Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der Nebenintervenientin binnen 14 Tagen die mit EUR 1.873,62 (darin enthalten EUR 312,27 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft in E***** am Kamp, die durch das Hochwasser vom August 2002 überschwemmt wurde. Dieses Hochwasserereignis wurde dadurch ausgelöst, dass innerhalb weniger Tage die halbe Jahresniederschlagsmenge fiel. Ein derartiges Hochwasser kommt im statistischen Durchschnitt alle 1.000 bis 2.000 Jahre vor; es handelte sich um eine extreme Naturkatastrophe.
Die Klägerin fordert von der beklagten Partei den Ersatz ihres durch die Überschwemmung entstandenen Schadens im Ausmaß von EUR 58.700 sowie die Feststellung der Haftung für alle (weiteren, derzeit noch nicht absehbaren Hochwasser) Schäden, die ihr „durch das Unterlassen der im Wasserrechtsgesetz festgelegten Verpflichtungen durch Organe der beklagten Partei entstehen bzw noch entstehen werden". Die zuständige Wasserrechtsbehörde habe es rechtswidrig und schuldhaft unterlassen, von den verantwortlichen Kraftwerksbetreibern einen gesamtheitlichen Hochwasserschutz einzufordern und sie dazu anzuhalten, ein Füllen der Stauseen bis zum Höchstpegelstand zu verhindern. Die enormen Durchflussmengen am Unterlauf des Kamp seien nur dadurch zustande gekommen, dass die Staubecken der Kraftwerke im Zeitpunkt der Katastrophe bis zum Überlaufen voll gewesen und die vor ca 10 Jahren eingebauten Hochwasserschutzklappen, die eine künstliche Erhöhung des Wasserstandes in den Staubecken bewirkten, zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt geöffnet worden seien. Durch das unkontrollierte Überlaufen der Staubecken sei der Pegelstand künstlich um etwa 1,5 m erhöht worden, was etwa einem Drittel des gesamten Hochwassers entspreche. Die Wasserrechtsbehörde hätte im Rahmen ihrer Pflicht zur Gefahrenabwehr von Hochwässern und zum „integrierten ganzheitlichen Hochwasserschutz" in den Wehrbewilligungen bzw Wehrordnungen konkrete Anweisungen treffen müssen, was bei drohendem Hochwasser zu geschehen habe. Bereits sieben Tage vor dem Ereignis habe eine meteorologische Prognose ein Höhentief mit Kern über den Beneluxstaaten und am 7. August ergiebige Niederschläge im gesamten Ostalpenraum vorausgesagt. In den folgenden Tagen hätten sich die Prognosen des Tiefdrucksystems für den Zeitraum 6. bis 8. August langsam dem wahren Ablauf angenähert. Bei rechtzeitigem Entleeren des Stauraumes Ottenstein über die Turbinen hätte eine Vorlaufzeit von nicht einmal drei Tagen genügt. Bei Beachtung der damals vorhandenen meteorologischen Prognosen samt prognostizierter Eintrittswahrscheinlichkeit und behördlich entsprechend adaptierten Bescheiden bzw Wehrbetriebsordnungen hätte das Hochwasser somit weitgehend schadensfrei abgeführt werden können. Gerade Speicherkraftwerke würden sich hervorragend für die Hochwasserretention eignen. Diese offenkundig vorhandenen technischen Möglichkeiten der vollständigen Hochwasserretention seien vor dem Hochwasserereignis des August 2002 von den Kraftwerksbetreibern und den zuständigen Behörden jedoch nicht einmal angedacht worden. Das betriebswirtschaftlich indizierte Produzieren von