Zeit für die Beurteilung der Frage der Ortsüblichkeit mitberücksichtigt werde und dies im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz zu dem Ergebnis führe, daß die ursprünglich ortsunübliche Immission nun ortsüblich sei und daher zu keiner Entschädigung mehr berechtige, widerspreche dies ganz offenkundig dem Zweck des Nachbarrechtes. Es sei daher naheliegend, die Frage der Ortsüblichkeit der Immission nach dem Zeitpunkt des Eingriffes zu beurteilen, durch den der Schaden (Wertminderung des Nachbargrundstückes) eingetreten sei. Dies sei der Zeitpunkt der Aufnahme des Betriebes, der die - zu diesem Zeitpunkt noch ortsunüblichen - Immissionen zu verantworten habe. Ab diesem Zeitpunkt liege die Beeinträchtigung vor, ab diesem Zeitpunkt trete die Wertminderung ein. Dadurch, daß sich in der Folge durch Immissionen weiterer neu angesiedelter Betriebe die erste Immission allenfalls in eine ortsübliche verwandle, werde in der Regel wohl kaum ein Ausgleich der einmal eingetretenen Wertminderung des beeinträchtigten Gebietes erfolgen. Selbst wenn etwa durch mehrere Hochspannungsleitungen eine gesamte Gemeinde so beeinträchtigt sei, daß die überwiegende Anzahl der dort befindlichen Wohnobjekte im unmittelbaren Einflußbereich der Hochspannungsleitungen liege (sodaß diese Beeinträchtigung dann als ortsüblich zu gelten hätte), werde doch der Wert der verbliebenen nicht beeinträchtigten Grundstücke gegenüber dem der nun örtsüblich beeinträchtigten als höher einzuschätzen sein. Werde daher bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit in bezug auf den Ausgleichsanspruch nach § 364a ABGB auf den Zeitpunkt des Beginnes der Immission abgestellt und der Vergleich mit dem vorangegangenen Zustand vorgenommen, könne der Zweck des Nachbarrechtes ohne dogmatische Widersprüche verwirklicht werden. Im übrigen stimme dies mit dem im Schadenersatzrecht geltenden Grundsatz überein, daß die Rechtswidrigkeit einer Schädigung nach dem Zeitpunkt des schädigenden Eingriffes zu beurteilen sei.
Folge man dieser Ansicht, reichten die Feststellungen des Erstgerichtes aus, um den von ihm gezogenen Schluß zu stützen, daß die auf die Hochspannungsleitung zurückzuführenden Immissionen, denen die Liegenschaft des Klägers ausgesetzt sei das ortsübliche Maß überschritten. Bezogen auf das Gemeindegebiet von Oberhofen könne wohl weder davon ausgegangen werden, daß es von Hochspannungsleitungen geradezu geprägt wäre, noch davon, daß die größere Anzahl der dazugehörigen Wohngrundstücke im unmittelbaren Nahbereich der Hochspannungsleitungen gelegen sei. Daß gerade der Teil von Oberhofen, über den Hochspannungsleitungen führten, eine wirtschaftlich und/oder bautechnisch unterschiedliche und besonders charakterisierte kleinere Einheit im Ortsgebiet wäre, könne ebensowenig angenommen werden. Bezogen auf den Gesamtverlauf der in Frage stehenden Hochspannungsleitung müsse davon ausgegangen werden, daß jedenfalls die im unmittelbaren Nahbereich liegenden Wohnobjekte die Ausnahme darstellten. Das Gepräge, das die Hochspannungsleitung dem unmittelbaren Nahbereich in ihrem gesamten Verlauf zweifellos aufgezwungen habe, könne aber deshalb nicht als ortsüblich gelten, weil dieses Gepräge erst neu bewirkt worden und vorher noch nicht ortsüblich gewesen sei.
