OGH 3Ob278/04k

OGH3Ob278/04k26.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, ***** vertreten durch Prettenhofer & Jandl, Rechtsanwältepartnerschaft in Wien, wider die beklagte Partei L***** GmbH, ***** vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Räumung (Streitwert nach JN 4.000 EUR), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 1. Juli 2004, GZ 21 R 211/04v-11, womit das Urteil des Bezirksgerichts Amstetten vom 14. April 2004, GZ 3 C 16/04w-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei schloss mit der späteren Betreiberin eines Cafes einen Bestandvertrag - dass es sich inhaltlich um einen Pachtvertrag handelt, ist im nunmehrigen Rekursverfahren nicht mehr strittig - über einen Geschäftsraum in einem Einkaufszentrum. Es ist vereinbart, dass die gänzliche oder teilweise Untervermietung des Bestandgegenstands der schriftlichen Zustimmung der Bestandgeberin bedarf, es sei denn, es handelt sich um ein Unternehmen mit gleichem Geschäftszweck und entsprechender Bonität.

Die Bestandnehmerin schloss Jahre später mit der beklagten Partei einen Vertrag über Einrichtung und Inventar des von der Bestandnehmerin betriebenen Cafes. Gleichzeitig vereinbarten beide Vertragsparteien, dass die „Mietrechte" an die beklagte Partei gemäß § 12a MRG übergehen, in eventu das Bestandobjekt von der Bestandnehmerin an die beklagte Partei „untervermietet" wird, sollte es zu keinem Mietrechtsübergang kommen. Dass die Bestandnehmerin und die beklagte Partei diese Vereinbarung nur aufgrund eines drohenden Konkurses der Bestandnehmerin und unter weiterer wirtschaftlicher Zuordnung des Betriebsergebnisses für den Geschäftsführer der Bestandnehmerin abgeschlossen hätten, konnte nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Räumung des Geschäftslokals, in dem das Cafe betrieben wird. Über das Vermögen der Bestandnehmerin sei der Konkurs eröffnet worden, vorher habe die Bestandnehmerin das Bestandobjekt vertragswidrig an die beklagte Partei weitergegeben. Im Hinblick auf die vereinbarte Betriebspflicht sei das Bestandverhältnis als Pachtvertrag zu qualifizieren, die Bestimmung des § 12a MRG über die Unternehmensveräußerung sei daher nicht anzuwenden. Die klagende Partei habe überdies mit der Bestandnehmerin ein Untermietverbot vereinbart. Darüber hinaus habe sie gegenüber dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Bestandnehmerin den Bestandvertrag per 29. Februar 2004 aufgekündigt, sodass auch das Hauptbestandverhältnis weggefallen sei und nicht mehr bestehe.