Strom habe vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Katastrophe gegenüber dem Schutz von Eigentum und Leben jedenfalls zurückzutreten. Dennoch sei bei der Bewilligung des Kraftwerks Ottenstein, das über eine Speicherkapazität von 51 Mio m³ Wasser verfüge, der Hochwasserschutz nur von untergeordneter Bedeutung gewesen. Es sei in erster Linie um eine energiewirtschaftliche Optimierung der Kamptalkraftwerkskette gegangen, sodass die ursprünglich von der beklagten Partei beim Kraftwerk Dobra vorgeschriebene Vorabsenkung um maximal 2 Mio m³ inhaltsgleich auf das Kraftwerk Ottenstein übertragen worden sei, obwohl dieser Speicher mehr als zweimal so groß wie der Speicher des Kraftwerks Dobra sei. Die Annahme einer Vorabsenkung bei Hochwassergefahr um maximal 2 Mio m³ sei jedoch offenkundig zu gering bemessen. So habe das rechnerische Höchsthochwasser, welches ursprünglich mit 500 m³ pro Sekunde angenommen wurde, aufgrund einer Studie des BMfLF im Jahr 1987 auf 670 bis 720 m³ pro Sekunde „redimensioniert" werden müssen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt sei der Behörde bekannt gewesen oder hätte ihr bekannt sein müssen, dass die behördlich vorgeschriebene Vorabsenkung des Speichers um maximal 2 Mio m³ völlig unzureichend dimensioniert sei. Aber auch schon bei einer den Hochwasserschutz miteinbeziehenden Prüfung im Rahmen des Bewilligungsverfahrens hätte die beklagte Partei eine weitaus größere Vorabsenkung des Speichervolumens vorschreiben müssen. Die zum Zwecke des Hochwasserschutzes vorgeschriebene Vorabsenkung sei somit offenkundig ungenügend und begründe ein rechtswidriges und schuldhaftes Unterlassen der beklagten Partei. Überdies sei der bescheidmäßig vorgeschriebene Pegelstandsmesser in Zwettl nur für eine Zuflussmenge bis 100 m³ pro Sekunde ausgelegt. Liege die zufließende Wassermenge über diesem Grenzwert, sei es den Kraftwerksbetreibern unmöglich, zu wissen, welche Menge Wasser zu welchem Zeitpunkt in den Stauraum zufließe. Wenn - wie während des Hochwassers vom August 2002 - der Pegelstandsmesser Zwettl ausfalle, habe die Nebenintervenientin keine Möglichkeit mehr, auf Änderungen des Zuflusses zu reagieren. Hätte der Pegelstandsmesser in Zwettl bis zu einer Zuflussmenge von 720 m³ pro Sekunde funktioniert, dann wäre es der Nebenintervenientin möglich gewesen, durch ein den jeweiligen Zuflussmengen angepasstes Öffnen der Wehrklappen die Katastrophe zu verhindern bzw nicht eine Flutwelle im denkbar ungünstigsten Zeitpunkt auszulösen. Zusammenfassend hätte ein modernes Niederschlags-Abflussprognosemodell im Zusammenwirken mit entsprechenden Auflagen zur Vorabsenkung und ein technisch bis zum Höchstwasserstand funktionierender Pegelstandsmesser in Zwettl die Hochwasserspitze bereits zeitlich im Voraus berechenbar gemacht, sodass wesentlich früher freie Speicherkapazität im Stauraum Ottenstein noch bei Niedrigwasser geschaffen hätte werden können. Es wären keine Schäden am Eigentum der Klägerin eingetreten, wenn die beklagte Partei ihren Rechtspflichten als Aufsichtsbehörde nachgekommen wäre und der Nebenintervenientin entsprechende Auflagen zur Verwirklichung dieser Ziele erteilt hätte.
