Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit S 15.307,05 (darin enthalten S 1.391,55 Umsatzsteuer und keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 31. Dezember 1981 in Key Largo, Florida, USA, die - für beide Teile zweite - Ehe geschlossen; dieser Ehe entstammen keine Kinder. Der Kläger ist Staatsangehöriger der USA, die Beklagte ist österreichische Staatsbürgerin. Der letzte gemeinsame Aufenthalt war in Kitzbühel; die Beklagte hat diesen beibehalten. Die Beklagte befand sich nach der Scheidung ihrer ersten Ehe in beengten Verhältnissen; der um rund 33 Jahre ältere Kläger ist vermögend.
Mit ihrer am 20. Oktober 1983 beim Erstgericht
eingelangten - von den Vorinstanzen als "Widerklage" bezeichneten - Klage beantragte die Beklagte die Scheidung der Ehe wegen Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG aus dem Alleinverschulden des Klägers und die Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 10.000,-- seit dem Klagetag. Der Kläger habe sich nach der Eheschließung grundlegend geändert, habe Streitigkeiten provoziert, die Beklagte beschimpft und ihr vorgeworfen, vor der Ehe in Kitzbühel als Prostituierte tätig gewesen zu sein; er habe sie auch mißhandelt und aus einzelnen Räumen der Ehewohnung ausgesperrt. Nachdem die vom Kläger gewünschte Übertragung des Eigentumsrechtes an dem von den Streitteilen bewohnten Einfamilienhaus nicht zustande gekommen sei, habe der Kläger die Unterhaltszahlungen eingestellt. Seit geraumer Zeit nehme der Kläger nicht mehr an den gemeinsamen Mahlzeiten teil. Der Kläger habe sich auch die für die Beklagte bestimmten Pensionszahlungen zugeeignet. Nur um sich einen Vorteil im Verfahren zu verschaffen, habe der Kläger seinen Versöhnungswillen vorgetäuscht. Die Beklagte habe dem Kläger nicht verziehen, sondern nur erklärt, das Zusammenleben mit ihm wieder versuchen zu wollen. Kurz darauf habe jedoch der Kläger weitere schwere Eheverfehlungen begangen, beispielsweise Hausratsgegenstände zerstört bzw. entfernt und eine Alarmanlage installiert, um ein der Beklagten erteiltes Verbot, das Schlafzimmer zu betreten, kontrollieren zu können. Der Kläger habe die Beklagte auch aus der Ehewohnung ausgesperrt und Türschlösser ausgetauscht.
Der Kläger beantragte in seiner am 19. Oktober 1984 beim Erstgericht eingelangten Klage die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten. Die Beklagte sei stets mürrisch, zurückhaltend, lieblos und undankbar gewesen, habe sich nicht um ihn gekümmert und den ehelichen Verkehr grundlos verweigert. Die von der Beklagten geltend gemachten Scheidungsgründe seien bereinigt; die Streitteile hätten sich versöhnt und die eheliche Gemeinschaft wieder aufgenommen. Nach einer - mit Familienangehörigen der Beklagten - unternommenen Urlaubsreise nach Florida habe die Beklagte ihr ablehnendes Verhalten gegenüber dem Kläger jedoch wieder aufgenommen. Die Türschlösser zur Ehewohnung habe er deshalb austauschen müssen, weil sie die Beklagte vorher ausgetauscht hatte, um ihn am Betreten der Ehewohnung zu hindern.
Mit (endgültigem) Urteil vom 13. Juni 1986, Zl. 86/03049 (18), wurde die Ehe der Streitteile auf Grund einer weiteren Scheidungsklage des Ehemannes vom Landesgericht des 11. Gerichtsbezirkes von Florida, Bezirk Dade, wegen unheilbarer Zerrüttung ohne Verschuldensausspruch geschieden. Mit Bescheid vom 29. Oktober 1986, Zl. 814.949/4-I 9/86, hat das Bundesministerium für Justiz ausgesprochen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung dieses ausländischen Scheidungsurteils gegeben sind. Nach der Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteiles schränkte der Kläger sein Begehren auf den Verschuldensausspruch ein. Die Beklagte erhob zu ihrem Scheidungsbegehren das Eventualbegehren, es werde festgestellt, daß das Verschulden den Kläger allein treffe.
