OGH 2Ob517/86

OGH2Ob517/864.3.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Schobel, Dr.Melber und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Hans D***, Vöslauer Straße 93, 2500 Baden, vertreten durch Dr.Heinrich Waldhof, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Fritz S*** Gesellschaft mbH, Wiener Straße 92, 3403 Klosterneuburg, vertreten durch Dr.Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wegen 270.000 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 16.Oktober 1985, GZ 41 R 835/85-55, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 25.Mai 1985, GZ 48 C 279/82-49, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 270.000 S samt Zinsen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 69.222,45 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten 6.468 S Barauslagen und 5.704,95 S Umsatzsteuer) sowie die mit 18.173,80 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 2.116 S Barauslagen und 1.459,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit 13.471,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 3.840 S Barauslagen und 875,55 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin brachte vor, die Beklagte sei Pächterin der der Klägerin gehörigen Liegenschaft EZ 223 KG Kindberg mit den darauf errichteten Baulichkeiten. Durch einen (von der Beklagten verschuldeten) Rohrbruch sei ein Schaden in der Höhe von 270.000 S entstanden. Die Klägerin begehrt den Ersatz dieses Betrages samt Zinsen.

Die Beklagte, der die Klage am 7. Jänner 1983 zugestellt wurde, wendete unter anderem ein, der Klägerin fehle die aktive Klagslegitimation, weil die Liegenschaft am 5.Jänner 1983 bei einer Zwangsversteigerung der V*** M*** reg. Genossenschaft mbH zugeschlagen worden sei. Die Klägerin gestand diese Tatsache als richtig zu.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht erachtete die Aktivlegitimation der Klägerin trotz der vor Klagszustellung erfolgten Zwangsversteigerung der Liegenschaft als gegeben. Grundsätzlich sei daran festzuhalten, daß § 1111 ABGB eine auf die Verhältnisse des Bestandvertrages zugeschnittene Ausformung des allgemeinen Schadenersatzrechtes der §§ 1293 ff ABGB darstelle. Nach § 1293 ABGB sei Schaden jeder Nachteil, welcher jemandem unter anderem am Vermögen zugefügt worden sei. Der Schaden im Vermögen der klagenden Partei sei eingetreten, als das Bestandobjekt durch die Ereignisse im Gefolge des Rohrbruchs in der vom Erstgericht festgestellten Weise beschädigt worden sei. Damit sei die klagende Partei in die ihren Schadenersatzanspruch rechtfertigende Position des Geschädigten nach § 1295 Abs 1 ABGB geraten, welche sie nach Auffassung des Berufungsgerichtes durch die Erteilung des Zuschlages an den Ersteher nicht verloren habe. Die Befürchtung der Beklagten, für den eingetretenen Schaden vom Ersteher nach Ablauf der Bestandzeit ein zweites Mal zum Ersatz herangezogen zu werden, sei unbegründet, weil der Ersteher die Sache in dem Zustand erworben habe, in welchem sie sich zum Zeitpunkt des Zuschlages befunden habe. Ansprüche nach § 1111 ABGB habe damit der Ersteher nur für solche Beschädigungen des Bestandstückes, die zum Zeitpunkt des Zuschlages noch nicht vorhanden gewesen seien, für Beschädigungen, die er mit Zuschlag der Sache übernommen habe, mangle es ihm in der Geltendmachung nach § 1111 ABGB an der SachlegitimatiON

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten, in der Abänderung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens beantragt und hilfsweise ein Aufhebungsantrag gestellt wird.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gerechtfertigt.

Das Klagebegehren ist schon deshalb nicht berechtigt, weil der Klägerin die aktive Klagslegitimation fehlt. Gemäß § 1109 ABGB ist nach Ende des Bestandvertrages die Sache in dem Zustand, in dem sie übernommen wurde, zurückzustellen. Diesen Rückstellungsanspruch hat derjenige, der im Zeitpunkt der Beendigung des Bestandvertrages Bestandgeber ist (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu den §§ 1109 f; vgl. auch SZ 32/150). Wird der Bestandgegenstand beschädigt, haftet der Bestandnehmer gemäß § 1111 ABGB für sein Verschulden und für jenes des Unterbestandnehmers. Dieser Schadenersatzanspruch kann in der Regel erst nach Rückstellung der Bestandsache geltend gemacht werden (Würth aaO, Rdz 4 zu § 1111). Der Bestandgegber kann die Reparatur der Bestandsache nur dann vor der Rückstellung verlangen, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat (MietSlg. 18.194; 6 Ob 641/79). Der Schadenersatzanspruch nach § 1111 ABGB ist in erster Linie ein Anspruch auf Naturalrestitution (7 Ob 740/83, 2 Ob 656/85).

Daß der im Regelfall erst bei Beendigung des Bestandverhältnisses zustehende Anspruch auf Naturalrestitution nur von demjenigen geltend gemacht werden kann, der zu diesem Zeitpunkt Bestandgeber ist und daher den Anspruch auf Rückstellung der Bestandsache im Sinne des § 1109 ABGB hat, kann nicht zweifelhaft sein. Auch in den Ausnahmefällen, in denen wegen eines berechtigten Interesses des Bestandgebers die Reparatur schon vor Rückstellung der Bestandsache verlangt werden kann und in welchen wegen Verweigerung der Naturalrestitution und Bestreitung der Schadenersatzforderung dem Grunde nach durch den Bestandnehmer ein Geldanspruch gebührt, steht der Anspruch auf Rückstellung des Bestandgegenstandes in dem Zustand, in dem er übernommen wurde, demjenigen zu, der zu diesem Zeitpunkt Bestandgeber ist. Daher kann ein ausnahmsweise schon vor Rückstellung der Bestandsache möglicher Schadenersatzanspruch nur von demjenigen erhoben werden, der noch Bestandgeber ist, nicht aber von einem früheren Bestandgeber, dem diese Eigenschaft zur Zeit der Schädigung zukam (vgl. die E. SZ 37/165, in der ausgeführt wurde, die Verpflichtung nach den §§ 1109 ff ABGB bestehe gegenüber dem bei Beendigung des Bestandvertrages vorhandenen Bestandgeber, diesem stehe der Anspruch auf Rückgabe eines Bestandteiles der Bestandsache zu, gleichgültig, ob dieser Bestandteil noch vorhanden gewesen sei, als der Berechtigte die Stellung eines Bestandgebers erlangt habe). Bestandgeber zur Zeit der Klagszustellung war aber nicht mehr die Klägerin. Gemäß § 1120 ABGB tritt der Liegenschaftserwerber in den Bestandvertrag ein (Würth aaO, Rdz 5 zu § 1120), § 1121 ABGB dehnt diese Vorschrift auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren aus (Würth aaO, Rdz 1 zu § 1121). Auf Grund des Zuschlages im Zwangsversteigerungsverfahren wurde daher noch vor Eintritt der Streitanhängigkeit die V*** M*** Bestandgeber, weshalb der Klägerin die aktive Klagslegitimation fehlt.

Aus diesen Gründen war das Urteil des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen wird. Auf die weiteren umfangreichen Einwände der Beklagten gegen den Klagsanspruch einzugehen, war demnach nicht mehr erforderlich.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz beruht auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens überdies auf § 50 ZPO.

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