Die beklagte Partei wendete ein, ein Extremereignis wie das Hochwasser vom August 2002, das nicht vorhersehbar gewesen sei, wäre auch durch die von der Klägerin geforderten Maßnahmen nicht zu verhindern gewesen. Die derzeit technisch möglichen Niederschlagsprognosemodelle seien mit derartigen Unsicherheiten behaftet, dass damit eine Stauraumbewirtschaftung bei Extremereignissen wie dem Hochwasser vom August 2002 nicht bewerkstelligt werden könne. Der Ausfall des Pegels Zwettls habe keinen Einfluss auf das Staumanagement gehabt, da die Fließdauer zwischen dem Pegel in Zwettl und dem Stauraum zu kurz sei, um eine hinreichende Hochwasservorwarnung zu ermöglichen. Eine Rechtspflicht der beklagten Partei, für die Herstellung eines umfassenden Hochwasserschutzes (auch für extreme Katastrophenfälle) zu sorgen, bestünde nicht. Dennoch habe die beklagte Partei bei Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligungen und Betriebsordnungen für die von der Nebenintervenientin betriebenen Kraftwerke am Kamp Anordnungen für ein Stauraummanagement im Hochwasserfall getroffen. Die erteilten Auflagen dienten dazu, für Hochwasserfälle ein gewisses freies Speichervolumen zu erreichen und die Retentionswirkung der Staubecken zu nützen. Vor dem Hochwasser des August 2002 seien die Staubecken nicht voll gefüllt gewesen. Ein freies Speichervolumen wäre somit ohnedies vorhanden gewesen und hätte aufgefüllt werden können, sodass es unterhalb der Kraftwerke vorerst zu einer Verringerung der Hochwasserbelastung gekommen sei. Die Klägerin lasse unberücksichtigt, dass es sich bei den Kraftwerken der Nebenintervenientin um Anlagen handle, die der Energiegewinnung dienten und nicht um Hochwasserschutzbauten.
Die Nebenintervenientin brachte in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der beklagten Partei vor, im Kollaudierungsbescheid für das Kraftwerk Ottenstein sei für den Fall der Hochwassergefahr (bei einem gemeldeten steigenden Zufluss von ca. 50 m³ pro Sekunde) eine Auflage zur Vorabsenkung des Speichers Ottenstein um etwa 0,5 m, das ist bis zum Ausmaß von ca 2 Mio m³, enthalten gewesen. Diese Auflage sei jedoch im Falle des Hochwassers vom August 2002 nicht relevant gewesen , da zu jenem Zeitpunkt, als der Zufluss in Zwettl 50 m³ pro Sekunde erreicht hatte, der Wasserspiegel in den Speichern Ottenstein und Dobra ohnedies weit „unter dem Vollstau" gelegen gewesen sei. Dementsprechend habe eine Absenkung laut Auflage der Wasserrechtsbehörde nicht stattfinden müssen, vielmehr habe das Freispeichervolumen aufgefüllt werden können, wodurch es zu einer Reduktion von Schäden und Gefahren gekommen sei. Aufgrund der meteorologischen Gegebenheiten und Vorhersagen im August 2002 für den Bereich des Kamp habe vor dem Einsetzen des Hochwassers keine dringende Notwendigkeit für eine erhöhte Abgabe von Wasser angenommen werden können. Dafür hätte es im Übrigen keinerlei Rechtsgrundlagen gegeben. Die Durchführung einer Vorabsenkung im Speicher sei immer ein Eingriff in die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, der je nach Eintritt oder Ausbleiben von Ereignissen erheblichen Nutzen, aber auch erheblichen Schaden bewirken könne.
