OGH 1Ob5/89

OGH1Ob5/8924.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** Gesellschaft für Stadterneuerung und Assanierung mbH, Graz, Schönaugasse 4, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei L*** G***, vertreten durch

Dr. Hannes Stampfer und Dr. Thomas Stampfer, Rechtsanwälte in Graz, wegen 89.250 S samt Anhang und Feststellung infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 29. August 1988, GZ 4 a R 93/88-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 19. Februar 1988, GZ 13 Cg 318/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 385,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist Eigentümerin einer Reihe von Wohnungseigentumsanteilen an der Liegenschaft EZ 46 KG Jakomini mit dem Haus Graz, Wielandgasse 22, Grazbachgasse 64. Am 21.März 1986 stellte sie beim Magistrat Graz-Baupolizeiamt ein Ansuchen um Baubewilligung für den Dachgeschoßausbau des Hauses mit vier Wohnungen. Gleichzeitig beantragte sie, gemäß § 4 Abs 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 von der Vorschreibung von PKW-Abstellplätzen im Zusammenhang mit dem Dachgeschoßausbau Abstand zu nehmen; das Objekt befinde sich im innerstädtischen Bereich und sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln optimal erschlossen. Nach Einlangen einer Stellungnahme der Magistratsabteilung 10/3 über die Abwasserbeseitigung wurde am 14. April 1986 das Bauansuchen an das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Geschäftsstelle Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission gemäß den §§ 7 Abs 2 und 11 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 zur Erstellung eines Gutachtens mit dem Ersuchen um eheste Rückmittlung vorgelegt. Das Gutachten dieser Kommission langte am 22. Mai 1986 im Baupolizeiamt ein. Die Kommission begutachtete das Projekt in der vorliegenden Form negativ, weil eine den Bestimmungen der §§ 3 Abs 1 und 6 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 widersprechende nachteilige Veränderung des Erscheinungsbildes eintreten werde. Entsprechend geänderte Pläne seien der Sachverständigenkommission zu einer neuerlichen Begutachtung vorzulegen. Die klagende Partei legte darauf Austauschpläne vor, die am 28. Mai 1986 der Sachverständigenkommission übermittelt wurden. Deren nunmehr positives Gutachten langte am 2. Juli 1986 ein. Am 8. Juli 1986 wurde gemäß § 61 Stmk BauO für den 16. Juli 1986 eine mündliche Verhandlung anberaumt. Laut Verhandlungsprotokoll wäre die Bewilligung u.a. unter der besonderen Auflage zu erteilen, daß das Stiegenhaus (Wände, Decken, Stiegen) in brandständiger Bauweise (F 90) durchgehend bis zum Dachboden herzustellen sei. Der Vertreter der klagenden Partei nahm dieses Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis und sicherte die Einhaltung der festgelegten Vorschreibungen und Auflagen zu. Am 26. August 1986 übermittelte der zuständige Beamte über den Abteilungsvorstand einen Bericht an den Stadtsenat der beklagten Partei mit dem Antrag, der Stadtsenat wolle den angeschlossenen Bescheidentwurf genehmigen. Schon vorher (am 22. August 1986) hatte der Bürgermeisterstellvertreter der beklagten Partei (aus Anlaß eines anderen Falles) ein Schreiben an die Amtsleitung des Baupolizeiamtes gerichtet, wonach aus Gründen der Einheitlichkeit und der Klarheit bei Wohnungseinbauten in Dachräumen auch im Bescheid generell die Anzahl der Wohnungen angeführt werden solle; könne der Antragsteller keinen Nachweis nach § 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 erbringen, so sei jedenfalls eine Stellungnahme des Stadtplanungsamtes einzuholen, ob die Bedingung nach § 4 Abs 4 des Gesetzes für eine Befreiung gegeben seien. Mit Schreiben vom 28. August 1986 wurde der Bescheidentwurf vom Abteilungsvorstand des Baupolizeiamtes an den Sachbearbeiter zur Änderung im aufgezeigten Sinn rückgemittelt. Mit Schreiben vom 12. September 1986 wurde das Stadtplanungsamt im Sinne dieser Weisung um Stellungnahme ersucht. Dieses antwortete mit Schreiben vom 18. September 1986, daß dem Ansuchen um Befreiung von der Verpflichtung zur Schaffung von PKW-Abstellplätzen nicht stattgegeben werden könne. Da sich jedoch in einer Entfernung von weniger als 300 m eine öffentliche Garage befände, sei dem Bewilligungswerber aufzutragen, die Benützung einer ausreichenden Anzahl von Garagenplätzen durch ein dingliches Recht zu sichern. Mit Schriftsatz vom 6.Oktober 1986 erhob die klagende Partei Einwände gegen die Stellungnahme des Stadtplanungsamtes und hielt ihren Antrag nach § 4 Abs 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 aufrecht. Sie beantragte, den bewilligenden Bescheid für den Dachbodenausbau auszufertigen. Am 13.Oktober 1986 stellte die klagende Partei einen Antrag nach § 73 AVG auf Übergang der Entscheidungspflicht an den Gemeinderat der beklagten Partei als Baubehörde zweiter Instanz. Am 17.Oktober 1986 wurde der Akt vom Baupolizeiamt zur weiteren Bearbeitung dem Baurechtsamt (Magistratsabteilung 17) abgetreten. In der Folge kam es zu einem Schriftwechsel zwischen dem Baurechtsamt und der klagenden Partei über eine projektändernde Bedingung für den vorbeugenden Brandschutz, einen Nachweis der Widmung nach § 58 lit a Stmk BauO sowie darüber, daß nach der Stellungnahme des Stadtplanungsamtes keine Möglichkeit bestünde, auf die Pflicht zur Schaffung von PKW-Abstellplätzen zu verzichten. Die klagende Partei hielt aber weiter ihren Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Bereitstellung von Abstellplätzen aufrecht. Vom 18.November 1986 bis 10. Februar 1987 befand sich der Akt zur Einsichtnahme im Bürgermeisteramt. Auf Verlangen des Baurechtsamtes vom 13.Februar 1987 wurden die beiden Stiegenhäuser im Hinblick auf den vorbeugenden Brandschutz auf ihre Brandbeständigkeit überprüft und dem Baurechtsamt am 16.März 1987 über die Ergebnisse Mitteilung gemacht. Am 15.Februar 1987 ersuchte das Baurechtsamt außerdem das Stadtplanungsamt, ausführlich im Gutachten Stellung zu nehmen, warum dem Antrag des Bauwerbers um Befreiung von der gesetzlichen Verpflichtung zur Bereitstellung von Abstellplätzen nicht stattgegeben werden könne. In einem ausführlichen Gutachten vom 4. März 1987 kam das Stadtplanungsamt neuerlich zu einem negativen Ergebnis. Dies teilte das Baurechtsamt der klagenden Partei mit Schreiben vom 25.März 1987 mit, worauf diese am 27.April 1987 eine Erklärung der Firma A*** Autoparkgaragen Gesellschaft mbH vom 24. April 1987 vorlegte, in dem sie ihre Bereitschaft mitteilte, der klagenden Partei vier oder mehr Abstellplätze zu vermieten. Diese Bereitschaft könne jedoch nur so lange aufrechterhalten werden, als die von der klagenden Partei gewünschte freie Kapazität zur Verfügung stehe. Der darauf erstellte Bescheidentwurf wurde vom Baurechtsamt am 9.Juni 1987 dem Gemeinderat vorgelegt und dort am 15. Juni 1987 angenommen. Am 23.Juni 1987 wurde der klagenden Partei die beantragte Baubewilligung zugestellt.

