OGH 22Os4/15a

OGH22Os4/15a9.11.2015

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 9. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Waizer und Dr. Konzett sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Sailer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wüstner als Schriftführer in der Disziplinarsache gegen Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 26. November 2014, GZ D 13‑12 (3 DV 14‑31)‑24, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Leitner, des Kammeranwalts Dr. Schmidinger und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0220OS00004.15A.1109.000

 

Spruch:

Der Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung wegen Strafe Folge gegeben und diese gemäß § 16 Abs 5 DSt iVm §§ 31 und 40 StGB als Zusatzgeldbuße zum Erkenntnis des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 12. Juni 2014, GZ D 13‑61 (3 DV 14‑03)‑27, auf 2.800 Euro herabgesetzt.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Dr. *****, Rechtsanwalt in *****, wegen des Disziplinarvergehens nach § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt zu einer Geldbuße von 3.000 Euro verurteilt.

Danach hat er am 7. Dezember 2012 Ehre oder Ansehen des Standes dadurch beeinträchtigt, dass er als Lenker eines Pkw mit einem Blutalkohol von 2,3 Promille einen schweren Verkehrsunfall verschuldete, bei dem zwei Personen in einem entgegenkommenden Pkw schwer verletzt wurden.

Rechtliche Beurteilung

Der dieses Erkenntnis „dem Grunde und der Höhe nach“ anfechtenden, „unrichtige rechtliche Beurteilung“ geltend machenden Berufung (vgl hiezu RIS‑Justiz RS0128656 [T1]) kommt keine Berechtigung zu.

Der hiezu erhobene Vorwurf einer unrichtigen Beurteilung der Schuldfrage verfehlt die prozessordnungsgemäße Darstellung der solcherart geltend gemachten materiellen Nichtigkeit, weil er sich allein auf die Argumentation stützt, dem Disziplinarbeschuldigten könne mangels vorhersehbaren Fahrtantritts nicht vorgeworfen werden, sich für die Fahrt entschieden zu haben, dabei aber die erforderliche und am festgestellten Sachverhalt orientierte Ableitung aus dem Gesetz vermissen lässt, weshalb nicht bereits der konstatierte exzessive ‑ letztlich zu einer Alkoholisierung von 2,3 Promille führende ‑ Alkoholkonsum und das Verschulden eines zu schweren Verletzungen zweier Personen führenden Verkehrsunfalls in diesem ‑ die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden ‑ Zustand kein unter § 1 Abs 1 zweiter Fall DSt fallendes Verhalten darstelle bzw weshalb die ‑ hier lediglich für die Frage der Erfüllung der Qualifikation nach § 88 Abs 4 zweiter Fall StGB relevante ‑ Konstatierung einer fehlenden Vorhersehbarkeit der Fahrzeugbenützung zum Zeitpunkt des Alkoholgenusses der vorgenommenen Subsumtion entgegenstehe (RIS‑Justiz RS0056251; RS0055934 [T1]; RS0055959 [T1]; RS0116569; RS0099810).

Entgegen den Annahmen des Disziplinarrats liegt keine disziplinäre Unbescholtenheit des Disziplinarbeschuldigten vor, sondern wurde dieser (laut Strafregisterauskunft ON 21) mit dessen Erkenntnis vom 9. Oktober 2012, D 10‑09 (1 DV 11‑19) mit einem schriftlichen Verweis belegt. Auch kommt ihm eine bloße Bereitschaft zur Schadensgutmachung nicht als mildernd zu statten. Allerdings hat er nach der Aktenlage bereits Regresszahlungen an die Haftpflichtversicherung geleistet, welche ihrerseits Ansprüche der Tatopfer befriedigt hatte. Zusätzlich war als mildernd zu veranschlagen, dass Dr. ***** bei dem Unfall selbst schwere Verletzungen davongetragen hatte.

Mit Entscheidung vom heutigen Tage wurde ein Erkenntnis des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 12. Juni 2014, D 13‑61 (3 DV 14‑03) rechtskräftig (22 Os 1/15k), in dem er wegen im Jahr 2013 begangener Disziplinarvergehen (Doppelvertretung) zu 500 Euro Geldbuße verurteilt worden war.

Auf dieses Erkenntnis war gemäß § 16 Abs 5 DSt iVm §§ 31 und 40 StGB Bedacht zunehmen, wobei bei gemeinsamer Aburteilung eine Gesamtgeldbuße von 3.300 Euro angemessen wäre.

Mag der Disziplinarbeschuldigte auch unfallsbedingt Einkommensverluste hinnehmen haben müssen, so ist die letztlich verhängte ‑ in Ansehung des hohen Ausmaßes der Alkoholisierung und der schweren Tatfolgen moderate ‑ Sanktion auch unter Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse (§ 16 Abs 6 DSt; Einfamilienhaus, Eigentumswohnung, Rechtsanwaltskanzlei etc) keiner weiteren Herabsetzung zugänglich.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.

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