OGH 2Ob146/19p

OGH2Ob146/19p19.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden und den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj J***** M*****, vertreten durch seine Eltern Dr. S***** und DI J***** M*****, diese vertreten durch Dr. Johann Bruckner, Rechtsanwalt in Schärding, gegen die beklagte Partei Z*****-AG, *****, vertreten durch Dr. Gernot Lehner, Rechtsanwalt in Neumarkt im Hausruckkreis, wegen 33.705,95 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.500 EUR), über die (richtig) außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Juni 2019, GZ 3 R 59/19w‑23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00146.19P.0919.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

1. Das Berufungsgericht hat seinen Entscheidungsgegenstand mit über 30.000 EUR bewertet und die ordentliche Revision nicht zugelassen. Das Rechtsmittel ist daher eine außerordentliche Revision, die das Erstgericht zutreffend unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt hat. Der vom Rechtsmittelwerber gestellte Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs (§ 508 Abs 1 ZPO) ist als Ausführung der Gründe für die Zulässigkeit der Revision iSv § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zu verstehen.

Rechtliche Beurteilung

2. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt der Revisionswerber nicht auf:

2.1. Der Revisionswerber weist selbst auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hin, wonach von einem entgegenkommenden Fahrzeug, das zunächst nicht die ihm zukommende Fahrbahnhälfte benützt, die Rückkehr auf die eigene Fahrbahnhälfte zu erwarten ist, außer es ergäbe sich aus besonderen Gründen das Gegenteil (RS0073503). Eine Reaktion ist daher grundsätzlich erst erforderlich, wenn erkennbar ist, dass der Entgegenkommende nicht auf seine Fahrbahnhälfte zurückkehrt (8 Ob 2/83 ZVR 1984/260). Ob und insbesondere ab wann besondere Umstände vorliegen, die eine Reaktion erforderlich machen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher regelmäßig keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung.

2.2. Ebenso ist es ständige Rechtsprechung, dass einem Lenker im Regelfall nicht das gleichzeitige Durchführen zweier Abwehrhandlungen zugemutet werden kann (RS0023476). Das gilt insbesondere für Bremsen und Auslenken (8 Ob 19/87).

2.3. Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden: Der auf seiner Fahrbahnhälfte fahrende Lenker des Beklagtenfahrzeugs hat ohnehin bei Erkennen des auf einem Moped in der Straßenmitte entgegenkommenden Klägers noch weiter nach rechts auf das Bankett gelenkt, was den Unfall jedenfalls vermieden hätte, wenn auch der Kläger seine Fahrlinie (nur geringfügig) verlagert hätte. Dass die Geschwindigkeit des Klägers um 10 km/h überhöht war, musste der Lenker des Beklagtenfahrzeugs bei dessen Ansichtigwerden nicht erkennen; daraus können daher keine „besonderen Umstände“ im Sinn der zitierten Rechtsprechung abgeleitet werden. Gleiches gilt für die zwar geringe Fahrbahnbreite (3,8 m), die aber trotzdem bei der vom Kläger zu erwartenden Reaktion ein gefahrloses Vorbeifahren ermöglicht hätte.

2.4. Als der Lenker des Beklagtenfahrzeugs erkennen konnte, dass der Kläger seine Fahrlinie beibehielt, konnte er den Unfall nach den Feststellungen nicht mehr verhindern. Soweit die Revision Gegenteiliges annimmt, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Die in der Revision genannte Entscheidung 2 Ob 68/16p ist nicht einschlägig: Grund für die Aufhebung in die erste Instanz war dort der Umstand, dass die Lenkerin des Klagsfahrzeugs nach Erkennbarkeit eines bestimmten Verhaltens des Lenkers des Beklagtenfahrzeugs den Unfall möglicherweise noch hätte vermeiden können. Das war hier, als der Lenker des Beklagtenfahrzeugs das Beibehalten der Fahrlinie durch den Kläger erkennen konnte, nicht mehr der Fall.

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