European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E124086
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird in seinem Punkt 2 dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts über das Erbrecht in der Sache wiederhergestellt wird.
Die Kostenentscheidung wird in diesem Punkt aufgehoben, und die Sache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Der Fünftantragsteller ist schuldig, der Viertantragstellerin die mit 1. 883,16 EUR (darin 313,86 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der 2013 verstorbene Erblassser war iranischer Staatsangehöriger, aber seit 2006 in Österreich wohnhaft. Er hinterlässt eine Ehefrau (Erstantragstellerin) und vier Kinder. Die Kinder sind Doppelstaater: Ein Sohn (Fünftantragsteller) und zwei Töchter (Zweit- und Viertantragstellerin) sind iranische und österreichische Staatsangehörige und in Österreich ansässig, der zweite Sohn (Drittantragsteller) ist iranischer und belgischer Staatsangehöriger und in Belgien ansässig. Die Witwe ist in Wels ansässig und (offenkundig) nur iranische Staatsangehörige.
Der Nachlass ist nach Art 10 Abs 3 des Freundschafts- und Niederlassungsvertrags zwischen der Republik Österreich und dem Kaiserreich Iran, BGBl 1966/45, nach iranischem Recht abzuhandeln. Dieses Recht differenziert nach dem Geschlecht der Erben. Der Erbteil des Witwers beträgt ein Viertel, jener der Witwe ein Achtel; bei Kindern erben die Söhne jeweils doppelt so viel wie die Töchter. Bei unbeweglichem Vermögen erben (soweit hier relevant) nur die Kinder, die Witwe hat einen schuldrechtlichen Wertausgleichsanspruch. Mit Testament kann nur über ein Drittel des Nachlasses verfügt werden.
Im konkreten Fall hatte der Erblasser ein nach österreichischem und iranischem Recht ungültiges Testament zugunsten der Witwe verfasst. Die Ungültigkeit kann nach iranischem Recht durch Anerkenntnis geheilt werden. Ein solches Anerkenntnis haben ein Sohn (Drittantragsteller) und eine Tochter (Zweitantragstellerin) abgegeben. Dies hat nach iranischem Recht zur Folge, dass jeweils ein Drittel ihres Erbteils der Witwe zuwächst, und zwar zusätzlich zu jenem Erbteil, der der Witwe schon aufgrund des Gesetzes zukommt. All dies ergibt sich aus einem Rechtsgutachten zum iranischen Recht, dessen Richtigkeit die Parteien nicht bestreiten.
Die Witwe und die Kinder gaben einander (teilweise) widersprechende Erbantrittserklärungen ab. Zwischen jenen Kindern, die das Testament nicht anerkannt haben (Viertantragstellerin und Fünftantragsteller; in der Folge als „Tochter“ und „Sohn“ bezeichnet), ist im Rechtsmittelverfahren strittig, ob die Quoten nach iranischem Recht zu bestimmen sind oder ob die Verschiedenbehandlung der Geschlechter gegen den österreichischen ordre public verstößt.
Das Erstgericht nahm Ordre-public-Widrigkeit sowohl der Schlechterbehandlung der Witwe als auch der Töchter an, und zwar bei der Witwe auch insofern, als diese vom Erbrecht in Bezug auf das unbewegliche Vermögen ausgeschlossen ist. Das führte dazu, dass die vom Erstgericht festgestellten Erbquoten beim beweglichen und unbeweglichen Vermögen gleich waren, was aber nicht auffiel, weil das Erstgericht unterschiedliche Bruchzahlen (teilweise nicht gekürzt) verwendete. Aus der Begründung ergibt sich aber eindeutig, dass diese Rechtsfolge gewollt war, weil das Erstgericht den wegen des Ausschlusses vom Erbrecht bestehenden Wertersatzanspruch (folgerichtig) verneinte. Es wollte also bewegliches und unbewegliches Vermögen gleich behandeln und dabei jene Vorschriften des iranischen Rechts, die nach dem Geschlecht des Erben unterscheiden, nicht anwenden. Die rechnerischen Auswirkungen dieser Vorgangsweise (Anhebung der Quote der Witwe auf die eines Witwers, Gleichbehandlung aller Kinder) sind nicht strittig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sohnes Folge und bestimmte die Quoten nach iranischem Recht, wobei es – anders als das Erstgericht – zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen unterschied. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Das iranische Recht verstoße nicht gegen den ordre public, weil danach nur Männer, nicht aber Frauen zur Leistung von Unterhalt verpflichtet seien. Dieser Umstand gleiche die ungleichen Erbquoten aus. Im konkreten Fall bestünden auch Beziehungen aller Beteiligten in den Iran; die Witwe habe dort die Kinder auf Unterhalt geklagt, und es sei „offensichtlich“ auch zu deren Verurteilung nach den Erbquoten gekommen. Eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung liege nicht vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich ein außerordentlicher Revisionsrekurs der Tochter, mit dem sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung anstrebt.