Die klagende Partei begehrt aus dem Titel der Amtshaftung den Zuspruch des Betrages von 89.250 S samt 8,5 % Zinsen aus 1,400.000 S seit 1. Juli 1987; weiters wird die Feststellung begehrt, daß die beklagte Partei der klagenden Partei für künftige Schäden hafte, die ihre kausale Ursache im Tatbestand der verzögerten Bescheidausfertigung vom 15.Juni 1987 haben. Die klagende Partei habe an der Säumnis der Baubehörde erster Instanz keinerlei Verantwortlichkeit getroffen. Das von der Behörde zweiter Instanz ergänzte Ermittlungsverfahren hätte ohne weiteres auch von der Behörde erster Instanz noch innerhalb der im § 73 AVG vorgesehenen Entscheidungsfrist von sechs Monaten durchgeführt werden können. Ein Verschulden von Organen der beklagten Partei sei schon deshalb anzunehmen, weil § 73 Abs 2 AVG den Übergang der Zuständigkeit ausdrücklich an das Vorliegen eines Verschuldens der Behörde knüpfe und die Behörde zweiter Instanz in Entsprechung des Devolutionsantrages ihre Zuständigkeit angenommen und den beantragten Bescheid ausgefertigt habe. Die Tatsache des Überganges, dokumentiert dadurch, daß die Behörde zweiter Instanz ihre Entscheidungspflicht wahrgenommen habe, begründe daher eine praesumtio iuris. Im übrigen wäre die Behörde erster Instanz auch objektiv in der Lage gewesen, den Bescheid innerhalb der Sechs-Monatefrist zu erlassen. Die Frage der Schaffung von PKW-Abstellplätzen habe auf die gerügte Verfahrensdauer keinen rechtserheblichen Einfluß gehabt. Es handle sich dabei um eine Frage des materiellen Rechtes, die die Behörde nicht der Verpflichtung enthoben hätte, eine Sachentscheidung, notfalls, wenn sie die Bewilligungsvoraussetzung als nicht gegeben angesehen hätte, eine abweisende zu treffen. Das gelte auch von den Bauplänen. Erst von der Baubehörde zweiter Instanz sei ein geringfügiger materiellrechtlicher Belang gerügt worden. Dieser Modifizierungsaufforderung sei entsprochen worden. Auch die Behörde zweiter Instanz habe den begehrten Bewilligungsbescheid ebenfalls erst mit einer weiteren Verzögerung von acht Monaten erlassen. Diese zusätzliche Säumnis werde ebenfalls als haftungsbegründender Tatbestand geltend gemacht. An den auszubauenden Dachgeschoßräumlichkeiten sei Wohnungseigentum begründet. Die klagende Partei wäre auf Grund eines verbindlichen Kaufanbotes vom 21. August 1986 in der Lage gewesen, diese Räumlichkeiten zu einem Kaufpreis von 1,400.000 S zu veräußern. Die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages sei durch die von der klagenden Partei zu erwirkende Baubewilligung aufschiebend bedingt gewesen. Wäre die beantragte Baubewilligung rechtzeitig, d.i. bis spätestens 21.September 1986, vorgelegen, wäre es möglich gewesen, mit diesem Tag den Kaufvertrag auszufertigen. Nach den Bestimmungen des Anbotes wäre der Kaufpreis mit einem Teilbetrag von 700.000 S mit der Errichtung des Kaufvertrages und mit einem weiteren Teilbetrag von 700.000 S binnen vier Wochen nach Errichtung des Kaufvertrages zur Zahlung fällig gewesen. Zufolge um neun Monate verspäteter Ausfertigung des beantragten Bewilligungsbescheides sei es nunmehr erst möglich, mit einer Verspätung von neun Monaten einen entsprechenden Verkauf zu tätigen. Dementsprechend verspätet könne es auch erst zur Erlangung des Kaufpreises kommen. Daraus ergebe sich ein Zinsenentgang von

89.250 S. Zufolge der Verspätung in der Bescheidausfertigung sei der Anbotleger vom Kaufanbot zurückgetreten, da die Verwirklichung der Ausbauabsicht seinerseits zeitlich gebunden gewesen sei. Es sei nicht abzusehen, bis zu welchem Zeitpunkt die klagende Partei einen neuen Käufer gefunden haben werde bzw. ob es überhaupt möglich sein werde, mit einem neuen Käufer einen Kaufpreis von 1,400.000 S zu vereinbaren. Diese Unsicherheit liege darin begründet, daß mit 1. Juli 1987 das Grunderwerbsteuergesetz geändert worden sei. Die klagende Partei habe daher ein erhebliches rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung, daß die beklagte Partei auch für künftige Schäden hafte, die ihre kausale Ursache in dem Tatbestand der verzögerten Bescheidausfertigung habe.

