European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00053.15Y.0423.000
Spruch:
Beide Revisionen werden zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit 892,88 EUR (darin 148,81 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzten.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.818,37 EUR (darin 469,73 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Die Beklagten sind die Erben eines am 3. 10. 2005 verstorbenen Mieters, der mit Mietvertrag vom 5. 7. 1985 Geschäftsräumlichkeiten in einem den Klägern gehörenden Haus gemietet und dort ein Unternehmen betrieben hatte. Nachdem der Einantwortungsbeschluss des Verlassenschaftsgerichts in Rechtskraft erwachsen war, forderte der Rechtsvertreter der Kläger die Beklagten zur Zahlung des gemäß § 46a Abs 2 MRG ab dem 1. 1. 2006 angehobenen Mietzinses auf, wobei die berechneten Mietzinsrückstände mit 31. 7. 2012 fällig gestellt wurden. Die Kläger begehrten schließlich für die Jahre 2006 bis 2013 insgesamt den Klagebetrag samt monatlich staffelweise berechneter Zinsen von 8 % über dem Basiszinssatz. Sie brachten im Wesentlichen vor, sie seien zur Mietzinsanhebung berechtigt gewesen, weil der angemessene monatliche Mietzins zum Todestag des früheren Mieters 5.548 EUR betragen hätte, tatsächlich aber nur 826,49 EUR monatlich bezahlt worden seien. Bei der Berechnung sei auch zu berücksichtigen, dass für die Valorisierung der jährlichen Anhebungsbeträge der Wert für Februar 2001 des Verbraucherpreisindex 2000 heranzuziehen sei. Das Zinsenbegehren sei berechtigt, weil schuldhafter Zahlungsverzug vorliege und aus Unternehmensgeschäften Zinsen in der geltend gemachten Höhe geschuldet würden.
Die Beklagten wandten im Wesentlichen ein, dass die Kläger einen weitaus zu hohen Mietzins begehrten. Verzugszinsen könnten erst ab 1. 8. 2012 verlangt werden, weil die Forderungen zum 31. 7. 2012 fällig gestellt worden seien.
Das Erstgericht erkannte die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern 171.985,20 EUR samt 8 % Zinsen über den jeweils anzuwendenden Basiszinssatz aus den jeweils geschuldeten Mietzinsrückständen (ab 1. 8. 2012 bzw ab Beginn der folgenden Monate) zu zahlen; ein Mehrbegehren von weiteren 7.834,82 EUR samt Zinsen sowie die Zinsenbegehren für Perioden vor dem 1. 8. 2012 wies es ab. Zur Berechnung der nach der Mietzinsanhebung geschuldeten Beträge ging es von der Feststellung aus, dass am Todestag des früheren Mieters ein Nettohauptmietzins von 5.430 EUR monatlich üblich und angemessen gewesen wäre. Die Valorisierung dieses Mietzinses sei mit dem Wert für Oktober 2005 des Verbraucherpreisindex 2000 anzusetzen, woraus sich letztlich die zugesprochenen Beträge ergäben. Zinsen könnten erst ab 1. 8. 2013 zuerkannt werden, habe doch vor der Geltendmachung kein Zahlungsverzug der Beklagten eintreten können.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Die auf einem unbedenklichen und schlüssigen Gutachten eines Sachverständigen beruhenden Feststellungen des Erstgerichts über den zum Todeszeitpunkt angemessenen Mietzins seien in einem mangelfreien Verfahren zustande gekommen. Wenn § 46a Abs 2 MRG die Valorisierung „entsprechend der Regelung des § 16 Abs 6“ anordne, sei von dieser Verweisung nicht die in der genannten Bestimmung erwähnte Indexzahl für Februar 2001 erfasst. Vielmehr könne sich die Verweisung bei richtigem Verständnis nur auf die Berechnung der Anhebung auf Basis des Verbraucherpreisindex 2000 beziehen, insbesondere auf die „5 %‑Sprünge“. Die dort erwähnte Bezugnahme auf die Indexzahl für Februar 2001 ergebe sich aus einer Novellierung, durch die ein von der bisherigen Rechtslage abweichender Index als maßgeblich erklärt worden sei; zudem erfasse die Bezugnahme auf Februar 2001 lediglich Wohnungen der Ausstattungskategorie D. Das Erstgericht habe somit zutreffend die Indexzahl für den Monat Oktober 2005 als Ausgangsbasis seiner Berechnung herangezogen, da maßgeblicher Zeitpunkt der Todestag des verstorbenen Geschäftsraummieters sei. Auch die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens sei berechtigt, könnten doch die Beklagten als Universalsukzessoren vor Zugang eines Anhebungsverlanges des Vermieters nicht in Verzug geraten. Auf Schadenersatz wegen des von ihnen nun behaupteten „Hinauszögerns“ der Einantwortung durch die Erben, hätten die Kläger ihr Zinsenbegehren nicht gestützt; für eine solche schuldhafte Verzögerung fänden sich auch im festgestellten Sachverhalt keine Hinweise.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ab wann ‑ etwa bei überlangem Verlassenschaftsverfahren wie hier ‑ Zinsen aus dem rückwirkend angehobenen Hauptmietzins zustünden, nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobenen Revisionen der Kläger und der Beklagten sind nicht zulässig, weil in ihnen keine erhebliche Rechtsfrage, von deren Lösung die Sachentscheidung abhängen könnte, nachvollziehbar aufgezeigt wird (vgl nur RIS‑Justiz RS0088931 [T7]). Soweit der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht wird, wäre es für die nachvollziehbare Erörterung einer Rechtsfrage zumindest erforderlich, dass begründet dargestellt wird, welche gesetzliche Vorschrift das Berufungsgericht unzutreffend angewendet habe und aufgrund welcher Erwägungen eine andere Gesetzesauslegung zu einem für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis geführt hätte. Diesen Erfordernissen genügen beide Rechtsmittel nicht.
