OGH 2Ob146/05t

OGH2Ob146/05t21.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter P*****, vertreten durch Aigner & Fischer, Rechtsanwaltspartnerschaft in Ried im Innkreis, gegen die beklagten Parteien 1. H***** GmbH, *****, 2. Erich B*****, und 3. A***** Versicherungs-AG, *****, sämtliche vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 21.721,10 sA und Feststellung (Streitwert: EUR 10.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25. April 2005, GZ 6 R 236/04z-21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

1. Der Kläger fordert die Klärung des Begriffes „Beförderer" in § 154 LFG, bezweifelt aber gar nicht die Ansicht der Vorinstanzen, dass es sich hiebei nicht um den tatsächlichen oder ausführenden Beförderer, sondern um denjenigen handelt, mit dem der Fluggast oder die für ihn handelnde Person den (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Luftbeförderungsvertrag abgeschlossen hat (ErlRV 758 BlgNR XX GP. 19; Kathrein in FS Dittrich, Die Neuordnung der Luftfahrthaftung, 558 f; Stefula, Schadenersatz für Passagiere im Luftfahrtgesetz, 47 ff; derselbe, Haftungsfragen bei Luftsportvereinen, ZVR 2004/42, 148 ff). Nach dieser Auffassung, die der Oberste Gerichtshof schon zu § 29a LuftVG in ständiger Rechtsprechung vertreten hat, haftet selbst der Halter eines Luftfahrzeuges für Personen- und Sachschäden eines Fluggastes nach der erwähnten Gesetzesbestimmung nur dann, wenn er mit dem Fluggast oder der für diesen handelnden Person einen Beförderungsvertrag abgeschlossen hat. Liegt kein Beförderungsvertrag vor, so gelangen die allgemeinen Schadenersatzbestimmungen des bürgerlichen Rechts zur Anwendung (8 Ob 67/85; 4 Ob 113/90; ZVR 1997/33; RIS-Justiz RS0066463; Koziol, Haftpflichtrecht II², 494 f; Stefula, Schadenersatz, 49). Insoweit zeigt der Kläger in seinem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2. Auf die Lösung der weiteren als erheblich erachteten Rechtsfrage, welchen Anforderungen der gemäß § 155 LFG vom Beförderer zu erbringende Entlastungsbeweis unterliegt, kommt es aus den folgenden Erwägungen hier nicht an:

Der Kläger teilt die Ansicht der Vorinstanzen, dass der Luftbeförderungsvertrag ein formloser Konsensualvertrag ist (in diesem Sinne Stefula, Schadenersatz, 55). Ob ein bestimmtes Vertragsverhältnis wenigstens schlüssig zustandegekommen ist, hängt aber von den Umständen des Einzelfalles ab und begründet regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0044348 [T 21]).

Der Kläger stützte sich in erster Instanz auf den Abschluss eines Beförderungsvertrages sowohl mit der erstbeklagten Halterin des Motorseglers als auch mit dem zweitbeklagten Piloten, der „als Erfüllungshilfe der erstbeklagten Partei" Vertragspartner des Klägers geworden sein soll. Den ihm obliegenden Beweis für dieses Vorbringen hat der Kläger jedoch nicht erbracht.

Nach den maßgeblichen Feststellungen des Erstgerichtes hatte die Geschäftsführerin der erstbeklagten Partei vor dem Flugunfall zum Kläger keinen und zu dem Vertreter des Ö***** R***** (O*****) nur „privaten" Kontakt, bei welchem sie ihm von der Ferienpassaktion der Marktgemeinde A***** erzählte. Anhaltspunkte für den Abschluss eines Beförderungsvertrages sind diesem Sachverhalt nicht zu entnehmen. Ebenso wenig ist aus ihm ableitbar, dass der Zweitbeklagte, wie der Kläger meint, „jedenfalls der erstbeklagten Partei zuzurechnen ist". Aufgrund der Feststellungen, wonach a) die Rundflüge im Rahmen der Ferienpassaktion der Marktgemeinde A***** vom „H*****" durchgeführt wurden, b) die Geschäftsführerin der erstbeklagten Partei auch in diesem Verein mitarbeitet und für diesen nicht nur die gesamte Büroarbeit verrichtet, sondern auch Flüge organisiert und c) der als ehrenamtlicher Pilot engagierte Zweitbeklagte auf dem Flugplatz den Eindruck hatte, dass das Mitfliegen des Klägers bereits mit dem „H*****" vereinbart worden war, ist der Zweitbeklagte weder als Stellvertreter noch als Erfüllungsgehilfe der erstbeklagten Partei anzusehen.

