European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00203.17T.1128.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Annahme, dass keine wirkliche Übergabe iSv § 943 ABGB und § 1 lit d NotAktG vorlag, ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt.
1.1. Eine wirkliche Übergabe liegt vor, wenn der Geschenkgeber einen vom Schenkungsvertrag verschiedenen und als Übergabe erkennbaren Akt setzt, der nach außen (aber nicht notwendig gegenüber Dritten: 1 Ob 115/02x mwN) in Erscheinung tritt und geeignet ist, seinem Willen Ausdruck zu verleihen, das Schenkungsobjekt aus seiner Gewahrsame in die des Beschenkten zu übertragen (1 Ob 147/00z mwN; RIS‑Justiz RS0011383 [T11]). Ein solches Verhalten hat die Geschenkgeberin nach den Feststellungen der Vorinstanzen, die wesentlich auf den diesbezüglichen Aussagen der Beklagten beruhen, entgegen der Beurkundung im Schenkungsvertrag nicht gesetzt.
1.2. Richtig ist, dass der Beklagten und ihrem Ehegatten eine der Liegenschaften bereits zur Hälfte gehört und dass insofern Mitbesitz (Mitgewahrsam) bestanden hatte. Für bewegliche Sachen nimmt die Rechtsprechung in solchen Fällen an, dass die wirkliche Übergabe auch durch Besitzauflassung (traditio brevi manu) erfolgen kann (RIS‑Justiz RS0010152; weitere Nachweise bei Rabl , NZ 2015, 172 ff, und Parapatis in Schwimann/Kodek 4 § 943 Rz 17 f). Das wird zwar im Schrifttum bezweifelt, weil die formal vom Schenkungsversprechen getrennte, aber unter Umständen bloß konkludent erfolgende Besitzauflassung keine Warnfunktion habe ( Zöchling-Jud , NZ 2015, NZ 186 ff; Kletečka , NZ 2015, 166 ff). Für den vorliegenden Fall kann diese Frage aber offen bleiben, weil die Vorinstanzen keine vom Schenkungsvertrag getrennte Handlung der Geschenkgeberin feststellen konnten, die auch nur ansatzweise als Besitzauflassung gedeutet werden könnte. Die Einräumung von Mitgewahrsam beim 1973 erfolgten Kauf des Hälftanteils von der (späteren) Geschenkgeberin kann nicht als wirkliche Übergabe aufgrund des Schenkungsvertrags aus 2009 angesehen werden.
2. Die Ermittlung des Verkehrswerts einer Liegenschaft gehört grundsätzlich zum nicht revisiblen Tatsachenbereich (1 Ob 31/17s mwN). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht die Feststellungen zum Wert der Liegenschaften aufgrund eines Gutachtens getroffen, das der Sachverständige nach dem dafür grundsätzlich geeigneten Sachwertverfahren (§§ 3, 6 LBG) erstellt hatte; das Berufungsgericht hat die diesbezügliche Beweisrüge der Beklagten verworfen. Dieses Ergebnis ist der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen. Der Beklagten wäre es im Übrigen frei gestanden, selbst Beweise zum Wert der Liegenschaften – etwa durch Vorlage der von ihr und ihrem Mann darüber geschlossenen Veräußerungsverträge – anzubieten.
3. Der Kläger hatte sich von Anfang auf das Fehlen einer wirklichen Übergabe und die daraus folgende Nichtigkeit des Schenkungsvertrags gestützt; die Beklagte hatte dieses Vorbringen bestritten. Weshalb unter diesen Umständen eine unzulässige Überraschungsentscheidung vorliegen soll, wenn die Vorinstanzen dem Standpunkt des Klägers folgten, ist nicht erkennbar.
4. Andere erhebliche Rechtsfragen zeigt die außerordentliche Revision nicht auf. Sie ist daher zurückzuweisen.
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