OGH 2Ob130/04p

OGH2Ob130/04p20.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Veith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fritz K*****, vertreten durch Dr. Herwig Rischnig und Dr. Harald Skrube, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Schubeck & Schubeck, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen EUR 5.732,72 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgericht vom 22. Jänner 2004, GZ 54 R 193/03a-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Radstadt vom 1. Oktober 2003, GZ 2 C 744/02g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 499,20 (darin EUR 83,20 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger kam am 28. 3. 1998 als Folge eines Bindungsbruches an seinem Snowboard zu Sturz und verletzte sich. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht fest.

Mit einer zu 2 C 464/99y beim Bezirksgericht Radstadt eingebrachten Klage begehrte er von der Beklagten unter Vorbehalt der Ausdehnung Zahlung von EUR 7.267,28 an Schmerzengeld.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens dehnte er mit einem am 22. 3. 2002 bei Gericht eingelangten Schriftsatz sein Klagebegehren um ein mit EUR 2.000 bewertetes Feststellungsbegehren aus. Eine Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens unterblieb. Dem Leistungsbegehren wurde bereits vom Erstgericht, dem Feststellungsbegehren schließlich vom Berufungsgericht stattgegeben.

Mit der nunmehr am 8. 7. 2002 eingebrachten Klage begehrt der Kläger einen weiteren Schmerzengeldbetrag von EUR 5.732,72. Im genannten Vorprozess habe sich nach Einholung des medizinischen Sachverständigengutachtens herausgestellt, dass insgesamt ein Schmerzengeld von EUR 13.000 angemessen sei. Eine gesonderte Klagsführung sei erforderlich, weil die Beklagte in jenem Verfahren einer Ausdehnung über die bezirksgerichtliche Wertgrenze hinaus nicht zugestimmt habe. Das geltend gemachte Schmerzengeld umfasse alle Schmerzen, die nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge abzüglich des bereits zugesprochenen Betrages zu erwarten seien.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete Verjährung ein. Der Kläger habe bereits zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage zu 2 C 464/99y das Ausmaß der Beeinträchtigung erkennen können, weshalb er ein höheres Leistungsbegehren hätte stellen können. Eine Teileinklagung des Schmerzengeldes sei unzulässig.

Das Erstgericht wies das nunmehr geltend gemachte Schmerzengeldbegehren wegen Verjährung ab. Die Verjährungsfrist beginne auch für künftige vorhersehbare Teilschäden schon mit dem Eintritt des Erstschadens. Alle im normalen Heilungs- und Beschwerdeverlauf eintretenden Schäden seien innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist mit einem Pauschalbetrag geltend zu machen. Zum Zeitpunkt der Einbringung der nunmehrigen Klage am 8. 7. 2002 sei der Anspruch auf Schmerzengeld für die bei gewöhnlichem Verlauf zu erwartenden Schäden bzw Schmerzen bereits verjährt gewesen.

Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach zunächst aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig. Es änderte diesen Ausspruch über Antrag nach § 508 ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei.

Es teilte die Rechtsauffassung des Berufungswerbers über die Rechtswirkungen eines Feststellungsurteiles, das die Verjährung von Folgeschäden für die Dauer von 30 Jahren ab seiner Rechtskraft ausschließe.

Berechtigt sei der Prozesseinwand der Beklagten, der Kläger hätte seinen Schmerzengeldanspruch im vorangegangene Verfahren global, und nicht nur mit einem Teilbetrag geltend machen müssen. Er wäre zumindest nach Vorliegen des unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens verhalten gewesen, sein Schmerzengeldbegehren im nunmehr klagegegenständlichen Umfang auszudehnen. Nur dann, wenn sich ein Schädiger als Beklagter - zB aus Gründen der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes - gegen eine erforderliche Ausdehnung des Klagebegehrens ausspreche, und dem Kläger auch nicht vorwerfbar sei, in Anbetracht der Forderungshöhe nicht sogleich vor dem Gerichtshof geklagt zu haben, werde einem Geschädigten eine sogenannte „Nachklage" zugebilligt. Der Kläger habe im Vorverfahren eine nach Vorliegen des unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens naheliegende Ausdehnung des Leistungsbegehrens entgegen seinen nunmehrigen Klagebehauptungen nicht vorgenommen. Die Beklagte habe daher einer Ausdehnung des Klagebegehrens nicht entgegentreten können. Der Kläger, der auch gar nicht darzulegen versucht habe, weshalb er angesichts der bekannten Verletzungsfolgen nicht sogleich Klage vor dem Gerichtshof erhaben habe, könne sich daher auf das Privileg der Nachklage nicht berufen.

