Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 30. 12. 1993 um etwa 6.00 Uhr morgens verließ die Klägerin bei trockenem Wetter ihre Wohnung in Stadlau und fuhr zuletzt mit der U 1 von der Station Kagran zur Station Stephansplatz. Während der U-Bahnfahrt setzte gegen 6.10 Uhr Regen ein, der sich in der Folge in Eisregen verwandelte. Um etwa 6.50 Uhr ging die Klägerin bei der Station Stephansplatz von der Ausstiegsstelle der U 1 im zweiten Untergeschoß zum im ersten Untergeschoß befindlichen Aufgang, der dem Riesentor des Stephansdomes gegenüberliegt, und fuhr mit der Rolltreppe auf Straßenniveau. Die Klägerin, die Winterstiefel mit Profilgummisohle trug, bemerkte, als sie etwa nach dem ersten Drittel dieser Rolltreppenfahrt den überdachten Bereich verließ, nicht, daß Eisregen eingesetzt hatte. Sie nahm aufgrund ihrer Winterbekleidung nur wahr, daß es "irgendwie feucht" war. Das am Ende dieser Rolltreppe befindliche Eisengitter war aufgrund des Eisregens mit einer Eisschicht überzogen. Die Klägerin bemerkte - mangels eines Warnhinweises - die Vereisung erstmals, als sie den ersten Schritt auf dieses Eisengitter setzte, woraufhin sie auf diesem sofort ausrutschte und stürzte. Bei diesem Sturz zog sich die Klägerin einen Bruch der linken Hand zu.
Beim gegenständlichen Ausgang führt vom ersten Untergeschoß eine Rolltreppe auf den Stephansplatz. Diese Rolltreppe ist etwa im untersten Drittel überdacht, danach unter freiem Himmel. Nach dem Ende des beweglichen Teiles der Rolltreppe befindet sich ein ungefähr 45 cm langer geriffelter Metallteil, sodann eine etwa 1,30 m lange gerippte Gummimatte. Nach dieser folgen Granitplatten in einer Länge von etwa 35 cm. Danach - insgesamt 2,10 m ab dem Ende des beweglichen Teiles der Rolltreppe - beginnt das gegenständliche Eisengitter, welches insgesamt 1,30 m lang ist. Rechts neben dem Ende der Rolltreppe befindet sich eine Granitmauer, die am Beginn des Eisengitters endet. Links befindet sich eine Begrenzung in Form eines Eisenbogens, welcher mit der Gummimatte endet. Der Abstand zwischen der Granitmauer und dem Eisenbogen beträgt 1,8 m.
Um 6.00 Uhr morgens begannen Arbeiter der MA 48 der Gemeinde Wien mit der Streutätigkeit. Sie reinigten zunächst den Übergang Singerstraße-Kärntner Straße, dann begannen sie, die drei Abgänge der U-Bahn-Station Stephansplatz zu streuen. Die Arbeitsteilung innerhalb der MA 48 war derart gestaltet, daß ein Streufahrzeug die Fahrspuren für die Autos reinigte und die Arbeiter händisch die Übergänge für die Fußgänger und die Abgänge zur U-Bahn säuberten. Das gegenständliche Eisengitter wurde mit Sand gestreut, was aber lediglich bewirkte, daß das Streugut in die Zwischenräume hinunterfiel. Der Bereich Stephansplatz-Graben einschließlich des Unfallsbereiches wurde in der Zeit von 6.30 Uhr bis 7.35 Uhr von Arbeitern der MA 48 gestreut. Eine nähere zeitliche Eingrenzung, wann (zwischen 6.30 Uhr und 7.35 Uhr) der gegenständliche Unfallbereich gestreut wurde, konnte nicht festgestellt werden.
