European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0230DS00008.23P.0907.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Fachgebiet: Standes- und Disziplinarrecht der Anwälte
Spruch:
Der Beschwerde wird dahin Folge gegeben, dass die vom Beschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten auf 1.200 Euro herabgesetzt werden.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte der Vorsitzende des Disziplinarrats – nach Rechtskraft des gegen * ergangenen Disziplinarerkenntnisses, mit dem dieser auch zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet worden war (§ 38 Abs 2 DSt) – die vom Beschuldigten zu ersetzenden Pauschalkosten mit 1.600 Euro und begründete dies mit dem „Umfang des Verfahrens, der Anzahl und Dauer der Verhandlungen sowie den sonstigen Umständen des Verfahrens“.
Rechtliche Beurteilung
[2] Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Beschuldigten, mit der er eine Herabsetzung des Pauschalkostenbetrags auf 700 Euro beantragt.
[3] Ihr kommt im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang Berechtigung zu.
[4] Gemäß § 41 Abs 2 DSt sind die Pauschalkosten nach Maßgabe des Umfangs und des Ausgangs des Verfahrens unter Vermeidung unbilliger Härten zu bemessen; sie dürfen 5 % des in § 16 Abs 1 Z 2 DSt (erst‑)genannten Betrags (vgl RIS-Justiz RS0133770), derzeit also 2.250 Euro, nicht übersteigen. Die Pauschalkosten sind mit einem einzigen Betrag festzusetzen (RIS-Justiz RS0078291 [insb T5 und T6]).
[5] Im vorliegenden Fall war der Vorwurf eines Verstoßes gegen § 9 Abs 1 RAO durch Nichteinhaltung der Sicherungsbestimmungen des BTVG und des KSchG als Vertragserrichter und Treuhänder in drei Fällen zu beurteilen. Nach einem durchschnittlich umfangreichen Vorverfahren fanden in erster Instanz zwei Disziplinarverhandlungen in der Dauer von – jeweils unter Außerachtlassung der für die Beratung aufgewendeten Zeit (RIS-Justiz RS0055680) – rund 100 Minuten (4/2 Stunden) und knapp drei Stunden, im Rechtsmittelverfahren eine Berufungsverhandlung vor dem Obersten Gerichtshof im Ausmaß von weniger als einer halben Stunde statt.
[6] Die gesetzliche Anordnung, bei der Bemessung der Pauschalkosten unbillige Härten zu vermeiden, wird in ständiger Judikatur dahin verstanden, dass insoweit auch die Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen ins Kalkül zu ziehen ist (RIS-Justiz RS0118083). Mangels Angaben des – für seine Ehefrau und zwei Kinder sorgepflichtigen – Beschuldigten zu seinem steuerpflichtigen Einkommen war hier ein durchschnittliches Monatseinkommen von zumindest 3.500 Euro anzunehmen (vgl zuletzt 22 Ds 3/21t, 24 Ds 11/19f).
[7] Zwar vermag die in der Beschwerde hervorgehobene unverhältnismäßig lange Verfahrensdauer, die im Haupt- und Rechtsmittelverfahren als Grundrechtsverletzung (Art 6 Abs 1 EMRK) festgestellt wurde, eine Reduktion der keine Strafe bildenden Pauschalkostenbemessung (vgl Engelhart/Hoffmann/Lehner/ Rohregger/Vitek, RAO11 § 41 DSt Rz 7) nicht zu bewirken (24 Ds 5/23d). Ausgehend vom dargestellten – entgegen dem Beschwerdestandpunkt keineswegs als „gering“, jedoch auch nicht als weit überdurchschnittlich zu beurteilenden – Aufwand des Verfahrens, dessen Ausgang (einem Schuldspruch in Bezug auf den gesamten inkriminierten Vorwurf) und der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten erweist sich der mit über 70 % des möglichen Höchstbetrags festgesetzte Pauschalkostenbetrag jedoch als überhöht. Er war daher – in Übereinstimmung mit der Äußerung des Kammeranwalts – auf einen nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien angemessenen Betrag von 1.200 Euro zu reduzieren.
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