Was das Zustandekommen eines Beförderungsvertrages zwischen dem Kläger (oder dem für ihn handelnden O*****) und dem Zweitbeklagten anlangt, ist darauf zu verweisen, dass es jedenfalls dem Zweitbeklagten am Abschlusswillen mangelte und nach den festgestellten Umständen auch erhebliche Zweifel bestehen, ob entweder von der Redakteurin des O***** oder vom Kläger der Abschluss eines Beförderungsvertrages mit dem Zweitbeklagten gewollt war; hatte doch das dem Treffen am Flugplatz vorangegangene Gespräch ein anderer Vertreter des O***** mit dem „Geschäftsführer" des „H*****" geführt, sodass auch bei der Redakteurin und beim Kläger der „Eindruck" entstanden sein konnte, dass das Mitfliegen des Klägers bereits vereinbart worden war. Der Abschlusswille wenigstens einer der am Flugplatz anwesenden Personen wäre aber Voraussetzung für die Annahme eines schlüssigen Vertragsabschlusses mit dem Zweitbeklagten gewesen (5 Ob 120/03p; RIS-Justiz RS0013951; Aparthy in Schwimann, ABGB² § 863 Rz 5 mwN; Stefula, Haftungsfragen aaO 152). Die nach den Feststellungen verbleibenden Unklarheiten zu dieser Frage gehen zu Lasten des für den behaupteten Vertragsabschluss beweispflichtigen Klägers.

Davon abgesehen liegen weder Tatsachenbehauptungen des Klägers noch Feststellungen zu Erklärungen oder zu einem bestimmten Verhalten des Zweitbeklagten vor, aus dem selbst ein abschlusswilliger redlicher Erklärungsempfänger darauf vertrauen hätte dürfen, dass sich der Zweitbeklagte persönlich vertraglich binden wollte. Der bloße Umstand, dass er den Kläger mitfliegen ließ, reicht nicht aus, konnte dies doch - aus Sicht eines redlichen „Erklärungsempfängers" - auch auf bloßer Gefälligkeit (vgl Stefula, Haftungsfragen, aaO 150) oder - wie festgestellt - auf der (erkennbaren) Annahme, es sei bereits alles mit dem Veranstalter der Rundflüge vereinbart worden, beruhen.

Der Kläger kann sich demnach auf den Abschluss eines Beförderungsvertrages nicht mit Erfolg berufen. Bei dieser Sachlage käme der Lösung der von ihm als erheblich angesehenen Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung zu, weil der in § 155 LFG geregelte Ausschluss der Haftung nur die Ersatzpflicht des Beförderers betrifft. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofes ist aber nach § 502 Abs 1 ZPO nur zulässig, wenn die im Rechtsmittel angeschnittene Rechtsfrage für die Entscheidung präjudiziell ist (RIS-Justiz RS0088931 [T 2]; weitere Judikaturnachweise bei Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 60). Die zum vermeintlichen Misslingen des Entlastungsbeweises erstatteten Revisionsausführungen werfen daher keine erhebliche Rechtsfrage auf.

3. Der Pilot eines Luftfahrzeuges haftet, sofern er nicht auch Beförderer iSd § 154 LFG ist, für Personen- und Sachschäden eines Flugzeuginsassen nach den allgemeinen Schadenersatzregeln der §§ 1293 ff ABGB, wobei er dem erhöhten Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB unterliegt (ZVR 1984/246; RIS-Justiz RS0026553; vgl auch Stefula, Haftungsfragen, aaO 149 und 151 f). Er haftet als Sachverständiger für die „Kenntnisse und den Fleiß", den seine Fachgenossen gewöhnlich haben, wobei der Leistungsstand der betreffenden Berufsgruppe entscheidend ist (2 Ob 165/03h [Schiffsführer]; RIS-Justiz RS0026489).

Die Beurteilung, ob einem Sachverständigen ein Verstoß gegen die erhöhte Sorgfaltspflicht anzulasten ist, orientiert sich an den konkreten Umständen des Einzelfalles und stellt - von einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen - grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (3 Ob 118/05g). Eine erhebliche Fehlbeurteilung des Berufungsgerichtes zeigt der Kläger mit seiner Revisionsbehauptung, der Zweitbeklagte hätte ihn über das Fehlen eines Beförderungsvertrages aufklären müssen, nicht auf. Nach den Feststellungen durfte der Zweitbeklagte berechtigt darauf vertrauen, dass bereits mit dem Veranstalter der Rundflüge eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden war.

4. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist aus einer Teilzahlung allein nicht die Anerkennung der Restschuld zu erschließen (JBl 2005, 393; RIS-Justiz RS0014276; vgl auch RS0032733; Ertl in Rummel, ABGB³ § 13180 Rz 7 mwN). Maßgeblich ist, welchen Eindruck der Erklärungsempfänger aus dem (schlüssigen) Verhalten des Erklärenden redlicherweise haben musste (RIS-Justiz RS0014279; Ertl aaO). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, aus dem (unstrittigen) Umstand einer außergerichtlichen Teilzahlung in erheblichem Umfang allein könne noch nicht auf ein konstitutives Anerkenntnis der Haftung für die streitgegenständlichen Ansprüche geschlossen werden, steht mit dieser Rechtsprechung im Einklang. Sie lässt daher keine erhebliche Fehlbeurteilung erkennen, zumal der Kläger kein Tatsachenvorbringen zu den näheren Umständen der Zahlung erstattet hat. Der vom Kläger aus der Entscheidung 7 Ob 157/03v gezogene „Umkehrschluss", bei vorbehaltlosen Zahlungen eines Versicherers sei stets von einem konstitutiven Anerkenntnis auszugehen, widerspricht der zitierten Judikatur.

Da es somit der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht bedurfte, war die außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen.

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