OGH 2Ob183/20f

OGH2Ob183/20f27.11.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei E***** S*****, vertreten durch Vogl Rechtsanwalt GmbH in Feldkirch, gegen die beklagten Parteien 1. L***** (AZ 3 Cg 36/19s), 2. Dr. Gerhard P***** (AZ 42 Cg 45/18z), beide vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen jeweils 55.493 EUR sA und Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Juli 2020, GZ 1 R 53/20a‑41, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0020OB00183.20F.1127.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Der Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls und wirft daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage auf (RS0026529). Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt hier nicht vor:

[2] Nach den Feststellungen gab es im Zeitpunkt der Implantation keine Hinweise auf eine besondere Bruchanfälligkeit der dem Kläger eingesetzten Hüftprothese, eine entsprechende Studie wurde erst vier Jahre später publiziert. Damit ist die Auffassung des Berufungsgerichts nicht korrekturbedürftig, dass der allgemeine Hinweis auf die „sehr seltene“ Gefahr einer Materialermüdung ausreichte und nicht über eine mögliche Alternative zur gewählten Prothese aufzuklären war, deren Verwendung aus damaliger Sicht eindeutige medizinische Nachteile gehabt hätte.

[3] Der Kläger hat in erster Instanz nicht vorgebracht, dass er bei Kenntnis der letztgenannten Studie vorsorglich das Implantat hätte entfernen lassen. Die Frage, ob insofern eine nachvertragliche Pflicht zur Aufklärung bestand, stellt sich daher nicht.

[4] Auch auf die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob der Kläger seinen Schaden nicht ohnehin schon vom Hersteller ersetzt erhalten hat – er hatte zu einer insofern erfolgten Zahlung aufgrund einer „Verschwiegenheitsklausel“ keine Angaben gemacht, was das Erstgericht dahin würdigte, dass Vollzahlung erfolgt sei – kommt es unter diesen Umständen ebenfalls nicht an.

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