Die beklagte Partei wendete ein, die klagende Partei treffe an der Säumnis sehr wohl Verantwortlichkeit. Sie habe es in ihrem Antrag an die Baubehörde erster Instanz u.a. unterlassen, gemäß § 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 nachzuweisen, daß sie ihrer Pflicht zur Beschaffung von PKW-Abstellplätzen nachgekommen sei. Aus diesem Grunde sei eine zeitraubende Gutachtenserstellung durch das Stadtplanungsamt notwendig geworden, ob die Bedingungen nach § 4 Abs 4 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 für eine Befreiung gegeben seien. Vom Stadtplanungsamt Graz sei dann auch tatsächlich festgestellt worden, daß eine Befreiung nicht möglich sei. Erst am 27. April 1987 sei von der klagenden Partei der Nachweis erbracht worden, daß sie für genügend PKW-Abstellplätze gesorgt habe. Mit dem Antrag seien auch Baupläne eingereicht worden, die den Bestimmungen der §§ 3 Abs 1 und 6 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes widersprochen hätten. Aus diesem Grund sei das Projekt in der vorgelegten Form vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung negativ begutachtet worden. Durch das Verschulden der klagenden Partei sei dadurch eine Verzögerung für die Erledigung des Antrages eingetreten. Die klagende Partei habe Austauschpläne vorlegen müssen, die erneut von der Grazer Altstadtsachverständigenkommission hätten begutachtet werden müssen. Das von der Behörde zweiter Instanz durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren habe von der Behörde erster Instanz innerhalb der Entscheidungsfrist von sechs Monaten nicht durchgeführt werden können. Allein die Tatsache, daß selbst die Baubehörde zweiter Instanz trotz sorgfältiger und möglichst rascher Arbeit nicht imstande gewesen sei, innerhalb von neun weiteren Monaten eine Entscheidung herbeizuführen, zeige das Erfordernis eines längerdauernden Ermittlungsverfahrens und beweise zusätzlich, daß die Behörde erster Instanz an der Verzögerung nicht schuldtragend sei. Die Entscheidung, ob eine Behörde an der Verzögerung einer Entscheidung schuldtragend sei, obliege ausschließlich den ordentlichen Gerichten; ein Verschulden könne niemals allein aus der Tatsache abgeleitet werden, daß die Behörde zweiter Instanz den Devolutionsantrag nicht abgewiesen habe. Zahlreiche Entscheidungen sagten aus, daß die Behörde an der Verzögerung dann nicht schuldtragend sei, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde durch ein schuldhaftes Verhalten des Antragstellers nicht in der Lage gewesen sei, fristgerecht zu entscheiden, wenn für die Entscheidung ein längerdauerndes Ermittlungsverfahren erforderlich gewesen sei oder wenn der Entscheidung ein gesetzliches Hindernis entgegenstehe. Bestritten werde, daß die klagende Partei in der Lage gewesen wäre, die Dachgeschoßräumlichkeiten zu einem Kaufpreis von 1,400.000 S zu veräußern. Die klagende Partei begehre den Ersatz entgangenen Gewinnes. Im Rahmen der Amtshaftung könne aber nur ein positiver Schaden ersetzt verlangt werden. Es fehle auch am notwendigen Feststellungsinteresse.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Daraus, daß die Baubehörde zweiter Instanz den Devolutionsantrag nicht abgewiesen habe, ergebe sich nicht zwingend, daß ein Verschulden der Behörde erster Instanz vorliege. Es sei vielmehr in jedem Einzelfall vom Gericht zu beurteilen, ob die Behörde erster Instanz ein Verschulden an der Verzögerung treffe. Ein solches Verschulden sei zu verneinen. Wenn sich bei der Prüfung eines Bauansuchens herausstelle, daß die vorgelegten planlichen Unterlagen Mängel aufwiesen, beginne die Devolutionsfrist erst mit dem Vorliegen ausreichender Pläne zu laufen. Die vorgelegten Pläne hätten gegen die Bestimmungen der §§ 3 Abs 1 und 6 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes verstoßen. Sie seien deshalb von der Sachverständigenkommission für die Grazer Altstadt negativ begutachtet worden. Entsprechende Austauschpläne seien am 28. Mai 1986 vorgelegen, so daß der Devolutionsantrag erst am 28.November 1986 zulässig gewesen wäre. Da die klagende Partei in ihrem Bewilligungsantrag die Bereitstellung von PKW-Abstellplätzen nicht nachgewiesen habe, sei es notwendig geworden, das Stadtplanungsamt einzuschalten. Dies habe zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens geführt. Die klagende Partei habe ihren Antrag auf Befreiung von dieser Pflicht aufrechterhalten, nachdem ihr die ablehnende Haltung des Stadtplanungsamtes mitgeteilt worden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Feststellungsbegehrens zusammen mit dem in einem Geldbetrag bestehenden Teil 300.000 S übersteigt. Ein Devolutionsantrag sei nur dann zulässig und erfolgreich, wenn die der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde nachgeordnete Verwaltungsbehörde eine ihr obliegende Entscheidungspflicht schuldhaft verletzt habe. Treffe dies nicht zu, sei der Antrag zurückzuweisen. Daraus ergebe sich zwingend, daß die Oberbehörde die Voraussetzungen des Überganges der Entscheidungspflicht an sie dann als gegeben ansehe, wenn sie einem solchen Antrag entspreche, in Wahrnehmung der auf sie übergangenen Zuständigkeit das Verwaltungsverfahren durchführe und den Bescheid erlasse. Die aufrechte Erledigung des Bauansuchens durch die zweite Instanz setze ein Verschulden der Unterbehörde voraus, so daß die Verschuldensfrage infolge einer insoweit gewiß gegebenen Bindung des Gerichtes an die Rechtsansicht im Verwaltungsverfahren im Amtshaftungsverfahren nicht mehr zu klären sei. Dies verhelfe der klagenden Partei aber noch nicht zu einem Erfolg ihrer Berufung, da § 73 Abs 2 ASVG nicht auf den Grad des Organverschuldens abstelle und im Anlaßfall nur von einem leichten Verschulden ausgegangen werden könne. Da bei Vollziehung der Gesetze im allgemeinen ein objektiver Maßstab anzulegen sei und es nicht auf die persönliche Fähigkeit des Organes ankomme, werde angenommen, daß der Rechtsträger auch für entgangenen Gewinn hafte, wenn ein Sorgfaltsverstoß nachgewiesen sei, der seinem Erscheinungsbild nach objektiv gesehen besonders schwer wiege. Dem Rechtsträger sei allerdings die Möglichkeit des Gegenbeweises einzuräumen, daß im Anlaßfall grobes Organverschulden auszuschließen sei. Die beklagte Partei habe geltend gemacht und unter Beweis gestellt, daß durch ein teilweise mangelhaftes Bauansuchen eine Verzögerung in der Bescheiderteilung eingetreten sei, die nicht ausschließlich auf ein Fehlverhalten ihrer Organe zurückzuführen gewesen sei. Die Verzögerungen im Bauverfahren seien daher in erster Linie auf die Versuche zur Mängelbehebung, ausgelöst durch ein fehlerhaftes Bauansuchen, und erst in zweiter Linie auf eine fehlende straffe Organisation des Behördenapparates der beklagten Partei zurückzuführen. Von einem grob fahrlässigen Organverhalten könne daher nicht gesprochen werden. Liege aber nur ein leicht fahrlässiges Organverhalten vor, stehe der klagenden Partei ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinnes nicht zu. Nach § 1 Abs 1 AHG sei der dem Geschädigten in Ausübung der Gesetze rechtswidrig und schuldhaft zugefügte Schaden nur in Geld zu ersetzen. Ein Feststellungsinteresse nach § 228 ZPO sei demnach von vornherein ausgeschlossen. Das Feststellungsbegehren sei daher mit Recht abgewiesen worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Ein rechtswidriges und schuldhaftes Organhandeln in Vollziehung der Gesetze, das den Rechtsträger gemäß § 1 AHG zum Schadenersatz verpflichtet, kann auch in einer Unterlassung liegen, wenn eine Pflicht des Organes zum Tätigwerden bestand und ein pflichtgemäßes Handeln den Schadenseintritt verhindert hätte (EvBl 1988/140; SZ 59/68; SZ 55/161 uva; Loebenstein-Kaniak AHG2 129 f; Apathy in Aicher, Die Haftung für staatliche Fehlleistungen im Wirtschaftsleben 213). Eine Rechtspflicht zum Handeln der Behörde besteht vor allem in Fällen, in denen eine Entscheidungspflicht normiert ist (SZ 55/161; SZ 54/86 ua; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4 Rz 263, 633). Gemäß § 1 Abs 1 des Steiermärkischen Landesgesetzes vom 4.Juli 1967, LGBl. Nr. 130 idgF, ist die Landeshauptstadt Graz eine Stadt mit eigenem Statut. Das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz findet auf das behördliche Verfahren der Organe der Städte mit eigenem Statut Anwendung (Art. II Abs 2 A Z 2 EGVG; Walter-Mayer aaO Rz 64). Die Baubehörde erster Instanz in Städten mit eigenem Statut ist der Stadtsenat; gegen dessen Bescheide kann die Berufung an den Gemeinderat eingebracht werden (§ 71 Stmk BauO).

