OGH 1Ob94/05p

OGH1Ob94/05p10.5.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Verfahrenshilfssache des Antragstellers Anton S*****, infolge "Rekurses, Beschwerde und Einspruchs" gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 17. März 2005, GZ 14 R 232/04x-7, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. Oktober 2004, GZ 30 Nc 26/04m-4, bestätigt und eine Ordnungsstrafe von 50 EUR verhängt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Rechtsmittel wird in Ansehung der Entscheidung über die Verfahrenshilfe als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen; im Übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller behauptete zum wiederholten Mal einen Amtshaftungsanspruch gegen die Republik Österreich mit der Begründung, zwei Haftbefehle gegen seinen früheren Arbeitskollegen seien amtsmissbräuchlich nicht vollzogen worden. Weil er davon seiner Personalchefin erzählt habe, sei er gekündigt worden und habe einen Verdienstentgang von 300 EUR im Monat erlitten. Er beantragte die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Amtshaftungsklage.

Diesen Antrag wies das Erstgericht wegen offenbarer Mutwilligkeit und Aussichtslosigkeit ab.

In dem gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs bezeichnete der Antragsteller den Erstrichter unter anderem als einen „politisch korrupten, geistlosen und hirnleeren „Menschen, der" nicht lesen kann oder will". Das Rekursgericht erachtete diese Ausdrucksweise als völlig inakzeptabel und nicht tolerierbar. Der Antragsteller habe dadurch die dem Gericht schuldige Achtung verletzt, sodass gemäß § 86 ZPO eine Ordnungsstrafe zu verhängen sei. Im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit des Antragstellers sei diese bei einem Strafrahmen bis zu 1.450 EUR mit 50 EUR zu bemessen. Zugleich bestätigte das Rekursgericht die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags und sprach aus, dass der Revisionsrekurs dagegen jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Das gegen diesen Beschluss gerichtete, als „Rekurs - Beschwerde, Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel ist teils absolut unzulässig, teils nicht berechtigt.

Soweit sich Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz über die Verfahrenshilfe richten, sind sie unzulässig; dabei handelt es sich um einen absoluten Rechtsmittelausschluss, der alle Entscheidungen über die Verfahrenshilfe erfasst, insbesondere deren Verweigerung, gleichgültig aus welchen Gründen sie erfolgte (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO). Sie sind somit einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (RIS-Justiz RS0052781; 1 Ob 35/01f).

Die Anfechtung der Verhängung einer Ordnungsstrafe ist zwar unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands oder der Rechtssache, in der der Beschluss erging, und unabhängig von der Höhe der Ordnungs- oder Mutwillensstrafe oder vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO zulässig (1 Ob 207/00y; 5 Ob12/04g; RIS-Justiz RS0036270), sie ist aber nicht berechtigt:

Gemäß § 86 ZPO kann gegen eine Partei, welche die dem Gericht schuldige Achtung in einem Schriftsatz durch beleidigende Ausfälle verletzt, eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Regelungszweck des § 86 ZPO - ebenso wie jener des § 85 Abs 1 GOG für das außerstreitige Verfahren - ist, jede an das Gericht gerichtete Eingabe, deren Inhalt die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzt, unter Sanktion zu stellen (8 Ob 652/89; 5 Ob 180/92 ua; RIS-Justiz RS0036327). Dies dient der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise (RIS-Justiz RS0036327; Gitschthaler in Rechberger2, § 86 ZPO Rz 2). Durch diese Bestimmung soll nicht sachlich berechtigte Kritik verhindert, sondern nur jede an das Gericht gerichtete Eingabe, deren Inhalt die dem Gericht schuldige Achtung verletzt, unter Sanktion gestellt werden. Verletzt eine Äußerung wegen ihrer beleidigenden oder ausfälligen Form die dem Gericht schuldige Achtung, so kann das Gericht eine Ordnungsstrafe verhängen (RIS-Justiz RS0036332). Die oben wiedergegebenen Äußerungen stellen jedenfalls Beleidigungen dar, die das Maß sachlich berechtigter Kritik eindeutig überschreiten und die dem Gericht schuldige Achtung verletzen. Beurteilt man die Äußerungen nach objektiven Gesichtspunkten, dienen sie lediglich dazu, das Gericht zu verunglimpfen. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe durch das Rekursgericht ist daher nicht zu beanstanden; sie war vielmehr notwendig.

Nach § 220 Abs 1 ZPO darf eine Ordnungsstrafe den Betrag von 1.450 EUR nicht übersteigen. Angesichts dieser vom Gesetzgeber gezogenen Grenze, des im Vermögensbekenntnis behaupteten monatlichen Einkommens und der Vermögenslosigkeit des Rechtsmittelwerbers erachtet der Oberste Gerichtshof die verhängte Strafe dessen Einkommens- und Vermögensverhältnissen sowie der Schwere der Beleidigung angemessen. Insoweit ist dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

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