Folge man der Ansicht, daß hier zur Beurteilung der Frage der Ortsüblichkeit der Immission auf den Zeitpunkt des ersten Eingriffes abzustellen sei, sei dem Erstgericht auch darin Recht zu geben, daß auf die Wohnobjekte, die erst später im Nahbereich der Hochspannungsleitung errichtet worden seien, für die Beurteilung der Ortsüblichkeit nicht mehr Bedacht zu nehmen sei.
Aus dem festgestellten Umstand, daß das Haus des Klägers dasjenige im Bereich der Trasse der Hochspannungsleitung in Oberhofen sei, das der Leitung am nächsten liege (von später hinzugebauten abgesehen), ergebe sich zwangsläufig, daß die in ihrer Stärke vom Abstand von der Hochspannungsleitung abhängigen Immissionen bei keinem in Betracht kommenden Wohnobjekt so groß sein könnten wie beim Wohnobjekt des Klägers, sodaß sie dort ortsunüblich sein müßten. Dies führe zwar dazu, daß damit dem nächsten Nachbarn eines Emittenten stets ein Ausgleichsanspruch zukomme (wenn die weitere Voraussetzung der wesentlichen Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung vorliege); weshalb dies aber falsch sein sollte, sei nicht einzusehen.
Letztlich könne die Frage, ob die in diesem Verfahren zu berücksichtigenden Immissionen das ortsübliche Ausmaß überschritten oder nicht, aber offen bleiben, weil der Anspruch nach § 364a ABGB nur dann gegeben sei, wenn zudem die ortsübliche Benutzung des Grundtstückes wesentlich beeinträchtigt werde.
Die überschießenden Feststellungen des Erstgerichtes in bezug auf die akustische Immission seien bei der rechtlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Solche überschießende Feststellungen könnten zwar bei der rechtlichen Beurteilung in der Regel nicht unberücksichtigt bleiben; Urteilsgrundlage bildeten nämlich nicht nur das Vorbringen der Parteien, sondern auch die Ergebnisse der Beweisaufnahme, also das gesamte vom Richter gesammelte Prozeßmaterial. Berücksichtigt werden dürften dabei aber nur solche überschießenden Beweisergebnisse, die in den Rahmen eines geltend gemachten Klagsgrundes oder einer bestimmten Einwendung fielen. Eine von der Starkstromleitung ausgehende Lärmimmission falle nicht unter die geltend gemachten Klagsgründe, weil in der Klage ausdrücklich die Art der Immission, aus der der Klagsanspruch abgeleitet worden sei, nicht als Lärmimmission, sondern als Einwirkung magnetischer Felder mit der Eignung der Gesundheitsgefährdung behauptet worden sei.
Im übrigen lägen, wenn man von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgehe, keine Immissionen vor, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstückes des Klägers führten.
Nach herrschender Ansicht finde kein Ersatz für sogenannte ideelle Beeinträchtigungen durch Immissionen statt, also etwa Beeinträchtigungen der ästhetischen Wirkung auf die Umgebung, Bewirkung von Angst, seelischen Schmerzen und ähnlichem. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei sowohl Gesundheitsschädigung wie auch Gesundheitsgefährdung auf Grund der Immissionen (elektrische und magnetische Felder), die von der Leitung ausgingen, ausgeschlossen. Auch eine Belästigung durch das magnetische Feld wie auch dessen Wahrnehmung sei ausgeschlossen. Lediglich eine Belästigung durch das elektrische Feld könne nicht als völlig, wohl aber als mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen gelten, weil die Wahrnehmung von gewissen Entladeströmen durch besonders sensible Personen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, wobei diese Wahrnehmung als Belästigung empfunden werden könne.
