OGH 2Ob124/12t

OGH2Ob124/12t7.8.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Matthäus H*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Alois Schneider, Rechtsanwalt in Rattenberg, gegen die beklagten Parteien 1. Kerstin V*****, und 2. A***** Versicherung AG, *****, beide vertreten durch Dr. Maximilian Ellinger, Dr. Günther Ellmerer, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 9.073 EUR sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 12. April 2012, GZ 4 R 101/12z-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Rattenberg vom 25. Jänner 2012, GZ 1 C 690/11i-10, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil der Oberste Gerichtshof bisher regelmäßig von einem Mitverschulden eines achtjährigen Kindes ausgegangen sei, das, ohne auf den Verkehr zu achten, die Fahrbahn überquere.

In diesem Sinne zitiert auch die Revision der beklagten Partei diverse oberstgerichtliche Entscheidungen betreffend die Fahrbahn überquerende Kinder dieser Altersstufe.

Der vorliegende Einzelfall ist aber dadurch gekennzeichnet, dass der achteinhalbjährige Kläger nicht etwa auf dem Schulweg als Fußgänger am Verkehr teilnahm und im Zuge dessen - bewusst - die Fahrbahn überquerte, sondern - für die Pkw-Lenkerin erkennbar - mit einem weiteren Kind neben der Fahrbahn spielte und im Zuge dessen auf einer Böschung mit einem Schwert in der Hand in Richtung der Fahrbahn krabbelte und sodann über die Fahrbahn lief.

Im Zusammenhang mit spielenden Kindern hat der Oberste Gerichtshof aber bereits in seiner Entscheidung 2 Ob 249/64 = ZVR 1965/85 = RIS-Justiz RS0027641 ausgesprochen, dass bei der Verschuldensabwägung auch der Spieltrieb des Kindes zu berücksichtigen ist. Ähnlich blieb in 8 Ob 103/82 = ZVR 1983/215 dahingestellt, ob bei einem etwas mehr als achtjährigen Kind, das im Zuge einer über die Fahrbahn geführten Schneeballschlacht dem Verkehrsgeschehen keinerlei Beachtung schenkte und auf die Fahrbahn stolperte, die Überlegung, dass es sich in Gefahr begebe, überhaupt vorausgesetzt werden kann. Letztlich wurde auch in 1 Ob 161/05s - wenn auch nicht im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall - ausgesprochen, dass unter anderem die Ausübung des Spieltriebs ein Argument gegen einen Verschuldensvorwurf - im konkreten Fall gegenüber einem zehneinhalbjährigen Kind - sei.

Wenn das Berufungsgericht daher hier zum Ergebnis kam, dass den Kläger kein Mitverschulden am Verkehrsunfall trifft, weicht dies im Hinblick auf die vorliegende Spielsituation nicht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs ab und erscheint auch im konkreten Einzelfall (RIS-Justiz RS0027020) nicht korrekturbedürftig.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Da der Kläger in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente sein Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte