OGH 1Ob504/94

OGH1Ob504/9416.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser, Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker und Dr.Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner L*****, vertreten durch Dr.Gernot Gruböck und Dr.Stephan Gruböck, Rechtsanwälte in Baden, wider die beklagte Partei N*****, vertreten durch Dr.Gerhard Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 25.738,48 sA infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 30.November 1993, GZ 18 R 765/93-29, womit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 19.Juni 1993, GZ 8 C 891/91-25, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Gericht zweiter Instanz wies die vom Kläger am 23.9.1993 zur Post gegebene Berufung gegen das am 21.7.1993 zugestellte klagsabweisliche erstinstanzliche Urteil zurück. Das Urteil sei ihm während der Gerichtsferien zugestellt worden, sodaß die Rechtsmittelfrist am 26.8.1993 zu laufen begonnen und am 22.9.1993, also einen Tag vor Erhebung der Berufung, geendet habe. Das Rechtsmittel sei verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt.

Dieser steht auf dem Standpunkt, nach Wochen berechnete Fristen endeten gemäß § 125 Abs 2 ZPO mit Ablauf jenes Tages der letzten Woche, der seiner Benennung nach dem Tag entspreche, an dem die Frist begonnen habe. Der Tag des Fristbeginns, der 26.8.1993, sei ein Donnerstag gewesen, sodaß die Rechtsmittelfrist am Donnerstag, dem 23.9.1993, geendet habe. Dieser Auffassung kann - wie der Oberste Gerichtshof erst wieder jüngst (4 Ob 61/93) ausgesprochen hat - nicht beigepflichtet werden:

Das Ersturteil wurde dem Beklagten während der vom 15.7.1993 bis 25. August 1993 dauernden Sommer-Gerichtsferien (§ 222 ZPO) zugestellt. Da die Streitsache weder zu den im § 224 Abs 1 ZPO angeführten Rechtssachen zählt, noch vom Erstgericht zur Ferialsache erklärt wurde (§ 224 Abs 2 ZPO), wird die Rechtsmittelfrist gemäß § 225 Abs 1 ZPO, da ihr Beginn in die Gerichtsferien fällt, um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der Gerichtsferien verlängert; sie wird zwar in ihrem Ablauf gehemmt (Fasching, Komm II 1027), doch gilt die Zustellung als in den Gerichtsferien vollzogen (RZ 1978/109), sodaß nicht etwa der erste Tag nach den Gerichtsferien, somit der 26.8.1993, als der Tag der Zustellung anzusehen ist, von dem an (§ 464 Abs 2 ZPO) die Frist nach § 125 ZPO zu berechnen ist. Da die Zeit bis zum Ende der Gerichtsferien - also vom 22.7.1993 bis 25.8.1993 - gemäß § 225 Abs 1 ZPO nicht mitzurechnen ist, hat die gesamte Rechtsmittelfrist am 26.8.1993 zu laufen begonnen und, da dieser Tag in die Fristberechnung einzuschließen ist, am 22.9.1993 geendet (RZ 1989/108).

Bei nach Tagen bestimmten Fristen wird gemäß § 125 Abs 1 ZPO der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, nach dem sich der Anfang der Frist richten soll. Nach § 125 Abs 2 ZPO endet dagegen eine nach Wochen bestimmte Frist mit Ablauf jenes Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Ob das Gesetz nun eine Frist mit sieben Tagen oder einem Vielfachen davon oder aber mit einer oder mehreren Wochen bestimmt, kann am Ergebnis nichts ändern, gleichviel ob die Frist nach § 125 Abs 1 ZPO oder nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle berechnet wird (so schon SZ 57/65). Hätte der Gesetzgeber die Berufungsfrist mit 28 Tagen festgesetzt, wäre der für den Fristentlauf bestimmende Tag der Zustellung (§ 464 Abs 2 ZPO), also am 21.7.1993, nicht mitzurechnen; die Rechtsmittelfrist wäre um die verbleibenden 35 Tage der Gerichtsferien (22.7.1993 bis 25.8.1993) zu verlängern, sodaß sie mit Ablauf des 63. Tages, also am 22.9.1993, enden würde. Die Anwendung des § 125 Abs 2 ZPO bereitet keine Schwierigkeit, erfolgt die Zustellung noch vor den Gerichtsferien, weil sich diese im Sommer über sechs und im Winter über zwei ganze Wochen erstrecken, der letzte Tag einer nach Wochen bemessenen Rechtsmittelfrist demnach zwangsläufig auf einen Tag fällt, dessen Benennung dem Tag der Zustellung entspricht. Geschieht hingegen die Zustellung während der Gerichtsferien, kann diese Berechnungsregel nicht ohne weiteres angewendet werden, wenn der gemäß § 225 Abs 1 ZPO außer Betracht bleibende "übrige Teil der Gerichtsferien" - so wie im vorliegenden Fall - weder genau eine Woche noch mehrere ganze Wochen umfaßt. Diese Regel zeitigt ein brauchbares Ergebnis, wenn - indem die Zeit der Fristenhemmung gemäß § 225 Abs 1 ZPO fiktiv dem Zeitpunkt der Zustellung vorangestellt wird - der letzte Tag der Gerichtsferien als Tag der Zustellung angenommen wird; der letzte Tag der Frist entspricht dann in seiner Benennung diesem Tag. Auch bei dieser Berechnung endete die Berufungsfrist am 22.9.1993, der ebenso wie der 25.8.1993 ein Mittwoch war.

Dem Rekurs muß daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Rekurskosten beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

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