Sie bringt vor, die Ungleichbehandlung von Mann und Frau verstoße gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts. Ein allfälliger Unterhaltsanspruch nach iranischem Recht könne die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen, weil dieses Unterhaltsrecht zwischen den Beteiligten aus österreichischer Sicht nicht anwendbar sei.
Der Sohn beantragt in der ihm freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel der Tochter zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
In einem ersten Schritt sei zu prüfen, ob das iranische Erbrecht in seiner Gesamtheit gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts verstoße; nur wenn das zutreffe, sei in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Anwendung im konkreten Fall zu einem unerträglichen Ergebnis führe. Hier treffe schon Ersteres nicht zu, weil die nach dem Geschlecht differenzierenden Quoten des iranischen Rechts dadurch ausgeglichen würden, dass nur Frauen einen Unterhaltsanspruch hätten. Daher sei die Anwendung des iranischen Rechts im Einzelfall nicht mehr zu prüfen. Selbst wenn man aber eine solche Prüfung vornehmen wollte, sei zu beachten, dass ein „islamisch geprägter“ Erblasser dasselbe Ergebnis bei fiktiver Anwendung österreichischen Rechts durch ein Testament hätte erreichen können. Damit könne auch das Ergebnis des iranischen Rechts nicht anstößig sein.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Anwendung eines nach dem Geschlecht der gesetzlichen Erben differenzierenden Erbrechts über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat. Er ist auch berechtigt.
1. Zwischen den Parteien des Revisionsrekursverfahrens ist unstrittig, dass die Erbquoten nach Art 10 Abs 3 des Freundschafts- und Niederlassungsvertrags zwischen der Republik Österreich und dem Kaiserreich Iran, BGBl 1966/45, zu bestimmen sind. Im konkreten Fall hätte sich dies wegen der iranischen Staatsangehörigkeit des Erblassers ohnehin auch aus § 28 IPRG idF vor dem ErbRÄG 2015 ergeben (§ 50 Abs 7 IPRG idF des ErbRÄG 2015). § 28 IPRG wurde zwar mit dem ErbRÄG 2015 aufgehoben, weil das anwendbare Erbrecht nun nach der EuErbVO zu bestimmen ist. Der bilaterale Vertrag mit dem Iran hat allerdings nach Art 75 Abs 1 EuErbVO auch Vorrang vor dieser Verordnung. Die Erbfolge nach iranischen Staatsangehörigen ist daher auch weiterhin grundsätzlich nach iranischem Recht zu beurteilen.
2. Nach Art 10 Abs 4 des bilateralen Vertrags kann von der Anwendung des Heimatrechts „nur in Ausnahmefällen und lediglich insofern“ abgewichen werden, „als dies einer allgemeinen, auch allen anderen ausländischen Staaten gegenüber gepflogenen Übung entspricht“. Diese Bestimmung kann im gegebenen Zusammenhang nur als implizite Ordre-public-Klausel verstanden werden. Denn schon bei Abschluss des bilateralen Vertrags war es allgemeine Übung, fremdes Recht bei Verstoß gegen den eigenen Ordre public nicht anzuwenden (vgl etwa Art 7 Haager Testamentsübk [1961]; Art 16 MSÜ [1961]). Auch der Rechtsmittelgegner bestreitet nicht, dass ein Ordre-public-Verstoß wahrzunehmen wäre; er vertritt nur die Auffassung, dass im konkreten Fall kein solcher Verstoß vorliege.