Niederschlags- und Abflussprognosen seien mit Unsicherheiten behaftet. Für etwaige Schäden auf Grund erhöhter Wasserabgabe müsste die Nebenintervenientin haften. Es könnte die Situation entstehen, dass bei Nichteintreten starker Regenfälle der Speicher nicht wiederbefüllbar wäre bzw die Wiederbefüllung unter Berücksichtigung der bescheidmäßig vorgegebenen Mindestabflussmengen Monate in Anspruch nehmen würde. Dies hätte nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf Energieproduktion, sondern auch auf die Nutzung der Stauseen für Zwecke der Fischzucht und des Fremdenverkehrs. Daraus erkläre sich, dass es in Gesetzen oder Bescheiden Regelungen zur Speicherbewirtschaftung, die für jede Art von Hochwasserereignis gültig seien, nicht geben könne, so lange nicht Niederschlagsprognosen mit ausreichender Verlässlichkeit und ausreichend langen Prognosezeiträumen zur Verfügung stünden. Außerdem habe das Hochwasserereignis im August 2002 aus mehreren Hochwasserwellen bestanden. Selbst wenn eine exakte Niederschlagsmengenprognose schon eine Woche vor der ersten Hochwasserwelle zur Verfügung gestanden wäre und die Vorabsenkung im von der Klägerin geforderten Ausmaß (wenngleich unter Verletzung der bescheidmäßigen Vorgaben über die Mindest- bzw Höchstabflussmengen ) vorgenommen worden wäre, hätte spätestens die zweite Hochwasserwelle vom 13. 8. 2002 Überschwemmungen und Schäden im gleichen Ausmaß, wie durch die erste Hochwasserwelle bewirkt. Zusammenfassend bestehe keine wie immer geartete Verpflichtung, das Stauvolumen nicht auszunutzen. Eine solche Verpflichtung sei weder aus den verwaltungsrechtlichen Vorgaben, noch aus sonstigen, einen Kraftwerksbetreiber treffenden Pflichten abzuleiten. Da vor Eintritt des Hochwassers das konsensgemäße Speichervolumen der drei Speicherkraftwerke nur zu 4/5 ausgeschöpft gewesen sei, wodurch die Retentionswirkung der Speicher bis zum Eintritt des Vollstaus ausgenützt und dadurch die Hochwasserspitzen haben reduziert werden können, stünden die im konkreten Fall getroffenen Maßnahmen der Speicherbewirtschaftung mit allen Vorgaben der wasserrechtlichen Genehmigungsbescheide im Einklang; sie hätten auch die genau richtigen Maßnahmen dargestellt. Es sei keinesfalls mehr Wasser abgegeben worden, als zugeflossen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden im Oberlauf des Kamp die Speicherkraftwerke Ottenstein, Dobra-Krumau und Thurnberg-Wegscheid errichtet, welche der Energiegewinnung dienen. Unter einem schaffen sie aber auch einen Hochwasserschutzraum. Sofern kein Vollstau gegeben ist, muss nämlich nicht das gesamte zufließende Wasser abgegeben werden, sondern kann dieses so lange zumindest teilweise in den Stauräumen zurückgehalten werden, bis nahezu Vollstau entsteht. Durch diese Retentionswirkung der Kraftwerke ist eine dosierte Wasserabgabe möglich, die eine Hochwassersituation bei den Unterliegern vermeidet oder verhindert. Wenn sich die Situation bis zum Eintritt des Vollstaus aber nicht entspannt, muss das zufließende Wasser auch wieder ablaufen. Um die Retentionswirkung zu nutzen, schrieb die Wasserrechtsbehörde vor, dass bei Vollstau und bei einem gewissen Gefahrenwert des Zulaufs (50 m³ pro Sekunde) beim Pegel Zwettl das 1,6-fache des Zulaufs abgegeben werden muss, um ein freies Speichervolumen im Ausmaß von 2 Mio m³ zu erreichen. Gleichzeitig ist aber die Wasserabgabe ab Thurnberg bescheidmäßig auf 30 m³ pro Sekunde beschränkt, weil es bei einer größeren Abgabe im Unterlauf zu Überschwemmungen käme. Es kann daher nicht unkontrolliert Wasser abgegeben werden, um ein möglichst großes freies Speichervolumen zu schaffen, weil dadurch ein „künstliches Hochwasser" entstehen würde. Auch könnte der Fall eintreten, dass einerseits durch überhöhte Wasserabgaben Überschwemmungen bei den Unterliegern auftreten, andererseits aber das ohnehin schon vorhandene freie Speichervolumen ausgereicht hätte, um die Hochwassersituation zu entspannen. Um ein extremes Hochwasser aufzufangen, kann eine vollständige Entleerung der Speicher nicht bewerkstelligt werden, weil eine solche zumindest Tage in Anspruch nähme, sich die Vorwarnzeiten aber nur auf Stunden beschränkten.