Nach § 73 Abs 1 AVG sind die Behörden grundsätzlich verpflichtet, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen, den Bescheid zu erlassen. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist (§ 73 Abs 2 AVG). Ausschließliches Verschulden der Behörde nach § 73 Abs 2 AVG kann nicht mit einem subjektiv vorwerfbaren Verschulden im Sinne des Schadenersatzrechtes oder der Amtshaftung gleichgesetzt werden. Ein als Voraussetzung für eine Devolution erforderliches Verschulden liegt schon dann vor, wenn die Verzögerung weder durch das Verschulden der Partei noch durch unüberwindliche Hindernisse verursacht wurde. Verschulden in diesem Sinn ist demnach kein subjektives, sondern ein objektives Erfordernis (VwSlg. 10.758/A; ZfVB 1983/3/1459; ZfVB 1980/4/1305; VwSlg. 8426/A uva; Pesendorfer in ZAS 1976, 108; Walter-Mayer aaO Rz 646). Hat die Oberbehörde aber bei Vorliegen eines Devolutionsantrages nicht zu prüfen, ob Organen der Behörde erster Instanz ein Verschulden im schadenersatzrechtlichen Sinn vorzuwerfen ist, kann schon aus diesem Grund eine Bindung der Amtshaftungsgerichte bei Sachentscheidung der Oberbehörde nach einem Devolutionsantrag, den Organen des Rechtsträgers sei ein Schuldvorwurf im Sinne des Amtshaftungsgesetzes zu machen, nicht bestehen. Die vom Berufungsgericht angeführte Belegstelle (Loebenstein-Kaniak aaO 157) befaßt sich in erster Linie mit der Frage, ob Verfahrenskosten im Rahmen der Amtshaftung überhaupt erfolgreich geltend gemacht werden können, was im Anschluß an eine Untersuchung von Meier in JBl 1979, 617 ff. gegen die ältere Lehre und eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien (RZ 1984/49) sowie in Übereinstimmung mit Zechner in seiner Glosse zur Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien RZ 1984, 150 f bejaht wurde; dieser Ansicht ist auch der erkennende Senat gefolgt (SZ 59/141; 1 Ob 2/89; 1 Ob 18/87). Im Falle der Entscheidung RZ 1984/49 handelte es sich um die Geltendmachung der Kosten eines Devolutionsantrages. Zechner führte für Verzögerungsschäden zutreffend aus, daß Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch eine unvertretbare Anwendung des Verfahrensrechtes sei; ein bloßes Liegenlassen und Nichtentscheiden ohne besonderen, durch die Bedürfnisse des konkreten Verwaltungsverfahrens gebotenen oder vertretbaren Grund erscheine wegen der im § 73 Abs 1 AVG normierten Entscheidungspflicht unvertretbar. Die Ausführungen in Loebenstein-Kaniak aaO 157 sind nur in diesem Zusammenhang zu verstehen; das bewußt vage gebrauchte Wort "Bindung" ist nur als Hinweis zu verstehen. Die Behauptungs- und Beweislast für mangelndes Verschulden bei Nichterfüllung einer Rechtspflicht trifft stets den Rechtsträger (JBl 1989, 45; JBl 1988, 177 ua; Loebenstein-Kaniak aaO 142). Einen solchen Beweis hatte die beklagte Partei im Falle der Entscheidung RZ 1984/49 nicht angetreten, sondern vielmehr behauptet, es sei Sache der klagenden Partei, ein Organverschulden konkret aufzuzeigen, so daß das von der Oberbehörde offensichtlich dort auch angenommene subjektive Verschulden des Organes gewiß auch für das Amtshaftungsverfahren anzunehmen war. Amtshaftung für nur objektives Fehlverhalten, wie es für § 73 Abs 2 AVG genügt, wird in Loebenstein-Kaniak deutlich abgelehnt (aaO 141). Ob Organe im Sinn des § 1 Abs 1 AHG schuldhaft gehandelt haben, hat also immer noch das Amtshaftungsgericht aus eigenem zu prüfen (NRspr. 1988/277; 1 Ob 2/89; 1 Ob 23/87; vgl. Loebenstein-Kaniak aaO 240; Fasching ZPR Rz 2321). Das gilt auch für das erstinstanzliche baubehördliche Verfahren und überhaupt eindeutig für das Verfahren vor der Oberbehörde.