Mit ihrer am 14. 12. 1994 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von der beklagten Partei die Zahlung von 80.300,-- S sA an Schadenersatz wegen Verletzung von Nebenpflichten aus dem Beförderungsvertrag. Die beklagte Partei habe eine ordentliche Säuberung und Streuung des Eisengitters unterlassen, sodaß die Klägerin den Haltestellenbereich nicht gefahrlos verlassen habe können. Die beklagte Partei hätte für eine ordentliche Streuung des Gitters sorgen, Warntafeln aufstellen oder überhaupt die Rolltreppe sperren müssen, um nicht die Fahrgäste zu zwingen, den Rolltreppenbereich rasch (über das Eisengitter) verlassen zu müssen. Allenfalls hätte sie für eine Beheizung des Eisenrostes sorgen müssen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Gemeinsam mit der MA 48 der Gemeinde Wien habe sie unmittelbar nach Einsetzen des Regens mit der Streutätigkeit begonnen. Sie hafte weder als Straßenhalter gemäß § 1319a ABGB, noch aus dem Beförderungsvertrag, weil sich der Unfall nicht mehr an einer Stelle ereignet habe, die unmittelbar zum Zu- oder Aussteigen diene, sondern vielmehr eine beträchtliche Strecke von der U 1 bis zum gegenständlichen Eisengitter zurückzulegen gewesen sei. Da es unmöglich sei, bei einsetzendem Katastrophenwetter an allen Stellen gleichzeitig zu streuen, seien die geforderten Maßnahmen der beklagten Partei nicht zumutbar gewesen.
Das Erstgericht erachtete mit Zwischenurteil den Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz gegen die beklagte Partei aus dem Vorfall vom 30. 12. 1993 dem Grunde nach als zu Recht bestehend. Eine gesetzliche Verpflichtung der beklagten Partei, auch den an den U-Bahn-Aufgang angrenzenden Bereich zu säubern, bestehe zwar nicht. Mit dem Abschluß von Beförderungsverträgen entstehe aber für die beklagte Partei die vertragliche Verpflichtung, die Sicherheit von Fahrgästen zu gewährleisten. In der Entscheidung ZVR 1993/62 habe der Oberste Gerichtshof die Haftung der Betreiberin einer O-Bus-Linie für mangelnde Reinigung des Haltestellenbereiches, der dem Ein- und Aussteigen der Fahrgäste diene, von Schnee und Eis bejaht. Im vorliegenden Fall gelange der Fahrgast, wenn er sich der Rolltreppe bediene, zwangsläufig auf die Gummimatte und in der Folge auf das Eisengitter, das faktisch den U-Bahn-Bereich vom Stephansplatz abgrenze. Dieses sei somit noch als letzter Teil des Haltestellenbereiches anzusehen, weshalb von einer vertraglichen Verpflichtung der beklagten Partei zur Reinigung des Eisengitters auszugehen sei. Dieser habe die beklagte Partei nicht entsprochen. Ein Verschulden der Klägerin habe nicht festgestellt werden können.
Mit dem nunmehr bekämpften Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Beförderungsunternehmen treffe gegenüber dem Vertragspartner die vertragliche Verpflichtung, dessen Sicherheit zu gewährleisten. Diese Verpflichtung umfasse jedoch nicht nur den eigentlichen Beförderungsvorgang, sondern auch die Schaffung und Aufrechterhaltung der Sicherheit auf Zu- und Abgängen zur vertragsgemäßen Benützung des Beförderungsmittels. Der unterirdische Bereich des Stephansplatzes sei erst im Zuge des U-Bahn-Baues geschaffen worden; von diesem führten die Ab- und Aufgänge zu den U-Bahnsteigen der Linien U 1 und U 3; der weit überwiegende Personenverkehr finde dort ausschließlich zum Zwecke der Benützung der Massenbeförderungsmittel der beklagten Partei statt. Eine Unterquerung des Stephansplatzes sei schon mit Rücksicht auf das Bestehen einer Fußgängerzone nicht erforderlich, weswegen die unterirdische Anlage im Bereich der U-Bahn-Stationen eher mit einer Bahnhofshalle als mit einer öffentlichen Straßenunterführung