Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 818,66 EUR (darin enthalten 136,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Begründung
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, auf der ein Wohnhaus steht, in dem sie wohnen. Die Mutter der Erstklägerin hat aufgrund eines Übergabsvertrags aus dem Jahr 1982 das unentgeltliche verbücherte Wohnrecht im Erdgeschoß des Hauses, wo sie und seit etwa 18 Jahren der Beklagte als ihr Lebensgefährte wohnen.
Die Kläger begehren 1) die Feststellung, der Beklagte sei nicht berechtigt, sich die Dienstbarkeit des laut Übergabsvertrags der Mutter der Erstklägerin zukommenden Wohnrechts der Wohnung im Erdgeschoß des Hauses anzumaßen bzw das Eigentum der Kläger zu stören; 2) der Beklagte habe die Wohnung im Erdgeschoß des Hauses zu räumen und 3) der Beklagte habe jede im ersten Punkt des Urteilsspruchs bzw darin Bezug nehmend die im Klagsvorbringen genannten Störungshandlungen und jede ähnliche derartige Handlung zu unterlassen.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, da oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei ursprünglich berechtigter Aufnahme eines Lebensgefährten durch den Wohnungsberechtigten und späterem Fehlverhalten des Lebensgefährten ein Räumungsanspruch des Eigentümers unmittelbar gegen diesen bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist unzulässig.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
Das Berufungsgericht hat - von den Klägern in der Revision nicht bestritten - das Recht der Mutter der Erstklägerin, den Beklagten als Lebensgefährten bei sich aufzunehmen, bejaht (SZ 64/106 = RIS-Justiz RS0011862 = RS0011861). Das Recht des Hauseigentümers, jeden Dritten von der Benützung seines Eigentums auszuschließen, werde durch die von ihm getroffene rechtsgeschäftliche Verfügung beschränkt, sodass, solange diese Verfügung aufrecht sei, nur derjenige, zu dessen Gunsten sie getroffen wurde, vom Hauseigentümer in Anspruch genommen werden könne, nicht aber derjenige, der sein Recht auf Benützung eines zum Haus gehörigen Raums aus dem Recht des Vertragspartners des Hauseigentümers ableiten könne (3 Ob 278/04k; RIS-Justiz RS0010416 [T1]). Der Beklagte sei somit hinsichtlich des Räumungsbegehrens passiv nicht legitimiert.
Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung wäre der Beklagte aber selbst dann nicht passiv legitimiert, wenn schon sein Einzug bei der Mutter der Erstklägerin eine - hier nicht vorliegende - Vertragsverletzung im Verhältnis zwischen den Klägern und der Mutter der Erstbeklagten darstellte (MietSlg 21.029; 25.033). Umso weniger kann die Passivlegitimation des Beklagten bestehen, wenn sein Einzug seinerzeit rechtens war. Die vom Berufungsgericht formulierte Frage ist somit zumindestens implizit bereits beantwortet.
Auch die Revisionswerber zeigen keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Soweit sie auf die Rechtsprechung verweisen, wonach jeder Störer passiv Legitimierter einer Eigentumsfreiheitsklage gemäß § 523 ABGB ist, ist ihnen mit den Vorinstanzen zu entgegnen, dass die von den Klägern ins Treffen geführten und festgestellten Beleidigungen und Tätlichkeiten des Beklagten gegenüber den Klägern weder die Anmaßung einer Servitut noch sonst einen Eingriff ins Eigentum darstellen.
Die Revisionswerber rügen, das Berufungsgericht habe trotz entsprechenden Hinweises in der Berufung die Passivlegitimation des Beklagten (betreffend das Räumungsbegehren) entgegen oberstgerichtlicher Rechtsprechung ohne dessen Einwendung von Amts wegen geprüft und verneint.
Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung ist die Frage der Aktivlegitimation oder Passivlegitimation zwar in der Regel nur auf Einwendung und nicht von Amts wegen zu prüfen. Es müssen jedoch nur die Tatsachen vorgebracht werden, aus denen sich in rechtlicher Beurteilung der Mangel der Sachlegitimation ergibt (RIS-Justiz RS0065553). Die Entscheidung über die Frage der Sachlegitimation (Aktivlegitimation oder Passivlegitimation) ist nichts anderes als die meritorische Entscheidung über den Klagsanspruch im Hinblick auf seine subjektiven Voraussetzungen. Sie ist demnach Entscheidung sowohl einer Tatfrage als auch einer Rechtsfrage und unterliegt keiner Sonderregelung. Soweit sie rechtliche Beurteilung ist und in dem Tatsachenvorbringen der Parteien oder im festgestellten Sachverhalt Deckung findet, sind eine Einrede der mangelnden Sachlegitimation oder sonstige Rechtsausführungen der Parteien keine Entscheidungsvoraussetzungen, auch nicht in den Rechtsmittelinstanzen (RIS-Justiz RS0035170).
Wenn daher das Berufungsgericht auch ohne ausdrückliche Einwendung durch den Beklagten aufgrund dessen Vorbringens und der Feststellungen dessen Passivlegitimation zum Räumungsbegehren verneint hat, hält sich dies im Rahmen der zitierten Rechtsprechung.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das (oben wiedergegebene) Unterlassungsbegehren sei nicht hinreichend bestimmt, ist einzelfallbezogen (RIS-Justiz RS0037874 [T33]) und nicht korrekturbedürftig.
Die im Zusammenhang mit dem Räumungsbegehren von den Revisionswerbern formulierte Frage, ob ein Dritter Rechte aus einem Wohnungsrecht ableiten könne, ist nicht entscheidungsrelevant und schon deshalb nicht erheblich, weil - wie ausgeführt - der Beklagte passiv nicht legitimiert ist.
Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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