Am Tag vor Beginn der Hochwassersituation, dem 6. 8. 2002, waren bei den drei Speicherkraftwerken folgende Staustände gegeben: In Ottenstein 1,89 m unter Vollstau, in Dobra 87 cm unter Vollstau, und in Thurnberg 51 cm unter Vollstau. Dadurch war eine freie Speicherkapazität von insgesamt rund 9 Mio m³ gegeben, die zunächst genutzt wurde. Da sich die Situation hinsichtlich der Zulaufmengen verschärfte, wurde die Abgabemenge ab Thurnberg von 30 m³ pro Sekunde durch stufenweises Absenken der Stauklappen kontinuierlich erhöht. Um 20 Uhr des 7. 8. 2002 waren die freien Kapazitäten jedoch erschöpft, sodass eine weitere Rückhaltung des Wassers nicht mehr möglich war. Die zulaufende Menge Wasser musste auch wieder ablaufen. Hinsichtlich des Zuflusses orientierte sich die Nebenintervenientin am Pegel Ottenstein, da dieser - im Gegensatz zum Pegel Zwettl - alle Zuläufe erfassen kann. Die Orientierung am Oberwasserpegel Ottenstein führt zu keiner wesentlichen zeitlichen Verzögerung, weil der Pegel Zwettl nur wenige Kilometer vom Oberwasserpegel Ottenstein entfernt ist. Die Nebenintervenientin benützte das Hochwasserereignis vom August 2002 nicht dazu, um Schlamm oder sonstige Ablagerungen aus ihren Kraftwerken auszuspülen. Das vom Wasser mitgeführte Material war darauf zurückzuführen, dass der Kamp breitflächig auf angrenzende Bereiche austrat und durch die Schleppkraft des Wassers massiv Material mittransportierte. Die auf Höhe der Ortschaften Diendorf und Brunn im Felde entlang des Kamp bestehenden Dämme konnten unabhängig von ihrem Zustand keinen Schutz gegen das extreme Hochwasser bieten. Die Wassermassen verließen schon oberhalb des Dammsystems das Flussbett und umflossen bzw überspülten die Dämme.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, dass die Kampkraftwerke der Nebenintervenientin grundsätzlich der Energiegewinnung dienten und keine Hochwasserschutzbauten seien. Dennoch könnten sie durch Ausnützung ihrer Retentionswirkung im gewissen Umfang für den Hochwasserschutz genutzt werden. Dementsprechend habe die Behörde Anordnungen getroffen, sodass die Kraftwerke die Abflusssituation bei Hochwässern durch die angeordnete Schaffung eines freien Speichervolumens begünstigten. Ein darüber hinaus gehender optimaler Hochwasserschutz in der Weise, dass die Stauräume zur Gänze leer gehalten würden, könne nicht verlangt werden, weil dadurch die Energiegewinnung verhindert würde. Ebenso sei es im Hinblick auf die geringen Vorwarnzeiten und die fehlende Vorhersehbarkeit der Spitze eines Hochwassers untunlich, am Beginn der Hochwassersituation vermehrt Wasser abzugeben und dadurch vorweg ein „künstliches Hochwasser" zu schaffen. Unter diesen Aspekten sei ein fehlerhaftes Stauraummanagment der Nebenintervenientin beim Hochwasserereignis vom August 2002 nicht erkennbar. Die beklagte Partei habe ihre Anordnungs- und Aufsichtspflichten nicht verletzt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ die ordentliche Revision zu. Es sei zu prüfen, ob die Organe der beklagten Partei überhaupt verpflichtet gewesen seien, die von der Klägerin geforderten Maßnahmen (ausreichende Vorabsenkung bei Hochwassergefahr, Schaffung eines modernen Niederschlagsabflussprognosemodells sowie Erhaltung der Funktionstüchtigkeit des Pegelstandsmessers Zwettl selbst bei rechnerischen Höchsthochwässern) bescheidmäßig anzuordnen. Die Rechtswidrigkeit einer Schädigung „in Vollziehung der Gesetze" sei an Hand der für das hoheitliche