3. Im konkreten Fall verstößt die Anwendung des nach dem Geschlecht differenzierenden iranischen Erbrechts gegen den österreichischen ordre public.
3.1. Fremdes Recht ist aufgrund der (hier impliziten) Ordre-public-Klausel nicht anzuwenden, wenn diese Anwendung im konkreten Fall gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts verstieße und der Sachverhalt eine ausreichende Inlandsbeziehung aufweist (4 Ob 199/00v SZ 73/142 mwN; 9 Ob 34/10f EF-Z 2011/64 [Nademleinsky] = iFamZ 2011/129 [Fucik]; RIS-Justiz RS0110743; Lurger/Melcher, Handbuch Internationales Privatrecht [2017] Rz 1/44; Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht2 [2017] Rz 01.23 ff). Zu prüfen ist daher einerseits das Verhältnis der (fiktiven) Anwendung des kollisionsrechtlich berufenen Rechts im konkreten Fall zu Grundwertungen des österreichischen Rechts, andererseits das Ausmaß der Inlandsbeziehung. Die beiden Elemente bilden ein bewegliches System: Je stärker der Inlandsbezug, umso geringere Abweichungen vom österreichischen Recht können einen Ordre-public-Verstoß begründen, und umgekehrt („Relativität des ordre public“: 3 Ob 186/11s SZ 2011/124 = iFamZ 2012/34 [Fucik] = EF-Z 2012/89 [Nademleinsky]; Lurger/Melcher, Handbuch Rz 1/45; Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht2 Rz 01.25 mwN).
3.2. Die in der Rechtsmittelbeantwortung vertretene Auffassung, dass zunächst abstrakt geprüft werden müsse, ob das fremde Recht in seiner Gesamtheit gegen Grundwertungen des österreichischen Rechts verstoße, und nur bei Bejahung dieser Frage das konkrete Ergebnis der Anwendung als ordre-public-widrig angesehen werden könnte, ist mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar. Maßgebend ist allein das Ergebnis der Anwendung des fremden Rechts im konkreten Fall, nicht dessen abstrakter Inhalt. Denn Zweck der Vorbehaltsklausel ist allein die Verhinderung eines materiell untragbaren Ergebnisses im Einzelfall. Weder führt daher die Unvereinbarkeit der fremden Gesamtregelung eines Rechtsgebiets mit eigenen Grundwertungen zwingend zur Unanwendbarkeit eines Teils dieser Regelung im konkreten Fall, noch ist sie notwendige Voraussetzung dafür.
3.3. Zu den Grundwertungen des österreichischen Rechts gehört jedenfalls die Gleichberechtigung von Mann und Frau (Art 7 B‑VG; 7 Ob 600/86 SZ 59/128; RIS-Justiz RS0076998; Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht2 [2017] Rz 01.24; Schwartze in Deixler-Hübner/Schauer,EuErbVO [2015] Art 35 Rz 10). Zwar wurde in einer älteren Entscheidung ausgesprochen, dass eine nicht vollkommen verwirklichte Gleichstellung der Geschlechter noch nicht notwendigerweise ordre-public-widrig sein müsse (6 Ob 242/98a). Dabei handelte es sich jedoch um ein bloßes obiter dictum, da der Oberste Gerichtshof den Ordre-public-Verstoß im konkreten Fall ohnehin bejahte. Richtigerweise wird ein Abweichen vom Grundsatz der vollständigen Gleichbehandlung der Geschlechter, das sich im konkreten Fall auswirkt, bei einem nicht ganz in den Hintergrund tretenden Inlandsbezug in aller Regel nicht hingenommen werden können. Diese Wertung ist insbesondere Art 10 Rom III-VO zu entnehmen, wonach das nach dieser Verordnung berufene Scheidungsrecht nicht anzuwenden ist, wenn es den Ehegatten keinen gleichberechtigten Zugang zur Scheidung gewährt. Im Schrifttum wird zutreffend vertreten, dass dies analog auch im Anwendungsbereich des bilateralen Vertrags mit dem Iran zu gelten hat (Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht2 Rz 05.96). Gründe, das Erbrecht anders zu behandeln, sind nicht ersichtlich.
