Normen
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Art3
EO §7
Kraftfahrzeuggesetz §63 Abs1
Versicherungsverbotsgesetz §156 Abs3
ZPO §226
ZPO §228
ZPO §411
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Art3
EO §7
Kraftfahrzeuggesetz §63 Abs1
Versicherungsverbotsgesetz §156 Abs3
ZPO §226
ZPO §228
ZPO §411
Spruch:
Der Geschädigte kann den Haftpflichtversicherer nicht auf Erbringung bestimmter Leistungen "nach Zulangen der Versicherungssumme" klagen, sondern nur ein ziffernmäßig bestimmtes Leistungsbegehren erheben oder ein Begehren auf Feststellung, daß dem Kläger dem Beklagten gegenüber ein bestimmter Anspruch zustehe, vorbehaltlich einer Herabsetzung nach § 156 Abs. 3 VersVG. Sollte dann die Verteilung der Versicherungssumme durch den Versicherer nicht zur Zufriedenheit des Geschädigten ausfallen, muß er eine Leistungsklage erheben Die dem Klagsanspruch des Geschädigten entgegengehaltene Behauptung des Haftpflichtversicherers, die Deckungssumme reiche zur Befriedigung des Klägers nicht aus, kann nur im jeweiligen Schadenersatzprozeß und nicht in einem späteren, insbesondere nicht im Exekutionsverfahren, geprüft werden. Der beklagte Versicherer muß hiebei seinen Einwand konkretisieren und Beweise anbieten, was z. B. durch Vorlage eines kompletten, in Beachtung der Bestimmungen der §§ 155 und 156 VersVG aufgestellten Verteilungsplanes geschehen kann
Der Geschädigte hat hinsichtlich des Schmerzengeldes Anspruch auf bevorzugte Befriedigung aus der unzulänglichen Deckungssumme; alle anderen Ansprüche des Geschädigten und Ersatzforderungen des SV-Trägers (Legalzessionar) sind bei der Verteilung gleich zu behandeln und daher aus der Deckungssumme verhältnismäßig zu befriedigen Rentenansprüche dürfen nur in betraglicher, nicht in zeitlicher Hinsicht gekürzt werden
OGH 2. Juni 1977, 2 Ob 273/76 (OLG Linz 1 R 116/76; KG Ried im Innkreis 1 a Cg 1/75)
Text
Der Ehegatte der Klägerin erlag am 17. April 1973 den Verletzungen, die er als Fahrgast eines PKWs am 6. April 1973 erlitten hatte. Die beklagte Partei ist Haftpflichtversicherer dieses Fahrzeuges, dessen ebenfalls tödlich verunglückter Lenker Gottfried M den Unfall verschuldete. Die Klägerin ist zufolge eines Erbübereinkommens Universalrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes Georg S.
Die Klägerin begehrte mit der am 17. April 1974 eingebrachten Klage 55 531.57 S samt 4% Zinsen ab Klagstag sowie für die Zeit vom 1. Jänner 1974 bis 1672 S zu ihrem Ableben oder ihrer Wiederverehelichung eine monatliche Rente von 1672 S, ferner die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden aus dem Unfall mit der Begrenzung der Haftung der beklagten Partei durch die Deckungssumme des bezüglichen Haftpflichtversicherungsvertrages.
Im ersten Rechtsgang wurde dem Klagebegehren "jeweils im Rahmen der Versicherungssumme aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag" mit 30 000 S samt Anhang an Schmerzengeld, 13 202.60 S samt Anhang an weiterem Schadenersatz (Begräbnis, Grabdenkmal- und Trauerkleidungskosten sowie entgangene Arbeitsleistung des Mannes beim Hausbau) und hinsichtlich der Feststellung der Haftung der beklagten Partei für künftig entstehende Schäden der Klägerin stattgegeben. Nicht rechtskräftig erledigt wurde das Begehren auf Ersatz vor Unterhaltsentgang in der Höhe von 11 978.97 S samt Anhang für die Zeit vom 17. April 1973 bis 31. Dezember 1973 und auf 1672 S monatlich für die Zeit ab 1. Jänner 1974 auf die Dauer des Witwenstandes der Klägerin.