Verfahren spezifischen, also öffentlich-rechtlichen Normen zu beurteilen. Die Pflicht der Behörde, eine genehmigte Betriebsanlage zu überwachen, könne nicht aus den privatrechtlichen Regeln zur Sicherung einer eröffneten Gefahrenquelle abgeleitet werden, sondern nur aus dem öffentlichen Recht. Der österreichischen Rechtsordnung sei eine generelle Pflicht des Staates zum „integrierten ganzheitlichen Hochwasserschutz" nicht in dem Sinn zu entnehmen, dass dem Hochwasserschutz absoluter Vorrang vor allen anderen öffentlichen Interessen zukäme. Eine Verpflichtung, Belange das Hochwasserschutzes im Rahmen der Hoheitsverwaltung zu berücksichtigen, ergebe sich vielmehr nur aus den einschlägigen Normen des Wasserrechtsgesetzes. Diese würden sich im Wesentlichen auf Anordnungen beschränken, den Abfluss von Hochwässern frei von negativen Beeinflussungen zu halten. Notwendig und vorgesehen seien nur Maßnahmen, die einem Dammbruch vorbeugen sollen, weil sich durch ein solches Ereignis die spezifische Gefährlichkeit eines Staukraftwerkes verwirklichen würde. Es sei verboten, durch unkontrolliertes Ablassen von Wasser aus dem Staubecken ein künstliches Hochwasser herbeizuführen. Abgesehen davon stellten Hochwässer Naturereignisse dar, die unabhängig vom Vorhandensein eines Staukraftwerks eintreten .Deren Auswirkungen dürften zwar von Gesetzes wegen durch ein Kraftwerk nicht verschlimmert, müssten aber auch nicht beseitigt werden. Werde etwa durch ein Hochwasserereignis die Staukapazität eines Speichers überschritten und überströme das Wasser deshalb die Talsperre, so handle es sich nicht um die Verwirklichung einer anlagenspezifischen Gefahr, weil die gleiche Wassermenge auch ohne das Vorhandensein der Anlage talwärts strömen würde. Eine konkrete Vorsorge gegen „wiederkehrende Überschwemmungen" sei nur im § 43 WRG vorgesehen, der die Bildung von Wassergenossenschaften und Wasserverbänden regle. Dieser Themenkreis werde aber in der Berufung - ebenso wie der Vorwurf der mangelnden Instandhaltung der Hochwasserschutzdämme - nicht mehr angesprochen. Eine Verpflichtung der beklagten Partei, der Nebenintervenientin eine „ausreichende" Vorabsenkung bei Hochwassergefahr, ein „zeitgemäßes Niederschlagsabflussprognosesystem" und eine verbesserte Funktionstüchtigkeit des Pegelstandsmessers Zwettl vorzuschreiben, sei aus dem Gesetz nicht abzuleiten. Die Klägerin strebe - im Gegensatz zur gesetzlichen Vorgabe - eine nahezu vollständige Verhinderung des Ablaufs der Hochwässer durch deren Zurückhaltung in den eigens dafür frei zu machenden Staubecken an. Eine solche Zweckentfremdung einer Stauanlage möge zwar aus Sicht einer vom Hochwasser betroffenen Unterliegerin sinnvoll und zweckmäßig erscheinen, könne aber dem Wasserberechtigten mangels rechtlicher Grundlage nicht auferlegt werden. Speicherkraftwerke seien keine Hochwasserschutzbauten und hätten daher nicht primär diesem Zweck zu dienen. Der Anspruch der Klägerin scheitere daher schon an der fehlenden Rechtswidrigkeit jener Unterlassung, welche die Klägerin den Organen der beklagten Partei vorwerfe.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Die Revisionswerberin bringt als haftungsbegründend vor, die beklagte Partei habe die Pflicht, bei wasserrechtlichen Bewilligungen sowie bei Erlassung von einzelnen Wehrordnungen Maßnahmen für ein „Stauraummanagement" bei Hochwasser festzulegen und für ein funktionierendes Abflussprognosesystem zu sorgen; die im Bewilligungsbescheid für das Kraftwerk Ottenstein vorgeschriebene Vorabsenkung von 2 Millionen m³ Wasser sei „jedenfalls zu gering". Hiezu ist auszuführen:
Amtshaftung wegen fehlender Gefahrenabwehr setzt voraus, dass die behördliche Unterlassung rechtswidrig ist (§ 1 Abs 1 AHG). Beim Vorwurf der Unterlassung gebotenen Handelns wird die Ersatzpflicht des Rechtsträgers nur dann begründet, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zum Handeln dem Geschädigten gegenüber besteht, das unterlassende Organ also zu positivem Handeln verpflichtet war und pflichtgemäßes Handeln den Schaden abgewendet hätte. Voraussetzung für eine Haftung der beklagten Partei wäre also, dass amtswegig zu treffende Maßnahmen vorzunehmen gewesen wären, die schuldhaft von ihren Organen nicht gesetzt wurden (SZ 55/161; SZ 60/130; Schragel, AHG³ Rz 145 mwN; RIS-Justiz RS0081378).
Normen, die Handlungspflichten der Organe der beklagten Partei als Wasserrechtsbehörde begründen, sind abschließend im Wasserrechtsgesetz (WRG) enthalten. Dieses Gesetz enthält aber keine Bestimmungen, aus denen sich eine Pflicht zur Erteilung der von der Klägerin gewünschten Auflagen bzw zur Vornahme der von der Klägerin geforderten Maßnahmen ableiten ließe. Wie bereits das Berufungsgericht richtig ausgeführt hat, beschränkt sich der Hochwasserschutz im Zusammenhang mit wasserrechtlich bewilligungspflichtigen Anlagen auf die Prüfung, ob durch das Bestehen der Anlage eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufs von Hochwässern zu besorgen wäre. Diesfalls kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens „als unzulässig angesehen" werden; andernfalls ist die Behörde ermächtigt, im Bewilligungsbescheid entsprechende Auflagen vorzuschreiben (§ 105 Abs 1 lit b WRG). Eine Ermächtigung zu Vorschreibungen, die den Hochwasserschutz für die Unterlieger im Vergleich zu einer Situation, wie sie ohne die Errichtung und den Betrieb der Anlage bestünde, verbessern, ist in § 105 Abs 1 WRG jedoch nicht enthalten.
Auch aus § 21a WRG lässt sich die von der Revisionswerberin geforderte Handlungspflicht der Organe der beklagten Partei nicht ableiten. Gemäß dieser Bestimmung ist die Behörde nach Erteilung der Bewilligung zur Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen für Wasserbenutzungsanlagen verpflichtet, wenn trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften öffentliche Interessen nicht hinreichend geschützt sind. Derartige Maßnahmen sind nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind (§ 21a Abs 3 WRG). Zusätzliche Auflagen hätten also dann erteilt werden müssen, wenn - etwa infolge von mittlerweile erzielten Erfahrungswerten oder neuen Erkenntnissen - dennoch eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufs der Hochwässer zu besorgen gewesen wäre. § 21a WRG bietet jedoch keine Grundlage dafür, der Nebenintervenientin nachträglich Auflagen zu erteilen, die darauf abzielten, von den Unterliegern die nachteiligen Folgen eines nur alle 1000 bis 2000 Jahre eintretenden Hochwassers abzuwenden, indem sie zur präventiven Vorabsenkung der Speicher auf einen derartigen niedrigen Wert verpflichtet würde, dass auch „Katastrophenhochwässer" im freien Speicherraum jedenfalls Platz finden könnten. Der mit der Erfüllung einer solchen Maßnahme verbundene Aufwand würde wegen der geringen Eintrittswahrscheinlichkeit eines 1000 bis 2000-jährigen Hochwassers „außer Verhältnis" zum angestrebten Erfolg stehen (siehe § 21a Abs 3 lit a WRG).