Die beklagte Partei wendete ein, sie benütze das Bestandobjekt nicht titellos, sie habe vielmehr das Cafe gekauft und führe dieses weiter. Sie habe Unternehmen, Firma und Kundenstock erworben, es sei gemäß § 12a MRG zu einem Mietrechtsübergang gekommen, der mittlerweile auch angezeigt worden sei. Zwischen der beklagten Partei und der Bestandnehmerin sei für den Fall, dass es zu keinem Mietrechtsübergang gemäß § 12a MRG gekommen wäre, überdies ein Bestandvertrag abgeschlossen worden.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren mit der Begründung ab, die Bestimmung des § 12a MRG sei nicht anwendbar, weil es sich in Wahrheit bei dem von der Rechtsvorgängerin der klagenden Partei mit der Bestandnehmerin abgeschlossenen Vertrag aus näher genannten Gründen um einen Pachtvertrag gehandelt habe. Ein Unterbestandverbot sei nicht ausdrücklich vereinbart worden, sodass die Bestandnehmerin als Pächterin ihre Gebrauchsrechte am Bestandgegenstand weitergeben habe dürfen. Die beklagte Partei könne aus dem Unterbestandverhältnis Rechte ableiten, ein Direktanspruch der klagenden Partei gegen die Unterbestandnehmerin bestehe daher nicht. Das Unterbestandverhältnis erlösche mit der Beendigung des Hauptbestandverhältnisses grundsätzlich nicht.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der klagenden Partei das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil die Frage, ob ein Untermieter oder -pächter gegen die Räumungsklage des Liegenschaftseigentümers schon bei Beendigung des Hauptbestandverhältnisses oder erst ab der Exmittierung des Hauptmieters oder -pächters ungeschützt sei, bisher nicht einheitlich beantwortet werde. § 12a MRG sei auf das vorliegende Pachtverhältnis nicht anwendbar. Ein generelles Untermietverbot sei nicht vereinbart worden, sondern lediglich, dass die „Vermieterin" einer „Untervermietung" zustimmen müsse, es sei denn, es handle sich beim Unterbestandnehmer um ein Unternehmen mit gleichem Geschäftszweck und entsprechender Bonität. Derartiges liege aber hier nicht vor. Die abschließende Beurteilung des vorliegenden Falles setze aber die Klärung der zwischen den Parteien strittigen Frage voraus, ob das Hauptbestandverhältnis zwischen der klagenden Partei und der Bestandnehmerin bzw der Konkursmasse nach wie vor aufrecht bestehe oder nicht. Sei das Hauptbestandverhältnis bereits beendet worden, seien Personen, die ihr Recht vom Bestandnehmer ableiten, gegen die Räumungsklage des Liegenschaftseigentümers nicht mehr geschützt. Es sei nicht einsichtig, weshalb der Unterbestandnehmer - ohne jegliche rechtliche Garantien im Verfahren - im Wege der Räumungsexekution gegen den Unterbestandgeber aufgrund der Rechtskrafterstreckung nach § 568 ZPO selbst aus dem Bestandobjekt entfernt werden könnte, es dem Bestandgeber aber ungeachtet der Auflösung des Bestandverhältnisses aus welchem Grund immer nicht möglich sein sollte, direkt mittels Räumungsklage gegen den Unterbestandnehmer vorzugehen, wenn dieser das Bestandobjekt weiter nutze, obwohl derjenige, von dem er seine Berechtigung ableite, das Objekt nicht mehr nutzen dürfe. Der Titel für die Benutzung gegenüber dem Eigentümer, den der Unterbestandnehmer ja von seinem Bestandnehmer ableite, sei durch eine Aufkündigung des Bestandvertrags weggefallen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Das Recht des Liegenschaftseigentümers, jeden Dritten von der Benützung seines Eigentums auszuschließen, wird durch die von ihm, sei es durch einen Mietvertrag, sei es durch einen anderen obligatorischen Vertrag getroffene Verfügung beschränkt, sodass, solange diese Verfügung aufrecht ist, nur derjenige, zu dessen Gunsten sie getroffen wurde, vom Eigentümer in Anspruch genommen werden kann, nicht aber derjenige, der sein Recht auf Benützung eines zum Haus gehörenden Raums aus dem Recht des Vertragspartners des Eigentümers abzuleiten in der Lage ist (stRsp; 7 Ob 144/57 = EvBl 1957/283 uva; zuletzt 1 Ob 212/03p = ecolex 2004, 610 mwN; RIS-Justiz RS0010416). Die Räumungsklage steht also dem Eigentümer nur beschränkt zu. Wenn der Eigentümer seine Liegenschaft mit dem darauf errichteten Haus oder einen Teil einem anderen durch Vertrag (Wohnrecht, Miete oder Pacht, Bittleihe) zum Bewohnen überlassen hat, hat er sich für die Dauer dieses Vertragsverhältnisses seines aus dem Eigentumsrecht fließenden freien Verfügungsrechts begeben. Er kann gegen eine Benützung nur mehr aufgrund des Vertrags gegen seinen Vertragspartner einschreiten; gegen einen Dritten, der mit dessen Zustimmung das Objekt benützt, steht ihm ein unmittelbares Klagerecht nicht zu. Es kommt nicht darauf an, ob die vom Vertragspartner des Eigentümers abgeleitete Benützungserlaubnis noch aufrecht ist; maßgebend ist nur, ob das Rechtsverhältnis zwischen dem Eigentümer und seinem Vertragspartner noch aufrecht ist (9 Ob 508/95 = woBl 1997, 40; Klicka in Schwimann3, § 366 ABGB Rz 11 mwN).

Der in 8 Ob 300/98w (= JBl 1999, 736 [Apathy] = ecolex 1999, 684 [Wilhelm] = RdW 1999, 793 = MietSlg 51/21) vertretenen Ansicht, dass das im Vertragsverhältnis des Eigentümers mit dem Hauptbestandnehmer gelegene Hindernis für die Räumungsklage des Eigentümers gegen den Unterbestandnehmer auch über die Auflösung des Hauptbestandverhältnisses hinaus (bis zur tatsächlichen Beendigung der Nutzung durch den Hauptbestandnehmer) fortbesteht, worauf das Erstgericht - dem von der beklagten Partei auch noch in dritter Instanz vertretenen Standpunkt folgend -) die Abweisung des Räumungsbegehrens unabhängig davon gestützt hat, ob das Hauptbestandverhältnis bereits beendet wurde, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen (vgl dazu Apathy in seiner Entscheidungsbesprechung). Bereits in der Entscheidung 3 Ob 33/99w (= woBl 2000, 23 [Hausmann] = immolex 2000, 168 = MietSlg 51.154 mwN) hat der Oberste Gerichtshof festgehalten, dass dem Vermieter gegenüber der Rechtstitel des Untermieters zugleich mit jenem des Hauptmieters untergehe und sich der Untermieter also dem Vermieter gegenüber auf keinen Rechtstitel berufen könne. Der von der (dortigen) Revisionswerberin angesprochene und als Rechtfertigung für ihren Standpunkt herangezogene Schutz des Unterbestandnehmers finde in dessen Rechtsverhältnis zum Unterbestandgeber (= Bestandnehmer des Eigentümers) seine Grenze. Der Unterbestandnehmer könne daher nur gegenüber seinem Vertragspartner erfolgreich das aufrechte Untermietverhältnis einwenden, nicht aber auch dann, wenn er vom Eigentümer nach Beendigung des Hauptbestandverhältnisses auf Räumung in Anspruch genommen wird. Dem ist beizutreten. Der gegenteiligen Ansicht in der vereinzelt gebliebenen E 8 Ob 300/98w kann somit nicht gefolgt werden.

Das Berufungsgericht hat daher zu Recht dem Erstgericht die Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage dahin aufgetragen, ob das Hauptbestandverhältnis iSd diesbezüglichen Klagevorbringens bereits beendet worden ist, weil in diesem Fall dem Räumungsbegehren der klagenden Partei mangels Rechtstitels der beklagten Partei berechtigt wäre.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

Stichworte