Im zweiten Rechtsgang begehrt die klagende Partei Ersatz für Unterhaltsentgang jeweils in den Grenzen der Versicherungssumme von 70 571.08 S samt 4% Zinsen ab Klagstag für die Zeit vom 17. April 1973 bis 30. Juni 1976 und von monatlich 2500 S für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis 17. April 2007. Die Klägerin brachte u. a. vor, der Umstand, daß die beklagte Partei auf Grund des Haftpflichtversicherungsvertrages auch an Sozialversicherungsträger Leistungen zu erbringen habe, beeinträchtige ihr Begehren nicht.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen und wandte u. a. ein, daß die Versicherungssumme zufolge der nach dem Schmerzengeld vorrangig zu erfüllenden Regreßansprüche der Sozialversicherungsträger erschöpft sei, weshalb das weitere Begehren abgewiesen werden müsse.
Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang mit Endurteil dem Klagebegehren hinsichtlich 69 979.08 S samt gestaffelten Zinsen und bezüglich einer Monatsrente von 2401.30 S "ab 1. Juli 1976 bis zur Erschöpfung der für die Klägerin zur Verfügung stehenden Deckungssumme von 304 818.32 S (somit bis Jänner 1987)" statt. Das Mehrbegehren von 592 S samt Anhang und auf Zahlung eines Rententeilbetrages von 98.70 S monatlich für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis 31. Jänner 1987 sowie einer Monatsrente von 2500 S für die Zeit vom 1. Feber 1987 bis 17. April 2007 und ein Zinsenmehrbegehren wies es ab. Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Georg S war bei seinem Ableben 26 Jahre alt und hatte eine mittlere Lebenserwartung von 44.49 Jahren. Sein monatliches Nettoeinkommen war aus Gelegenheitsarbeit mit laufend 450 S und aus seiner Berufstätigkeit als Schlosser durchschnittlich mit 7800 S, ab 1975 mit 10 580.31 S und ab 1976 mit 11 513.26 S zu veranschlagen.
Die seit dem Ableben des Ehemannes ausschließlich von der Klägerin getragenen und zu tragenden monatlichen Fixkosten betrugen 1370 S und belaufen sich seit 1975 auf 1564 S. Das nach Abzug der Fixkosten verbleibende fiktive Einkommen des Verunglückten ist bis 30% der Klägerin zuzuordnen und mit 40% den drei ehelichen Kindern Gerhard (geboren 28. Jänner 1970), Gerald (9. Juli 1971) und Anita (31. Mai 1972).
Der Klägerin gehen an Reinertrag aus der Liegenschaftshälfte, welche ihr nach dem Ehegatten im Erbwege zufiel, monatlich 75 S zu. Ferner erhält die Klägerin Witwenpension von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (im folgenden PVA genannt) und von der Landesversicherungsanstalt für Oberbayern(im folgenden LVA). Beide Penionsbezüge zusammen, wobei die von der LVA im Verhältnis 1 DM = 7 S umgerechnet sind, ergaben monatlich netto ohne Familienbeihilfe ab 17. April 1973 547.70 S, ab 1. Mai 1973 2577 S, ab 17. Juli 1973 1765 S, ab 1. Jänner 1974 1803.80 S, ab 1. Juli 1974 1940.30 S, ab 1. Jänner 1975 1990.70 S, ab 1. Juli 1975 2141.20 S, ab 1. Jänner 1976 2207.70 S. Die monatliche Waisenpension von PVA und LVA zusammen beträgt je Kind ab 17. April 1973 210.20 S, ab 1. Mai 1973 1196.50 S, ab 1. Jänner 1974 1212.30 S, ab 1. Juli 1974 1322.90 S, ab 1. Jänner 1975 1346 S, ab 1. Juli 1975 1467.80 S und ab 1. Jänner 1976 1496.40 S. Die Versicherungssumme aus dem mit der beklagten Partei abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag beträgt für die Folgen dieses Unfalles eine Million Schilling.
In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß der für Unterhaltsentgang der Klägerin gebührende Ersatz für die Zeit vom 17. April 1973 bis 31. Dezember 1975 etwa höher liege als der geforderte Betrag, so daß insoweit dem Klagebegehren voll stattzugeben sei. Für die Zeit vom 1. Jänner 1976 bis 30. Juni 1976 sei das Begehren um 592 S überhöht und auch für die Zeit ab 1. Juli 1976 ergebe sich eine laufende Monatsrente von 2401.30 S statt der begehrten 2500 S. Da die Versicherungssumme für die Deckung der Ansprüche der Klägerin und der Regreßansprüche der Sozialversicherer bezüglich deren Leistungen an die Klägerin und die drei Kinder nicht ausreiche, sei sie verhältnismäßig zu verteilen. Dies ergebe, daß die volle Monatsrente der Klägerin von 2401.30 S bei einer Deckungssumme von 304 818.32 S statt bis 17. April 2007 nur bis Jänner 1987 gedeckt sei, weshalb das Rentenbegehren für die Zeit ab 1. Feber 1987 abgewiesen werden müsse. Eine gleichmäßige Verteilung der Rente der Klägerin auf den Zeitraum bis 17. April 2007 unter entsprechender Herabsetzung des Monatsbetrages wäre nicht gerechtfertigt. Damit wäre die beklagte Partei, abgesehen von den Zinsengewinnen, dann bevorzugt, wenn der Rentenanspruch der Klägerin wegen Verehelichung oder Tod vor dem Ausschöpfen der Deckungssumme erlösche. Auch widerspreche es dem Zweck der Haftpflichtversicherung, daß der Versicherte vom Geschädigten wegen eines "Ausfalles" bereits herangezogen werde, solange die Deckungssumme noch gar nicht erschöpft sei. Der Klägerin gebühre daher die Rente bis zu jenem Zeitpunkt voll, an welchem die Versicherungssumme aufgebraucht sei.
Nur die beklagte Partei erhob Berufung gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils.
Dieser gab das Berufungsgericht Folge. Es hob das erstrichterliche Urteil, welches im abweislichen Teil laut Punkt 3 seines Spruches, also hinsichtlich der Abweisung des Begehrens von 592 S samt Anhang, des im genannten Punkt angeführten Zinsenbegehrens, des monatlichen Rententeilbetrages von 98.70 S für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis 31. Jänner 1987 und des monatlichen Rentenbegehrens von 2500 S für die Zeit vom 1. Feber 1987 bis 17. April 2007 als unangefochten unberührt bleibe, im stattgebenden Teil laut Punkte 1 a und 1 b des Spruches, demnach hinsichtlich der Stattgebung des Klagebegehrens mit 69 979.08 S samt Anhang und einer monatlichen Rente von 2401.30 S für die Zeit vom 1. Juli 1976 bis 31. Jänner 1987, sowie in der Kostenentscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Das Berufungsgericht erachtete die Verfahrensergänzung durch das Erstgericht als notwendig, weil die bei der Rentenbemessung zu berücksichtigenden Leistungen der Sozialversicherer an die Klägerin noch nicht einwandfrei feststunden, insbesondere die Sonderzahlungen nicht ziffernmäßig genau festgestellt worden seien. Es bedürfe genauer Zahlen über die Nettopensionen der Klägerin (ohne Familienbeihilfe und ohne Wohnungsbeihilfe) von beiden Sozialversicherern einschließlich der Sonderzahlungen, wobei die Höhe der Leistungen der Sozialversicherungsträger nicht nur bei der Berechnung des Entganges der Klägerin, sondern auch bei der Verteilung der Haftpflichtversicherungssumme auf die einzelnen Gläubiger eine wichtige Rolle spiele. Die mangels ausreichender Deckung der Ansprüche der Klägerin notwendige Kürzung derselben habe