vergleichbar sei. Die von der beklagten Partei betriebenen U-Bahn-Linien seien zudem am Stephansplatz ausschließlich über diese unterirdische Anlage erreichbar. Deshalb könne ein Fahrgast der U-Bahn den eigentlichen Stationsbereich ausschließlich über die diversen Treppen- und Rolltreppensysteme - darunter das streitgegenständliche - verlassen. Nach dem äußeren Erscheinungsbild der Gesamtanlage der U-Bahn-Zugangsbereiche am Stephansplatz gehörten auch das erste und die weiteren Geschoße sowie die Stiegen- und Rolltreppenaufgänge dazu. Der dem Urteil angeschlossene Plan sei bezeichnenderweise mit "U-Bahn-Station Stephansplatz, Stiege 2" bezeichnet. Die Entscheidung ZVR 1993/62 wolle keineswegs die Haftung des Beförderungsunternehmens einschränkend auf den unmittelbaren Haltestellenbereich bzw Zugang zum Ein- und Aussteigen in das Verkehrsmittel festlegen, die dort vorgenommene Abgrenzung habe sich vielmehr auf den Einzelfall bezogen, nämlich einen auf der Straße gelegenen Haltestellenbereich. In der Entscheidung SZ 38/82 sei die Haftung eines Seilbahnbetriebes gegenüber einem Fahrgast, der im Bereich einer Abgangsstiege, die nicht mehr zum unmittelbaren Ausstiegsbereich gezählt habe, (wohl zu ergänzen: durch Steinschlag getötet worden sei), bejaht worden. Die beklagte Partei gestehe letztlich selbst zu, daß sie zumindest verpflichtet sei, die Sicherheit potentieller Fahrgäste zu gewährleisten, wobei der unmittelbare Rolltreppenbereich auf dem Stephansplatz davon umfaßt sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes schließe an den metallenen Abschluß des beweglichen Teiles der Rolltreppe (gerippelter Metallteil) eine Gummimatte (laut der angeschlossenen Skizze: "Kontaktmatte") an, die zunächst den sicheren Auftritt nach Verlassen der Rolltreppe ermögliche und deren Ausmaß etwa 2 Schrittlängen umfasse. Das gegenständliche Eisengitter erstrecke sich über die gesamte Breite des Stiegenauf- bzw -abganges und ende linksseitig mit der äußeren Begrenzung der Granitmauer. Die eigentliche Pflasterung des Stephansplatzes beginne erst jenseits dieses Gitters, weil sich im Bereich der Rolltreppe noch geschliffene, am Stephansplatz jedoch eher grobkörnige, ungeschliffene Granitpflastersteine befänden. Vom äußeren Erscheinungsbild her bilde damit das Gitterwerk den Abschluß zum Stiegenbereich. Derartige Gitter befänden sich vor nahezu sämtlichen Auf- bzw Abgängen der Wiener U-Bahn und hätten unter anderem die Funktion eines Fußabstreifers (Kiesel, Schnee), verhinderten aber auch die Bildung von Regenlachen und von durchgehenden Schneeschichten. Auch funktionell könne damit das streitgegenständliche Gitter dem U-Bahn-Stationsbereich zugeordnet werden. Bei Beförderungsbetrieben, die über besondere Baulichkeiten zum Erreichen der Abfahrtsstationen ihrer Verkehrsmittel verfügten, müsse verlangt werden, daß der direkte Zugangsbereich selbst dann, wenn er sich auf öffentlicher Verkehrsfläche befinde, entsprechend gefahrfrei benutzt werden könne. Dazu gehöre auch die Anbindung des Stationsbereiches auf kürzester Strecke zu einem anderen Weg. Die Verpflichtung aus dem Beförderungsvertrag trete neben die Verpflichtung des Anliegers bzw Wegehalters, den im Bereich der Haltestelle befindlichen Gehsteig bzw Gehweg bei winterlicher Glätte zu streuen. Daß die MA 48 ausschließlich und ständig die Bestreuung und Gehsteigsäuberung vorzunehmen gehabt habe, müsse schon im Hinblick auf das Vorbringen der beklagten Partei, daß sofort nach Einsetzen des Regens sowohl durch sie als auch durch die MA 48 der Gemeinde Wien mit der Streutätigkeit begonnen worden sei, bezweifelt werden, wobei dies im übrigen nicht behauptet worden sei.
