Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.795,32 EUR (darin 299,22 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte von der Beklagten - und ursprünglich auch von deren zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits in Konkurs verfallenen Ehegatten - für "auftragsgemäß erbrachte Warenlieferungen" insgesamt S 919.231,76. Die Beklagte habe seit Jahrzehnten regelmäßig Futtermittel bezogen; die Rechnungen seien an sie und ihren Ehemann adressiert gewesen und in dieser Form akzeptiert worden. Die Klagssumme resultiere daher aus einem wirksam zwischen den Streitteilen zustande gekommenen Kaufvertrag. Die Beklagte habe auch mehrere Wechsel als Annehmerin unterzeichnet. Eine sämtliche Forderungen des Klägers umfassende Globalzession an eine Bank sei beendet bzw sei eine Rückzession dieser Forderungen erfolgt. Die Beklagte wendete ein, in keinerlei Geschäftskontakt zum Kläger gestanden zu sein. Eine geschäftliche Verbindung habe lediglich zu einer Gesellschaft mbH, bei der die Beklagte angestellt gewesen sei, bestanden. Bestellungen seien stets namens dieser Gesellschaft mbH erfolgt, und die Beklagte habe nie die persönliche Haftung für die Bezahlung der Warenlieferungen übernommen. Die Rechnungen seien zwar an die Beklagte und deren Ehegatten adressiert gewesen, doch habe der Kläger infolge mehrfacher Urgenzen die Berichtigung dieser Rechnungsanschriften - auf die Gesellschaft mbH - zugesagt, diese aber nicht vorgenommen. Der Kläger sei nicht klagslegitimiert, weil er sämtliche Forderungen an eine Bank zediert habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es stellte fest, der Ehemann der Beklagten habe ab 1987 ein Einzelunternehmen betrieben, in dem die Beklagte ab Mitte 1992 angestellt gewesen sei. Das Unternehmen des Klägers sei damals noch von dessen Vater geführt worden, der die Rechnungen an die Beklagte und deren Ehegatten adressiert habe. Der Ehemann der Beklagten habe darauf hingewiesen, dass die Beklagte nur Angestellte sei; deshalb sei eine entsprechende Änderung der Rechnungen vom Kläger und dessen Vater zugesagt, aber nicht vorgenommen worden. Im Jahre 1995 sei die Gründung einer Gesellschaft mbH erfolgt, in der die Beklagte einen Geschäftsanteil von 1 % gehalten habe und dessen einziger Geschäftsführer deren Ehemann gewesen sei. Das Einzelunternehmen des Ehemanns der Beklagten sei in diese Gesellschaft eingebracht worden, der faktische Tätigkeitsbereich der Beklagten im Unternehmen habe sich nicht geändert. Von der "Umwandlung" in eine Gesellschaft mbH sei der Kläger verständigt worden. Dieser habe sämtliche Forderungen gegen die Beklagte und deren Ehegatten mit Globalzession vom 24. 11. 1995 an eine Bank abgetreten. Die jeweils nur von der Gesellschaft mbH vorgenommenen Bestellungen seien auch von dieser - im Überweisungswege oder mittels Wechsels - bezahlt worden. Die Wechsel habe der Kläger als Aussteller unterfertigt, die Gesellschaft mbH habe unter Verwendung der Firmenstampiglie als Akzeptantin gezeichnet. Bereits vor Gründung der Gesellschaft mbH habe die Beklagte manche Wechsel unterfertigt, weil der Vater des Klägers das so gewollt habe. Nach Gründung der Gesellschaft mbH habe der Kläger das Verlangen gestellt, dass die Beklagte die Wechsel mitunterfertige, weil "eine Gesellschaft vorliege". Die Beklagte habe die Wechsel daraufhin "auf der verwendeten Firmenstampiglie" der Gesellschaft mbH - ebenso wie ihr Ehemann - unterfertigt. Dies sei deshalb geschehen, weil die Beklagte infolge des Bestehens von Zahlungsrückständen die Einstellung der Warenlieferungen durch den Kläger befürchtet habe. Nach dem 13. 8. 1997 habe die Beklagte keine vom Kläger ausgestellte Wechsel unterschrieben. Im Zuge eines Gesprächs zwischen dem Kläger und dem "Direktor" der Bank, an die die Forderungen des Klägers zediert waren, habe dieser dem Kläger mitgeteilt, dass "nunmehr (auch) die Beklagte geklagt werden müsse". Nachdem im vorliegenden Verfahren die Aktivlegitimation des Klägers bestritten worden war, habe der Bankdirektor dem Kläger eine undatierte Urkunde des Inhalts, dass die mit Globalzession vom 24. 11. 1995 an die Bank zedierten Forderungen nunmehr an den Kläger zediert würden, übergeben. Diese Urkunde sei von der Bank, nicht aber vom Kläger firmenmäßig unterfertigt worden. Der Kläger wäre im Falle seines Obsiegens im Rechtsstreit verpflichtet, die "allenfalls lukrierten" Beträge an die Bank "weiterzugeben".