Die Rechtsprechung stehe auf dem Standpunkt, daß sich aus der Natur der Nachbarrechtsklage als Anwendungsfall der Negatorienklage ergebe, daß der Kläger lediglich sein Eigentum und den Eingriff, der Beklagte hingegen zu beweisen habe, daß der Eingriff die vom Gesetz gezogenen Grenzen (Ortsüblichkeit, Wesentlichkeit) nicht überschreite. Auch davon ausgehend ergebe sich in bezug auf die Belästigung, die durch die elektrischen Felder der hier in Frage stehenden Leitung ausgehen könnte, daß die Beklagte ihrer Beweislast usreichend entsprochen habe. Die Frage, ob durch die elektrischen Felder eine solche Belästigung bewirkt werden könne oder nicht, sei eine Kausalitätsfrage. Wie im Schadenersatzbereich habe auch hier zu gelten, daß an den Kausalitätsbeweis keine zu strengen Anforderungen gestellt werden dürften und daß der Beweis eines sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrades genüge. Für den Beweis mangelnder Kausalität müsse das gleiche gelten.
Für die Beurteilung der Wesentlichkeit der Einwirkung einer Immission komme es auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen und nicht auf das einer besonders sensiblen Person an. Darüber hinaus handle es sich beim Auftreten von Entladeströmen mit Wahrnehmbarkeit durch besonders sensible Personen um ein seltenes Ereignis, weil es von denkbar ungünstigen Voraussetzungen atmosphärischer Art abhängig sei. Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich, daß bisher lediglich ein einziges Mal diese Wahrnehmung gemacht worden sei. Von einer Wesentlichkeit der Beeinträchtigung könne daher nicht gesprochen werden. Wesentlichkeit der Beeinträchtigung liege vor, wenn die örtsübliche Benutzung teilweise oder gänzlich unmöglich gemacht oder in nicht unbedeutender Weise erschwert werde. Bei einem so selten auftretenden und auch in seiner Auswirkung geringfügigen Ereignis wie der hier in Frage kommenden Wahrnehmbarkeit eines Entladestromes könne nur von einer unbedeutenden Erschwerung ausgegangen werden.
Damit ergebe sich, daß keine einen Ausgleichsanspruch nach § 364a ABGB begründende Immission geltend gemacht werde, sodaß der Klagsanspruch jedenfalls nicht auf den Rechtstitel des § 364 a ABGB gestützt werden könne.
Es sei aber auch kein anderer Rechtstitel für den geltend gemachten Anspruch zu sehen. Ein Anspruch nach § 1a RHG komme schon deshalb nicht in Frage, weil er nicht aus einem Unfall im Sinne dieses Gesetzes abgeleitet werde. Auch nach dem Starkstromwegegesetz BGBl 1968/71, das im § 17 eine Schadenersatzbestimmung enthalte, könne der hier begehrte Schadenersatz nicht zugesprochen werden. Der diesbezüglich vom Erstgericht geäußerten Ansicht, daß damit Schadenersatz nur demjenigen zuerkannt werden solle, über dessen Liegenschaft die Leitung verlaufe, sei zuzustimmen. Dies ergebe sich zwar nicht audrücklich aus der Bestimmung des § 17, wohl aber aus der gleichlautenden Formulierung des § 17 und des § 14. Die letzgenannte Bestimmung sehe Entschädigungsansprüche eindeutig für die Grundstückseigentümer (und dinglich Berechtigten) vor, über deren Grundstück die Leitung selbst verlaufe.
Die Entscheidung des Erstgerichtes sei daher im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung abzuändern.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft es aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sachlich aber nicht berechtigt. Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Aber auch der Rechtsrüge des Klägers kommt keine Berechtigung zu. Der im § 364a ABGB normierte Ausgleichsanspruch ist an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie der im § 364 Abs 2 ABGB eingeräumte Unterlassungsanspruch (Klang in Klang2 II 176; Jabornegg in Privatrecht und Umweltschutz 111 ua), setzt also das Vorliegen von das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitenden Immissionen und einer für die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlichen Beeinträchtigung durch solche Immissionen voraus.
Bei der Beurteilung der Wesentlichkeit einer solchen Nutzungsbeeinträchtigung kommt es in besonderem Maße auf die Umstände des Einzelfalles an; es darf sich jedenfalls nicht um eine nur unbedeutende Erschwerung handeln (vgl Jabornegg aaO 100). Der Maßstab der Wesentlichkeit ist in erster Linie ein objektiver, auf die Benutzung des Nachbargrundstückes abgestellter (SZ 56/50 mwN). Maßgeblich ist demnach nicht das subjektive Empfinden des sich gestört fühlenden Nachbarn, sondern das eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 323 f; Schwimann/Pimmer, ABGB II § 364 Rz 41; 4 Ob 1514/88).