3.4. Im konkreten Fall führt die Anwendung des iranischen Rechts dazu, dass die Töchter mit geringeren Quoten erben als die Söhne und die Quote der Witwe allein wegen ihres Geschlechts geringer ist als die eines Witwers. Der Verstoß gegen eine Grundwertung des österreichischen Rechts liegt damit auf der Hand (vgl bei gleicher Verfassungsrechtslage zum deutschen IPR Dörner in Staudinger [2007] Art 25 EGBGB Rz 727 mwN; Lorenz in Bamberger/Roth 3 Art 6 EGBGB Rz 11). An einer ausreichenden Inlandsbeziehung ist wegen des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers und der überwiegenden Zahl der Erben in Österreich nicht zu zweifeln.
3.5. Unterhaltsansprüche der Witwe und der Töchter gegen die Söhne, die nach iranischem Recht bestehen könnten, können diese Ungleichbehandlung keinesfalls ausgleichen.
(a) Ob solche Ansprüche bestehen, wäre im konkreten Fall nicht nach iranischem Recht zu beurteilen. Denn Art 10 Abs 3 des bilateralen Vertrags erfasst zwar grundsätzlich auch familienrechtliche Rechtsverhältnisse. Voraussetzung ist aber, dass alle Beteiligten demselben Vertragsstaat angehören. Das trifft nicht zu, wenn einer der Beteiligten (auch) Angehöriger des anderen oder eines dritten Staates ist (2 Ob 536/89; 6 Ob 69/11g; RIS-Justiz RS0076186). Der Unterhaltsanspruch der Witwe und der (volljährigen) Töchter ist daher aus österreichischer Sicht nach dem Haager Unterhaltsprotokoll zu beurteilen. Anwendbar ist damit das Recht jenes Staates, in dem die Unterhaltsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Art 3 HUP), also österreichisches Recht. Damit kann offen bleiben, ob nach iranischem Recht Ansprüche bestünden, ob diese durchsetzbar wären und ob sie tatsächlich im konkreten Fall die Ungleichbehandlung aufwiegen könnten.
(b) Der Hinweis des Rekursgerichts auf ein iranisches Unterhaltsurteil führt zu keiner anderen Beurteilung.
Ein solches Urteil würde in Österreich mangels verbürgter Gegenseitigkeit nicht anerkannt und vollstreckt (§ 4 AUG 2014). Weder gilt im Verhältnis zum Iran ein bilateraler oder multilateraler Vollstreckungsvertrag, noch besteht eine Verordnung nach § 4 Abs 3 AUG. Der bilaterale Freundschafts- und Niederlassungsvertrag enthält keine Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (vgl 6 Ob 69/11g [Scheidung]). Zudem ist das Urteil nur zugunsten der Witwe ergangen. Dass auch die Rechtsmittelwerberin nach iranischem Recht einen Unterhaltsanspruch gegen ihre Brüder hätte, der die erbrechtliche Ungleichbehandlung tatsächlich (also nicht bloß bei abstrakter Betrachtung) ausgliche, behauptet nicht einmal der Rechtsmittelgegner. Folgerichtig kommt er in der Rechtsmittelbeantwortung nicht mehr auf das iranische Urteil und seine möglichen Folgen für die Beurteilung des Ordre‑public-Verstoßes zurück.
3.6. Auch die Möglichkeit, dass der Erblasser das Ergebnis des iranischen gesetzlichen Erbrechts nach österreichischem Recht durch letztwillige Verfügung hätte herbeiführen können, reicht nicht aus, um einen Ordre‑public‑Verstoß zu verneinen.