Rechtlich meinte das Erstgericht, die Beklagte hafte für die Warenlieferungen des Klägers nicht, weil sie persönlich weder Waren bezogen, noch solche bestellt habe, und sie habe auch nicht konkludent die persönliche Haftung für die Forderungen des Klägers gegen die Gesellschaft mbH übernommen. Schließlich mangle es dem Kläger an der Aktivlegitimation, weil keine wirksame Inkasso-(Rück-)Zession vorliege, sondern nur eine unzulässige Prozessstandschaft.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach letztlich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Dem Kläger mangle es an der für die Klagsführung erforderlichen Aktivlegitimation, weil ihm nur die bloße Klagebefugnis übertragen worden sei. Es fehle ihm nämlich die prozessuale Verfügungsgewalt über die geltend gemachten Forderungen, zumal er verpflichtet wäre, den gesamten ersiegten Betrag an die Bank weiterzugeben. Das Klagebegehren wäre aber auch im Fall der Bejahung der Aktivlegitimation nicht berechtigt. Auf eine Haftung der Beklagten als Wechselbürgin habe sich der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht berufen. Ebensowenig habe er ein Vorbringen dahin erstattet, dass die Beklagte der Schuld der Gesellschaft mbH oder ihres Ehemanns beigetreten sei. Es sei im Zweifel auch nicht anzunehmen, dass durch die Unterfertigung eines Wechsels eine doppelte Haftung, nämlich nach Wechselrecht und nach bürgerlichem Recht, übernommen werden sollte. Die Beklagte sei persönlich mit dem Kläger in keiner Geschäftsbeziehung gestanden, weshalb Kaufpreisforderungen gegen die Beklagte nicht geltend gemacht werden könnten.
Die Revision des Klägers ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger hat sein Zahlungsbegehren aus "auftragsgemäß erbrachten Warenlieferungen" abgeleitet (S 2 der Klage); die Futtermittel seien immer von der Beklagten und deren Gatten im eigenen Namen bestellt worden; es sei daher "wirksam ein Kaufvertrag" zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande gekommen (S 2 des vorbereitenden Schriftsatzes vom 29. 6. 2000). Auf eine Haftung der Beklagten als Wechselbürgin oder auf Grund eines Schuldbeitritts (zur Schuld der Gesellschaft mbH) hat sich der Kläger im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nie berufen. Zur nunmehr behaupteten wechselmäßigen Haftung der Beklagten wurde vom Kläger vielmehr ausdrücklich vorgebracht, dass die Beklagte sämtliche im Zivilprozess vorgelegten Wechsel als Annehmerin unterzeichnet habe, sodass an ihrer Akzeptantenstellung kein Zweifel bestehe (S 12 des Protokolls vom 18. 10. 2000). Aus diesem vom Kläger vorgebrachten Tatsachensubstrat lässt sich in rechtlicher Hinsicht keine Haftung auf Grund einer Wechselbürgschaft oder wegen eines Schuldbeitritts ableiten.