Mit Recht haben die Vorinstanzen die von der Starkstromleitung der Beklagten ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder als Immissionen im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB qualifiziert (SZ 48/131). Bei der Beurteilung der Frage, ob durch die von der Starkstromleitung der Beklagten ausgehenden Immissionen die ortsübliche Benutzung des Grundstückes des Klägers wesentlich beeinträchtigt wird, ist den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes zunächst dahin zu folgen, daß die vom Erstgericht getroffenen überschießenden Feststellungen über das von dieser Starkstromleitung ausgehende summende Geräusch nicht zu berücksichtigen sind. Denn es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß derartige überschießende Feststellungen nur dann zu berücksichtitgen sind, wenn sie in den Rahmen eines geltend gemachten Klagegrundes oder einer bestimmten Einwendung fallen (JBl 1986, 121 uva; zuletzt etwa 4 Ob 595/88; 8 Ob 504/88). Der Kläger hat aber im Verfahren erster Instanz seinen behaupteten Ersatzanspruch nicht auf von der Anlage der Beklagten ausgehende akustische Immissionen gestützt, sondern ausschließlich darauf, daß im Hinblick auf die von dieser Anlage ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder die Wohnqualität in dem von ihm und seiner Familie bewohnten Haus schwer beeinträchtigt werde. Soweit der Kläger mit seinen Revisionsausführungen versucht, die Richtigkeit der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Tatsachenfeststellungen in Zweifel zu ziehen, ist darauf nicht weiter einzugehen. Der Kläger hat bereits in seiner Berufungsbeantwortung die Richtigkeit vom Erstgericht getroffener Feststellungen bekämpft. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Beweisrüge des Klägers auseinandergesetzt und die von ihm bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich übernommen. Im Revisionsverfahren ist die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes nicht mehr überprüfbar. Folgt das Berufungsgericht als letzte Tatsacheninstanz dem Gutachten eines Sachverständigen, so ist dies der Ausdruck seiner Beweiswürdigung, und die darauf gegründete Entscheidung kann im Revisionsverfahren mit dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nur dann erfolgreich bekämpft werden, wenn dargetan wird, daß bei Übernahme des Gutachtens Denkgesetze verletzt wurden oder wesentlicher Verhandlungsstoff unberücksichtigt blieb (SZ 22/126; ZVR 1969/124; 8 Ob 38/81; 8 Ob 564/84 uva). Derartiges zeigt der Kläger aber mit seinen Revisionsausführungen nicht auf. Die sachliche Richtigkeit des vom Berufungsgericht den getroffenen Feststellungen zugrundegelegten Gutachtens des Sachverständigen Prof. DiplIng. Dr. S*** ist der Eröterung im Revisionsverfahren entzogen.
Geht man von den unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte der rechtlichen Beurteilung zugrundezulegenden Feststellungen der Vorinstanzen aus, dann ergibt sich, daß das Berufungsgericht durchaus zu Recht eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung der Liegenschaft des Klägers verneinte.