Der Klägerin sei der Nachweis der Vereisung im unmittelbaren Unfallbereich gelungen. Mit Rücksicht auf die Vertragshaftung komme § 1298 ABGB zum Tragen. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei der Bereich Stephansplatz-Graben einschließlich des Unfallbereiches (Gitter) durch Arbeiter der MA 48 wohl im Zeitraum von 6.30 Uhr bis 7.35 Uhr bestreut worden. Der streitgegenständliche Unfall habe sich um 6.50 Uhr ereignet, sodaß er damit in den Zeitraum der Streutätigkeit der MA 48 gefallen sei. Eine nähere Eingrenzung, wann der Unfallbereich gestreut worden sei, habe vom Erstgericht aber nicht festgestellt werden können. Ob die MA 48 konkret im Unfallbereich die Aufgaben der Beklagten wahrgenommen habe, sei im Beweisverfahren damit nicht erwiesen worden. Selbst unter Annahme dieses Umstands stehe jedoch fest, daß ein bloßes Bestreuen des Eisengitters nicht ausreichend gewesen wäre, da das Streugut in den Zwischenraum des Gitterhauses gefallen wäre. Mit Rücksicht auf den bekanntermaßen in den Morgenstunden regen Fahrgastverkehr wäre daher zur Hintanhaltung der Sturzgefahr von Passagieren die Reinigung des Gitters von der Vereisung vordringlich erforderlich gewesen. Daß der Eisregen länger angedauert habe und daher wegen der damit einhergehenden ständigen Vereisung eine derartige Reinigung bzw Streuung des Eisengitters unzumutbar gewesen wäre, sei nicht behauptet worden.
Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO in Wertung der Entscheidung ZVR 1993/62 nicht gegeben erschienen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen das zweitinstanzliche Urteil gerichtete außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des räumlichen Umfanges der sich aus dem Beförderungsvertrag ergebenden Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer U-Bahn fehlt; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Die beklagte Partei vertritt in ihrem Rechtsmittel den Standpunkt, es bestehe für sie als Betreiberin der U-Bahn für diesen Bereich keine Streupflicht mehr, weil sich das gegenständliche Eisengitter außerhalb der erkennbaren Baulichkeiten, die den Stiegenaufgang begrenzten, befinde; die Klägerin habe auch eine sowohl räumlich als auch höhenmäßig beträchtliche Strecke vom Verlassen der U-Bahn bis zur Unfallstelle zurückzulegen gehabt. Für den Fall der Bejahung einer solchen Streupflicht wäre deren Durchführung für die beklagte Partei nicht zumutbar gewesen. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Wie bereits das Erstgericht richtig ausgeführt hat, besteht eine gesetzliche Verpflichtung der beklagten Partei als Betreiberin einer U-Bahn, den oberirdisch gelegenen Teil der U-Bahn-Station von Schnee und Eis zu räumen, nicht (vgl ZVR 1993/62; Messiner, StVO8 Anm 4 zu § 93 StVO). Für die beklagte Partei entsteht aber mit dem Abschluß von Beförderungsverträgen die vertragliche Nebenpflicht, die Sicherheit ihrer Fahrgäste zu gewährleisten und deren körperliches Wohlbefinden nicht zu verletzen (vgl SZ 52/5; SZ 60/256; SZ 66/69; ZVR 1993/62 uva; Koziol, Haftpflichtrecht II2, 57; Reischauer in Rummel, ABGB II2 Rz 4 zu § 1294; Mertens im Münchner Kommentar2 Rz 183 zu § 823 BGB). Zu dieser Pflicht gehört es auch, die Zu- bzw Abgänge zu bzw von den Verkehrsmitteln in einem Zustand zu erhalten, der das gefahrlose Ein- und Aussteigen der Fahrgäste gewährleistet. Dies gilt insbesondere für jene Teile einer Straße, von denen aus die Fahrgäste die Verkehrsmittel betreten bzw auf die sie beim Aussteigen gelangen. Aus der die Verkehrsunternehmen treffenden Verkehrssicherungs- pflicht resultiert somit auch die Aufgabe, bei Auftreten von Glatteis im Bereich von Haltestellen entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung der daraus für die Fahrgäste erwachsenden Gefahren zu treffen (ZVR 1993/62). Diese Verpflichtung tritt nicht an die Stelle, sondern neben die Verpflichtung des Anliegers bzw des Wegehalters, den im Bereich der Haltestelle befindlichen Gehsteig bzw Weg bei winterlicher Glätte zu streuen. Dabei gilt der bei allgemeiner Verkehrssicherheit geltende Grundsatz, daß der Verkehrssicherungspflichtige nicht dadurch von seiner Pflicht befreit wird, daß ein anderer die Gefahr verursacht. Sind mehrere Verpflichtete nebeneinander verhalten, darf sich keiner auf die Einhaltung der Verpflichtung durch den anderen verlassen, weil dann oftmals keiner rechtzeitig tätig wird (ZVR 1993/62; vgl auch BGH 13. 7. 1967, DB 1967/36).