- nach dem im zweiten Rechtsgang erstatteten bezüglichen Vorbringen der beklagten Partei - im gegenständlichen Verfahren und nicht erst in einem späteren Exekutionsverfahren zu erfolgen. Bei der Verteilung der Versicherungssumme komme dem Quotenrecht der Sozialversicherer keine Bedeutung zu. Die Ansprüche der Klägerin und der Sozialversicherungsträger seien gleichrangig zu behandeln. Nach Abzug der gemäß § 336 Abs. 2 ASVG vorrangigen Schmerzengeldforderung von 30 000 S verbleiben von der Versicherungssumme noch 970 000 S zur Verteilung, auf die grundsätzlich alle mußtmaßlichen Gläubiger gleichrangig zur Befriedigung ihrer anderen Forderungen verwiesen seien. Da die Leistungen auf Abschlag der Versicherungssumme erst in Zukunft zu erbringen sind, was der beklagten Partei zum Vorteil gereiche, sei eine entsprechende Abzinsung vorzunehmen. Dabei seien die künftig von der beklagten Partei laufend zu erbringenden Leistungen um Zwischenzinsen und Zinseszinsen vermindert in Anschlag zu bringen, und solcherart der Barwert zu berechnen. Beim Abzinsen sei im Sinne des Art. 3 AKHB ein Zinssatz von 3% zu veranschlagen. Die genaue Durchrechnung werde durch einen Sachverständigen für Versicherungsmathematik zu erfolgen haben. Die Berechnung des Barwertes der Rentenansprüche habe entsprechend den jeweiligen Änderungen der Ansprüche in den zeitlichen Stufen teils neu zu erfolgen. Bei den Ansprüchen der Klägerin - die drei ehelichen Kinder erachteten sich nach der Aktenlage offenbar klaglos gestellt
- sei zunächst 13 202.60 S Kapital (Beerdigungskosten und dergleichen) und sodann der Barwert ihrer eigenen Rente zu veranschlagen. Die den Sozialversicherungen auf Grund des Unfalles laufend zustehenden Regreßansprüche seien ebenfalls auf den Barwert abzuzinsen und je nach Änderungen der Leistungshöhe und den betroffenen Zeiträumen zu bewerten. Dies ergebe acht verschiedene Regreßansprüche, die sowohl hinsichtlich der Klägerin und der drei Kinder, als auch hinsichtlich der zwei Sozialversicherungsträger (PVA und LVA) mit Änderungen und in verschiedenen Zeiträumen für die zu erbringenden Leistungen in Betracht kommen. Bei der verhältnismäßigen Kürzung der abgezinsten Barwerte der Forderungen der mußmaßlichen Ersatzberechtigten sei die Forderung der Klägerin an Kapital von 13 202.60 S voll zu veranschlagen, so daß ihr nur aus dem um diesen Betrag verringerten Barwert eine Rente zustehe. Die in der Haftpflichtversicherungssumme nicht hinreichend gedeckte Unterhaltsrente der Klägerin sei aber - vom Fall einer allfälligen Wiederverehelichung abgesehen - nicht zeitlich, sondern der Höhe nach zu kürzen. Es müsse aber die Rechtskraft beachtet werden, da die Klägerin die Abweisung des Rentenbegehrens für die Zeit ab 1. Feber 1987 unangefochten gelassen habe. Es werde daher der gekürzte Barwert des der Klägerin aus der Versicherungssumme zustehenden Anteils auf eine versicherungsmathematisch zu berechnende, allerdings nur bis 31. Jänner 1987 laufende Rente aufzuteilen sein, deren monatliche Beträge allerdings höher liegen müßten als bei der Berechnung auf den ursprünglich begehrten Rentenzeitraum bis 17. April 2007. Diese neu zu ermittelnde Rentenhöhe müsse aber im Rahmen des Klagebegehrens liegen. Diese Berechnungsart verstoße nicht gegen die Rechtskraft, weil das Erstgericht im Urteilsspruch eine bestimmte zur Verfügung stehende Deckungssumme angeführt habe. Zudem könne nicht gesagt werden, daß die Klägerin mit dem Unterlassen ihrer Anfechtung bezüglich des späteren Zeitraumes auch auf die Deckungssumme verzichtet hätte.
Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien Folge. Der angefochtene Beschluß wurde dahin abgeändert, daß das Ersturteil auch in dem Ausspruch über die Abweisung des Rentenbegehrens hinsichtlich des Zeitraumes 1. Feber 1987 bis 17. April 2007 aufgehoben wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zunächst ist darauf zu verweisen, daß das Klagebegehren nicht eindeutig formuliert ist. Eine Klage auf Erbringung bestimmter Leistungen "nach Zulangen der Versicherungssumme" gibt es ebensowenig wie etwa ein Begehren gemäß § 802 ABGB auf Zahlung "nach Zulangen der Verlassenschaft" (vgl. die Entscheidung 4, 6, zu § 802 ABGB, GMA[30]; 6 b und 6 c zu § 35 EO GMA[10]). Einem derartigen Urteil würde mangels Bestimmtheit der von der Beklagten zu erbringenden Leistung die Vollstreckbarkeit nach § 7 EO mangeln. Die Klägerin kann daher nur ein ziffernmäßig bestimmtes Leistungsbegehren erheben oder ein Begehren auf Feststellung, daß der Klägerin der Beklagten gegenüber ein bestimmter Anspruch zustehe, vorbehaltlich einer Herabsetzung nach § 156 Abs. 3 VersVG. Damit würde klargestellt, mit welcher Forderung die Klägerin an der Verteilung der Versicherungssumme durch die Beklagte teilzunehmen hat (vgl. Wussow[12], 1010, 1012 a letzter Absatz, 1499 d; BGH 36, 38). Sollte dann die Verteilung der Versicherungssumme durch die Beklagte nicht zu ihrer Zufriedenheit ausfallen, müßte die Klägerin eine Leistungsklage einbringen. Darauf, daß die Klägerin ein solches Feststellungsbegehren erheben wollte, könnten ihre Ausführungen in der Berufungsmitteilung und im Rekurs hindeuten. In diesem Fall hätte sich das Erstgericht darauf zu beschränken, den Schadenersatzanspruch der Klägerin festzustellen.
Unter der Voraussetzung einer eindeutigen Formulierung des Klagebegehrens als Leistungsbegehren ist zu den von den Rekurswerbern aufgeworfenen Rechtsfragen zu sagen:
Auszugehen ist von der durch § 63 Abs. 1 KFG geschaffenen Rechtslage, wonach der geschädigte Dritte den ihm gegen einen Haftpflichtversicherten zustehenden Schadenersatzanspruch im Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrages auch gegen den Versicherer geltend machen kann. Die ausdrückliche Bezugnahme des Gesetzes auf den "Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrages" stellt klar, daß der beklagte Versicherer dem Klagsanspruch alle im Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrages möglichen Einwendungen entgegenhalten kann. Die dem Klagsanspruch entgegengehaltene Behauptung des Haltpflichtversicherers, die Deckungssumme reiche zur Befriedigung des klagenden Geschädigten nicht aus, kann daher nur in dem jeweiligen Schadenersatzprozeß geprüft werden. Die Ansicht der Klägerin, daß der Haftpflichtprozeß ausschließlich der Festsetzung der Ansprüche des Geschädigten diene, die "Verteilung" der Haftpflichtversicherungssumme auf die einzelnen Geschädigten im Sinne des § 156 Abs. 3 VersVG jedoch nicht im Haftpflichtprozeß, sondern in einem späteren, allenfalls im Exekutionsverfahren vorzunehmen sei, ermangelt daher einer gesetzlichen Grundlage.
Allerdings muß der beklagte Versicherer, der sich auf eine gegenüber dem Klagsanspruch nicht zureichende Deckungssumme beruft, diesen seinen Einwand konkretisieren und Beweise anbieten, was beispielsweise durch Vorlage eines kompletten, in Beachtung der Bestimmungen der §§ 155 und 156 VersVG aufgestellten Verteilungsplans geschehen kann, dessen Uberprüfung dem Gericht, allenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen aus dem Gebiete der Versicherungsmathematik, ohne größere Schwierigkeit möglich sein wird.
