Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben und das Urteil des Berufungsgerichts dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 6.735,04 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 1.115 S Umsatzsteuer und 40 S Barauslagen) sowie die mit S 4.635,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 609,28 S Umsatzsteuer und 1.980 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft mit einem Mietshaus in Wien; die Beklagte ist seit 1.Mai 1988 Hauptmieterin des in diesem Haus gelegenen straßenseitigen Geschäftslokals top Nr 2. Wie schon die Vormieterin betreibt sie im Geschäftslokal nicht, wie im Mietvertrag festgehalten, einen „Sex-Shop“ sondern ein Bordell, in dem zumindest zwei Mädchen als Prostituierte arbeiten. Den im Haus wohnenden Klägern war - wie schon dem Voreigentümer - die Art der Benützung durch die Vormieterin seit Jahren bekannt, ohne daß sie dieser vor Einbringung der Aufkündigung am 28.Juni 1995 widersprochen hätten. Das Geschäftslokal hat einen Schank- oder Barraum sowie drei angrenzende Zimmer und verfügt neben einem straßenseitigen Eingang noch über einen Zugang bzw (Not-)Ausgang (im folgenden Hintereingang) im Flur des Wohnhauses, der von Gästen der Beklagten, die auf Diskretion Wert legen, benutzt wird. Bei diesem Hintereingang sind zwei Klingeln angebracht. Daß die Angestellten der Beklagten ihre Tätigkeit nicht nur innerhalb des Bestandgegenstands ausübten, ist nicht feststellbar.
Das Erstgericht erachtete die auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall und Z 7 MRG gestützte Aufkündigung für rechtswirksam und ging dabei von folgenden Feststellungen aus:
Im Frühsommer 1995 beobachtete der Erstkläger eine leicht bekleidete, „zum Geschäftslokal der Beklagten gehörige“ Frau und einen Mann dabei, wie sie etwa eine halbe Stunde lang in der Weise „Fangen spielten“, daß sie durch den Hintereingang auf den Gang des Hauses und durch den straßenseitigen Eingang wieder in das Geschäftslokal liefen; dieser Vorgang wiederholte sich mehrfach. Es kam und kommt vor, daß aus dem Geschäftslokal der Beklagten kommende Männer in allgemeinen Teilen des Hauses, insbesondere im Hof, urinieren. Vor Einbringung der Aufkündigung wurden wiederholt an allgemein zugänglichen Stellen des Hauses gebrauchte Kondome aufgefunden, die von Angestellten oder Gästen der Beklagten weggeworfen worden waren. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt beobachtete der Hausbesorger eine Angestellte der Beklagten dabei, wie sie ein solches Kondom auf den Gang warf. Dadurch, daß die Gäste der Beklagten deren Geschäftslokal vorzugsweise über den Hintereingang aufsuchen, kommt es dazu, daß viele hausfremde Männer das Haus frequentieren und auch im Hausflur auf Einlaß warten. Zahlreiche Mieter und vor allem Mieterinnen des Hauses wurden durch (potentielle) Gäste der Beklagten, die auf der Suche nach dem Geschäftslokal und den dort angebotenen Diensten waren, belästigt und mit unsittlichen Angeboten bedacht. In den Inseraten, durch welche die Gäste vornehmlich angezogen wurden, ist als Adresse nur die Hausnummer ohne Türnummer angegeben. So erkundigte sich ein unbekannter Mann bei der im Haus wohnenden Mutter der beiden Kläger, „wo es im Haus die Madln gebe“. 1994 läutete tagsüber ein unbekannter Mann an der Wohnungstür einer Mieterin und fragte sie nach dem Öffnen der Tür, ob sie die Dame mit dem großen Busen sei; die Mieterin fühlte sich durch diesen Vorfall sehr gestört. Im Juli oder August 1995 läutete ein unbekannter Mann an der Wohnungstür der Hausbesorgerin und fragte sie, wo sich die Bar befinde. Als ihm die Hausbesorgerin erklärte, die Bar befinde sich auf top Nr 2, meinte der Mann, auch die Hausbesorgerin sei eine schöne Frau. Die Hausbesorgerin schloß daraufhin die Tür. Es kam in den letzten Jahren häufig vor, daß Männer bei der Hausbesorgerin anklopften, um nach der Bar zu fragen. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt fragte sie ein unbekannter Mann, der eben das Geschäftslokal der Beklagten verlassen hatte, ob sie nicht mit ihm ins Bett gehen wolle. 1995 kam es drei- bis viermal vor, daß ein Mann an der Wohnungstür einer im ersten Stock wohnenden Mieterin läutete, Einlaß begehrte und fragte, ob sich in ihrer Wohnung das Bordell befinde; einmal wurde sie auch gefragt, ob sie Intimmassagen mache. Am 25.November 1995 gegen 13.00 Uhr wurde ein im ersten Stock wohnender Mieter herausgeläutet und gefragt, wo die Massage zu finden sei. Bei einer Mieterin klopften unbekannte Männer wiederholt an die Wohnungstür und fragten sie, ob sie Geld nehme bzw ob sie die Frau sei, die in der Zeitung inseriert habe. Der erste entsprechende Vorfall fand bereits im Jänner 1992 statt. Im Sommer 1993 saß diese Mieterin in der Küche ihrer Wohnung bei offenem Gangfenster, als gegen 01.00 Uhr ein jüngerer Mann vor ihrem Gangfenster stand und sie fragte, ob sie die Dame aus der ... (Anschrift des Geschäftslokals der Beklagten)... sei, nämlich die „Hausfrau“. Die Mieterin verschloß daraufhin das Gangfenster und löschte das Licht. Diese Mieterin wurde in dieser Zeit auch auf der Straße vor dem Haus angesprochen, ob die die Dame aus der ... (Anschrift des Geschäftslokals der Beklagten)... sei; insgesamt gab es etwa sieben oder acht solche Vorfälle. Am 24.Oktober 1995, somit nach Einbringung der Aufkündigung, wurde diese Mieterin, als sie gegen Mittag ihre Tochter von der Schule abholen wollte, von einem unbekannt gebliebenen Mann, der beim Hintereingang des Geschäftslokals der Beklagten vergeblich heftig geläutet hatte, an der Schulter gepackt und zurückgezerrt, als sie das Haus verlassen wollte. Der Mann hatte offenkundig die Absicht, diese Mieterin sexuell zu mißbrauchen, doch gelang es ihr, dem Mann eine Fliese oder einen Ziegel ins Gesicht zu schleudern und ihn letztlich mit Hilfe der Hausbesorgerin in die Flucht zu schlagen. Infolge dieser Vorfälle und deshalb, weil das Haus von vielen fremden Männern frequentiert wird, sind zahlreiche Bewohnerinnen verängstigt und verunsichert.
Am 12.Mai 1995 wurde gegen 00.15 Uhr von unbekannten Tätern nach Drohungen ein erster Anschlag mit Buttersäure auf das Geschäftslokal der Beklagten verübt. Hintergrund dieses Anschlags waren „geschäftliche“ Auseinandersetzungen zwischen der Beklagten und Konkurrenten oder ehemaligen Geschäftspartnern. Diesem ersten Anschlag im Geschäftslokal - das dadurch mehrere Wochen geschlossen werden mußte - folgten in den folgenden Wochen vor Einbringung der Aufkündigung zwei weitere Anschläge vor dem Geschäftslokal. Durch diese Anschläge herrschte im Haus, insbesondere auf den Stiegen und Gängen, mehrere Wochen hindurch ein ekeliger und stark wahrnehmbarer Gestank, der von allen Mietern als unangenehm und störend empfunden wurde.
Rechtlich verneinte der Erstrichter zwar den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 7 MRG, bejahte aber jenen gemäß § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG, weil bereits die latente Gefährdung der Hausbewohner durch die Besucher der Prostituierten einen Kündigungsgrund darstelle; dies gelte umso mehr, wenn gerade die mit der Ausübung der Prostitution verbundenen Gefahren und negativen Auswirkungen tatsächlich realisiert würden. Der Beklagten sei ua vorzuwerfen, daß sie den Kundenzustrom und -abgang nicht ausschließlich über den straßenseitigen Eingang, sondern auch über den Hintereingang im Hausflur abgewickelt habe, wodurch dieselben Gefahren und Bedenken wie bei der Wohnungsprostitution gegeben seien. Auch wenn sich einzelne Vorfälle, insbesondere der Notzuchtversuch an einer Mieterin, erst nach Zustellung der Aufkündigung zugetragen hätten, sei im Rahmen einer Gesamtschau das Maß des Zumutbaren bei weitem überschritten.