(a) Nach Teilen der (deutschen) Lehre soll schon die bloße Möglichkeit des Erblassers, das Ergebnis des fremden Rechts bei fiktiver Anwendung des eigenen Rechts durch letztwillige Verfügung herbeizuführen, für die Verneinung eines Ordre-public-Verstoßes ausreichen (Dutta in MüKo BGB7 Art 35 EuErbVO Rz 9 mwN). Dem ist aber entgegenzuhalten, dass bei der Ordre-public-Prüfung ausschließlich die Anwendung fremden Rechts im konkreten Fall zu beurteilen ist. Diese Anwendung des fremden gesetzlichen Erbrechts führt hier aber aufgrund einer abweichenden Wertentscheidung des fremden Gesetzgebers zu einem eklatant anderen Ergebnis als die Anwendung des entsprechenden eigenen (gesetzlichen) Erbrechts. Schon damit ist bei einem Verstoß gegen grundlegende Wertentscheidungen des eigenen Rechts – hier der Gleichberechtigung von Mann und Frau – der eigene ordre public verletzt (Looschelders, Anpassung und ordre public im Internationalen Erbrecht, FS Bernd von Hoffmann [2011] 266 [275, 278 f]).
(b) Anderes könnte zwar gelten, wenn dieses Ergebnis tatsächlich dem Willen des Erblassers entspräche (Bauer in Dutta/Weber, Internationales Erbrecht [2016] Art 35 EuErbVO Rz 13; Dörner, Zur Beerbung eines in der Bundesrepublik verstorbenen Iraners, IPRax 1994, 33 [36]; Looschelders, Begrenzung des ordre public durch den Willen des Erblassers, IPRax 2009, 246 [247 f]; von Hein in MüKo BGB7 Art 6 EGBGB Rz 141). Der Wille des Erblassers könnte dabei unter Umständen auch aus einem ungültigen Testament erschlossen werden. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil der Erblasser die Witwe als Alleinerbin eingesetzt hatte, was den Wertungen des iranischen Rechts gerade zuwiderlief.
4. Bestimmungen des fremden Rechts, deren Anwendung gegen den ordre public verstieße, sind nach § 6 IPRG nicht anzuwenden. Im konkreten Fall sind das jedenfalls die Regelungen zum geringeren Erbrecht der Witwe und zur Ungleichbehandlung der Kinder. Insofern trifft die Entscheidung des Erstgerichts, das die Quote der Witwe entsprechend jener eines Witwers bestimmt und die Kinder gleich behandelt hatte, uneingeschränkt zu. Ob auch – wie vom Erstgericht angenommen – der Ausschluss der Witwe vom Erbrecht bei Liegenschaften gegen den ordre public verstößt oder ob insofern deren schuldrechtlicher Ersatzanspruch ein ausreichendes Surrogat bildet, kann offen bleiben. Denn die Rechtsmittelwerberin beantragt nur die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung, nicht die für sie (noch) günstigere Variante, die sich aus der Nichtberücksichtigung der Witwe bei der Erbfolge in die Liegenschaften ergäbe.
5. Aufgrund dieser Erwägungen ist die Entscheidung des Erstgerichts über das Erbrecht wiederherzustellen. Die dem zugrunde liegenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Regelungen einer fremden Rechtsordnung, die beim gesetzlichen Erbrecht nach dem Geschlecht der Erben unterscheiden, sind wegen Verstoßes gegen den österreichischen ordre public nicht anzuwenden, wenn sich die Verschiedenbehandlung im konkreten Fall auswirkt und ein ausreichender Inlandsbezug vorliegt. Anderes könnte unter Umständen gelten, wenn das Ergebnis der Anwendung des fremden Rechts dem festgestellten Willen des Erblassers entspricht.
6. Zu den Kosten des Verfahrens:
6.1. Im Revisionsrekursverfahren hat die Viertantragstellerin zur Gänze obsiegt. Der Fünftantragsteller ist daher zum Kostenersatz verpflichtet. Da keine Bewertung des Streitgegenstands iSv § 4 RATG erfolgte, ist vom Zweifelsstreitwert nach § 14 RATG auszugehen.
6.2. In Bezug auf die Kosten des erst- und des zweitinstanzlichen Verfahrens ist die Entscheidung aufzuheben, und die Sache ist insofern an das Rekursgericht zurückzuverweisen. Aufgrund der Beteiligung mehrerer Parteien, unterschiedlicher Erfolgsquoten und eines unerledigten Kostenrekurses bedarf die Kostenentscheidung eingehender Berechnungen, die aufgrund eines Größenschlusses zu § 70 Abs 3 AußStrG dem Rekursgericht zu überlassen sind (RIS-Justiz RS0124588; 1 Ob 119/14b).
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