Das Erstgericht sprach aus, daß die von einem ausländischen Gericht geschiedene Ehe der Streitteile bei Zugrundelegung österreichischen Rechts aus dem Verschulden beider Ehegatten zu scheiden war (§ 60 Abs 2 EheG), und wies den Unterhaltsanspruch der Beklagten ab. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Schon kurz nach der Eheschließung traten zwischen den Ehegatten Schwierigkeiten auf. Die Streitteile lebten zunächst in einer kleinen Wohnung im Haus Kitzbühel, Unterleitenweg 7 b. Nach dem Tod der Hauseigentümerin kaufte die Beklagte - ausschließlich mit Mitteln des Klägers - dieses Haus. Da der Kläger als Ausländer keine grundverkehrsbehördliche Genehmigung zum Erwerb der Liegenschaft erhalten hätte, wurde die Beklagte als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Die Streitteile hatten vereinbart, daß die Beklagte ein Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Klägers und eine Treuhandvereinbarung zu unterschreiben habe; die Beklagte unterfertigte dann aber nur das Veräußerungs- und Belastungsverbot. Seit diesem Zeitpunkt wurden die Streitigkeiten zwischen den Eheleuten immer häufiger. Der Kläger, der anfangs sehr großzügig gewesen war und das Haus nach dem Kauf auch umbauen ließ, hatte den Kindern aus der ersten Ehe der Beklagten beispielsweise ein Pferd gekauft. Dann aber provozierte er immer häufiger Streitigkeiten, erzählte herum, daß ihm die Beklagte verschwiegen habe, vor der Ehe in Kitzbühel als Prostituierte tätig gewesen zu sein, beschimpfte die Beklagte und wurde auch handgreiflich. Am 17. Oktober 1983 fügte er der Beklagten im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung leichte Verletzungen (Hämatome) zu. Die Beklagte flüchtete damals aus der gemeinsamen Wohnung und lebte einige Zeit bei ihrer Schwester. Im Herbst 1983 stellte der Kläger seine Unterhaltszahlungen ein, so daß die Beklagte seither arbeiten gehen mußte.
Die Beklagte kam den ehelichen Verpflichtungen, vor allem zur Ausübung des ehelichen Verkehrs, nur dann nach, wenn sie finanzielle Wünsche hatte; ansonsten war sie mürrisch, zurückhaltend und "zuwider".
Zu Weihnachten 1983 nahmen die Streitteile die - mittlerweile unterbrochen gewesene - eheliche Gemeinschaft wieder auf und versöhnten sich. Im August 1984 unternahmen sie eine Urlaubsreise nach Florida, zu der der Kläger auch die Kinder der Beklagten und deren Mutter einlud. Diese Reise verlief für den Kläger jedoch enttäuschend, weil sich die Beklagte neuerlich ihm gegenüber lieblos verhielt und den ehelichen Verkehr verweigerte. Schon während dieses Urlaubsaufenthaltes kam es - beispielsweise wegen des angeblichen Verlustes des Hotelzimmerschlüssels - zu weiteren Streitigkeiten. Nach der Rückkehr von dieser Reise weigerte sich der Kläger, weiterhin mit der Beklagten und ihren Kindern gemeinsam die Mahlzeiten einzunehmen; er verbot der Beklagten, seine Wäsche gemeinsam mit der Wäsche der Kinder zu waschen, und entfernte Teile des gemeinsam benützten Hausrates. Es kam danach nicht mehr zum Geschlechtsverkehr zwischen den Streitteilen. Der Kläger lebte in der Folge einige Zeit in den USA. Als er am 7. November 1985 nach Kitzbühel zurückkehrte, mußte er feststellen, daß die Türschlösser am Haus ausgetauscht worden waren. Um ins Haus gelangen zu können, ließ er sämtliche Türschlösser austauschen. Nachdem er das Haus betreten hatte, randalierte er und zerstörte einige Einrichtungsgegenstände. Die Beklagte erreichte in einem Besitzstörungsverfahren eine einstweilige Vorkehrung, mit der dem Kläger aufgetragen wurde, sämtliche Schlüssel der Beklagten auszuhändigen, das Haus zu verlassen und nicht mehr zu betreten. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß im Hinblick auf die in Österreich anerkannte ausländische Ehescheidung nur noch eine Entscheidung über das Verschulden (und den Unterhaltsanspruch der Beklagten) zu treffen gewesen sei. Beide Streitteile hätten schwere Eheverfehlungen begangen. Bei der Verschuldensabwägung nach § 60 Abs 2 EheG sei auf das Gesamtverhalten der Streitteile abzustellen; daher seien auch verfristete und verziehene Eheverfehlungen zu berücksichtigen. Das Verschulden der Streitteile sei annähernd gleichwertig; ein Ausspruch des Alleinverschuldens oder des überwiegenden Verschuldens eines Ehepartners sei deshalb nicht möglich. Die Beklagte hätte infolgedessen nur Anspruch auf Unterhalt nach Billigkeit. Da sie aber schon während der Ehe eine berufliche Tätigkeit aufgenommen habe und ihr - neben Unterhaltszahlungen für ihre Kinder aus erster Ehe - auch 530 Dollar von der Sozialversicherung des Klägers zukämen, habe sie keinen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten. Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes in der Hauptsache und gab dem Kostenrekurs des Klägers teilweise Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:
Das Erstgericht habe die Voraussetzungen und Wirkungen der Scheidung im Ergebnis zutreffend gemäß § 20 Abs 1 iVm § 18 Abs 1 Z 2 IPRG nach österreichischem Recht beurteilt, wenn auch wegen der in Österreich anerkannten ausländischen Ehescheidung nur noch über das Verschulden und den Unterhaltsanspruch zu entscheiden gewesen sei. Gegen die Einschränkung des Scheidungsbegehrens auf den Verschuldensausspruch bestünden keine Bedenken, weil die Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteiles der Rechtskraftwirkung eines inländischen Urteils gleichstehe. Da sich das ausländische Scheidungsurteil auf den Ausspruch der Scheidung der Ehe wegen eines nicht auf einem Verschulden beruhenden Scheidungsgrundes beschränkt habe, komme ihm auch nur insoweit materielle Rechtskraft zu. Die der Beklagten anzulastenden Eheverfehlungen seien nicht als entschuldbare Reaktionshandlungen auf Eheverfehlungen des Klägers zu werten, weil sie mit diesen nicht in einem engen zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang stünden. Die Verfehlungen der Beklagten, welche ihren ehelichen Pflichten nur dann nachgekommen sei, wenn sie finanzielle Wünsche gehabt habe, hätten sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Ob sich die Streitteile zu Weihnachten 1983 versöhnt haben, sei für den Verschuldensausspruch nicht wesentlich, hätten sie doch auch danach schwere Eheverfehlungen begangen. Bei der Abwägung der beiderseitigen Verschuldensanteile komme es aber auf das Gesamtverhalten der Ehegatten während der ganzen Ehe sowie darauf an, wie weit die einzelnen Eheverfehlungen einander bedingten und welchen ursächlichen Anteil sie am Scheitern der Ehe hätten; subtile Abwägungen über das Verschuldensausmaß seien dabei nicht anzustellen. Überwiegendes Verschulden sei nur dann anzunehmen, wenn die Schuld des einen Ehegatten erheblich schwerer wiege und das Verschulden des anderen dagegen fast völlig in den Hintergrund trete. Nach dieser Betrachtungsweise könne nicht gesagt werden, daß der ursächliche Anteil der Eheverfehlungen des Klägers jenen der Beklagten erheblich übersteige; auch die Beklagte habe einen entscheidenden Beitrag zur Zerrüttung der Ehe geleistet. Insbesondere ihr Verhalten beim Hauskauf habe dem Kläger gezeigt, daß die Beklagte weniger an seiner Person als an seinem Vermögen interessiert gewesen sei. Auch Billigkeitserwägungen sprächen nicht für die Bejahung des Unterhaltsanspruches der Beklagten, weil diese schon während der Ehe berufstätig gewesen sei. Daß sie die Berufstätigkeit während der Ehe nur wegen der Einstellung der Unterhaltsleistungen durch den Kläger aufgenommen hatte, habe keinen Einfluß auf die Beurteilung der Frage, ob ihr die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit zugemutet werden könne. Die Beklagte habe nicht behauptet, daß ihr Unterhalt dennoch nicht gedeckt wäre. Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Beklagten mit dem Antrag, in Stattgebung des Klagebegehrens das alleinige oder überwiegende Verschulden des Klägers auszusprechen und den Kläger zur Leistung des begehrten Unterhaltes zu verpflichten; hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß nach der Anerkennung eines - keinen Ausspruch über das Verschulden enthaltenden, sondern nur die Auflösung der Ehe dem Bande nach bewirkenden - ausländischen Ehescheidungsurteiles in Österreich noch über das Verschulden im Sinne des § 60 Abs 2 und 3 EheG abgesprochen werden kann, weil dieser Ausspruch durch die ausländische Entscheidung nicht erledigt worden ist (vgl. EFSlg 46.263/7; H. Hoyer, Die Anerkennung ausländischer Eheentscheidungen in Österreich 50). Richtig ist auch die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die noch offenen Fragen über die Wirkungen der Ehescheidung gemäß § 20 iVm § 18 Abs 1 Z 2, zweiter Fall, IPRG (letzter gemeinsamer, von der Beklagten beibehaltener Aufenthalt in Österreich) nach österreichischem Recht zu beurteilen sind, wenn auch das ausländische Gericht diese Kollisionsnorm nicht beachtet haben mag. Die Vorinstanzen haben über das von der Beklagten auch nach der Anerkennung des ausländischen Ehescheidungsurteiles in Österreich aufrecht erhaltene Scheidungshauptbegehren (ON 57 S 243; das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, daß auch die Beklagte ihr Begehren um den Scheidungsanspruch eingeschränkt habe) nicht entschieden; dieser Teil des Anspruches ist mangels entsprechender Rüge nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens; daher kann auch der Oberste Gerichtshof das dem Scheidungsbegehren der Beklagten entgegenstehende Prozeßhindernis der entschiedenen Sache (vgl. EFSlg 46.263/7) nicht wahrnehmen.
In ihrer Rechtsrüge macht die Beklagte geltend, daß das Berufungsgericht durch das Vorbringen des Klägers ungedeckte Beweisergebnisse über ihr Verhalten im Zusammenhang mit den aus Anlaß des Kaufes der Liegenschaft zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen nicht hätte berücksichtigen dürfen und daher zu Unrecht davon ausgegangen sei, daß dieses Verhalten die auslösende Ursache für die Differenzen der Streitteile gewesen sei; das Erstgericht habe ausdrücklich festgestellt, daß der Kläger seiner Verpflichtung zur anständigen Begegnung sofort nach der Eheschließung nicht mehr nachgekommen sei. Auf Grund der Aussage des Klägers hätte in diesem Zusammenhang festgestellt werden müssen, daß der Erwerb der Liegenschaft durch die Beklagte für den Kläger keine besondere Bedeutung gehabt habe. Bei den festgestellten Eheverfehlungen der Beklagten handle es sich auch nur um entschuldbare Reaktionshandlungen auf das ehewidrige Verhalten des Klägers. Der Vorwurf der grundlosen Verweigerung des Geschlechtsverkehrs sei unbegründet; wegen der ungerechtfertigten Vorwürfe des Klägers, in Kitzbühel als Prostituierte tätig gewesen zu sein, sei ihr die Gestattung des Geschlechtsverkehrs nicht mehr zumutbar gewesen. Das Berufungsgericht hätte auch nicht annehmen dürfen, daß die Beklagte dem Kläger zu Weihnachten 1983 die vorhergegangenen Eheverfehlungen verziehen habe. Schließlich habe das Berufungsgericht bei der Abwägung der Verschuldensanteile nicht berücksichtigt, daß der Kläger das einleitende Verschulden gesetzt habe; das Fehlverhalten der Beklagten trete dagegen in den Hintergrund. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:
"Überschießende Feststellungen" der ersten Instanz sind solche Feststellungen, die an sich nicht durch ein entsprechendes Prozeßvorbringen gedeckt sind. Sie können nach der Rechtsprechung bei der rechtlichen Beurteilung zumindest dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sie in den Rahmen eines geltend gemachten Klagegrundes oder einer bestimmten Einwendung fallen (ZVR 1973/7; JBl 1986, 121 ua). Der Kläger hat ausdrücklich vorgetragen, daß sich die Beklagte undankbar verhalten habe. Die Feststellung, daß die Beklagte vereinbarungswidrig die Unterfertigung eines Treuhandvertrages über die Liegenschaft, auf der sich das Einfamilienhaus mit der Ehewohnung befindet, verweigert hat, fällt in den Rahmen dieses Vorbringens des Klägers, weil durch das festgestellte Verhalten zum Ausdruck kommt, daß die Beklagte mit den tatsächlich gewährten Zuwendungen des Klägers nicht zufrieden war und mehr haben wollte.