Das Berufungsgericht hob die Aufkündigung auf und wies das Räumungsbegehren ab; es erachtete die ordentliche Revision als nicht zulässig. Die zweite Instanz hielt das Eingehen auf die Beweisrüge der Berufung aus rechtlichen Gründen für entbehrlich: Die festgestellten Vorfälle in den Jahren 1992 und 1993 stünden nicht mehr im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufkündigung, der Notzuchtversuch an einer Mieterin habe bei der Beurteilung außer Betracht zu bleiben, weil ein nach Zustellung der Aufkündigung der Beklagten zurechenbares Verhalten nicht geeignet sei, den Kündigungsgrund herzustellen. Des weiteren begründe der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Mietobjekts, möge er für die Mitbewohner auch noch so störend sein, keinen Kündigungstatbestand. Die Vermieter hätten die Verwendung des Bestandobjekts als Bordell genehmigt. Die festgestellten gelegentlichen Unzukömmlichkeiten hätten nicht das Maß des Zumutbaren überschritten; die offenbar auf einem Racheakt beruhenden Stinkbombenattentate könnten der Beklagten nicht zugerechnet werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig und auch berechtigt.
Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG („unleidliches Verhalten“) wird dann verwirklicht, wenn ein Mieter oder unter Umständen auch seine Mitbenützer durch rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das friedliche Zusammenleben verleiden, in der Regel also durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen, soweit das Gesamtverhalten des Mieters oder jener Personen, deren Verhalten er zu vertreten hat, nach seiner Art das bei den besonderen Verhältnissen zu duldende Ausmaß übersteigt (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, § 30 MRG Rz 18 mwN). Dieser Kündigungsgrund setzt kein Verschulden des Mieters voraus (MietSlg 37.412; 8 Ob 1599/92, 9 Ob 1611/94 = MietSlg 46.352; Würth/Zingher aaO § 30 MRG Rz 22 mwN); er dient dem Schutz der übrigen Hausbewohner (9 Ob 1611/94) und bezweckt im Interesse der Hausgemeinschaft, die Ruhe im Haus zu gewährleisten (MietSlg 38.449). Vor allem ist entscheidend, ob ein gedeihliches Zusammenleben der Mitbewohner weiterhin gewährleistet ist (MietSlg 42/13; 9 Ob 510/94 = SZ 67/236 = MietSlg 46.353 mwN uva). Zur Beurteilung ist - wie schon angedeutet - das Gesamtverhalten des Mieters oder jener Personen, deren Verhalten er zu vertreten hat, heranzuziehen (MietSlg 37.406, 41.324 f; SZ 67/236; Würth/Zingher aaO § 30 MRG Rz 18, 23); für die Berechtigung der Aufkündigung ist es wesentlich, ob der Tatbestand bereits zur Zeit der Zustellung der Aufkündigung erfüllt war (MietSlg 40.435 mwN; SZ 67/236). Die Einstellung des beanstandeten Verhaltens nach Zustellung der Aufkündigung hebt zwar den Kündigungstatbestand nicht ohne weiteres auf, muß aber bei der Beurteilung der Frage, ob das Gesamtverhalten die Aufkündigung rechtfertigt, mitberücksichtigt werden (MietSlg 38.495/4, 39.424 ua; Würth in Rummel 2, § 33 MRG Rz 5). Läßt das Verhalten des Gekündigten nach der Aufkündigung den verläßlichen Schluß zu, daß die Wiederholung oder Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens ausgeschlossen werden kann, so kann das das Schicksal der Aufkündigung gegebenenfalls zugunsten des Gekündigten beeinflussen (SZ 67/236; MietSlg 40.435 ua).