1. Zur Revision der Kläger:
Die Ausführungen der Kläger zur Abweisung des Mehrbegehrens von 7.834,82 EUR samt Zinsen sind weitgehend nicht verständlich und setzen sich insbesondere nicht mit jenen Argumenten des Berufungsgerichts auseinander, mit denen begründet wurde, warum der Indexwert für Februar 2001 bei Mietzinserhöhungen nach § 46a Abs 2 MRG nicht heranzuziehen ist. Dem Argument des Berufungsgerichts, die Anordnung der Valorisierung „entsprechend“ der Regelung des § 16 Abs 6 MRG beziehe sich nur auf die Valorisierungsmethode, nicht aber auf einen bestimmten Ausgangswert, halten die Revisionswerber überhaupt nichts Sachliches entgegen.
Ähnliches gilt für die Ausführungen zur Abweisung des Zinsenbegehrens für Zeiträume vor dem 1. 8. 2012. Hier besteht die Argumentation ganz überwiegend aus der Erörterung der von den Revisionswerbern erwünschten Rechtsfolge, nämlich einer möglichst frühzeitigen Verzinsung, ohne dass aber auch nur annähernd nachvollziehbar dargestellt würde, aus welchen gesetzlichen Bestimmungen sich eine solche Rechtsfolge ergeben könnte. Die Revisionswerber nennen nicht eine einzige konkrete Norm und setzen sich auch mit den Begriffen der Fälligkeit und des Verzugs nicht auseinander. Sie behaupten auch nicht, dass für den vorliegenden Fall eine Spezialnorm existierte, die ‑ wie etwa § 354 Abs 2 UGB oder § 94 Abs 1 VersVG (dazu RIS‑Justiz RS0128573) ‑ den Beginn des Zinsenlaufs schon vor dem Eintritt der Fälligkeit anordnen würde. Inhaltlich wird damit der Auffassung des Berufungsgerichts, erst mit der von den Klägern erklärten Fälligstellung sei Verzug eingetreten (vgl dazu auch RIS‑Justiz RS0116940, RS0017563), weshalb auch erst ab diesem Zeitpunkt Verzugszinsen verlangt werden könnten, nichts Überzeugendes entgegengehalten. Zur neuerlichen Berufung darauf, ein ungebührliches Hinauszögern des Verlassenschaftsverfahrens durch die Erben dürfe nicht dazu führen, dass dem Vermieter Zinsverluste entstehen, ist ‑ mit dem Berufungsgericht ‑ darauf hinzuweisen, dass eine derartige bewusste Hinauszögerung weder behauptet noch festgestellt wurde.
2. Zur Revision der Beklagten:
Ungeachtet der gewählten (unrichtigen) Bezeichnung machen die Beklagten nicht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, sondern vielmehr jenen der Mangelhaftigkeit des (Berufungs‑)Verfahrens geltend. Sie behaupten nicht, dass die Vorinstanzen materiell rechtliche Normen des MRG oder des ABGB unrichtig ausgelegt oder angewandt hätten, sondern beschweren sich ausschließlich über vermeintliche Fehler bei der Ermittlung der Sachverhaltsgrundlagen.
Soweit dabei angebliche Fehler des Verfahrens erster Instanz erörtert werden, übersehen sie offenbar, dass behauptete Nichtigkeiten (RIS‑Justiz RS0042981) bzw Mängel des Verfahrens erster Instanz (RIS‑Justiz RS0042963) vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden können, wenn sich das Berufungsgericht mit diesen (ausreichend) beschäftigt und deren Vorliegen verneint hat. Ein solcher Fall liegt auch hier vor, hat doch das Berufungsgericht ausführlich begründet, warum es der Auffassung war, dass dem Erstgericht kein Verfahrensfehler vorzuwerfen war, wenn es weder eine Ergänzung des eingeholten Sachverständigengutachtens (insbesondere durch Offenlegung von Informationsquellen des Sachverständigen zu Vergleichswerten) noch die Einholung eines weiteren Gutachtens für erforderlich gehalten hat. Es ist dabei auch auf die von den Revisionswerbern angeführten höchstgerichtlichen Entscheidungen eingegangen und hat nachvollziehbar dargelegt, warum aus diesen für die Frage der von den Beklagten eingeforderten Offenlegung aller Beurteilungsgrundlagen des Sachverständigen ‑ wegen der dort anders gelagerten Problemstellungen ‑ nichts Abschließendes zu gewinnen sei. Das Berufungsgericht hat also weder die inhaltliche Erledigung der Verfahrensrüge überhaupt unterlassen noch dabei seine Überprüfungspflicht aufgrund Missachtung tragender verfahrensrechtlicher Vorschriften in anderer Weise verletzt (dazu RIS‑Justiz RS0043086, RS0043144); damit liegt kein Mangel des Berufungsverfahrens iSd § 503 Z 2 ZPO vor.
3. Die Parteien haben in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die Unzulässigkeit der Revision der Gegenseite hingewiesen, womit sich ihre Schriftsätze als zweckentsprechende Rechtsverfolgungs‑ bzw Rechtsverteidigungsmaßnahmen darstellen und ihnen gemäß § 50 Abs 1, § 41 Abs 1 ZPO tarifmäßiger Kostenersatz gebührt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)