Wie schon das Berufungsgericht richtig ausführte, ist die gegenständliche U-Bahn-Station eher mit einem Bahnhof als mit einer Haltestelle zu vergleichen, sodaß sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung ZVR 1993/62 zugrundeliegenden erheblich unterscheidet. Aber auch der Eisenbahnunternehmer ist aufgrund des Beförderungsvertrages verpflichtet, die den Fahrgästen zur Verfügung gestellten Bahnanlagen in einem solchen Zustand zu erhalten, daß die Benützer der Bahn keinen Schaden erleiden können. Er hat daher für die Verkehrssicherung (Verkehrssicherheit) der Zu- bzw Abgänge zu bzw von den Zügen zu sorgen, worunter insbesondere die Verpflichtung zur Säuberung der Betriebsanlagen (vornehmlich Bahnsteige) von Schnee fällt (SZ 31/129 = ZVR 1959/145; 7 Ob 626/81). Für einen Seilbahnbetreiber besteht ebenfalls aufgrund des abgeschlossenen Beförderungsvertrages die vertragliche Nebenverpflichtung, die gesamte für die Fahrgäste der Seilbahn bestimmte Anlage in einer solchen Art zu gestalten und zu erhalten, die es den Fahrgästen ermöglicht, sie gefahrlos zu benützen (SZ 38/82); in dieser Entscheidung betrachtete der Oberste Gerichtshof die gesamte Anlage, die der Seilbahnbetreiber im Zusammenhang mit der - der Förderung der Frequenz der Seilbahn dienenden - Errichtung und Eröffnung der neuen Mittelstation gebaut hatte und von dem aus durchschnittliche Skifahrer die Abfahrt unmittelbar überhaupt nicht antreten konnten, als Einheit und bejahte die Haftung des beklagten Seilbahnbetreibers gegenüber einem Fahrgast, der in einem dem Steinschlag ausgesetzten Bereich einer Abgangsstiege, die jedoch nicht mehr zur unmittelbaren Ausstiegsstelle der Mittelstation gehörte, von einem Stein am Rücken getroffen und dadurch getötet wurde.
Im vorliegenden Fall befinden sich nach den Feststellungen des Erstgerichtes nach dem Ende des beweglichen Teiles der Rolltreppe ein ungefähr 45 cm langer geriffelter Metallteil und danach eine etwa 1,3 m lange gerippte Gummimatte. Nach dieser folgen Granitplatten in einer Länge von etwa 35 cm. Danach - insgesamt 2,1 m ab dem Ende des beweglichen Teiles der Rolltreppe - beginnt das gegenständliche Eisengitter, welches insgesamt 1,3 m lang ist. Rechts neben dem Ende der Rolltreppe befindet sich eine Granitmauer, die am Beginn des Eisengitters endet. Links befindet sich eine Begrenzung in Form eines Eisenbogens, welcher mit der Gummimatte endet. Der Abstand zwischen der Granitmauer und den Eisenbogen beträgt 1,8 m. Die Klägerin kam auf dem Eisengitter zu Sturz, als sie den ersten Schritt auf dieses setzte, wobei sie dabei erstmals die Vereisung bemerkt hatte. Bei dieser Sachlage muß - wie bereits das Berufungsgericht richtig ausführte - nach Ansicht des erkennenden Senates die gesamte U-Bahn-Station einschließlich des Eisengitters als Einheit betrachtet werden, zumal die Klägerin bei Benützung der Rolltreppe zwangsläufig auch dieses Eisengitter überschreiten mußte. Dies insbesondere auch deshalb, weil sich Eisengitter wie das gegenständliche bei nahezu jeder U-Bahn-Station - nicht nur im Freien - finden, sodaß das gegenständliche Eisengitter vom Berufungsgericht zu Recht als funktionell dem U-Bahn-Stationsbereich zugeordnet wurde. Da somit auch das Eisengitter, auf welchem die Klägerin ausrutschte und sodann stürzte, noch zur gesamten Anlage der U-Bahn-Station zählt, bestand für die beklagte Partei auch dafür die Nebenverpflichtung aus dem Beförderungsvertrag, dieses Eisengitter so zu gestalten und zu erhalten, daß es den Fahrgästen möglich ist, es gefahrlos zu benützen.