Bereits zur völlig gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 19 Abs 2 Z 3 MG wurde ausgesprochen, die Ausübung der Prostitution in einer gemieteten Wohnung, die sich in einem Haus befindet, in dem noch andere Mieter wohnen, stelle grundsätzlich den genannten Kündigungsgrund dar (MietSlg 3.166, 12.200, 17.388, 19.294, 35.538; RIS-Justiz RS0068045). Der Kündigungsgrund wurde nur dann als nicht gegeben angesehen, wenn es nur ganz vereinzelte Vorfälle gegeben hatte oder wenn das Verhalten der gekündigten Mietpartei schon geraume Zeit vor Einbringung der Kündigung oder nach einer allenfalls erfolgten Aufforderung durch den Vermieter endgültig beendet worden war. Darauf, daß die einzelnen Mitbewohner sich subjektiv gestört fühlten, komme es nicht an, weil nur maßgebend sei, ob den übrigen Mitbewohnern wegen des Verhaltens des Mieters das weitere Zusammenleben aus objektiver Sicht im selben Haus zugemutet werden könne. Die Rspr zu diesem Kündigungsgrund kann auch für den wortgleichen Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG herangezogen werden. In der Entscheidung 1 Ob 619/84 = MietSlg 36.390 (RIS-Justiz RS0070255) nahm der erkennende Senat bereits im Zusammenhang mit einer Aufkündigung nach § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG zur Ausübung der Prostitution in der von der Prostituierten oder von einem Dritten gemieteten Wohnung Stellung und kam zum Schluß, ein solches Verhalten sei geeignet, den Mitbewohnern das Zusammenleben mit einem solchen Mieter unzumutbar zu machen; das gelte jedenfalls dann, wenn die Wohnung nicht für diese Zwecke, sondern zu Wohnzwecken gemietet worden sei und in den anderen Wohnungen nicht ebenfalls die Prostitution ausgeübt werde. Für diese rechtliche Beurteilung seien nicht nur sittliche Beweggründe maßgebend, sondern auch die Erwägung, daß der Besuch von der Prostituierten selbst größtenteils nicht näher oder sogar gänzlich unbekannten, den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten angehörenden Männern zur Störung der Hausordnung und der gebotenen Ruhe im Haus und nicht zuletzt auch zur Gefährdung der Sicherheit, des Lebens und des Eigentums anderer Hausbewohner führen könne. Da diese Gefährdung als latent anzusehen sei und zu jeder Tageszeit bestehe, könne es nicht darauf ankommen, wann und wie häufig die Prostitution ausgeübt werde, ob einzelne der Hausbewohner schon am Verhalten der Prostituierten Anstoß genommen hätten und ob es überhaupt schon zu konkreten Anständen gekommen sei. Von diesen grundsätzlichen Erwägungen zum Einfluß der Ausübung der Prostitution auf den genannten Kündigungsgrund abzugehen, besteht kein Anlaß.
Im vorliegenden Fall hatten die Vermieter Kenntnis davon, daß die beklagte Mieterin eines Geschäftslokals ungeachtet des vereinbarten Mietzwecks „Betrieb eines Sex-Shops“ tatsächlich ein Bordell betrieb. Der Vermieter und die anderen Mieter müssen die mit einem in den Bestandräumlichkeiten mit ausdrücklicher oder - wie hier - zumindest stillschweigender Zustimmung geführten Betrieb verbundenen Unzukömmlichkeiten und Belästigungen, die mit dem Betrieb dieses Gewerbes notwendig und üblicherweise verbunden sind und mit denen bei der Vermietung gerechnet werden mußte, in Kauf nehmen; der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG kann nur dann mit Erfolg herangezogen werden, wenn sie das bei Unternehmen dieser Art übliche und unvermeidliche Ausmaß überschreiten (MietSlg 36.394 ua; Würth/Zingher aaO § 30 MRG Rz 19). Davon ist hier auszugehen: In den übrigen Bestandobjekten des Hauses wird nicht die Prostitution ausgeübt; sie dienen vielmehr zahlreichen weiteren Mietern für Wohnzwecke. Nach § 1 Wiener ProstitutionsG, LGBl 1984/7 idF LGBl 1991/34, unterliegt die Anbahnung und Ausübung der Prostitution im Gebiet der Stadt Wien unbeschadet strafgesetzlicher und gesundheitspolizeilicher Reglungen des Bundes den Bestimmungen dieses Gesetzes. Gemäß § 5 Abs 1 dieses Gesetzes ist die Ausübung der Prostitution in Wohnungen verboten. Dieses Verbot gilt auch für andere Räume eines Gebäudes, wenn sie keinen unmittelbaren und gesonderten Zugang von einer öffentlichen Verkehrsfläche aus aufweisen. Ausgenommen von diesem Verbot sind nur Gebäude, deren Wohnungen ausschließlich von Personen benützt oder bewohnt werden, die die Prostitution ausüben. Diese Regelung kann nach ihrem Zweck - andere Bewohner vor Behelligungen zu bewahren - nur so verstanden werden, daß vom Verbot auch Geschäftsräumlichkeiten erfaßt sind, die neben ihrem unmittelbaren und gesonderten Zugang von einer öffentlichen Verkehrsfläche aus auch einen Zugang vom Hausflur eines Hauses aufweisen, deren Wohnungen nicht ausschließlich von Personen benützt oder bewohnt werden, welche die Prostitution ausüben.
