Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger als Lenker eines Motorfahrrads und der Erstbeklagte als Lenker eines PKWs hielten jeweils eine Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h ein und kamen einander auf der 4,9 m breiten Fahrbahn frontal entgegen. Welche Fahrlinie die beiden Fahrzeuge, bezogen auf den jeweiligen rechten Fahrbahnrand, einhielten, ist nicht feststellbar. Der Kläger reagierte mit einem Rechtsverreißen, wodurch er von der Fahrbahn abkam, auf dem daran anschließenden Rasen schleuderte, stürzte und sich verletzte. Der Erstbeklagte, den seine Beifahrerin durch Rufen auf den entgegenkommenden Kläger aufmerksam machte, reagierte nicht und hielt seinen PKW erst an, als er den gestürzten Kläger im Rückspiegel sah. Eine Kollision fand nicht statt.
Die Vorinstanzen teilten wegen nicht beweisbaren Verschuldens eines der Lenker hinsichtlich des Rechtsfahrgebots gemäß § 11 EKHG den Schaden im Verhältnis 1 : 1 aufgrund der gleich großen gewöhnlichen Betriebsgefahr beider Fahrzeuge. Das Berufungsgericht führte aus, das Verreißen eines Fahrzeugs bewirke zwar dessen außergewöhnliche Betriebsgefahr; das Verreißen habe aber nicht ein dritter Verkehrsteilnehmer, sondern die frontale Begegnung der Fahrzeuge bewirkt.
Die Beklagten als Revisionswerber meinen, die außergewöhnliche Betriebsgefahr bleibe nur gegenüber demjenigen Unfallbeteiligten außer Betracht, der sie durch ein verkehrswidriges Verhalten verursacht habe (vgl RIS-Justiz RS0110986). Der Erstbeklagte habe nicht verkehrswidrig gehandelt. Aufgrund der außergewöhnlichen Betriebsgefahr des Motorfahrrads wäre das Klagebegehren abzuweisen gewesen (vgl RIS-Justiz RS0125620 = 2 Ob 142/09k mwN).
Der Erstbeklagte hat sich aber sehr wohl verkehrswidrig verhalten, indem er keine gebotene Abwehrreaktion (Bremsen, Rechtsauslenken) gesetzt hat. Dass diese möglich gewesen wäre, ergibt sich daraus, dass ja auch der Kläger noch reagieren konnte und auch die Beifahrerin im PKW offenbar vor dem Erstbeklagten den Kläger als Gefahr erkannt hatte.
Hätte der Kläger - wie der Erstbeklagte - nicht reagiert und nicht ausgelenkt, so wäre er nicht ins Schleudern gekommen und wohl mit dem PKW kollidiert. Ihm wäre dann wie den Beklagten nur die gewöhnliche Betriebsgefahr zuzurechnen gewesen, sodass jedenfalls 1 : 1 zu teilen gewesen wäre. Es wäre nicht sachgerecht, wenn der Kläger für seine richtige Reaktion, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kollision und somit größere Schäden verhindert hat, gegenüber einem (zumindest objektiv falschen) reaktionslosen Alternativverhalten mit Klagsabweisung geradezu noch „bestraft“ würde (vgl 2 Ob 2341/96w).
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