Jeder gegen den Versicherer "im Rahmen des betreffenden Versicherungsvertrages" erhobene Anspruch ist nach den einschlägigen Bestimmungen des Vertragsversicherungsrechtes zu beurteilen. Im vorliegenden Fall ist daher nach Maßgabe der §§ 156 Abs. 3, 155 Abs. 1 VersVG vorzugehen; dabei ist, um über die Ansprüche der Klägerin entscheiden zu können, eine Art Verteilung vorzunehmen. Daß, wie die Klägerin vermeint, die Bestimmungen über die Rentenkürzungen sich ausschließlich auf das Verhältnis Versicherer - Versicherungsnehmer bezögen, ist unrichtig. Verfehlt ist auch die von der Klägerin schon in ihrer Berufungsmitteilung vertretene Auffassung, daß die Vorschrift des § 155 Abs. 1 VersVG dann gegenstandslos sei, wenn, wie hier, in der Kfz-Pflichtversicherung der Dritte unmittelbar gegen den Versicherer vorgehe. Hier übersieht die Klägerin offenbar, daß die bezügliche, bei Prölß - Martin, Versicherungsvertragsgesetz[20], 703 zu findende Anmerkung sich auf die Vorschrift des § 155 Abs. 2 VersVG betreffend die vom Versicherungsnehmer dem geschädigten Dritten kraft Gesetzes zu leistende Sicherheit, bezieht, die im vorliegenden Fall keine Rolle spielt.
Zu beachten ist jedoch, daß im Sinne des § 156 Abs. 3 VersVG bei der "Verteilung" nicht, wie das Berufungsgericht vermeint, alle "mutmaßlichen" Gläubiger zu berücksichtigen sind, sondern neben den durch Vergleich, Urteil oder Anerkenntnis festgestellten die - wenn auch noch nicht festgestellten, so doch - bisher beim Versicherer geltend gemachten Forderungen der mehreren Geschädigten und schließlich jene, mit deren Geltendmachung der Versicherer bei entsprechender Sorgfalt rechnen muß und die er durch Bildung einer Rücklage zu berücksichtigen hat (Prölß - Martin a. a. O., Anm. 6 zu § 156 VVG; Bruck - Möller - Johannsen, Kommentar zum VersVG[8], 4. Bd. B 96; 2 Ob 142/75; 7 Ob 33/76; 7 Ob 52/76). Aus der Bestimmung über die verhältnismäßige Befriedigung mehrerer auf Grund desselben Ereignisses Geschädigter im Sinne des § 156 Abs. 3 VersVG folgt, daß der Haftpflichtversicherer behaupten und beweisen muß, welche Ansprüche außer dem mit der vorliegenden Klage geltend gemachten und in welcher Höhe sie gegen ihn erhoben werden. Das erstinstanzliche Verfahren ist daher in dieser Richtung zu ergänzen.
Daß dem Sozialversicherungsträger gemäß § 336 ASVG ein Vorrecht bei der "Verteilung" zukomme, wurde vom Berufungsgericht zutreffend verneint. Dazu hat der OGH in 2 Ob 156, 157/75 = RZ 1976/201, von einer früher vertretenen Rechtsansicht abgehend, ausgesprochen, daß eine vorrangige Behandlung der Sozialversicherungsträger gegenüber dem Geschädigten der Bestimmung des § 336 ASVG nicht entspricht. Wohl hat der Geschädigte hinsichtlich des Schmerzengeldes Anspruch auf bevorzugte Befriedigung aus der unzulänglichen Deckungssumme, doch sind alle anderen Ansprüche des Geschädigten und Ersatzforderungen des Sozialversicherungsträgers (als des Legalzessionars) bei der Verteilung gleichrangig zu behandeln und daher aus der vorhandenen Deckungssumme verhältnismäßig zu befriedigen. Die Versicherungssumme ist den ersatzberechtigten Dritten nach dem Verhältnis der Beträge ihrer geltend gemachten (§ 156 Abs. 3 VersVG) Forderungen auszufolgen (siehe dazu Selb, Das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers, 46 und Punkt 8 der "Ergebnisse" 53). Auf § 336 ASVG ist nur insofern Bedacht zu nehmen, als darin für die Befriedigung des Schmerzengeldanspruches des Geschädigten ein Vorrang statuiert wird.