Der Rechtsmittelwerberin ist zwar darin beizupflichten, daß die Verkehrssicherungspflicht ihre Grenzen in der Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen findet (SZ 53/49; SZ 60/256 = JBl 1988, 318; ZVR 1993/62; 1 Ob 338/98g ua). Hätte daher die MA 48 der Gemeinde Wien die sie (ebenfalls) treffende Verpflichtung, das vereiste Eisengitter (wirksam) zu streuen bzw dieses von Eis zu befreien, bisher in wirksamer Weise ständig und ausnahmslos allein wahrgenommen, hätte für die beklagte Partei kein Grund zur Vornahme eigener geeigneter Maßnahmen bestanden. Eine solche Behauptung hat die beklagte Partei aber im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgestellt. Sie hat sich vielmehr diesbezüglich auf den Standpunkt gestellt, daß sofort nach Einsetzen des Eisregens sowohl durch sie als auch durch die MA 48 der Gemeinde Wien mit der Streutätigkeit begonnen worden sei. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ergriff die MA 48 der Gemeinde Wien jedoch keine geeigneten und wirksamen Streumaßnahmen, weil das gegenständliche Eisengitter zwar mit Sand bestreut wurde, was aber lediglich bewirkte, daß das Streugut in den Zwischenräumen hinunterfiel. Zudem konnte dazu eine nähere zeitliche Eingrenzung, wann (zwischen 6.30 Uhr und 7.35 Uhr) der gegenständliche Unfallbereich gestreut wurde, nicht festgestellt werden. Diese Negativfeststellung geht, weil es sich um eine vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei handelt, sodaß dieser gemäß § 1298 ABGB diesbezüglich der Beweis obliegt, zu ihren Lasten. Weiters steht fest, daß die beklagte Partei selbst vor dem gegenständlichen Unfall jegliche wirksame Streuung bzw Entfernung von Eis sowie auch jegliche Hinweise auf die Rutschgefahr unterließ. Die Frage der Zumutbarkeit eigener Streumaßnahmen der beklagten Partei stellt sich daher im vorliegenden Fall nicht. Im übrigen wäre die Zumutbarkeit zur Durchführung geeigneter Maßnahmen durch die beklagte Partei schon deshalb zu bejahen, weil die beklagte Partei ihre Fahrgäste über die in den U-Bahn-Zügen und in jeder U-Bahn-Station installierten Lautsprechanlagen über die aufgrund des bereits gegen
6.10 Uhr einsetzenden Regens und des später einsetzenden Eisregens bestehende Gefahr der Eisglätte in nicht überdachten Teilen von U-Bahn-Stationen warnen hätte können.
Die Klägerin trifft - wie vom Erstgericht richtig ausgeführt - am gegenständlichen Sturz kein Mitverschulden. Die aus § 1304 ABGB abgeleitete Pflicht des Geschädigten zur Sorgfalt bei drohenden Beschädigungen setzt ein Verschulden seinerseits voraus. Ein solches kann aber im vorliegenden Fall nicht schon darin erblickt werden, daß die Klägerin von der bloßen Möglichkeit Gebrauch machte, die U-Bahn der beklagten Partei samt dem gegenständlichen Eisengitter zu benützen. Vielmehr träfe sie nur dann ein Verschulden, wenn sie durch ein konkretes willkürliches Verhalten (Handeln oder Unterlassen) zum Zustandekommen des Unfalles beigetragen, also insbesondere unvorsichtig und ohne auf den Boden zu sehen, das gegenständliche Eisengitter betreten hätte (vgl SZ 38/82). Aufgrund der Feststellung, daß die Klägerin, die Winterstiefel mit Profilgummisohle trug, als sie etwa nach dem ersten Drittel der Rolltreppe den überdachten Bereich der U-Bahn-Station verließ, nicht bemerkte, daß Eisregen eingesetzt hatte, sondern aufgrund ihrer Winterbekleidung nur wahrnahm, daß es "irgendwie feucht" war, und daß sie die Vereisung erstmals bemerkte, als sie den ersten Schritt auf das Eisengitter setzte, woraufhin sie auf diesem sofort ausrutschte und stürzte, kann ein den Anspruch der Klägerin minderndes Mitverschulden nicht angenommen werden.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich sohin die Revision der beklagten Partei als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 52 Abs 2 iVm 393 Abs 4 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)