Gewiss ist das Gericht verpflichtet, die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen auch dann ins Klare zu setzen, wenn eine Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Das Gericht ist aber nicht dazu verhalten, anwaltlich vertretenen Parteien gegenüber auf ein weiteres Vorbringen zur Stützung deren Begehrens hinzuwirken, wenn das bisherige Vorbringen zur Begründung des Anspruchs nicht ausreicht. Es ist nicht dazu berufen, die Parteien zu Behauptungen, zu Anträgen oder gar zu Klageänderungen zu veranlassen, für die das von den Parteien erstattete Vorbringen keinen Anlass gibt (Fucik in Rechberger ZPO2 Rz 1 zu § 182 mwN; 7 Ob 525/81). Deshalb hat das Berufungsgericht auch zu Recht und im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbar (1 Ob 318/97i; SZ 62/157) das Vorliegen eines Verfahrensmangels, das in der nicht ausreichenden Manuduktion durch das Erstgericht gelegen sein sollte, verneint. Das erstmals im Berufungsverfahren erstattete Vorbringen, die Beklagte sei eine Wechselbürgschaft eingegangen bzw der Schuld der Gesellschaft mbH oder ihres Ehegatten beigetreten, ist daher in der Tat als Neuerung nicht zu berücksichtigen.
Gewiss kann die bloße Unterschrift auf der Vorderseite eines Wechsels eine Bürgschaftserklärung darstellen, aber nur soweit es sich nicht um die Unterschrift des Bezogenen oder des Ausstellers handelt (Art 31 Abs 3 WG). Nun hat der Kläger ausdrücklich vorgebracht, die Beklagte habe die Wechsel als Annehmerin unterzeichnet und an ihrer Akzeptantenstellung bestehe kein Zweifel (S 12 des Protokolls vom 18. 10. 2000). Er hat sich ausdrücklich darauf gestützt, dass die Beklagte aus dem Titel des Kaufvertrags hafte. Unter diesen Prämissen ist seine Ansicht, die Vorinstanzen hätten eine Haftung der Beklagten aus dem Titel der Wechselbürgschaft oder eines Schuldbeitritts prüfen müssen, nicht verständlich. Abgesehen davon ist nach ständiger Rechtsprechung im Zweifel nicht anzunehmen, dass durch die Unterfertigung eines Wechsels eine doppelte Haftung, nämlich eine Bindung nach Wechselrecht und nach bürgerlichem Recht übernommen werden sollte (ecolex 1998, 549); es mangelte an jeglichem Vorbringen des Klägers im Verfahren erster Instanz, das Schlüsse auf die Übernahme einer Wechselbürgschaft oder gar eines Schuldbeitritts (vgl ecolex 2001, 526; SZ 61/174; SZ 58/39; SZ 50/157) zugelassen hätte. Die Berufung auf den Rechtsgrund der Wechselbürgschaft oder des Schuldbeitritts hätte eine - allenfalls zulässige - Klagsänderung dargestellt (vgl SZ 59/211), die aber nicht vorgenommen wurde. Auf die vom Berufungsgericht und auch vom Kläger für erheblich befundene Rechtsfrage, ob eine Inkassozession oder eine Prozessstandschaft zu Gunsten des Klägers vorliege und ob je nachdem seine Aktivlegitimation zur Klagsführung gegeben oder zu verneinen sei, kommt es demnach nicht an, weil sich selbst bei Bejahung der Aktivlegitimation das Klagebegehren aus den schon angeführten Gründen nicht als berechtigt erweist.
Der Kläger zeigt daher keine relevanten Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung (gemäß § 502 Abs 1 ZPO) auf; solche liegen auch nicht vor, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, indem sie behauptete, es lägen "keine Gründe dafür vor, weshalb im konkreten Fall eine von der bisherigen Spruchpraxis des Obersten Gerichtshofs abweichende Entscheidung seitens der Berufungsbehörde gefällt worden sei" (S 8 der Revisionsbeantwortung).
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