OGH 2Ob28/22i

OGH2Ob28/22i26.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende, den Senatspräsidenten Dr. Musger sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Sloboda und Dr. Annerl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Dr. Schartner Rechtsanwalt GmbH in Altenmarkt, gegen die beklagte Partei DI G*, vertreten durch Mag. Christof Brunner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen (eingeschränkt) 43.202,11 EUR, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Jänner 2022, GZ 2 R 187/21i‑49, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00028.22I.0426.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt vom Beklagten den restlichen Werklohn für beim Bauvorhaben des Beklagten erbrachte Bauleistungen. Dabei waren nach dem Bewehrungsplan Bewehrungseisen einzubauen, die die Arbeiter der Klägerin nicht zur Gänze einbauten. Dies gefährdet die Tragsicherheit des Bauwerks nicht, führt aber zu einer verstärkten Beweglichkeit und in weiterer Folge zu einer erhöhten Rissgefahr. Insbesondere im Zusammenhang mit Schneelasten bzw Windlasten können Verformungen durch Biegungen und Risse entstehen. Die Ausführung entspricht nicht dem Stand der Technik.

[2] Die Vorinstanzen hielten die auf § 1170 iVm § 1052 ABGB gestützte Einrede des nicht erfüllten Vertrags des Beklagten für berechtigt und wiesen das Klagebegehren ab.

[3] In der außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität auf.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1. Ein – für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1170 iVm § 1052 ABGB erforderlicher (RS0019929) – Anspruch auf Verbesserung besteht ua dann nicht, wenn die Verbesserung für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre (§ 932 Abs 4 ABGB). Dabei ist nicht allein die Höhe der Behebungskosten entscheidend, sondern die Wichtigkeit der Behebung des Mangels, die nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen ist (RS0022044 [T18]). Angesichts des konkreten mit der Verbesserung verbundenen Aufwands und der aufgrund des Mangels erhöhten Verformungs- und Rissgefahr ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Verbesserung für die Klägerin nicht mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sei, nicht korrekturbedürftig. Soweit die Klägerin im Rechtsmittel ausführt, der Beklagte habe im Verfahren klargestellt, dass es ihm „rein um die Statik“ gehe, steht dies – worauf bereits das Berufungsgericht verwies – im Widerspruch zum Akteninhalt.

[5] 2. Ausgehend davon ist auch die Bejahung eines Verbesserungsanspruchs durch Vorinstanzen nicht zu beanstanden. Soweit die Klägerin meint, der Beklagte habe die Verbesserung verweigert, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Auch das behauptete nachträgliche „Umschwenken“ hinsichtlich der Gewährleistungsbehelfe ist nicht ersichtlich.

[6] 3. Soweit die Klägerin das Vorliegen eines (derzeit) sanierungsbedürftigen Mangels in Abrede stellt, weil der Mangel lediglich zu einem optischen und technisch unbedenklichen Schaden (in der Zukunft) führen könne, und daraus ableitet, dass der Beklagte seine Ansprüche mit einem eigenen Feststellungsbegehren abzusichern hätte, stützte sie sich darauf in der Berufung nicht. Eine im zweitinstanzlichen Verfahren in einem Punkt unterbliebene Rechtsrüge kann im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof aber nicht mehr nachgeholt werden (RS0043573 [T43, T47]).

[7] 4. Das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers wird verneint, wenn eine Verbesserung nicht oder nicht mehr in Betracht kommt (RS0021925), etwa wenn der Besteller den Übergeber vom Mangel nicht verständigt und Maßnahmen setzt, die den Reparaturaufwand beträchtlich erhöhen (6 Ob 77/12k mwN). Im vorliegenden Fall steht aber fest, dass der Beklagte die Klägerin zur Sanierung aufforderte und diese eine Verbesserung nicht durchführte. Auf diese Beurteilung geht die Klägerin in der Revision überhaupt nicht ein. Die bloße Behauptung, der Klägerin dass der Beklagte den Reparaturaufwand in Kenntnis des Mangels erhöht habe, die örtliche Bauleitung durchgeführt habe und zur Weiterführung der Baustelle nicht berechtigt gewesen sei, bringt keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage zur Darstellung (RS0043605; RS0043603 [T9]).

[8] 4. Den in der Berufung erhobenen Einwänden der Klägerin, dass ein Werkvertrag nicht vorliege und ein fertiges Gewerk daher nicht geschuldet gewesen sei, sowie dass der Einwand mangelnder Fälligkeit gegen die Werklohnklage schikanös sei, hielt das Berufungsgericht entgegen, dass dieses Vorbringen gegen das Neuerungsverbot verstoße. Auch mit dieser Argumentation des Berufungsgerichts setzt sich die Klägerin in der außerordentlichen Revision, die im Wesentlichen die Berufungsausführungen wiederholt, nicht auseinander, sodass sie auch insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

[9] 5. Insgesamt zeigt die Klägerin somit keine Rechtsfrage von iSd § 502 Abs 1 ZPO erheblicher Bedeutung auf, sodass die außerordentliche Revision zurückzuweisen ist.

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