Aus den §§ 24, 47 und 48 WRG ergibt sich ebenfalls nicht die von der Klägerin gewünschte Verpflichtung zur Vorabsenkung - auch nicht bei „Katastrophenhochwässern":
Gemäß § 24 WRG hat der Wasserberechtigte die bewilligte Stauhöhe einzuhalten; normiert sind nur jene Maßnahmen, die zu ergreifen sind, wenn das Wasser über die durch das Staumaß festgesetzte Höhe wächst oder unter den niedrigsten zulässigen Wasserstand sinkt.
Normzweck des 47 WRG ist die Instandhaltung der Gewässer und des Überschwemmungsgebiets; diese Bestimmung enthält eine taxative Aufzählung von Maßnahmen, die von der Behörde in diesem Zusammenhang aufgetragen werden können. Dies sind neben der Abstockung und Freihaltung der Uferböschungen die Bepflanzung der Ufer, die Bewirtschaftung der Bewachsung, die Beseitigung kleiner Uferbrüche und Einrisse sowie die Beseitigung von abflusshindernden oder die Ablagerung von Sand und Schotter fördernden Gegenständen. § 48 WRG enthält behördliche Verordnungsermächtigungen und Vorschriften zur Hintanhaltung von Überschwemmungen durch das Verbot von Ablagerungen an häufig überfluteten Ufern und in Überschwemmungsgebieten (§ 48 Abs 1 WRG), nicht jedoch Ermächtigungen zu Maßnahmen jener Art, wie sie die Klägerin fordert.
Soweit die Klägerin auf § 30 WRG in der Fassung BGBl I 2003/82 (WRG - Novelle 2003) verweist, lässt sich daraus für ihren Standpunkt nichts ableiten: Diese Bestimmung ist im Abschnitt „Von der nachhaltigen Bewirtschaftung, insbesondere vom Schutz und der Reinhaltung der Gewässer" integriert und umschreibt vor allem das Ziel und die Begriffe der Reinhaltung und des Schutzes der Gewässer. Die in § 30 Abs 1 WRG genannten Ziele sollen nach dessen Abs 2 (auch) zu einer Minderung der Auswirkungen von Überschwemmungen beitragen. Damit fordert diese Gesetzesbestimmung aber keinesfalls den von der Klägerin gewünschten Hochwasserschutz. Im Übrigen ist diese Bestimmung erst mit 22. 12. 2003 in Kraft getreten (§ 145a Abs 1 WRG) und daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Zusammenfassend bieten die Bestimmungen des WRG keine Grundlage für eine Handlungspflicht der Organe der beklagten Partei zur Verhinderung eines Schadens infolge eines nur einmal in 1000 bis 2000 Jahren auftretenden Hochwassers. Eine Pflicht der Behörden, präventive Maßnahmen zwecks gänzlicher Verhinderung von Schäden aus derartig selten und katastrophenartig eintretenden Hochwässern zu treffen, wird von den wasserrechtlichen Bestimmungen nicht einmal intendiert. Nur dann, wenn die Organe der beklagten Partei trotz erkennbaren Vorliegens einer konkreten Gefahrensituation, der durch im WRG Deckung findende Auflagen wirksam begegnet hätte werden können, untätig geblieben wären, hätten sie ihre Handlungspflicht verletzt und erwiese sich die Unterlassung der Erteilung von Auflagen als rechtswidrig. Eine derartige Situation war aber nicht gegeben.
Mit dem Verweis auf ausländische Rechtsordnungen wird keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt.
Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO liegt nicht vor, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei diente nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, da auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen wurde. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Revisionsbeantwortung der Nebenintervenientin beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 ZPO.
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