Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung
Die Ehe der Eltern wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28.1.1987, 2 Sch 8/87-3, gemäß § 55 a EheG im Einvernehmen geschieden. Mit pflegschaftsbehördlich genehmigtem Vergleich vom selben Tag vereinbarten die Eltern, daß die Kinder in Obsorge des Vaters bleiben. Die Mutter verpflichtete sich, ab 1.2.1987 monatlich für die mj. Eva S 700 und für den mj. Eugen S 500 bis zu deren Selbsterhaltungsfähigkeit an Unterhalt zu Handen des Vaters zu bezahlen. In Punkt VI 2 des Vergleiches vermietete die Mutter dem Vater ihr Haus *****, um einen wertgesicherten Mietzins von monatlich S 16.000 zuzüglich Betriebskosten.
Bereits am 19.5.1987 beantragte der Vater die von der Mutter zu erbringenden Unterhaltsleistungen auf monatlich S 4.000 (mj. Eva) bzw. S 3.000 (mj. Eugen) zu erhöhen. Ihm sei die tatsächliche Vermögenslage der Mutter bei Vergleichsabschluß nicht bekannt gewesen. In Wahrheit beziehe sie ein monatliches Einkommen von S 28.000.
Das Rekursgericht wies mit Beschluß vom 14.1.1988, 47 R 13/88-29, diesen Antrag auf Unterhaltserhöhung ab. Es ging dabei davon aus, daß der Vater anläßlich des Vergleichsabschlusses vom 28.1.1987 gewußt habe, daß die Mutter Mietzinseinnahmen habe; ihr nunmehr als Teilzeitkraft der Firma Z***** verdientes Entgelt sei geringer als das zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses bezogene Arbeitslosengeld. Es ergebe sich daher zusammenfassend, daß sich an den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der unterhaltsverpflichteten Mutter seit Abschluß des Vergleiches nichts geändert habe. Der Oberste Gerichtshof gab mit Beschluß vom 16.3.1988, 1 Ob 541/88, dem dagegen vom Vater erhobenen Revisionsrekurs nicht Folge. Er führte aus, der Vater halte seine ursprüngliche Behauptung über die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Mutter nicht Bescheid gewußt zu haben, nicht aufrecht, sondern habe eingeräumt, es sei ihm bekannt gewesen, daß die Mutter Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beziehe. Daß es dem Vater nicht möglich gewesen sei, die Höhe der Einkünfte der Mutter, insbesondere auch aus ihrer angeblichen Unternehmensbeteiligung, in Erfahrung zu bringen, sei nicht geltend gemacht worden. Eine listige Irreführung durch die Mutter in dieser Richtung sei nicht einmal behauptet worden. Der abgeschlossene Unterhaltsvergleich könne daher nur dahin verstanden werden, daß der Vater in Kenntnis der Tatsache, daß seine Einkommensverhältnisse ungleich besser seien als jene der Mutter, damit einverstanden gewesen sei, daß die Mutter nur einen relativ geringen Beitrag zum Unterhalt der Kinder leiste. Eine Gefährdung des Unterhaltes der Kinder durch die getroffene Regelung werde nicht geltend gemacht und sei offenbar auch nicht gegeben. Ob und in welchem Ausmaß nach Abschluß des Vergleiches eingetretene Änderungen in den Vermögens- und Einkommensverhältnissen der Mutter eine Änderung der vertraglich geregelten Unterhaltsverpflichtung rechtfertigten, sei aber Bemessungsfrage, die nach der damaligen Rechtslage
der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen war.
Nunmehr beantragt der Vater, die von der Mutter zu erbringende monatliche Unterhaltsleistung ab 1.4.1988 auf S 8.300 (mj. Eva) und S 8.000 (mj. Eugen) zu erhöhen. Die Mutter sei seit April 1988 bei der Firma Dipl.Ing. Zoltan S***** Gesellschaft mbH gänztägig berufstätig. Durch Vermietung des Hauses in der ***** erziele sie ein Einkommen von zumindest monatlich S 25.000 statt früher S 16.000. Im Jahre 1988 habe sie eine Liegenschaft in Wien und eine Beteiligung an der Firma T***** verkauft. Da sich die Umstände gegenüber dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geändert hätten, sei eine Neubemessung gerechtfertigt.
Die Mutter wendete ein, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liege nicht vor. Ihr gesamtes
Nettoeinkommen übersteige nicht S 20.000 monatlich.
Das Erstgericht erhöhte den von der Mutter zu leistenden Unterhaltsbetrag ab 1.4.1988 auf monatlich S 6.000 (mj. Eva) bzw. S 5.000 (mj. Eugen); das Mehrbegehren wies es unangefochten ab. Es stellte fest, die Mutter sei seit 9.5. 1988 bei der Firma Zoltan S***** Gesellschaft mbH beschäftigt. Ihr durchschnittliches Monatseinkommen habe 1988 S 17.300 und 1989 S 16.700 betragen. Aus der Vermietung mehrerer Liegenschaften beziehe sie monatlich S 8.382, weiters habe sie Zinserträgnisse aus einem Wertpapierdepot von monatlich rund S 8.500. Daraus errechne sich ein monatliches Durchschnittseinkommen von ca. S 33.500. Dieser Betrag wurde vom Erstgericht als Unterhaltsbemessungsgrundlage herangezogen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Mutter Folge. Es änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es den gesamten Erhöhungsantrag abwies. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für nicht zulässig. Es stellte ergänzend fest, bei Abschluß des Scheidungsvergleiches habe der Vater keine hohe Unterhaltsverpflichtung der Mutter gewollt. Die von der Mutter vergleichsweise übernommenen Unterhaltszahlungen für die Kinder hätten nur symbolischen Charakter. Die Eltern hätten damals den Richter gefragt, was für einen Beitrag sie als Unterhaltsleistung für die Kinder vereinbaren sollten. Auf Grund ihrer Mitteilung, daß die Mutter Arbeitslosengeld von etwa S 6.000 monatlich beziehe und künftige Mieteinnahmen für das Haus erhalten werde, habe der Scheidungsrichter die Unterhaltsbeträge für die beiden Minderjährigen altersmäßig gestaffelt und abgerundet, dies mit dem Hinweis, daß es sich um Ansprüche der Kinder handle und der Vater sie ja nicht geltend machen müsse.