Der beklagten Partei ist aber, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, der Beweis gelungen, daß ihre Organe kein Verschulden im Sinn des § 1 AHG an der Verzögerung getroffen hat. Nach § 8 Stmk BauO sind bei allen Bauführungen ausreichende, dem Verwendungszweck und der Lage des Baues entsprechende freie Flächen (u.a. Abstellplätze für Kraftfahrzeuge) zu schaffen und zu erhalten. Nach § 4 Abs 1 der Stmk. Garagenordnung 1979, LGBl. Nr. 27, sind bei der Errichtung baulicher oder anderer Anlagen, bei denen ein Zu- und Abfahrtsverkehr zu erwarten ist, vom Bauwerber geeignete Abstellflächen in ausreichender Größe herzustellen. Diese Verpflichtung gilt auch dann, wenn bauliche Anlagen wesentlich geändert werden und sich dadurch der Bedarf an Abstellplätzen gegenüber dem bisherigen Zustand erhöht. Diese notwendigen Abstellflächen sind auf dem Bauplatz herzustellen, wenn nicht nachgewiesen werden kann, daß außerhalb von öffentlichen Verkehrsflächen Garagen- oder Abstellflächen vorhanden sind oder errichtet werden, die vom Bauplatz in Gehlinie nicht mehr als 300 m entfernt sind und deren Benützung durch ein dingliches Recht gesichert ist (§ 4 Abs 5 des Gesetzes). Sofern sich aus der Lage der Anlage oder dem Erschließungsgrad mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein Minderbedarf ergibt, hat die Behörde zuzulassen, daß eine geringere als die sich nach dem Gesetz ergebende Anzahl von Abstellflächen geschaffen oder in besonderen Fällen überhaupt davon Abstand genommen wird (§ 4 Abs 4 des Gesetzes). Wie die Ergebnisse des Bauverfahrens zeigen, hätte das Bauansuchen auf Grund der ursprünglich vorgelegten Pläne nicht bewilligt werden können. Es waren nicht nur deren Auswechselung, sondern auch spätere Berichtigungen und das Beibringen weiterer Erklärungen erforderlich. Einen urkundlichen Nachweis nach § 4 Abs 5 Stmk. Garagenordnung, der, obwohl die Einräumung eines dinglichen Rechts wiederum nicht dargetan wurde, dennoch von der Baubehörde als ausreichend angesehen wurde, wurde nach mehrmaliger Aufforderung der Behörde erst mit Schriftsatz vom 27.April 1987, also weit nach Geltendmachung der Devolution an die Oberbehörde, vorgelegt. Lag aber die Verzögerung der Bewilligung des Bauansuchens in von der klagenden Partei vorgelegten mangelhaften Plänen und in dem Fehlen erforderlicher Nachweise, liegt eine unvertretbare und damit schuldhafte Verzögerung durch Organe der beklagten Partei, auch wenn die Oberbehörde, wie sich herausgestellt hat, irrig, zunächst davon ausgegangen ist, tatsächlich nicht vor. Wenn die klagende Partei in diesem Zusammenhang vorbringt, die Behörde hätte sie nicht wiederholt auffordern dürfen, ihr Bauansuchen zu verbessern, sie hätte vielmehr eine abweisende Entscheidung treffen sollen, entzieht sie ihrem Amtshaftungsbegehren selbst den Boden. In diesem Falle hätte mangels Bewilligung des Bauprojektes der Dachbodenausbau und damit der Verkauf der neu geschaffenen Wohneinheiten überhaupt nicht oder jedenfalls erst nach einem neuen Ansuchen viel später erfolgen können.

Verfehlt vertritt das Berufungsgericht die Rechtsansicht, Feststellungsbegehren wären im Amtshaftungsverfahren grundsätzlich ausgeschlossen. § 1 Abs 1 Schlußsatz AHG ordnet an, daß der Schaden nur in Geld zu ersetzen, demnach nicht Naturalersatz im Sinn des § 1323 ABGB zu leisten ist (Loebenstein-Kaniak aaO 155). Auf Feststellung künftigen Geldersatzes gerichtete Begehren sind dadurch nicht ausgeschlossen (SZ 34/48; Loebenstein-Kaniak 221). Sie sind auch notwendig, um eine allenfalls drohende Verjährung hintanzuhalten (Loebenstein-Kaniak aaO 203). Das Feststellungsbegehren ist nur sachlich verfehlt, weil eine Ersatzpflicht der beklagten Partei mangels Verschuldens ihrer Organe nicht besteht.

Der Revision ist nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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