Durch die Regelungen des § 5 Abs 1 Wiener ProstitutionsG ist somit deutlich gemacht, daß Belästigungen, die dadurch entstehen können, daß Gäste eines in einem gassenseitigen Geschäftslokal betriebenen Bordells dieses auch durch den Hausflur des Hauses, deren Wohnungen - wie hier - nicht ausschließlich von Personen benützt oder bewohnt werden, die die Prostitution ausüben, betreten und verlassen können, ganz allgemein jenes Ausmaß überschreitet, mit dem mit Rücksicht auf die Art des vertragsgemäß in den Bestandräumlichkeiten geführten Betriebs üblicherweise und unvermeidbar gerechnet werden muß. Damit wird der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG ungeachtet des Ausmaßes konkreter Beanstandungen selbst dann verwirklicht, wenn der Betrieb des Bordells im straßenseitigen Geschäftslokal vom Vermieter zunächst zumindest schlüssig genehmigt worden ist. Ungeachtet der Tatsache, daß der Betrieb des Bordells im Geschäftslokal mit Gasseneingang von den Vermietern schlüssig genehmigt war, wäre daher die Beklagte verpflichtet gewesen, jede von ihrem Betrieb ausgehende Störung der Hausordnung und der gebotenen Ruhe im Haus nach Kräften und insbesondere dadurch hintanzuhalten, daß sie ihren Betrieb in Inseraten so bezeichnete, daß am ausschließlichen straßenseitigen Eingang kein Zweifel bestehen konnte und vor allem der Hintereingang ihres Geschäftslokals, mochte er sich auch für diskrete Gäste anbieten, für diese nicht zugänglich ist. Die Beklagte hätte somit auch ohne entsprechende Untersagung durch die Vermieter dafür Sorge tragen müssen, daß ihre Gäste ausschließlich den straßenseitigen Eingang ihres Geschäftslokals benützen konnten. Daß sie solche Vorkehrungen getroffen hätte, wurde nicht einmal behauptet. Auf die Erledigung der von der zweiten Instanz nicht behandelten Tatsachenrüge der Beklagten kommt es demnach gar nicht an. Daß sich die beklagte Mieterin die festgestellten Störungen des Hausfriedens durch Gäste ihres Bordellsbetriebs zurechnen lassen muß, ist evident, hat sie doch diese iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG im Rahmen ihres Betriebs - wenngleich bloß vorübergehend (MietSlg 38.449) - iSd § 30 Abs 2 Z 3 aE MRG „aufgenommen“ oder war sie - ihren Ankündigungen zufolge - doch bereit, sie „aufzunehmen“.
Daß sie zweckentsprechende Abhilfe zu schaffen versucht hätte oder ihr dies unmöglich gewesen wäre, hat die soweit behauptungs- und beweispflichtige beklagte Mieterin (MietSlg 36.394, 38/4 ua; Würth/Zingher aaO § 30 MRG Rz 23 mwN) in erster Instanz ebensowenig vorgetragen wie den Umstand, daß sich die Vermieter ihres Kündigungsrechts verschwiegen hätten. Auf die Frage eines stillschwiegenden Verzichts unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB bei einem in einem Dauerzustand liegenden Kündigungsgrund muß nicht mehr nicht eingegangen werden.
Der Revision ist demnach Folge zu geben und das Ersturteil wiederherzustellen. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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