Rechtlich führte das Rekursgericht aus, da der Vater in Kenntnis der Tatsache, daß seine Einkommensverhältnisse wesentlich besser als jene der Mutter seien, bei Abschluß des Scheidungsvergleiches damit einverstanden gewesen sei, daß die Mutter nur relativ geringe, eher symbolische Unterhaltsbeträge für die beiden Minderjährigen leiste, könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, daß die Voraussetzungen für eine Neubemessung der Unterhaltsverpflichtung der Mutter gegeben seien. Auch wenn daher die Mutter bereits zum Zeitpunkt des Scheidungsvergleiches neben dem Bezug des Arbeitslosengeldes beträchtliches Vermögen samt daraus erfließenden Einkünften gehabt habe und nunmehr ein unselbständiges Einkommen von monatlich S 16.600 netto beziehe und auch die Kinder älter geworden seien, rechtfertige dies noch kein Abgehen vom Scheidungsvergleich, wonach die Mutter nur symbolische Unterhaltsbeträge für die beiden Kinder zu leisten habe.
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und berechtigt.
Die unter Hinweis auf den Aktenvermerk des Scheidungsrichters vom 2.7.1987, ON 13, ergänzend getroffenen Feststellungen des Rekursgerichtes sind auf aktenwidriger Grundlage getroffen worden. Der Scheidungsrichter hielt nämlich nicht fest, daß die verglichenen Unterhaltsbeträge nur symbolischen Charakter gehabt hätten, sondern er dokumentierte, der Vater habe keine hohe Unterhaltsverpflichtung der Mutter gewollt, die von ihr übernommenen Unterhaltsleistungen hätten eher symbolischen Charakter gehabt. Daraus folgt, daß die Mutter sehr wohl zu einer Unterhaltsleistung an ihre Kinder verpflichtet werden sollte, wenn sie auch bei Kenntnis des Vaters von ihrer Vermögens- und Einkommenslage nicht zu der Unterhaltsleistung, wie sie sich sonst aus dem Gesetz ergeben hätte, verpflichtet werden sollte.
Rechtliche Beurteilung
Der Vater hat nunmehr behauptet, die Einkommens-(und Vermögens-)verhältnisse der Mutter hätten sich seit Abschluß dieses Unterhaltsvergleiches wesentlich verbessert. Das Rekursgericht, ausgehend von der von ihm ergänzend getroffenen aktenwidrigen Feststellung folgerte daraus, daß die Umstandsklausel, weil es sich nur um symbolische Unterhaltsbeträge gehandelt habe, auch bei Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Mutter nicht zur Anwendung kommen sollte. Galt aber als vereinbart, daß die Mutter einen geringeren Unterhaltsbetrag als sie auf Grund des Gesetzes zu leisten verpflichtet wäre, entrichten sollte, kann dem nicht gefolgt werden. Unterhaltsvergleichen wohnt als eine im redlichen Verkehr geltende Gewohnheit die Umstandsklausel inne (JBl. 1989, 724 unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht von Rummel, nunmehr Rummel in Rummel2 Rz 8 a zu § 901 ABGB; EFSlg. 53.728 uva; Binder in Schwimann, Rz 38 zu § 936 ABGB). Die Geltung der Umstandsklausel könnte allerdings allgemein oder für bestimmte Bereiche ausgeschlossen werden. Ein solcher Ausschluß liegt aber nicht schon dann vor, wenn ein geringerer als der sich aus dem Gesetz ergebende Unterhaltsbetrag vergleichsweise vereinbart wurde. Ob eine für die Anwendung der Umstandsklausel ausreichende Änderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Mutter vorliegt, kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden, weil die Vorinstanzen zwar die derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mutter feststellten, nicht aber die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses.
Selbst wenn aber geänderte Verhältnisse anzunehmen wären, wäre entgegen der Ansicht des Erstgerichtes der Unterhalt nicht losgelöst von den Relationen des seinerzeitigen Scheidungsvergleiches neu festzusetzen. Solche geänderten Verhältnisse führten nämlich nur zur Anpassung des Unterhaltsvergleiches; die seinerzeit unabhängig von der Höhe eines den Kindern allenfalls zustehenden gesetzlichen Unterhaltsanspruches festgelegte Relation zwischen der Höhe des Einkommens der Mutter zur Höhe ihrer Unterhaltsleistung ist weiterhin beachtlich (EFSlg. 48.150, 43.715, 37.611 uva, zuletzt 1 Ob 621/89; vgl. Binder aaO Rz 40, Rummel aaO).
Dem Revisionsrekurs ist Folge zu geben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen sind aufzuheben, dem Erstgericht ist die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mutter zum Zeitpunkt des Unterhaltsvergleiches aufzutragen.
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