Der klagsgegenständliche Rentenanspruch der Klägerin ist daher bei der Verteilung nach den durch § 155 Abs. 1 VersVG in Verbindung mit Art. 3 AKHB gegebenen Richtlinien zu berechnen. Um dabei zu dem der Klägerin zustehenden "verhältnismäßigen Teil der Rente" zu gelangen, darf diese nur in betraglicher, nicht aber in zeitlicher Hinsicht gekürzt werden. Der Klägerin einen "höheren" Rentenbetrag für einen "kürzeren" Zeitraum zuzusprechen, wäre - die bezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes erscheinen unklar - mit § 155 Abs. 1 VersVG nicht vereinbar. Ein vorzeitiges Erlöschen der Rentenverpflichtung kommt dem Versicherer zugute (Prölß - Martin a. a. O., 702; SZ 33/70).
Im Recht befindet sich die Beklagte auch damit, daß der Klägerin Einkommenssteueranteile nicht zustehen, und zwar deshalb, weil es an einem entsprechenden Vorbringen fehlt. Da die Klägerin nämlich trotz diesbezüglichem Hinweis in der im ersten Rechtsgang erflossenen berufungsgerichtlichen Entscheidung dazu kein ergänzendes Vorbringen erstattete, kann nunmehr davon ausgegangen werden, daß sie, was im Hinblick auf die unzureichende Deckungssumme verständlich erschiene, einen solchen Zuspruch nicht anstrebt.
Zu Recht wendet sich die Klägerin schließlich gegen die Rechtsansicht der zweiten Instanz, daß hinsichtlich der Abweisung ihrer Rentenansprüche für den Zeitraum vom 1. Feber 1987 bis 17. April 2007 durch das Erstgericht mangels Anfechtung Teilrechtskraft eingetreten sei. Dazu erklärte sie schon in ihrer Berufungsmitteilung, sie habe mangels einer Beschwerde und zwar deshalb kein Rechtsmittel gegen die Teilabweisung erhoben, weil die für ihre Ansprüche zur Verfügung stehende Deckungssumme in der Höhe von 304 818.32 S richtig ermittelt worden sei.
Dem ist im Sinne der folgenden Erwägungen beizupflichten:
Nach Lehre und Rechtsprechung kommt der Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft dann nicht zur Geltung, wenn der unangefochten gebliebene Teil höchstens scheinbar formell, inhaltlich aber gar nicht selbständig in Rechtskraft erwachsen könnte, weil er in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit der noch überprüfbaren Entscheidung steht. Von einem untrennbaren Sachzusammenhang kann allerdings dann nicht gesprochen werden, wenn wenigstens eine quantitative Scheidung des unangefochten gebliebenen und des angefochtenen Entscheidungsteiles möglich ist (Fasching IV, 31 und 45; NZ 1970, 41; 1 Ob 108/72; 1 Ob 205/72). Im vorliegenden Fall erfolgte der Rentenzuspruch für die Zeit ab 17. April 1974 "bis zur Erschöpfung der für die Klägerin zustehenden Deckungssumme von 304 818.32 S (somit bis Jänner 1987)". Dementsprechend wurde das über diesen Zeitraum hinausgehende Rentenbegehren vom 1. Feber 1987 bis 17. April 2007 abgewiesen. Eine quantitative Scheidung ist also nur hinsichtlich des Betrages von 304 818.32 S einerseits und der diesen Betrag übersteigenden Ansprüche andererseits erfolgt, nicht aber wurde eine Teilung der Deckungssumme von 304 818.32 S vorgenommen. Zwischen deren Höhe und dem Zeitraum, für welchen sie der Klägerin in Rentenform gebührt, besteht ein untrennbarer Sachzusammenhang, zumal weil sich der Rentenanspruch der Klägerin, wie oben dargelegt, nur in betraglicher, nicht jedoch in zeitlicher Hinsicht begrenzen läßt. Dies aber macht die Aufhebung des in zeitlicher Beziehung abweislichen Teils des Ersturteils erforderlich.
Von den wie vorstehend angeführt anders beurteilten Punkten abgesehen, hat das Berufungsgericht aber die für die Berechnung der Rente maßgeblichen Grundsätze mit Hinweisen auf die einschlägige Literatur richtig aufgezeigt; beide Rekurswerber bringen dagegen nichts rechtlich Erhebliches vor. Es bedarf somit der neuerlichen Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)