OGH 26Ds17/18a

OGH26Ds17/18a17.10.2019

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 17. Oktober 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Schimik und Dr. Klaar sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Bydlinski in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Beschwerde des Kammeranwalts der Rechtsanwaltskammer ***** gegen den Beschlss des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer ***** vom 21. März 2018, D 226/17, 227/17, 229/17, 242/17, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 60 Abs 1, 2. Satz OGH‑Geo. 2005 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0260DS00017.18A.1017.000

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

1. Aufgrund einer bei der Rechtsanwaltskammer ***** am 16. Oktober 2017 eingelangten Anzeige wurde der gegen Rechtsanwalt ***** gerichtete Verdacht geprüft, er verweigere in einem gegen ihn persönlich geführten Privatanklageverfahren vor dem Bezirksgericht Leoben zu AZ ***** die Annahme von Zustellungen mit dem Ziel, die Weiterführung des gegen ihn gerichteten Verfahrens zu vermeiden, wobei sich die Anzeige lediglich auf eine Benachrichtigung des Bezirksgerichts Leoben vom 10. Oktober 2017 bezog, wonach es diesem Gericht seit Anfang August 2017 nicht mehr möglich sei, den Angeklagten postalisch zu erreichen, da mittlerweile fünf Postfehlberichte vorliegen.

2. Aufgrund anderer Anzeigen in den Verfahren D 226/17, D 227/17 und D 242/17 hat der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer ***** mit Beschluss vom 18. April 2018 das Disziplinarverfahren gegen Rechtsanwalt ***** wegen des zusammengefassten Verdachts eingeleitet, dieser

a. sei im Zeitraum vom 6. Juli 2017 bis 11. September 2017 von seiner Kanzleiadresse ortsabwesend gewesen und hätte postalische Zustellungen unter anderem im das ihn persönlich betreffende Strafverfahren des Bezirksgerichts Leoben in diesem Zeitraum verhindert;

b. hätte im Zeitraum vom 25. Juli 2017 bis zum 11. September 2017 auch die Empfangnahme von E‑Mails verhindert, indem er automatische Abwesenheitsnotizen habe versenden lassen, und

c. hätte vom 1. August 2017 bis 11. September 2017 durch Nutzung von Urlaubsabmeldungen die Erreichbarkeit des Web‑ERV dahingehend verhindert.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Teileinstellungsbeschluss vom 18. April 2018 sprach der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer ***** aus, dass gegen ***** kein Grund zur Disziplinarbehandlung wegen des zu D 229/17 weiters angezeigten Verdachts bestehe, dass dieser sich durch die selektive Weigerung der Übernahme von Gerichtsstücken in einem gegen ihn geführten Privatanklageverfahren vor dem Bezirksgericht Leoben zu AZ ***** der Rechtsverfolgung zu entziehen versucht habe.

Zur Begründung dieser Teileinstellung führte der Disziplinarrat aus, dass sich diesem Akt keine Hinweise auf eine konkrete Motivation des Beschuldigten entnehmen ließen, die Postsperre aufgrund eines bestimmten Verfahren einzurichten.

Rechtliche Beurteilung

4. Gegen diesen Teileinstellungsbeschluss richtet sich die auf den Vorwurf einer unzulässigen Beweiswürdigung gestützte Beschwerde des Kammeranwalts vom 28. Mai 2018. Diese wurde rechtzeitig erstattet.

5. Gegenstand einer Behandlung im Disziplinarverfahren (wie auch im strafrechtlichen Hauptverfahren) aufgrund einer entsprechenden Anklage ist stets eine Tat im Sinne eines historischen Sachverhalts, nicht aber eine konkrete rechtliche Kategorie (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 523).

Mit dem Einleitungsbeschluss vom 18. 4. 2018 brachte der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer ***** bereits unmissverständlich die Verfolgung des Disziplinarbeschuldigten wegen einer von diesem veranlassten und auch das Verfahren des Bezirksgerichts Leoben AZ ***** betreffenden Unerreichbarkeit im Zeitraum zwischen 6. Juli 2017 und 11. September 2017 zum Ausdruck und bezog sich damit auf ein konkret bestimmtes historisches Geschehen.

Die (Teil‑)Einstellung des Verfahrens in Bezug auf ein und dieselbe Tat bzw dasselbe Geschehen betrifft eomem Teilaspekt, nämlich die hinter der verursachten Unerreichbarkeit auch im erwähnten Verfahren des Bezirksgerichts Leoben stehende konkrete Tatmotivation. Diese (Teil‑)Einstellung betrifft aber keine selbständige Tat und ist demnach – ähnlich einem bedeutungslosen Subsumtions‑ oder Qualifikationsfreispruch bzw einer Subsumtionseinstellung (vgl RIS‑Justiz RS0115553 [T5], RS0117261, RS0119781; Lendl , WK‑StPO § 259 Rz 1 ff; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 525) schlicht unbeachtlich (vgl RIS‑Justiz RS0127374 betreffend – wie hier vorliegend – tatbestandliche Handlungseinheit).

6. Der Beschwerde fehlt es demnach an einem rechtlichen Interesse zur Bekämpfung dieser (Teil‑)Einstellung und damit an der erforderlichen Rechtsmittellegitimation (RIS‑Justiz RS0099034).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

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