Denn nach diesen Feststellungen besteht die einzige Beeinträchtigung durch das von der Anlage der Beklagten ausgehende elektrische Feld auf der Liegenschaft des Klägers darin, daß die Wahrnehmung von (unter gewissen Witterungsbedingungen auftretenden) Entladeströmen durch besonders sensible Personen nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Tatsächlich machte nach den getroffenen Feststellungen die Lebensgefährtin des Klägers einmal eine derartige Wahrnehmung, als sie einen im Garten aufgestellten Sonnenschirm angriff. Darüber hinaus tritt durch das von der Anlage der Beklagten ausgehende elektrische Feld keine Schädigung oder Gefährdung der Gesundheit von Menschen auf; das von der Anlage der Beklagten ausgehende magnetische Feld ist für Menschen weder schädlich noch gefährlich noch überhaupt wahrnehmbar. Unter diesen Umständen kann von einer wesentlichen Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung der Liegenschaft des Klägers durch von der Anlage der Beklagten ausgehende Immissionen nicht die Rede sein. Wenn der Kläger in seinen Revisionsausführungen unter Hinweis auf die in SZ 51/23 veröffentlichte Entscheidung des OGH darauf verweist, daß von der Anlage der Beklagten eine abstrakte Gefährdung ausgehe, verläßt er ebenso den Boden der Feststellungen der Vorinstanzen wie bei seinen Ausführungen in der Richtung, daß die von der Anlage der Beklagten ausgehenden Immissionen doch die Möglichkeit einer gesundheitlichen Gefährdung von Menschen bedingten oder in anderer Weise die Gebrauchsmöglichkeit seiner Liegenschaft beeinträchtigten. Derartiges ist den Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu entnehmen.
Auch wenn man im Sinne der ständigen Rechtsprechung (SZ 50/99 mwN ua) der Beklagten die Beweislast dafür auferlegt, daß die von ihrer Anlage ausgehenden Immissionen die vom Gesetz gezogenen Grenzen nicht überschritten haben, ist daraus für den Standpunkt des Klägers nicht zu gewinnen. Die einzige oben dargestellte Beeinträchtigung der Liegenschaft des Klägers durch das von der Anlage der Beklagten ausgehende elektrische Feld ist nämlich so geartet, daß sie keinesfalls als wesentlich qualifiziert werden kann. Völlig zu Recht verweist die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung darauf, daß einerseits nach den getroffenen Feststellungen das Auftreten eines Entladestromes bisher nur einmal von der Lebensgefährtin des Klägers wahrgenommen wurde und daß andererseits derartige Entaldeströme beim Berühren gewisser Gegenstände (Kunststoff, Autotür u dgl) im täglichen Leben auch vorkommen, wenn keine Starkstromleitung in der Nähe ist. Unter diesen Umständen ist die festgestellte einzige Beeinträchtigung der Liegenschaft des Klägers durch die von der Anlage der Beklagten ausgehenden Immissionen so geringfügig, daß sie keinesfalls als wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benutzung des Grundstückes des Klägers im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB qualifiziert werden kann.
Es erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen auf die Frage, nach welchen Kriterien zu beurteilen wäre, ob die von der Anlage der Beklagten ausgehenden Immissionen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten.
Die Haftung nach § 364a ABGB ist auf jene Nachteile beschränkt, die durch solche Immissionen verursacht werden, die über das nach § 364 Abs 2 ABGB zu duldende Maß hinausgehen (Jabornegg aaO 113). Da im hier zu beurteilenden Fall derartige Immissionen nicht vorliegen, kommt ein Ausgleichsanspruch des Klägers gegen die Beklagte nach § 364a ABGB auch dann nicht in Betracht, wenn der Wert seiner Liegenschaft infolge der von der Beklagten in der Nähe dieser Liegenschaft errichteten Hochspannungsleitung tatsächlich gesunken wäre, was im übrigen vom Erstgericht nicht eindeutig festgestellt wurde.
Den Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes, daß sich aus den gleichlautenden Formulierungen des § 17 und des § 14 des Starkstromwegegesetzes BGBl 1968/71 ergibt, daß sich die Schadenersatzbestimmung des § 17 dieses Gesetzes eindeutig auf den Eigentümer (und dinglich Berechtigten) bezieht, über deren Grundstück die Leitung verläuft, ist zuzustimmen. Aus dieser Gesetzesbestimmung ist entgegen den Revisionsausführungen ein über nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche hinausgehender Ersatzanspruch des Eigentümers eines benachbarten (von der Leitung nicht überspannten) Grundstückes gegen den Leitungsberechtigten nicht abzuleiten.
Damit erweist sich auch die Rechtsrüge des Klägers als unberechtigt. Seiner Revision muß daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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