Zur Begründung der Zulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Berufungsgericht aus, das Berufungsgericht habe eine rechtliche Beurteilung vorgenommen, auf die das vorangegangene Beweisverfahren nicht ausgerichtet gewesen sei. Das Moniturvorbringen des Klägers sei nicht völlig von der Hand zu weisen und das Berufungsverfahren unter Umständen mangelhaft. Der Auffassung des Moniturwerbers, die Revision für zulässig zu erklären, sei nicht derart rigoros entgegenzutreten, dass ihm der Rechtszug an das Höchstgericht versagt bleiben müsste.

Der Kläger beantragt in seiner Revision, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Nach stRspr wird bei Verbindung einer rechtzeitigen Leistungsklage mit einer später erfolgreichen Feststellungsklage die Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist selbst auch noch dann als zulässig erachtet, wenn die Klagsausdehnung nicht auf neue Schadenswirkungen, sondern lediglich auf die Ergebnisse eines für den Kläger (unverhofft) günstigen Sachverständigengutachtens gestützt wird (ZVR 1974/110; 1 Ob 134/00p; ZVR 2002/13; Danzl-Gutiérrez/Lobos-Müller, Das Schmerzengeld8 211).

Dem Kläger wäre es daher unbenommen geblieben, nach Vorliegen des unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens im Vorprozess sein Schmerzengeldbegehren auszudehnen. Eine derartige Ausdehnungen ist - entgegen den nunmehrigen Klagebehauptungen - unterblieben.

Nach ebenfalls stRspr gestatten es besondere Umstände, einem Kläger trotz der Notwendigkeit der Schmerzengeldeinklagung im Rahmen einer Globalbemessung eine ergänzende Bemessung mittels Nachklage durchzusetzen. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn verfahrensrechtliche Vorschriften dem Kläger eine Ausdehnung seines zunächst begehrten Schmerzengeldbetrages auf den angesichts der erlittenen Schmerzen angemessenen Pauschalbetrag verwehren und dem Kläger die Anbringung der Klage beim Bezirksgericht nicht zum Vorwurf gemacht werden kann (6 Ob 204/98p = ZVR 1999/48 = RZ 1999/35; 2 Ob 173/01g = SZ 74/135; 7 Ob 270/04p, sämtl in RIS-Justiz RS0110739).

Hier hat der Kläger in seiner nunmehrigen Klage ausdrücklich darauf verwiesen, eine Ausdehnung des Klagebegehrens im Vorprozess sei wegen des Widerspruchs der Beklagten gescheitert und sich dazu auf die Beischaffung des Voraktes 2 C 464/99y BG Radstadt berufen. Aus dem vom Erstgericht verlesenen Vorakt ist aber nur eine Ausdehnung hinsichtlich des Feststellungsbegehrens, nicht aber hinsichtlich des Leistungsbegehrens ersichtlich, weshalb der Kläger sich nicht darauf berufen kann, an der Ausdehnung des Klagebegehrens infolge verfahrensrechtlicher Vorschriften gehindert gewesen zu sein. Die Behauptung aber, dass die beklagte Partei der Ausdehnung der Klage im Vorprozess außergerichtlich entgegengetreten sei, ist erstmals in der Revision erhoben worden. Ob ein Kläger in dieser Lage dennoch gehalten wäre, die Ausdehnung seines Schmerzengeldbegehrens im Prozess zu versuchen, muss daher nicht beurteilt werden.

Das Berufungsgericht ist daher insgesamt der oberstgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt. Von einer „überraschenden Rechtsansicht" kann keine Rede sein, weil sowohl die Problematik der Verjährung als auch die Möglichkeit der Teileinklagung von Schmerzengeld durch das Vorbringen der Parteien thematisiert wurde. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was keiner weiteren Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO).

Da auch sonst in der Revision erhebliche Rechtsfragen nicht aufgezeigt werden, war sie als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil die Beklagte auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

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