Den getroffenen Feststellungen zufolge kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch die Beklagte schwere Eheverfehlungen im Sinne des § 49 EheG zu vertreten hat, die nicht bloß entschuldbare Reaktionen auf das Verhalten des Klägers sind. Die Beklagte geht mit ihren Ausführungen, die Vorgänge beim Erwerb des Einfamilienhauses hätten für den Kläger keine besondere Bedeutung gehabt und bloß "zu einem kleineren Ehekrach geführt", nicht vom festgestellten Sachverhalt aus; es steht nämlich fest, daß nach der vereinbarungswidrigen Weigerung der Beklagten, eine Treuhandvereinbarung zu unterfertigen, die Streitigkeiten zwischen den Eheleuten immer häufiger wurden. Es trifft auch nicht zu, daß den Kläger dieses Verhalten der Beklagten nicht gestört hätte; vielmehr sagte der Kläger - entgegen den Ausführungen in der Revision - als Partei aus, daß das Haus das Hauptproblem in der Ehe gewesen sei (ON 39 S 153). Von einer entschuldbaren Reaktionshandlung kann bei diesem - eine schwere Eheverfehlung der Beklagten begründenden - Verhalten keine Rede sein. Auch die Feststellung, daß die Beklagte nur zur Durchsetzung finanzieller Wünsche bereit war, mit dem Kläger geschlechtlich zu verkehren, hindert die Annahme, daß sich die Beklagte dem Kläger nur wegen seiner Eheverfehlungen verweigert hätte.
Aber auch bei der Verschuldensabwägung gemäß § 60 Abs 2 EheG ist den Vorinstanzen kein Rechtsirrtum unterlaufen. Nach dem maßgeblichen Gesamtverhalten der Streitteile (EFSlg 51.642 ua) hat der Kläger zwar durch seine Streitlust mit der schuldhaften Zerstörung der Ehe begonnen; auch die Klägerin hat aber durch ihre berechnende und lieblose Art einen entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet (EFSlg 51.643 ua). Verziehene oder verfristete Eheverfehlungen sind dabei zu berücksichtigen, wenn es unter Bedachtnahme auf alle Umstände, auf die gesamten Beziehungen der Ehegatten zueinander sowie auf die Schwere und Tragweite der verfristeten Eheverfehlungen gerecht ist, die Schuld nicht nur einen Ehegatten aufzuerlegen
(EFSlg 51.657 ua). Steht aber fest, daß die Nichteinhaltung der aus Anlaß des Liegenschaftskaufes getroffenen Vereinbarungen durch die Beklagte und ihre berechnende Art bei der Gewährung des Geschlechtsverkehrs einen entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet haben, dann können diese schweren Eheverfehlungen der Beklagten trotz der zu Weihnachten 1983 herbeigeführten Versöhnung beim Verschuldensausspruch nach § 60 Abs 2 EheG nicht unberücksichtigt bleiben. Es kann auch nicht gesagt werden, daß das Verschulden des Kläger erheblich schwerer wiege und das der Beklagten dagegen fast völlig in den Hintergrund trete; nur unter diesen Voraussetzungen wäre aber der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers möglich (EFSlg 51.658 ua). Gegen die übereinstimmende Auffassung der Vorinstanzen, daß der Beklagten kein Anspruch auf Unterhalt nach den im § 68 EheG angeführten Billigkeitsgrundsätzen zusteht, richten sich die Revisionsausführungen - die in diesem Umfang gemäß § 502 Abs 2 Z 1 unzulässig wären (EFSlg 43.746) - nicht; die Beklagte beansprucht den Unterhalt nur noch unter den - hier nicht
gegebenen - Voraussetzungen gemäß § 66 EheG.
Somit war der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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